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Interview mit Roland Berger

Sein Name steht für eines der großen, weltweit tätigen Consultingunternehmen. Einer breiten Öffentlichkeit ist Roland Berger durch viele Interviews bekannt geworden, in denen er Reformen für die deutsche Wirtschaft und Politik anmahnt. Im karriereführer kommt er auf die Grundsätze der Berater-Profession zu sprechen.
Von Martin Rath.

Der Begriff „Consulting“ wird in der Öffentlichkeit oft recht beliebig gebraucht. Wie würden Sie ihn näher bestimmen?
Consulting, oder zu deutsch Beratung, bedeutet zunächst, die Probleme des auftraggebenden Unternehmens, die in dem speziellen Projekt gelöst werden sollen, exakt zu definieren. Dazu werden die relevanten Fakten quantifiziert, womöglich qualifiziert und schließlich priorisiert, um daraus Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Berater und Klienten arbeiten dabei eng zusammen. Die meisten Unternehmen wünschen außerdem, dass der Berater sie bei der Umsetzung der Empfehlungen unterstützt – vorausgesetzt, das Management hat sich für eine Lösung entschieden.

Wo verbietet es sich Ihrer Meinung nach, Beratung zu offerieren – in der Wirtschaft und im Privaten?
Grundsätzlich verbietet es sich dort, wo die legalen und ethischen Grenzen für wirtschaftliches, privates oder gesellschaftliches Handeln überschritten werden. Weder unser Unternehmen noch ich persönlich würden beispielsweise eine Partei beraten, die nicht auf dem Boden unseres Grundgesetzes steht und unsere gesellschaftlichen Wertestrukturen verteidigt.

Welche Charaktereigenschaften sollte ein Berater haben, die über die normalen „Soft Skills“ hinausgehen?
Ein Berater muss analytisch denken können und gleichzeitig kreativ sein. Er sollte sich mit den Problemen des Kunden identifizieren können. Er muss fleißig sein und notfalls bereit, lange Arbeitstage in Kauf zu nehmen. Berater müssen vor allem Unabhängigkeit und Integrität beweisen, denn von ihnen wird ja verlangt, objektiven Rat zu erteilen und dabei keine eigenen politischen, wirtschaftlichen oder Karriere-Interessen zu verfolgen. Das sind aus meiner Sicht die wesentlichen Anforderungen an die Persönlichkeit eines Beraters.

Haben Consultants etwas mit Hofnarren gemein, die das aussprechen, was der König oder der Kunde sich im eigenen Haus nicht erlauben kann?
Das mag in Ausnahmefällen vorkommen, aber ich habe es in meiner Laufbahn noch nicht erlebt: Welches Unternehmen würde schon Geld dafür ausgeben, um Ergebnisse ans Licht zu bringen, die ohnehin bekannt sind?

Hätte heute ein BWL-Student die Chance, in ein großes internationales Beratungsunternehmen einzusteigen, wenn er während des Studiums eine Wäscherei betrieben hat?
Unternehmerische Erfahrung schadet sicher keinem Bewerber, wenn auch alle anderen Qualifikationen stimmen. Während des Studiums und vor meinen Lehrjahren in einer internationalen Consulting-Gesellschaft habe ich, wie von Ihnen angesprochen, erfolgreich eine eigene Wäscherei betrieben. Und unternehmerischer Elan ist auch heute noch ein wesentliches Momentum in der Kultur von Roland Berger Strategy Consultants, worauf wir stolz sind.

Was sind die Todsünden, die Bewerber auf dem Weg in ein Beratungsunternehmen immer noch machen?
Erstens: Sich nicht genügend informiert zu haben über das Unternehmen, bei dem man sich bewirbt, und den Beruf, den man anstrebt.
Zweitens: Sich nicht auf die Fragen vorbereitet zu haben, die mit hoher Wahrscheinlichkeit gestellt werden, weil sie sich aus den beruflichen Anforderungen ergeben.
Drittens: Arrogantes Auftreten. Mehr Schein als Sein zu bieten.
Viertens: Den eigenen Marktwert zu überschätzen und es grundsätzlich an realistischer Selbsteinschätzung fehlen zu lassen.
Fünftens: Nicht offen im Gespräch zu sein und Dinge vorzuspiegeln, die nicht haltbar sind.

