Anzeige
Start Blog Seite 151

karriereführer bauingenieure 2014.2015

0

Cover karriereführer bauingenieure 2014.2015

Building Information Modeling (BIM) – Bauingenieure verknüpfen Fach- und IT-Wissen

Planen in fünf Dimensionen. Die Zukunft auf dem Bau gehört dem BIM: Das Building Information Modeling steht für eine neue Methode, mithilfe von Software große Projekte zu planen. Die Methode begleitet die Vorhaben vom architektonischen Entwurf über den ersten Spatenstich und weit über die Schlüsselübergabe hinaus. Bauingenieure erhalten damit ein digitales Werkzeug, um ihr Fachwissen anzuwenden.

Hoher Bedarf an Absolventen

Trotz steigender Studienanfänger- und Absolventenzahlen bleibt die Suche nach Fachkräften von Unternehmen des deutschen Bauhauptgewerbes angespannt. Für Absolventen beinhaltet das die gute Nachricht: Die Berufsaussichten für Bauingenieure sind sehr gut. Von Christoph Berger

Nach einem Dämpfer im Jahr 2012 setzte sich der positive Trend aus den vorangegangen Jahren bei den Studienanfängerzahlen im Studienfach Bauingenieurwesen im darauffolgenden Jahr wieder fort. Demnach wurden 2013 rund 11.900 Studienanfänger verzeichnet, 480 mehr als noch 2012. Das Niveau des Jahres 2011 wurde aber noch nicht wieder erreicht, in dem bedingt durch die Aussetzung der Wehrpflicht und die Doppelabiturjahrgänge die Studienanfängerzahl mit rund 12.900 auf das höchste Niveau seit der Wiedervereinigung geklettert war. „Der befürchtete Einbruch bei den Studienanfängern ist ausgeblieben. Das Bauingenieurwesen gehört weiterhin zu den beliebtesten technischen Studiengängen an deutschen Hochschulen und kann sich mit dem Maschinenbau, der Informatik und der Elektrotechnik messen“, sagte RA Michael Knipper, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, bei der Vorstellung der Zahlen im Oktober diesen Jahres.

Mehr Angebot als Absolventen
Parallel dazu haben sich auch die Absolventenzahlen im Fach positiv entwickelt. Knapp 7900 Absolventen stehen den Unternehmen und Institutionen des Bauarbeitsmarkts aktuell zur Verfügung – das sind gut 1200 mehr als im Vorjahr. Allerdings ist diese Zunahme für Knipper nur auf den ersten Blick eine gute Nachricht, denn: „Die deutsche Bauwirtschaft hat zwar nur einen jährlichen Bedarf an Jungingenieuren von rund 4000, aber nicht alle Absolventen stehen den Unternehmen tatsächlich zur Verfügung.“ Einige würden den Weg in Ingenieurbüros suchen, andere in die öffentliche Verwaltung streben. So übersteige schließlich der Bedarf der Branche das Angebot.

Auch die hohe Abbrecherquote von 50 Prozent macht der Branche zu schaffen. Bewahrheitet sich die Prognose, schließen in fünf bis sechs Jahren von den heute etwa 12.000 Studienanfängern nur die Hälfte ihr Studium auch tatsächlich ab. „Die Berufsaussichten für Bauingenieure sind also als sehr gut zu bezeichnen“, erklärte Knipper.

Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. | Kraus | Stand: 10/2014
Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. | Kraus | Stand: 10/2014

Der Frauenanteil liegt bei 30 Prozent
Gleichzeitig mahnte Knipper die Unternehmen, die Sicherung des Führungsnachwuchses aktiv zu verfolgen. Ansatzpunkte gäbe es beispielsweise bei der Förderung von Frauen: „Das Bauingenieurwesen hat im Vergleich zu anderen technischen Fächern mit rund 30 Prozent einen sehr hohen Frauenanteil. Hier ist die Bauwirtschaft gefragt, Modelle für die Vereinbarkeit von Karriere und Familien zu entwickeln und dies so früh wie möglich an den Universitäten zu kommunizieren. Denn wer als Frau eine Perspektive auf eine angemessene Work-Life-Balance hat, bleibt auch im Job.“

Angeklickt

  • Branchenbericht: „Der Arbeitsmarkt im Bausektor“ unter: www.bauindustrie.de/downloads
  • Informationen zum Beruf Bauingenieur unter www.werde-bauingenieur.de
  • Orientierungshilfen Bachelor/Master Bauingenieurwesen und Studienstandards Bauingenieurwesen unter www.asbau.org

Bauingenieure verdienen mehr denn je

Was bekomme ich später als Bauingenieur für mein hartes Studium? Wie hoch ist das Einstiegsgehalt und welche Entwicklungsmöglichkeiten bieten sich? Fragen zum Thema Gehalt dominieren klar die Diskussionen in der Branche. Das Branchenmedium bauingenieur24 ermittelt regelmäßig das aktuelle Gehaltsniveau. Von Fabian Hesse, Redakteur des Berufsportals bauingenieur24

Seit 2008 liefert das Berufsportal in regelmäßigem Abstand eine Übersicht, die das Einkommen der Bauingenieure miteinander vergleicht. Unter den analysierten Berufen befinden sich Geschäftsführer, Freiberufler und Angestellte. Die nicht repräsentativen Zahlen erhält der Onlinedienst durch anonyme Leserumfragen auf seiner Seite.

In der Erhebung geben die Befragten jeweils das Bruttojahreseinkommen inklusive aller zusätzlichen Entgelte und Einmalzahlungen an. 2014 wurde dabei eine grundsätzliche Gehaltssteigerung gegenüber dem Resultat von 2012 festgestellt. Der durchschnittliche Verdienst der an der Umfrage beteiligten Bauingenieure liegt demnach bei 57.143 Euro brutto im Jahr. 2012 lag der Wert noch mehr als 3000 Euro niedriger, damals waren es 53.688 Euro.

Auffallend ist, dass der Prozentsatz der sehr gut verdienenden Bauingenieure, mit einem Bruttojahreseinkommen über 90.000 Euro, im Vergleich zur letzten Umfrage um über drei Prozentpunkte gestiegen ist. Tatsächlich hat er mit gut acht Prozent einen absoluten Höchststand innerhalb der bisherigen Erhebungen erreicht. 2012 lag der Wert bei fünf, 2011 bei sechs und 2008 bei nur 1,8 Prozent.

Mehrheit verdient über 50.000 Euro
Demgegenüber scheint sich die Zahl der vergleichsweise wenig verdienenden Kollegen innerhalb des Bauingenieurwesens mehr und mehr zu verringern. In der aktuellen Umfrage markierten gerade einmal 3,4 Prozent der Teilnehmer den Bereich „unter 30.000 Euro“. 2012 waren es noch 6,5 Prozent, ein Jahr zuvor 6,8 Prozent und 2008 sogar 34 Prozent gewesen.

Nach wie vor liegen die meisten Bauingenieure jedoch im mittleren Bereich, also zwischen 40.000 bis 50.000 Euro Bruttojahresgehalt. Zum Zeitpunkt der ersten Umfrage befand sich noch etwa ein Drittel der Befragten in dieser Gehaltsklasse. Der Wert ist inzwischen auf ein Viertel, 25,8 Prozent, gesunken, die Einkommensverhältnisse haben sich deutlich nach oben verschoben. So verdienen heute 59 Prozent der befragten Bauingenieure mehr als 50.000 Euro im Jahr. 2012 lag der Wert im Vergleich dazu noch bei 49 Prozent, 2008 bei 18 Prozent.

Bezüglich der Einkommensverhältnisse von Bauingenieuren wird häufig die schlechte Datenlage kritisiert. Vor diesem Hintergrund ist die regelmäßige Gehaltsumfrage auf bauingenieur24 unter Bauingenieuren eine informative Quelle.

