„Richtiges Englisch kommt immer gut an“

Foto: Fotolia/treenabeena
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Dass sich alle am Bau Beteiligten verstehen, ist das A und O, um erfolgreich und gemeinsam die festgesetzten Projektziele zu erreichen. Der karriereführer sprach mit Sharon Heidenreich, Autorin des Buchs „Englisch für Architekten und Bauingenieure“, über die sprachliche Vorbereitung auf Auslandsprojekte. Die Fragen stellte Christoph Berger.

Zur Person

Sharon Heidenreich, Foto: Fotostudio Lauer
Sharon Heidenreich, Foto: Fotostudio Lauer

Sharon Heidenreich, 45 Jahre, studierte Architektur an der Technischen Hochschule Nürnberg. Ihre ersten Lebensjahre verbrachte sie in England. Während ihres Studiums absolvierte sie außerdem ein längeres Praktikum in London. Nach dem Studium arbeitete sie ein Jahr bei Nihon Sekkei in Tokio, Japan. Heute lehrt Sharon Heidenreich als Dozentin an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm in den Fakultäten Architektur, Bauingenieurwesen, Energie- und Gebäudetechnik sowie Werkstoffwissenschaften „Technisches Englisch“ und „Business English“. Daneben ist sie als Übersetzerin von Fachliteratur für Architekten und für Architekturbüros tätig.

Sharon Heidenreich
Englisch für Architekten und Bauingenieure – English for Architects and Civil Engineers.
Springer Vieweg 2014.
ISBN 978-3658030629.
29,99 Euro

Frau Heidenreich, welche Rolle spielt die englische Sprache bei Auslandsprojekten deutscher Bauunternehmen?
Englisch ist als Weltsprache wichtig, egal wo man ist und wo das Projekt umgesetzt wird. Hinzu kommt, dass viele Auslandsprojekte von internationalen Konsortien umgesetzt werden, in denen die einzelnen Unternehmen aus den verschiedensten Ländern kommen. An Englisch, oft die einzige gemeinsame Verständigungssprache, führt da kein Weg vorbei.

Sollten sich Bauingenieure daher im Vorfeld eines solchen Projekts auch sprachlich gezielt vorbereiten?
Auf jeden Fall. Englisch ist die Kommunikationssprache, und durch ihr Beherrschen lassen sich Missverständnisse vermeiden. Ein guter Entwurf sollte nicht an sprachlichen Barrieren scheitern.

Welche Folgen können falsche Übersetzungen haben?
Die Folgen reichen von einfachen Missverständnissen bis hin zu finanziellen und terminlichen Konsequenzen. Auch die Qualität des Baus kann darunter leiden – mit Fehlern, die nicht immer einfach zu beheben sind. Und natürlich leidet das soziale Miteinander in den Teams unter Sprachschwierigkeiten.

Mit wem müssen Bauingenieure vorrangig in den Projekten kommunizieren?
Das hängt von der Größe des Projekts und der Rolle des Bauingenieurs innerhalb des Projekts ab. Er wird beispielsweise mit Behörden, Auftraggebern, Gutachtern und Haustechnikern sprechen müssen. Hat der Bauingenieur die Bauaufsicht inne, kommen auch noch Bauarbeiter und die Öffentlichkeit, beispielsweise Nachbarn, hinzu.

Sie haben Ihr Buch nach den unterschiedlichen Projektschritten strukturiert. Hat dabei jede Phase ihr ganz spezielles Vokabular?
Ja. Es gibt zwar Überschneidungen, aber prinzipiell gibt es schon deutliche Unterschiede. Im Entwurf geht es beispielsweise um Formen, Materialien und Abmessungen, in Verhandlungen dann eher um Kosten, Zeitplanungen und die Projektleitung. Während für Ersteres eher technisches Englisch notwendig ist, wird für Letzteres Business Englisch benötigt – beides Aspekte, die in meinem Buch behandelt werden.

Lassen sich die in Deutschland bekannten Projektabläufe tatsächlich eins zu eins auf das Ausland übertragen?
Generell durchläuft jeder Bau die gleichen Schritte. Allerdings gibt es Unterschiede bei den Genehmigungsverfahren, den Bauverträgen und den Gewährleistungsregelungen zwischen den einzelnen Ländern. Doch auch hier wird mit den vom Internationalen Verband der Beratenden Ingenieure (FIDIC) herausgegebenen internationalen Musterbauverträgen an einem Standard gearbeitet, sodass es zu einer Vereinheitlichung kommt.

Mit welchen falsch ins Englische übersetzten Fachbegriffen liegt man voll daneben?
Nehmen Sie zum Beispiel den technischen Begriff „Träger“. Deutsche übersetzen ihn oft mit „carrier“. Dabei heißt die korrekte Übersetzung im Bauwesen „beam“. Oder, wenn es um Lasten geht, heißt „tragen“ „bear“ – Deutsche sprechen dies meist wie „Bier“ aus. Richtig wird es „be r“ gesprochen, wie der „grizzly bear“. Grundsätzlich ist es aber immer hinderlich, wenn man wegen fehlender Fachbegriffe nicht verstanden wird.

Und mit welchen richtig übersetzten Wörtern kann man als Experte auftrumpfen?
Gutes und grammatikalisch richtiges Englisch kommt immer gut an. Dies ist umso wichtiger, weil man es in internationalen Bauprojekten selten mit Native Speakern zu tun hat, sondern mit anderen Ausländern, für die Englisch ebenfalls eine Fremdsprache ist. Dabei merkt man sehr schnell, wer sich vorbereitet hat und wer nicht. Wichtig ist in dem Zusammenhang auch, ein Verständnis für seinen Gesprächspartner zu entwickeln. Das bedeutet, sich auf das Niveau des Gegenübers einzustellen und nicht mit seinen Englischkenntnissen zu prahlen.

Wie sollte man sich verhalten, wenn man sprachlich mal nicht weiterweiß?
An diesem Punkt ist Ehrlichkeit wichtig. Wenn man merkt, dass ein gesamtes Gespräch an einem vorbeirauscht, sollte man es stoppen und einen Kollegen oder Dolmetscher hinzuziehen. Handelt es sich nur um einzelne Wörter, kann man Umschreibungen oder Synonyme benutzen. Auch das kann gezielt geübt werden.

Und wie sollte man sich, abgesehen von der Sprache, noch auf Auslandsprojekte vorbereiten?
Natürlich sollte man sich im Vorfeld eines Auslandsprojekts auch mit der Kultur des jeweiligen Landes auseinandersetzen. Jedes Land hat seine ganz speziellen Schwierigkeiten und Eigenschaften. Ein weiterer Punkt ist die intensive Beschäftigung mit dem Projektablauf. Schauen Sie sich andere Projektabläufe aus den jeweiligen Ländern als Beispiele an, lesen Sie Erfahrungsberichte und tauschen Sie sich mit Kollegen aus, die bereits vor Ort gearbeitet haben. Sicher haben Bauingenieure mehr Erfolg und Spaß an Auslandsprojekten, wenn sie sprachlich und kulturell gut vorbereitet sind.