Wenn Sie sich für Ihr Unternehmen heute ein neues Recruitment-Tool einfallen lassen müssten, um beispielsweise Assessment Center abzulösen, wie könnte das Tool aussehen?
Wir setzen durchaus auf Bewährtes. Assessment Center eignen sich, weil sie Situationen simulieren, mit denen der Bewerber auch in seinem künftigen Beruf konfrontiert wird. Wichtig ist uns außerdem, dem Kandidaten Gespräche mit Kollegen unterschiedlicher Unternehmensbereiche zu ermöglichen, damit er unsere Kultur kennen lernen und prüfen kann, ob er zu uns passt.

Eine Frage, die ich gerne Menschen stelle, die in ihrem Beruf viele Pflichtlektüren haben: Was lesen Sie, wenn Sie es beruflich nicht lesen müssen?
Ich lese viel über Politik und Geschichte, außerdem Biografien. Aber auch Belletristik.

Was halten Sie von populärer Managementliteratur?
Meist nicht sehr viel. Die Welt ist zu komplex, als dass die simplen Ratschläge, die in populärer Managementliteratur vermittelt werden, helfen könnten. Interessant sind Autoren, die grundlegend neue Ansätze entwickelt haben, wie zum Beispiel Peter Drucker, oder die selbst erfolgreich ein Unternehmen gemanagt haben, wie Jack Welch von General Electrics, und die dann vor einem autobiografischen Hintergrund schreiben. Aber sie zählen eher zu den Ausnahmen.

Was ist leichter: zu entscheiden oder zuberaten?
Das widerspricht sich nicht, denn für jeden Rat, den ich gebe, muss ich mich ja vorher entschieden haben. Schon allein, um ihn gegenüber dem Klienten glaubhaft vertreten zu können. Deshalb müssen Empfehlungen möglichst eindeutig formuliert sein. Ob sie am Ende umgesetzt werden, darüber entscheidet natürlich der Klient.

Nachgehakt

Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Beruf weit ab von der Wirtschaftsberatung, welcher wäre das?
Entweder Architekt, weil man viel gestalten kann, oder Dirigent, weil es eine sehr kreative Tätigkeit ist.

Was ist Ihr Hauptcharakterzug?
Ich möchte etwas bewegen und zum Fortschritt der Gesellschaft beitragen.

Welche Eigenschaften schätzen Sie?
Ehrlichkeit, Kompetenz, Loyalität und Fleiß.

Was ist Ihr größter Vorzug?
Offenheit und Verlässlichkeit.

Was ist Ihnen sehr unangenehm?
Menschen, die lügen oder sich illoyal verhalten.

Was dulden Sie auf keinen Fall?
Mangelnde Kompetenz, Bequemlichkeit zu Lasten Dritter und Fehler, die wider besseres Wissen wiederholt werden.

Was entschuldigen Sie sofort?
Kleinigkeiten und gelegentliche Unzulänglichkeiten.

Gibt es etwas, was Sie unter allen Umständen auf eine Reise mitnehmen würden?
Natürlich immer einige Bücher.

Wo ist Ihre Grenze, zum Beispiel im Sport?
Ich bin – Gott sei Dank – auch heute noch sehr belastbar.

Was war Ihr größter Flop?
Einen bedeutenden Flop gab es glücklicherweise nicht.

Was möchten Sie in fünf Jahren tun?
Nichts wesentlich anderes als heute.

Haben Sie ein Motto?
Alle Dinge sofort erledigen. Und Aufgaben optimistisch angehen, frei nach Theodor Heuß, der sagte: Der einzige Mist, auf dem nichts wächst, ist der Pessimist.

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