Stressmanagement

Bauleiter gehören zu den wichtigsten Mitarbeitern in einem Bauunternehmen: Sie sind zum einen für die Baustelle, zum anderen für das wirtschaftliche Ergebnis der Firma verantwortlich. Dieser Druck kann für manche zuviel werden. Von Sabine Olschner

Der Job eines Bauleiters ist nicht einfach: Die Anforderungen an die Qualität seiner Arbeit sind hoch; er muss sich ständig auf neue Herausforderungen einstellen; er trägt eine hohe Verantwortung für Menschen und Sachwerte; er steht unter starkem Termindruck; er befindet sich oft in einer „Sandwichposition“ und muss die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten ausgleichen. Kein Wunder also, dass viele Bauleiter gestresst sind und nicht selten kurz vor dem Burnout stehen.

Diesem Problem haben sich die Bergische Universität Wuppertal (Baubetrieb und Bauwirtschaft), das Berufsförderungswerk der Bauindustrie NRW sowie die conpara Gesellschaft für Unternehmensberatung angenommen. Gemeinsam haben sie das Projekt „Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit von Baustellen-Führungskräften“ (EBBFü) ins Leben gerufen. Zunächst befragten die Projektleiter die Mitgliedsunternehmen der Baugewerblichen Verbände Nordrhein und Westfalen zu den zeitlichen, psychischen und sozialen Belastungen der Bauleiter und interviewten Baustellen-Führungskräfte und Geschäftsführer zur Arbeitsgestaltung, zu ihren persönlichen Bewältigungsstrategien und dem Zusammenhang von Arbeits- und Familienleben. Aus den Umfrageergebnissen wurden zwei Modelle für Verbesserungsmaßnahmen entwickelt, eines für mittelgroße Unternehmen der Bauindustrie, eines für kleinere Unternehmen des Bauhandwerks. Parallel dazu wurden Weiterbildungsmodule entwickelt, die den Baustellen- Führungskräften sowie der Geschäftsführung zusätzliche Kompetenzen vermitteln. Das EBBFü-Projekt ist nun nach 24 Monaten ausgelaufen, ein Folgeprojekt, in dem es darum geht, Bauleitern eine Assistenz zur Seite zu stellen, die sie unterstützt, ist derzeit in Planung.

Eine der Projektleiterinnen ist Maria Emig, Referentin im Berufsförderungswerk der Bauindustrie NRW e.V. und Trainerin in den Bereichen Stress-, Zeit- und Selbstmanagement. Die gelernte Bauingenieurin bietet für Bauleiter Seminare zur Stressbewältigung an – für Einzelpersonen, Gruppen oder als Inhouse-Seminar in den Bauunternehmen selber. „Bauleiter zeigen eine überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft und sind sehr zielorientiert. Die vielfältigen Herausforderungen können sich jedoch verselbständigen“, weiß Maria Emig. Weil sie ohnehin schon unter Druck stehen, wollen die Bauleiter Methoden kennen, die schnell funktionieren und leicht umzusetzen sind, so die Erfahrung der Trainerin.

Entsprechend lernen die Bauleiter in den Workshops zur Stressbewältigung viele Übungen, die sie unterwegs im Auto, auf der Baustelle oder auch zu Hause anwenden können. „Am beliebtesten ist die Ruheatmung, mit der man ganz schnell einen Gang zurückschalten kann“, sagt Maria Emig. Auch einfache Tipps, zum Beispiel über den Tag das Wassertrinken nicht zu vergessen, sind erstaunlich effektiv. Dass solche Trainings für Bauleiter dringend notwendig sind, erkennen auch die Baufirmen mittlerweile – denn schließlich sind sie auf die Einsatzfähigkeit ihrer Bauleiter angewiesen.

Linktipp

Mehr zum EBBFü-Projekt unter:
www.ebbfue.de

„Ich habe mein Ding durchgezogen“

Mit gerade einmal 27 Jahren übernahm Renate Dittgen 1974 den elterlichen Betrieb. Sie musste sich gegen die männliche Belegschaft und Vorbehalte der Bank durchsetzen. Wie sie das geschafft hat, erzählt sie im karriereführer-Interview. Die Fragen stellte Sabine Olschner.

Zur Person

Renate Dittgen, Foto: Brigitte Krauth
Renate Dittgen, Foto: Brigitte Krauth

Renate Dittgen hat zunächst an der Uni Tübingen Biochemie studiert. Nach einem Semester wechselte sie zur Betriebswirtschaftslehre an die Universität Saarbrücken und machte 1971 ihren Abschluss als Diplom-Kaufmann. Anschließend arbeitete sie ein Jahr lang als Assistentin an zwei Lehrstühlen der Universität Saarbrücken. Nach einem schweren Unfall übernahm sie mit 27 Jahren das Unternehmen ihres Vaters, der in der Zwischenzeit erkrankt war und 1974 verstarb. Unter ihrer Leitung hat sich das mittelständische Unternehmen Dittgen mit seinen 200 Mitarbeitern zu einer der erfolgreichsten Baufirmen an der Saar entwickelt. Renate Dittgen wurde 2013 für ihr vorbildliches und ehrenamtliches Engagement sowie für die hervorragende Ausbildung und Lehre in ihrem Betrieb mit dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Frau Dittgen, hatten Sie schon immer geplant, das Familienunternehmen einmal von Ihrem Vater zu übernehmen?
Nein, ich wollte viel lieber eine Universitätslaufbahn einschlagen oder in einen Konzern einsteigen – mein Studium war auch viel mehr in diese Richtung ausgelegt. Auch mein Vater hatte mich niemals für die Übernahme seines Unternehmens vorgesehen. Aber ich war damals, als mein Vater plötzlich starb, die Einzige, die in etwa geeignet war, die Nachfolge anzutreten. Außerdem war ich nach einem schweren Unfall ohnehin in der Phase einer beruflichen Neuorientierung, sodass es passte, in den elterlichen Betrieb zu gehen. Aber unter anderen Umständen hätte ich das wohl kaum gemacht.

Wurde zu Hause viel über das Unternehmen gesprochen, sodass Sie wussten, was auf Sie zukommt?
Ich war schon immer nah dran an unserem Unternehmen, denn Wohn- und Geschäftshaus waren früher unter einem Dach untergebracht. Ich habe als Kind auf dem Bauhof gespielt und die Mitarbeiter gekannt. Mit meinem Vater bin ich immer auf die Baustellen mitgefahren. Und auch in der Familie war das Geschäft immer Tagesgespräch. Ich bin sozusagen mit der Firma groß geworden.

Und wie war das dann, als Sie tatsächlich Chefin wurden? Haben die Mitarbeiter Sie als junge Frau akzeptiert?
Ich hatte gar nicht so auf dem Schirm, dass ich als Frau in eine Männerdomäne eingestiegen bin. Ich hatte genug damit zu tun, dafür zu sorgen, dass die Firma überlebt. Unserem Unternehmen ging es damals nicht gut, und die Bank hatte mir alle Kredite gekündigt. Weil ich eine Frau war, wollte sie zusätzliche Sicherheiten von mir haben. Zum Glück habe ich dann eine andere Bank gefunden, die uns geholfen hat. Ein weiteres Problem war: Die Mitarbeiter – alles Männer – waren alle gegen mich. Nur einer von ihnen stand auf meiner Seite, und zusammen haben wir das durchgezogen. Wir haben uns von den Rädelsführern getrennt und nach und nach Facharbeiter eingesetzt, die unsere Firma unterstützten.

Wie haben Sie es geschafft, sich trotz all dieser Widrigkeiten als Frau im Unternehmen durchzusetzen?
Ich habe einfach mein Ding durchgezogen, hatte damals auch einen sehr autoritären Führungsstil – heute ist mein Führungsstil eher zielorientiert. Mein Überlebensdrang und der Wille, alles in der Firma zu ordnen, haben mir auf dem Weg geholfen. Gottseidank habe ich es nach ein paar Jahren geschafft, den Betrieb aus dem Sumpf herauszuholen.

