Tradition trifft Wandel

Verlage wollen auch in Zukunft drucken, TV-Firmen Filme produzieren. Aber eben nicht nur: Die Medienbranche macht sich fit für die Zukunft, indem sie ihre Kernkompetenzen ins digitale Zeitalter transferiert. Dabei sollen ihnen Manager helfen, die wirtschaftliches Know-how mit einem Sinn für Inhalte und Kreativität verknüpfen. Von André Boße

„Irgendwas mit Medien.“ Ein Klassiker. Man bekommt diese Antwort noch immer sehr häufig, wenn man frischgebackene Abiturienten nach ihrem Berufsziel fragt. Ist ja auch verlockend. Erstens, weil so ziemlich alle Menschen Medien nutzen: Eine Studie von ARD und ZDF zählt auf, dass der Deutsche im Jahr 2012 durchschnittlich pro Tag 242 Minuten fernsieht, 83 Minuten im Internet verbringt und 191 Minuten lang Radio hört. Macht pro Tag 8,6 Medienstunden. Zweitens, weil die Branche nicht nur für Kreativität steht, sondern auch für Stars und schillernde Karrieren. Zuletzt gab es aber auch Gegenwind. Insbesondere das Internet stellt Medienkonzerne auf die Probe: Die Online-Nutzer sind es gewohnt, Inhalte kostenlos angeboten zu bekommen. Stellt sich für die Unternehmen die Frage: Wie lässt sich mit Online- Inhalten Geld verdienen? Und wie kann es gelingen, neue Medien mit konventionellen Inhalten zu koppeln?
Hier geht’s zum Online-Special zur Aus- und Weiterbildung in der Medienbranche
Inhalte und Verbreitungsformen Um Antworten auf diese Fragen zu finden, benötigt die Medienbranche mehr denn je ökonomisches Know-how. „Gefragt sind Experten, die Inhalte und die verschiedenen Verbreitungsformen wie Abo, App und Online-Paper zusammen denken können“, sagt Klaus-Dieter Altmeppen, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Der Journalistik- Professor hat festgestellt, dass manche Medienhäuser gar nicht wissen, welches Potenzial in ihren Angeboten steckt. „Viele Unternehmen schauen zu sehr auf das Tagesgeschäft und erkennen daher den mehrfachen Wert ihrer Produkte nicht.“ Die beste Strategie, um die Potenziale zu nutzen? „Mut und Ausdauer“, sagt Altmeppen. Zwei Eigenschaften, die auch Einsteiger in das Medienmanagement mitbringen sollten. „Denn was die Branche für Nachwuchskräfte so spannend macht, sind einerseits die langfristigen Perspektiven und andererseits die Notwendigkeit, stete Veränderungsrhythmen zu durchlaufen“. Wenn Nico Rose, Leiter Employer Branding beim Bertelsmann-Konzern, ein Stichwort nennen soll, das diese Veränderungsrhythmen prägt, muss der promovierte BWL-Absolvent der EBS Business School bei Wiesbaden nicht lange überlegen: „Digitalisierung.“ Seit dem Jahrtausendwechsel sei erlebbar, wie zunehmend mehr Inhalte von der analogen in die digitale Welt verlagert werden. „Die entsprechenden Erlösmodelle hierzu hat die Branche erst zum Teil gefunden – hier gibt es noch viel zu tun“, sagt Rose, zu dessen Arbeitgeber Bertelsmann unter anderem die RTL-Group und die Buchverlagsgruppe Random House gehören. Dabei hofft der Konzern auf neue Impulse von Nachwuchs- Wirtschaftswissenschaftlern: „Wer zusätzlich zu soliden betriebswirtschaftlichen Kenntnissen Kreativität, Unternehmergeist sowie ein Händchen für digitale Geschäftsmodelle mitbringt, hat in der Branche gute Chancen.“ Starke Marken in neuen Kanälen Strategisch setzen die meisten Medienunternehmen darauf, neue Medienkanäle zu nutzen, ohne die alten Stärken zu vergessen. „Wir möchten unsere Kernkompetenzen in die digitale Welt übertragen“, sagt Arne Wolter, Leiter des Bereichs digitale und internationale Vermarktung beim Hamburger Medienhaus Gruner + Jahr, das Zeitschriften wie Stern, Neon, Brigitte und Geo verlegt. Allesamt starke Marken, die individuell entscheiden dürfen, ob und welche digitalen Kanäle sie bespielen. Als Medienmanager am Puls der Zeit muss man in der Lage sein, sich in die Wünsche und Ansprüche der Leser und User hineinzuversetzen. „Medien werden für Menschen gemacht“, sagt Wolter, „und deren Mediennutzung hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich gewandelt. Daraus ergeben sich neue Bedürfnisse, und es gilt, diese zu erkennen und – abhängig von der jeweiligen Medienmarke – mit den passenden Angeboten zu bedienen. Vorteil für die Digital Natives Neue Herausforderungen für Medienund Verlagsmanager ergeben sich aber nicht nur mit Blick auf die Konsumenten. Auch die Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern hat sich gewandelt. „Werbekunden und Agenturen erwarten heute ganzheitliche Kommunikationslösungen, die verschiedene Werbeplattformen intelligent verknüpfen“, sagt Wolter. Daher müssen Medienmanager auch Medienkenner sein: „Man sollte die Funktionsmechanismen der verschiedenen Kanäle – also Print, Online und Mobile – kennen und wissen, wie Redaktionen arbeiten.“ Der klare Vorteil von Einsteigern gegenüber den alten Hasen im Mediengeschäft: Als Digital Natives sind sie mit den Möglichkeiten der digitalen Vernetzung aufgewachsen. „Daher haben sie in der Regel andere Denkmuster und verarbeiten Informationen ganz anders als Menschen, die erst im Erwachsenenalter mit den digitalen Medien in Berührung gekommen sind“, sagt Arne Wolter. Seine Prognose: „Die Digital Natives sind die Führungskräfte von morgen. Sie werden durch ihr Denken die zukünftige Ausrichtungen von Medien- und Verlagshäusern prägen.“ Gesucht: Nachwuchs für das Filmgeschäft Die Aussichten für ambitionierte Einsteiger sind aber nicht nur in großen Verlagen gut. Auch die Film- und Fernsehbranche hält verstärkt Ausschau nach Managertypen, die ihr wirtschaftliches Know-how in die kreativen Prozesse einbringen. „Film und Fernsehen ist heute eine bedeutende Industrie, die selbstverständlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten handelt“, sagt Wolfgang Cimera, Geschäftsführer der Kölner Film- und TV-Firma Network Movie, die vor allem für das ZDF Prime-Time- Fernsehfilme oder Serien wie Soko Köln, Kommissar Stolberg oder Lutter produziert. Längst seien Wirtschaftswissenschaftler daher keine Exoten mehr im TV- und Filmgeschäft. Bestes Beispiel ist Cimera selbst: Der Geschäftsführer hat in Köln VWL studiert. „Aber auch als Herstellungs- oder Finanzleiter haben Absolventen gute Chancen“, sagt er. Zwar werde in diesen Bereichen genauso hart kalkuliert wie in anderen Branchen, und doch benötigen Medienmanager ein gewisses Etwas: eine echte Leidenschaft für Filme und Geschichten, Texte und Design. Und diese Begeisterung sollte auch erkennbar sein – gerade im Kontakt mit den kreativen Köpfen. „In der Regel sind die Hierarchien in der Medienbranche flach“, sagt Wolfgang Cimera. „Es ist daher wichtig, zuzuhören und überzeugend aufzutreten.“ Das gelte besonders dann, wenn man im Geschäft auf ausgeprägte Individualisten trifft – was in den Medien häufiger vorkommt als in anderen Branchen. Wer in der Lage ist, das kreative Potenzial dieser, so Cimera, „wilden Geister“ für das Unternehmen nutzbar zu machen, der macht in den Medien nicht mehr nur irgendwas – sondern genau das Richtige.