Befinden sich mittlerweile auch Frauen in Ihrer Belegschaft?
Im gewerblichen Bereich haben wir nach wie vor nur Männer – obwohl wir eine Initiative gestartet haben, auch Frauen den Beruf schmackhaft zu machen. Leider ist das fehlgeschlagen: Junge Mädchen sind nicht an den Berufen Straßenbauer oder Baugeräteführer interessiert. Das ist nach wie vor schwierig. In der Verwaltung arbeiten einige Frauen, im mittleren Management sind eine Einkäuferin und eine Disponentin tätig. Auch eine Bauingenieurin hatten wir schon, die uns aber leider wieder verlassen hat, weil sie sich von den Männern gemobbt fühlte.

Was glauben Sie, warum sich so wenige Frauen für den Einstieg in die Baubranche entscheiden?
Die Zahl der Studentinnen im Bauingenieurwesen ist ja gar nicht mal gering. Aber viele von ihnen gehen dann eher in den Bereich Statik und in Ingenieurbüros, weniger in den Tief- und Straßenbau. Auch unter den Bauzeichnern befinden sich überwiegend Frauen. Aktuell machen jedoch zwei Studentinnen aus dem Bauingenieurwesen bei uns ihr Praktikum – vielleicht können wir die halten.

Was müsste denn die Branche tun, um attraktiver zu werden und noch mehr Frauen anzuziehen?
Da muss sich noch einiges in den Köpfen der Männer ändern. Vor allem in ländlichen Regionen, wie bei uns im Saarland, gibt es noch viele Vorbehalte gegenüber Frauen in der Baubranche. In größeren Städten mag das schon anders sein. Ich selber finde gemischte Teams gut, weil die Stimmung im Unternehmen durch Frauen ganz anders wird.

Würden Sie nach all den Jahren im Unternehmen noch einmal den gleichen Weg gehen?
Im Grunde war mir dieser Job auf den Leib geschneidert, ich habe mich hier immer wohlgefühlt. Ich bin gern mit Leuten zusammen, beeinflusse gern die Dinge und bin kreativ. Deshalb mache ich die Arbeit ja immer noch, obwohl ich schon 67 bin. Als meinen Nachfolger wünsche ich mir die beste Besetzung – egal, ob es ein Mann oder eine Frau ist.

Suffizienz am Bau

Suffizienz gehört zum großen Themenkomplex der Nachhaltigkeit. Der Begriff beinhaltet Verzicht im Sinne einer Drosselung von Konsum und Verbrauch – und in ihm steckt auch der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen. Für den Bau, auf den 40 Prozent des weltweiten Ressourcenverbrauchs fallen, wird die Auseinandersetzung mit dem Thema daher immer mehr zu einer Schlüsselherausforderung. Von Christoph Berger

Die weltweit zur Verfügung stehenden Ressourcen sind endlich. Für Alice Wildhack wird daher die Frage, auf was wir als Menschen verzichten können, zu einer immer entscheidender werdenden Schlüsselherausforderung – sowohl im Privaten als auch in ihrem Job. Wildhack ist Leiterin des Bereichs Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Technische Gebäudeausrüstung bei der Bilfinger Bauperformance GmbH und beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Thema Nachhaltigkeit: „Der Anspruch von Suffizienz im Vergleich zu Nachhaltigkeit im Allgemeinen ist höher, weil die Analyse des Verbrauchs viel genauer erfolgt. Und von den positiven Folgen der Suffizienz profitiert weniger der Einzelne als vielmehr die Gesellschaft ins gesamt“, erklärt sie. Suffizienz sei daher auch weit mehr als ein Geschäftsmodell. Vielmehr könne man von einer Einstellung, von Werten, von einer Haltung sprechen – mit dem strategischen Vorteil, dass Ressourcen erhalten bleiben oder wieder aufgebaut werden können.

Wenn Wildhack von einer „Analyse des Verbrauchs“ spricht, dann meint sie die Ökobilanz jedes einzelnen Bauteils – von der Gebäudehülle bis zum Bodenbelag. Betrachtet werden die Umweltauswirkungen von Herstellung, Nutzung und Rückbau, also der gesamte Lebenszyklus des Bauteils. „Wir haben einen erheblichen Einfluss darauf, welche Emissionen letztendlich in die Atmosphäre gehen“, sagt Wildhack. Auch darauf, was in der Nutzungsphase produziert wird und im Gebäude verbleibt. „Wenn ein Gebäude energieeffizienter als der Standard ist, produziert es auch weniger CO2-Emmissionen. Darüber sollte ich mir im Vorfeld Gedanken machen, auch im Hinblick darauf, welche Materialien ich einbaue, um zum Beispiel weniger Sonderdeponiematerial und mehr Recyclingmaterialien wie Holz zu verwenden. Das sind Gedanken, die beim Bauen eine immer wichtigere Rolle spielen“, sagt sie. Auch Politik, Gesellschaft, Bauherren und Investoren erwarten, dass sich die Bauunternehmen mit dem Thema auseinandersetzen und zum Beispiel die Anforderungen der sich ständig verschärfenden Energieeinsparverordnung und die von der Bundesregierung formulierten Energieeinsparziele umsetzen. „Große Immobiliengesellschaften zeigen in ihren Nachhaltigkeitsberichten, wie sie in nachhaltige Gebäude investieren beziehungsweise wie ressourcenschonend sie ihre Portfolios bewirtschaften. Des Weiteren ist das Thema Carbon Footprint, das ist der CO2-Verbrauch eines Produkts über seinen gesamten Lebenszyklus, nach wie vor in aller Munde“, sagt Alice Wildhack. Vieles dreht sich also um das Thema Suffizienz. Allerdings, auch das fügt die Nachhaltigkeitsexpertin an, sei trotz aller Erwartungen bisher nur ein Bruchteil der Projekte unter dem reinen Suffizienzgedanken gebaut worden. Der Wunsch nach Nachhaltigkeitszertifikaten für Gebäude sei dagegen bereits in vielen Bauausschreibungen enthalten. Zukünftig werde sich dann eher die Frage stellen: Wer hat ein Zertifikat und ist gleichzeitig auch dem Suffizienzgedanken gefolgt?

„Wenn wir uns mit Nachhaltigkeitsprojekten befassen, beginnen wir im Idealfall mit der Beratung zur Zieldefinition und unterstützen beim Aufsetzen des Prozesses für das Projekt“, erklärt Wildhack die Vorgehensweise bei Bilfinger Bauperformance. „Im weiteren Projektverlauf müssen wir dem Kunden die richtigen Alternativen zum Standard aufzeigen können.“ In der Projektsteuerung müssen diese Ziele dann beibehalten und gegebenenfalls nachgebessert werden. Als Hilfsmittel in der Planung spielt neben der Ökobilanzierung auch die thermische Simulation, also die zeitliche Simulation der thermischen Vorgänge in Räumen und Gebäuden, eine ganz wesentliche Rolle. Mit ihr ist die Analyse komplexer Systeme und technischer Problemstellungen möglich.

Allerdings muss für diese Vorgehensweise auch Überzeugungsarbeit bei vielen Kunden geleistet werden. „Gerade die intensive und zeitaufwendigere Planungsphase ist natürlich auch teurer. An dieser Stelle kann es zu Zielkonflikten kommen“, sagt Wildhack. Nicht alle Kunden hätten diese Kapazitäten, manche nur enge Zeitfenster zur Umsetzung ihrer Projekte. Später, im weiteren Verlauf des Lebenszyklus eines Baus, zahle sich die Anfangsinvestition allerdings wieder aus. Dann wird auch klar: Plant man richtig, muss am Ende auch kaum auf etwas verzichtet werden. „Die Baubranche ist so weit entwickelt, dass es für fast sämtliche Standards inzwischen Alternativen und andere Lösungen gibt. Es geht also um die Beratung zum Verzicht an den richtigen Stellen“, erklärt Wildhack. Einbußen in Komfort, Lebensdauer oder Gebrauchstauglichkeit dürfen nicht in Kauf genommen werden, denn es zählt immer der Mensch, welcher sich im Gebäude befindet.

Für Bauingenieure bedeutet die Auseinandersetzung mit dem Thema Suffizienz schließlich, sich nicht mit dem Standard des Planens und Bauens zufriedenzugeben. „Studierende und Absolventen sollten immer weiterdenken und neue Wege gehen, um weitere Suffizienzlösungen zu finden“, rät Alice Wildhack. „Immer wichtiger werden in diesem Zusammenhang die Materialkenntnisse und die Auswirkungen auf den Lebenszyklus von Bauten.“ Bauingenieure sollten das Thema also so breit gefächert wie möglich und nicht nur aus einer Richtung betrachten.

Zur Person

Alice Wildhack studierte Architektur an der TU Darmstadt und arbeitete einige Zeit im Architekturbüro. Sie merkte jedoch schnell, dass ihr der rein architektonische Blick auf das Bauen zu begrenzt ist. Daher absolvierte sie berufsbegleitend das Masterstudium „Real Estate Management and Construction Project Management“ in Wuppertal – ein bauingenieurwissenschaftliches Studium, das auch die immobilienwirtschaftlichen Aspekte beinhaltet. 2009 kam Wildhack zu Bilfinger – damals in das im Bilfinger Hochbau angesiedelte „Building Technology Center“. Inzwischen ist sie bei der Bilfinger Bauperformance, einer 100-prozentigenTochter der Hochbau- Sparte, mit etwa 200 Mitarbeitern. Hauptaufgaben sind das Planen, Beraten und Steuern mit Ingenieur-Know-how. Wildhack ist Auditorin für die Zertifizierungssysteme LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) und BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Methodology). Seit Januar 2014 ist sie Leiterin der Abteilung Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Technische Gebäudeausrüstung (TGA) bei Bilfinger Bauperformance.

Neue Verkehrswege

Haltestellen werden von der Oberfläche in den Untergrund verlegt, Tunnelröhren gebohrt und Rampen, die Ober- mit Untergeschossen verbinden, geschaffen sowie ein unterirdisches Gleisdreieck gebaut: In Karlsruhe befindet sich das Projekt „Kombilösung“ gerade in der Umsetzung. Von Christoph Berger

In der Kombilösung von Karlsruhe werden zwei Einzelprojekte zu einem zusammengefasst – daher der Projektname. Im ersten Teilprojekt sollen von 2018 an zwei Stadtbahntunnel für Straßenbahnen die in der Innenstadt gelegene Kaiserstraße entlasten – eine Einkaufsmeile, auf der bisher auch Straßenbahnen fuhren. Im Süden der Innenstadt sollen zudem moderne, sichere und komfortable U-Bahnhaltestellen entstehen. Im zweiten Projekt soll auf einer anderen Straße, der Kriegsstraße, bis 2019 eine Straßenbahntrasse entstehen. Unter dieser wird ein Autotunnel mit Ein- und Ausfahrten für den City- und Anliegerverkehr gebohrt. Das Gesamtprojekt besteht aus diversen Hoch- und Tiefbaumaßnahmen. Ziel der Kombilösung ist es, das Infrastrukturnetz leistungsfähiger zu machen – denn seit 1985 ist allein die Zahl der Nutzer des Karlsruher Verkehrsverbunds von 55 Millionen Menschen auf 178 Millionen im Jahr 2012 gestiegen. Das vorhandene Netz stieß an den Rand seiner Kapazitäten. Für die Kombilösung wurde Ende 2008 das Baurecht erteilt, Anfang 2010 fand der Spatenstich statt. Direkt anschließend wurden vorbereitende Maßnahmen für den Bau der unterirdischen Haltestelle am Europaplatz durchgeführt.

Um das Projekt umzusetzen, wird ein 2,4 Kilometer langer Stadtbahntunnel mit einem ein Kilometer langen Abzweig gebohrt. Sieben Haltestellen werden dabei integriert. Für diese werden tiefe Baugruben benötigt – alle im städtischen Umfeld. Gebaut werden sie nach der sogenannten Deckelbauweise. Bei dieser Methode werden der Straßenbahn- und Anlieferverkehr sowie die Fußgängerpassagen zunächst auf eine Seite der Kaiserstraße verlegt. Auf der anderen, der gesperrten Seite, werden circa 20 Meter tiefe Schlitze ausgehoben beziehungsweise Bohrpfähle gebohrt. In diese werden Bewehrungskörbe eingebaut, die anschließend ausbetoniert werden. Die so hergestellten Wände dienen als Baugrubensicherung für die unterirdischen Stationen. Anschließend wird die Straße bis zu einer Tiefe von etwa vier Metern halbseitig geöffnet und ein Betondeckel gegossen, der auf den Bohrpfahlwänden ruht: die Decke der künftigen Haltestellen. Der Verkehr kann nun auf den Deckel umgelegt werden. Dann erfolgt die gleiche Prozedur auf der anderen Seite. Nach Fertigstellung der Betondeckel kann der Verkehr an der Oberfläche wie gewohnt weiterfließen, während die restlichen Bauarbeiten unterirdisch weitergeführt werden.

Bauen im Innenstadtbereich
Der neue Stadtbahntunnel befindet sich direkt unter der Shoppingmeile. Er wird künftig vier U-Bahnhaltestellen miteinander verbinden. Auch hier soll der Bau das Innenstadtleben so wenig wie möglich belasten – die Bauzeit soll möglichst kurz gehalten werden. Deshalb kommt beim Tunnelbau das Schildvortriebverfahren zum Zug. Dabei gräbt sich die Tunnelbohrmaschine – an der Oberfläche unbemerkt – unter der Stadt durch. Die Stadt- und Straßenbahnen fahren oben ganz normal weiter, die Fußgänger können trotz unterirdischer Bauarbeiten die Geschäfte in der Kaiserstraße weiter besuchen. Die Schildmaschine, die den neuen Stadtbahntunnel gräbt, ist über 70 Meter lang und weit über 100 Tonnen schwer, der Bohrkopf hat einen Durchmesser von über neun Metern. An einem Tag legt die gigantische Maschine circa zehn Meter zurück und hinterlässt eine mit Betonringen fertig ausgekleidete Tunnelröhre.

Der zweite Tunnel, der Südabzweig, erschließt drei weitere U-Bahnhaltestellen für den Citytunnel und bindet damit die südlichen Stadtteile besser an das Zentrum an. Aufgrund der Kürze der Strecke wird dieser im herkömmlichen bergmännischen Vortrieb mit Druckluftsicherung durchgeführt. Mit der Eröffnung des Stadtbahntunnels, die für 2016 geplant ist, wird sich das Bahnaufkommen in der Kaiserstraße bereits um 70 Prozent reduzieren. Der Straßentunnel unter der Kriegstraße sowie die dazugehörigen Rampenbauwerke werden in Abschnitten über die offene Bauweise erstellt. Die Fertigstellung der Kombilösung ist für 2019 geplant.

Insgesamt kommen bei den Arbeiten somit die unterschiedlichsten Bauverfahren zum Einsatz: Schildvortrieb, Deckelbauweise sowie die bergmännische und offene Bauweise. Das Projekt ist somit auch eine ganz besondere Herausforderung für Bauingenieure.

Daten und Fakten

Teilprojekt 1:
Stadtbahntunnel unter der Kaiserstraße mit Südabzweig Ettlinger Straße

Gesamtlänge Ost-West: ca. 3200 m
Länge Stadtbahntunnel Kaiserstraße: ca. 2200 m (ca. 2600 m mit Rampen)
Gesamtlänge Nord-Süd: ca. 1300 m
Länge Stadtbahntunnel Südabzweig: ca 800 m (ca. 1100 m mit Rampen)
Unterirdische Haltestellen: 7
Breite des Tunnels: ca. 8,20 m
Länge schienenfreie Fußgängerzone: ca. 1000 m
Spezialtiefbauleistungen:
Verbauwände: ca. 82.000 m2
Dichtsohlen: ca. 39.000 m2
Aushub: ca. 660.000 m3
Fertigstellung: 2018

Teilprojekt 2:
Stadtbahntrasse Kriegsstraße mit Straßentunnel

Länge Straßentunnel: ca. 1400 m (ca. 1700 mit Rampen)
Länge Bahntrasse: ca. 1500 m
Oberirdische Haltestellen: 3

Spezialtiefbauleistungen:
Verbauwände: ca. 62.000 m2
Dichtsohlen: ca. 39.000 m2
Aushub: ca. 300.000 m3
Fertigstellung: 2019

Quelle: KASIG – Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft mbH

Virtuelles Arbeiten in interkultureller Realität

0

Das deutsche Bauunternehmen Züblin und das amerikanische Bauunternehmen Gilbane bewerben sich derzeit gemeinsam um den Neubau eines Krankenhauses in Ramstein. Um die Zusammenarbeit während der Angebotsbearbeitung und im Auftragsfall optimal zu gestalten, tauschten die beiden Unternehmen Mitarbeiter aus. Dabei lernten insgesamt fünf junge Bauingenieure mehr als nur die Organisation und Arbeitsweise des Kooperationspartners kennen. Von Christoph Berger

Als Nikolas Früh im April 2013 in Boston ankam, wurde er bereits nach kurzer Zeit aktiv in Bauprojekte des US-Unternehmens Gilbane eingebunden. Nikolas Früh ist in Deutschland bei Züblin in der Zentralen Technik für die Modellerstellungskoordination und die Weiterentwicklung der modellbasierten Arbeitsweise mitverantwortlich. Dabei geht es vor allem um den Einsatz von Building Information Modeling (BIM): Mit seinen Kollegen entwickelt der 27-Jährige die 5-D-Arbeitsweise für Bauprojekte. Dass die Amerikaner die gleichen Softwarewerkzeuge und ähnliche Herangehensweisen an BIM-Projekte haben wie die Deutschen, erleichterte Früh den dortigen Einstieg. „Nikolas arbeitete direkt sehr gut bei uns mit“, bestätigt John Myers von Gilbane. Gegenseitig zeigten sie sich in den ersten Tagen in Trainings ihre jeweiligen Arbeitsprozesse. Das klappte so gut, dass die Vorgesetzten entschieden, Myers im Januar dieses Jahres nach Stuttgart reisen zu lassen – man wollte das gut funktionierende Team nicht trennen.

Nikolas Früh hatte am Institut für Technologie in Karlsruhe (KIT) Bauingenieurwesen studiert und stieg kurz nach seinem Abschluss bei Züblin als Projektingenieur ein. Der 26-jährige Myers hat einen Master of Architecture von der University of Kansas. Er begann im Februar 2012 als Virtual Design and Construction Engineer bei Gilbane. Hinzu kam Simon Jagenow – er arbeitet in der Direktion Stuttgart, einer operativen Einheit von Züblin, und kam bereits während seiner Bachelorthesis 2012 als Praktikant zu dem deutschen Baukonzern. Damals arbeitete er an dem Leitprojekt „Mefisto“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Forschungsprogramm „IKT 2020 – Softwaresysteme und Wissenstechnologien“ mit. In diesem Projekt forschten zwölf Partner aus Wissenschaft und Industrie an neuen Lösungen für das IT-gestützte Planen und Bauen. Heute arbeitet Jagenow an der Einführung der BIM-Methodik im Züblin-Konzern mit und ist ebenfalls mitverantwortlich für die modellbasierte Planung. Er war von April bis Juni dieses Jahres in Phoenix, Boston und San Francisco.

Die beiden Deutschen erhielten in den jeweils drei Monaten Einblicke in die modellbasierte Ausführungsplanung für verschiedene Projekte – vor allem in die integrierte Projektabwicklung. Dabei geht es um die Anwendung von Managementmethoden in Kombination mit digitalen Technologien. Sie lernten den Aufbau und die Organisation einer 5-D-, BIM- und VDC-Abteilung (Virtual Design and Construction) sowie die US-Projektformen kennen. Sie knüpften Kontakte zur Industrie und Baubranche, erlebten die Landes- und Arbeitskultur und verbesserten nicht zuletzt ihre Sprachkenntnisse. „Die sehr gute Integration in das Arbeits- und Sozialleben wurde sicher durch unser gleiches Alter begünstigt“, sind sich Früh und Jagenow sicher. Doch auch die gegenseitige Sympathie stimmte.

Allerdings stellten die beiden auch manche Unterschiede fest: „Während in den USA eher schneller gearbeitet wird, ist man in Deutschland langsamer, dafür aber etwas vertiefter“, sagt Früh. In Deutschland habe man eine sehr forschungsbasierte Herangehensweise an neue Technologien mit fokussierten Einstiegen in Teilproblematiken. In den USA integriere man neue Techniken im Vergleich dazu schnell ins Tagesgeschäft und entwickle sie nebenher laufend weiter. Diese Beobachtung machte auch der Amerikaner Myers: „Ich fand, dass die 5-D- und VDC-Teams sowohl strategisch als auch auf langfristige Ziele sehr gut ausgerichtet sind. Von der taktischen Seite scheinen die Amerikaner aber ein besseres Verständnis für die täglichen Anwendungen von Software und Workflows zu haben.” Durch die Kenntnis der jeweils anderen Mentalität dürfte zukünftig sicher die goldene Mitte gefunden werden.

Voll im Einklang sind sich die drei schon jetzt bei der Bewertung ihrer Zusammenarbeit: Früh, Jagenow und Myers sprechen von einem Erfolg, der über die reine Arbeitsatmosphäre längst hinausgewachsen ist und sich zu einer Freundschaft entwickelt hat. Sie verbrachten auch viel Freizeit miteinander und luden sich gegenseitig nach Hause ein. Der regelmäßige berufliche Austausch über den Besuch hinaus ist längst Normalität geworden. Schließlich sind alle drei auch Experten für virtuelle Realitäten mithilfe neuer Technologien – da spielt die räumliche Distanz nach dem Kennenlernen keine Rolle mehr.

Der Züblin-Gilbane-Mitarbeitertausch

Ziel:
Kennenlernen der jeweils anderen Organisation, Arbeitsweise und Art der Projektumsetzung sowie Entwicklung eines interkulturellen Verständnisses und Verbesserung der Sprachkenntnisse
Mögliche Anwendungen:
Großprojekte US-amerikanischer Bauherren mit deutsch-amerikanischer Zusammenarbeit
Projektlaufzeit:
Seit Oktober 2012

Blickpunkt: Projektsteuerung

Ein großes öffentliches Bauprojekt, das zum geplanten Zeitpunkt und zu den geplanten Kosten fertig wird? Das geht – wenn eine professionelle Projektsteuerung dafür sorgt, dass die Organisation stimmt und die Beteiligten von Beginn an zusammenarbeiten. Von Maria Knissel, Arcadis.

Fast scheint es Gesetz zu sein, dass große Bauprojekte zeitlich und finanziell ausufern. Aber es geht auch anders, wie der Neubau zweier Kliniken in Bad Homburg und Usingen zeigt: Die Häuser wurden in der Rekordzeit von zwei Jahren und im geplanten Kostenrahmen errichtet. Schon zu Beginn der Planung nahm der Bauherr, die Hochtaunus- Kliniken, den Projektsteuerer Arcadis mit ins Boot. „Wir kennen uns mit dem Betrieb von Krankenhäusern aus“, sagt Dr. Julia Hefty, Geschäftsführerin der Hochtaunus-Kliniken, „aber die Steuerung eines Neubaus ist nicht unser Kerngeschäft. Deswegen war es für uns sehr wichtig, jemanden an Bord zu haben, der das professionell und hauptberuflich macht.“

Als erstes setzten die Ingenieure des Projektsteuerers eine funktionierende Projektorganisation auf, denn die klare Regelung von Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten ist eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg eines Projekts. Die zweite Aufgabe bestand in der Formulierung der spezifischen Anforderungen an Gebäude, Räume und Technik für die Ausschreibung des Baus und den späteren technischen Betrieb der Krankenhäuser. Die Qualität der Ausschreibung ist ebenfalls eine wichtige Grundlage für die spätere Einhaltung von Terminen und Kosten: Je weniger Leistungen während der Bauzeit nachverhandelt werden müssen, desto weniger kommt es zu Kostenerhöhungen und zeitlichen Verschiebungen.

Transparenz von Anfang an
Von Beginn an sorgte der Projektsteuerer auch für Transparenz, laut Projektmanagerin Britta Henscher „ein wesentlicher Faktor für das Gelingen eines Bauprojekts dieser Größenordnung“. Schon im Ausschreibungsverfahren erhielten alle Beteiligten die für sie wichtigen Informationen. Vertreter der Nutzergruppen wie Ärzteschaft, Pflege, Sterilisation, OP-Bereich und Geburtshilfe wurden in Entscheidungsprozesse einbezogen, sowohl bei der Ausschreibungserstellung als auch bei der Entwurfsgestaltung der einzelnen Bieter. Die Bieter kannten die Entscheidungskriterien für den Zuschlag, bei denen neben monetären und funktionalen Kriterien auch der architektonische Entwurf zählte.

2011, zwei Jahre nach Beginn des Projekts, stand fest, welcher der drei Bieter den Zuschlag für Planung, Bau und den technischen Betrieb erhält. Die im Bieterverfahren vorgelegte Vorplanung wurde nun im Detail ausgearbeitet und verfeinert. Die Ingenieure begleiteten das Baugenehmigungsverfahren und definierten gemeinsam mit den anderen Beteiligten die Meilensteine. Im Oktober 2011 wurden in Usingen und Anfang 2012 in Bad Homburg die ersten Spaten in die Erde gestochen: Der Bau begann.

Die Fäden in der Hand
In der Bauphase ist das Risiko von Zeitverzögerungen und Kostensteigerungen am größten. Aufgabe der Projektsteuerung ist es, durch Organisation, Kommunikation und stetige Qualitäts- und Kostenkontrolle die Fäden in der Hand zu behalten, mögliche Verzögerungen oder andere Probleme zu erkennen und frühzeitig gegenzusteuern. Mindestens einmal wöchentlich fand in Bad Homburg oder Usingen eine Baubesprechung statt – in kleinem Kreise, denn: „Nur mit einer schlanken Organisationsstruktur und klaren Verantwortlichkeiten kann ein solches Projekt in so kurzer Zeit realisiert werden“, so Stefan Meyer, Sector Leader Health Care bei Arcadis.

Im Vergleich zu anderen Großprojekten hielten sich die während der Bauphase vom Auftraggeber eingebrachten Änderungen und Nachtragsforderungen des Auftragnehmers in Grenzen – die gründliche Planung und Ausschreibung machten sich nun bezahlt. Die Abnahme des Baus erfolgte im Herbst 2013. Ein ausreichender Zeitpuffer war zu diesem Termin noch vorhanden, um Mängel zu beseitigen. Die Nutzer konnten zu diesem Zeitpunkt bereits schrittweise das Gebäude und seine Technik kennenlernen, bevor in Usingen im Februar und in Bad Homburg im März 2014 der endgültige Umzug aller Patienten erfolgte. Damit wurde der Bau beider Kliniken nach einer Bauzeit von nur zwei Jahren erfolgreich und im Kostenrahmen abgeschlossen.

Anforderungen für Bauingenieure

Die Projektsteuerung von großen Bauprojekten ist ein interessantes Berufsfeld für Bauingenieure, die gern strukturiert arbeiten und über den Tellerrand hinausschauen: Die Arbeit erfolgt in interdisziplinären Teams, in denen baufachliches, wirtschaftliches und branchenspezifisches Know-how zusammenfließen. Wichtig sind der Wille und die Fähigkeit zur Kommunikation – ein großes Bauprojekt kann nur erfolgreich realisiert werden, wenn alle Beteiligten miteinander sprechen, klare Vereinbarungen treffen und an einem Strang ziehen.

„Richtiges Englisch kommt immer gut an“

Dass sich alle am Bau Beteiligten verstehen, ist das A und O, um erfolgreich und gemeinsam die festgesetzten Projektziele zu erreichen. Der karriereführer sprach mit Sharon Heidenreich, Autorin des Buchs „Englisch für Architekten und Bauingenieure“, über die sprachliche Vorbereitung auf Auslandsprojekte. Die Fragen stellte Christoph Berger.

Zur Person

Sharon Heidenreich, Foto: Fotostudio Lauer
Sharon Heidenreich, Foto: Fotostudio Lauer

Sharon Heidenreich, 45 Jahre, studierte Architektur an der Technischen Hochschule Nürnberg. Ihre ersten Lebensjahre verbrachte sie in England. Während ihres Studiums absolvierte sie außerdem ein längeres Praktikum in London. Nach dem Studium arbeitete sie ein Jahr bei Nihon Sekkei in Tokio, Japan. Heute lehrt Sharon Heidenreich als Dozentin an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm in den Fakultäten Architektur, Bauingenieurwesen, Energie- und Gebäudetechnik sowie Werkstoffwissenschaften „Technisches Englisch“ und „Business English“. Daneben ist sie als Übersetzerin von Fachliteratur für Architekten und für Architekturbüros tätig.

Sharon Heidenreich
Englisch für Architekten und Bauingenieure – English for Architects and Civil Engineers.
Springer Vieweg 2014.
ISBN 978-3658030629.
29,99 Euro

Frau Heidenreich, welche Rolle spielt die englische Sprache bei Auslandsprojekten deutscher Bauunternehmen?
Englisch ist als Weltsprache wichtig, egal wo man ist und wo das Projekt umgesetzt wird. Hinzu kommt, dass viele Auslandsprojekte von internationalen Konsortien umgesetzt werden, in denen die einzelnen Unternehmen aus den verschiedensten Ländern kommen. An Englisch, oft die einzige gemeinsame Verständigungssprache, führt da kein Weg vorbei.

Sollten sich Bauingenieure daher im Vorfeld eines solchen Projekts auch sprachlich gezielt vorbereiten?
Auf jeden Fall. Englisch ist die Kommunikationssprache, und durch ihr Beherrschen lassen sich Missverständnisse vermeiden. Ein guter Entwurf sollte nicht an sprachlichen Barrieren scheitern.

Welche Folgen können falsche Übersetzungen haben?
Die Folgen reichen von einfachen Missverständnissen bis hin zu finanziellen und terminlichen Konsequenzen. Auch die Qualität des Baus kann darunter leiden – mit Fehlern, die nicht immer einfach zu beheben sind. Und natürlich leidet das soziale Miteinander in den Teams unter Sprachschwierigkeiten.

Mit wem müssen Bauingenieure vorrangig in den Projekten kommunizieren?
Das hängt von der Größe des Projekts und der Rolle des Bauingenieurs innerhalb des Projekts ab. Er wird beispielsweise mit Behörden, Auftraggebern, Gutachtern und Haustechnikern sprechen müssen. Hat der Bauingenieur die Bauaufsicht inne, kommen auch noch Bauarbeiter und die Öffentlichkeit, beispielsweise Nachbarn, hinzu.

Sie haben Ihr Buch nach den unterschiedlichen Projektschritten strukturiert. Hat dabei jede Phase ihr ganz spezielles Vokabular?
Ja. Es gibt zwar Überschneidungen, aber prinzipiell gibt es schon deutliche Unterschiede. Im Entwurf geht es beispielsweise um Formen, Materialien und Abmessungen, in Verhandlungen dann eher um Kosten, Zeitplanungen und die Projektleitung. Während für Ersteres eher technisches Englisch notwendig ist, wird für Letzteres Business Englisch benötigt – beides Aspekte, die in meinem Buch behandelt werden.

Lassen sich die in Deutschland bekannten Projektabläufe tatsächlich eins zu eins auf das Ausland übertragen?
Generell durchläuft jeder Bau die gleichen Schritte. Allerdings gibt es Unterschiede bei den Genehmigungsverfahren, den Bauverträgen und den Gewährleistungsregelungen zwischen den einzelnen Ländern. Doch auch hier wird mit den vom Internationalen Verband der Beratenden Ingenieure (FIDIC) herausgegebenen internationalen Musterbauverträgen an einem Standard gearbeitet, sodass es zu einer Vereinheitlichung kommt.

Mit welchen falsch ins Englische übersetzten Fachbegriffen liegt man voll daneben?
Nehmen Sie zum Beispiel den technischen Begriff „Träger“. Deutsche übersetzen ihn oft mit „carrier“. Dabei heißt die korrekte Übersetzung im Bauwesen „beam“. Oder, wenn es um Lasten geht, heißt „tragen“ „bear“ – Deutsche sprechen dies meist wie „Bier“ aus. Richtig wird es „be r“ gesprochen, wie der „grizzly bear“. Grundsätzlich ist es aber immer hinderlich, wenn man wegen fehlender Fachbegriffe nicht verstanden wird.

Und mit welchen richtig übersetzten Wörtern kann man als Experte auftrumpfen?
Gutes und grammatikalisch richtiges Englisch kommt immer gut an. Dies ist umso wichtiger, weil man es in internationalen Bauprojekten selten mit Native Speakern zu tun hat, sondern mit anderen Ausländern, für die Englisch ebenfalls eine Fremdsprache ist. Dabei merkt man sehr schnell, wer sich vorbereitet hat und wer nicht. Wichtig ist in dem Zusammenhang auch, ein Verständnis für seinen Gesprächspartner zu entwickeln. Das bedeutet, sich auf das Niveau des Gegenübers einzustellen und nicht mit seinen Englischkenntnissen zu prahlen.

Wie sollte man sich verhalten, wenn man sprachlich mal nicht weiterweiß?
An diesem Punkt ist Ehrlichkeit wichtig. Wenn man merkt, dass ein gesamtes Gespräch an einem vorbeirauscht, sollte man es stoppen und einen Kollegen oder Dolmetscher hinzuziehen. Handelt es sich nur um einzelne Wörter, kann man Umschreibungen oder Synonyme benutzen. Auch das kann gezielt geübt werden.

Und wie sollte man sich, abgesehen von der Sprache, noch auf Auslandsprojekte vorbereiten?
Natürlich sollte man sich im Vorfeld eines Auslandsprojekts auch mit der Kultur des jeweiligen Landes auseinandersetzen. Jedes Land hat seine ganz speziellen Schwierigkeiten und Eigenschaften. Ein weiterer Punkt ist die intensive Beschäftigung mit dem Projektablauf. Schauen Sie sich andere Projektabläufe aus den jeweiligen Ländern als Beispiele an, lesen Sie Erfahrungsberichte und tauschen Sie sich mit Kollegen aus, die bereits vor Ort gearbeitet haben. Sicher haben Bauingenieure mehr Erfolg und Spaß an Auslandsprojekten, wenn sie sprachlich und kulturell gut vorbereitet sind.

Hallo Welt!

Deutsches Bauwissen ist im Ausland schon lange gefragt: Bereits zum Ende des 19. und im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts haben deutsche Bauunternehmen Großaufträge im Ausland akquiriert. Heute beträgt das jährliche Volumen des Bauexportgeschäfts rund 1,5 Milliarden Euro. Von Sabine Olschner.

Zwischen 1950 und Anfang der 1980er- Jahre wurden die Bauexperten meist samt den notwendigen Baugeräten und Materialien von ihren deutschen Arbeitgebern ins Ausland geschickt: Oberbauleiter, Kaufleute, Poliere und gewerbliche Vorabeiter – sie alle gingen auf Reisen in rund 90 Länder, davon waren gut zwei Drittel Entwicklungsländer. Im Zuge der Ölkrise im Jahr 1973 verlagerte sich das deutsche Auslandsbaugeschäft in die ölreichen Staaten der Golfregion und Nordafrikas. Zwischen 1977 und 1982, im „Goldenen Zeitalter des deutschen Auslandsbaus“, lag der Auftragseingang jährlich zwischen sieben und zwölf Milliarden D-Mark. Erst Mitte der 80er-Jahre begannen die Baufirmen, das Projektgeschäft im Ausland zurückzufahren und stattdessen eigene Tochter- und Beteiligungsfirmen im Ausland zu gründen. Denn wer direkt vor Ort ist, kennt sich besser aus: mit der fremdem Sprache, der fremden Mentalität und den Gepflogenheiten, mit den Rechtssystemen und den Verwaltungsregeln. Außerdem können lokale Besonderheiten im Vorfeld besser geprüft werden: zum Beispiel die Verkehrs- und Versorgungswege, die geologischen Bedingungen, die örtliche Verfügbarkeit und Qualität von Baustoffen sowie die Möglichkeiten zum Einsatz lokaler Nachunternehmerleistungen.

Downloadtipp

Die Broschüre „Deutsche Bauindustrie international“ kann gegen Versandgebühren im Internet heruntergeladen werden.

Heute ist deutsche Baukompetenz bei internationalen Projekten nicht mehr wegzudenken: „Die deutsche Bauindustrie bringt durch ihre Präsenz auf fünf Kontinenten in über 70 Ländern bei der Umsetzung technisch anspruchsvoller Projekte im Bereich der Infrastruktur, im Spezialtiefbau, im Hochbau sowie bei der Ver- und Entsorgung mit Energie und Wasser ihr Know-how ein“, erklärte Prof. Dr.-Ing. E. h. Thomas Bauer, Präsident des Hauptverbandes der Bauindustrie, bei der Vorstellung einer Best-Practice-Broschüre zum Auslandsbau deutscher Bauindustrieunternehmen (Download der Broschüre siehe linke Spalte). Herausragende Projekte mit deutscher Beteiligung sind zum Beispiel im Bereich Energie der Bau eines Gezeitenkraftwerks vor der Nordküste Schottlands sowie im Bereich Wasser das Alkimos-Water- Alliance-Projekt in Westaustralien – ein Abwasserprojekt für 80.000 Menschen in Perth – oder der South Side Utility Tunnel in Katar. Im Bereich Infrastruktur sind die Golden Ears Bridge in Vancouver oder die Eisenbahnhochgeschwindigkeitsstrecke von Peking nach Shanghai hervorzuheben, im Hochbau das berühmte Burj Khalifa in Dubai, das Sheikh Zayed Desert Learning Centre in Abu Dhabi, das neue Stadtviertel Barwa City in Doha in Katar oder das hochmoderne Sportstadion Miejski in Polen.

Deutsche Bauunternehmen, so Thomas Bauer weiter, punkten dabei mit ihrer „großen Erfahrung mit den rechtlichen, sozialen und kulturellen Besonderheiten der Auslandsmärkte, da wir – im Unterschied zum produzierenden Gewerbe – unsere Produktion beziehungsweise unsere Dienstleistungen naturgemäß vor Ort auf der Auslandsbaustelle erbringen. Experten aus Deutschland arbeiten dabei Hand in Hand mit regionalen Partnern. Damit trägt das Tochter- und Beteiligungsgeschäft der deutschen Bauindustrie auch zum Erhalt hoch qualifizierter Arbeitsplätze im Inland bei.“

Dabei ist das Auslandsgeschäft weitaus komplexer geworden, als es noch im 20. Jahrhundert war: Bei Großprojekten kommt es zu einer neuen Arbeitsteilung zwischen international agierenden und lokalen Bauunternehmen, und neue Geschäftsfelder im baunahen Dienstleistungsbereich werden aufgebaut. Wer als Bauingenieur ins Ausland gehen will, muss also weit mehr mitbringen als nur gute Englischkenntnisse und interkulturelle Aufgeschlossenheit. So müssen Bauingenieure sich zum Beispiel darauf einstellen, die Arbeitskräfte der lokalen Bauunternehmen, deren Qualifikation oft nicht an das deutsche Niveau heranreicht, auszubilden und ihnen moderne Bautechniken und Managementmethoden zu vermitteln. Lokale Gegebenheiten vor Ort, die oft anders sind als in Deutschland, erfordern viel Flexibilität und – vor allem in Schwellenländern – auch mal Improvisationstalent aufseiten der deutschen Bauingenieure. Denn nicht immer ist alles, was man für die Arbeit braucht, direkt verfügbar. Auch Planung, Beratung und Überwachung spielen im Ausland oft eine größere Rolle als die Bauausführung: Oft fungieren die Bauingenieure als Berater bei den Projekten. Und auch der Vertragsgestaltung kommt im internationalen Baugeschäft eine besondere Bedeutung zu – hier lauern oft viele Fallstricke im Detail. Wo man solche Feinheiten lernt? Am besten in der Praxis! Wer zum Beispiel schon mal als Praktikant auf einem Bauprojekt im Ausland eingesetzt war, erhöht seine Chancen auf einen Auslandseinsatz bei einem deutschen Bauunternehmen.

Die deutsche Bauindustrie im Ausland

Zielmärkte 2013
Knapp 90 Prozent des Auftragseingangs entfielen auf Amerika, Asien und Australien. Der in der ersten Hälfte der neunziger Jahre noch dominierende europäische Markt kam nur noch auf einen Anteil von elf Prozent.

Beispiele für Beteiligungen deutscher Baufirmen

  • Mautstraßen, u. a. in Australien, Griechenland, Großbritannien, Österreich und Ungarn
  • Brücken- und Tunnelverbindungen, z. B. in Argentinien, Chile und Kanada
  • Flughäfen, u. a. in Albanien, Australien und Griechenland
  • Schul- und Krankenhausprojekte, u. a. in Australien, Großbritannien und Irland

Quelle: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie

Aufgestiegen zum Projektmanager

Schon während der Schulzeit war die Baubranche unter den Top 10 der Berufswünsche von Daniel Petran. Aufgezeichnet von Heike Steffen, Personalreferentin bei Drees & Sommer

Zur Person

Daniel Petran, 29 Jahre
Studium: Bachelorstudium Bauingenieurwesen an der Hochschule für Technik in Stuttgart, Masterstudiengang Projektmanagement (Bau) an der Hochschule Biberach
eingestiegen 2008: als Werkstudent
aufgestiegen 2010: zum Projektmanager und bautechnischen Berater bei Drees & Sommer

Schon während der Schulzeit war die Baubranche unter den Top 10 der Berufswünsche von Daniel Petran. „Gebäude prägen das gesamte Umfeld von Menschen und Städten. Diese bleibenden Werte wollte ich mitgestalten“, erzählt er rückblickend. Die logische Konsequenz aus seinen Interessen und Zielen war es, Bauingenieurwesen zu studieren. Wenn man überhaupt von einem klassischen Weg ins Projektmanagement von Bauvorhaben sprechen kann, hat er genau diesen gewählt und sich an der Hochschule für Technik in Stuttgart eingeschrieben. Zwar hatte Petran bereits als Student ein grobes Ziel vor Augen, die zahlreichen Facetten dieser Branche wurden ihm jedoch erst während des Bachelorstudiums voll bewusst. Und eine dieser Facetten hat seine Aufmerksamkeit besonders auf sich gezogen: das Baumanagement. Diese Spezialisierung sollte sein Schwerpunkt im Studium werden und seine berufliche Laufbahn bestimmen. Nichtsdestotrotz lernte Petran während des Studiums auch ausführende Unternehmen aus dem Hoch- und Tiefbaubereich in Praktika kennen. „Damals erwarb ich Wissen, das mir auch heute noch als Projektmanager zugutekommt“, sagt er.

Die Vielseitigkeit faszinierte
Frisch den Bachelorabschluss in der Tasche, vertiefte Petran direkt im Anschluss das Gelernte an der Hochschule Biberach im Masterstudiengang Projektmanagement (Bau). Dies war auch die Zeit, in der er die Praxisluft seines zukünftigen Berufes schnuppern wollte: Bereits während der Bachelorthesis begann er parallel zum Studium eine Werkstudententätigkeit bei Drees & Sommer und unterstützte seine heutigen Kollegen beim Kosten- und Vertragsmanagement. „Mich faszinierten die Vielseitigkeit des nur auf den ersten Blick trockenen Themas: die zahlreichen Faktoren, die bei Verträgen berücksichtigt werden müssen, die unterschiedlichen Anforderungen von Auftraggebern, Planern und ausführenden Firmen – all das unter einen Hut zu bekommen war für mich eine spannende Aufgabe“, sagt er. „Kostenplanung von Gesundheitsimmobilien“ lautete dann auch das Thema seiner Masterthesis. 2011 war er frischgebackener Master of Engineering und stieg sogleich bei Drees & Sommer als Projektmanager und bautechnischer Berater ein.

Dass man als fester Mitarbeiter hier von Anfang an Verantwortung übernimmt und sofort eigene Projekte begleitet, hat den Young Professional nicht überrascht – hat er das Unternehmen doch fast drei Jahre lang als Student intensiv kennengelernt. Wohl auch deshalb fiel ihm der Einstieg sehr leicht. Petran kannte die Kollegen und wusste, dass er jederzeit auf ein Netzwerk von weltweit über 1700 Mitarbeitern zurückgreifen kann – wann immer er Fragen hat.

Anfangs lag sein Schwerpunkt noch im Bereich Kostenplanung, heute umfasst der Arbeitsalltag des Ingenieurs die gesamte Bandbreite des Projektmanagements, inklusive Terminsteuerung und Qualitätssicherung der Bauvorhaben. Und eine Branche hat es ihm besonders angetan: Im Life-Science- Bereich kommt es mehr als bei vielen anderen Branchen auf die Geschwindigkeit an. „Jeder Tag früher, an dem die Produktion starten kann, bedeutet einen erheblichen Wettbewerbsvorteil für die Unternehmen“, erklärt er. Gleichzeitig müssen gerade bei Life-Science- Projekten die hohen Qualitätsanforderungen unter Einhaltung der budgetierten Kosten erfüllt werden. Auch die komplexe Anlagentechnik, die Einhaltung höchster regulatorischer Anforderungen sowie die Koordination vielzähliger Schnittstellen schlagen sich in den Anforderungen an das Projektmanagement für Sanierungen oder Neubauten in diesem Bereich nieder.

Mehr als Fachwissen
Besonders reizvoll findet Petran jene Projekte, bei denen er von Anfang an mit eingebunden ist – von der Beratung über die Phasen Planung, Bau und Inbetriebnahmen bis hin zu den ersten Tagen im Betrieb. Bauprojekte werden immer komplexer, zahlreiche Beteiligte sind in Balance zu bringen und die Anforderungen des Auftraggebers zu erfüllen. Bei oft unterschiedlichsten Interessen ist es auch Aufgabe des Projektmanagers, zwischen den verschiedenen „Parteien“ zu vermitteln und damit eine Moderatorenfunktion zu übernehmen. „Man braucht ein Händchen für unterschiedliche Charaktere und auch eine ausgeprägte Kommunikationskompetenz“, berichtet Petran aus seinem beruflichen Alltag.

An seiner Arbeit schätzt der Bauingenieur auch die kontinuierliche und individuell ausgerichtete Weiterbildung, die ihm von seinem Arbeitgeber geboten wird. „Dies beginnt ganz am Anfang, wenn alle neuen Mitarbeiter die Basics des Unternehmens am sogenannten ,Stuttgarter Tag‘ kennenlernen, und führt weiter über die unternehmenseigene Weiterbildungsakademie“, erinnert er sich. Über die E-Learning-Plattform DS Professional erweitern die Mitarbeiter darüber hinaus ihr Wissen kontinuierlich – mit Fokus auf den jeweils eigenen Bereich und die eigenen Ziele. Die breite Leistungspalette des Unternehmens sowie die internationale Ausrichtung machen für Petran einen besonderen Reiz aus – der Projektsteuerer ist an 17 deutschen und 20 internationalen Standorten vertreten. „Da gibt es Chancen für Absolventen der verschiedensten Fachrichtungen, wir arbeiten sehr interdisziplinär“, sagt Petran. „Ich selbst bin zwar den klassischen Weg gegangen, aber dieser ist nicht zwingend Voraussetzung, um erfolgreich zu sein. Bautechnisches Know-how und Beraterkompetenz sind ebenso gefragt wie kaufmännisches Wissen.“