Buchtipp: „Echt wahr!“

Studenten der Hamburg Media School kommen mit ihrem Buchprojekt „Echt wahr!“ der medialen Inszenierung der Wahrheit auf die Spur. In Interviews mit Medienschaffenden wie Stefan Aust, Jürgen Stryjak oder Katarzyna Mol-Wolf nähern sich die Autoren der Frage, wie viel Inszenierung die Wirklichkeit verträgt und was Medienmacher mitbringen müssen, um ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Nicht nur ein spannendes und unterhaltsames Buch – sondern gerade für Wirtschaftswissenschaftler ein gewinnbringender Einblick in redaktionelle und journalistische Arbeitsprozesse. Ulf Grüner und Karen Naundorf (Hrsg.): Echt wahr! Wie Journalisten Wirklichkeit erzählen. Books On Demand 2012. ISBN 978-3844816495. 16,90 Euro

Aufgestiegen zur Abteilungsleiterin

Nach ihrem Studium der Biologie, einer berufsbegleitenden Ausbildung zur Sachverständigen und einem Qualitätsmanagementstudium fing sie bei HSE24 an, wo sie heute als Abteilungsleiterin im Qualitätsmanagement arbeitet. Ein Erfahrungsbericht von Sabine König.

Zur Person

Biologie-Studium eingestiegen 2009 als Sachverständige Qualitätsmanagement aufgestiegen 2011: zur Abteilungsleiterin Qualitätsmanagement beim multimedialen Versandhändler HSE24
Mit einem Biologiestudium kann man viele spannende Berufe ausüben – an eine Karriere im Qualitätsmanagement denkt man dabei nicht als Erstes, doch genau hier fühle ich mich zu Hause. Schon als Kind träumte ich davon, als Wissenschaftlerin oder Astronautin die Welt zu erkunden. Bei Streifzügen durch die umliegenden Wälder lernte ich früh ökologische Zusammenhänge zu verstehen. Erstaunlicherweise gehörte Biologie in der Schule dennoch nicht zu meinen Lieblingsfächern. Umweltschutz hingegen war bereits schon immer ein großes Thema für mich. So gründete ich während der Schulzeit gemeinsam mit Mitschülern eine Umweltschutzgruppe. Nach dem Abitur war deshalb klar, dass ich auf jeden Fall ein naturwissenschaftliches Studium machen wollte, das keinesfalls zu monoton sein sollte. Ich wollte ein interdisziplinäres Studium und entschloss mich schließlich für Biologie. Das Studium ermöglichte mir, all meine Interessen zu vereinen, von der Chemie über die Physik bis hin zu den verschiedenen Disziplinen der Biologie. Nach dem Grundstudium entschied ich mich, meine Studieninhalte noch weiter auszudehnen und wechselte an die Universität Rostock, um dort Biowissenschaften zu studieren. Neben den klassischen naturwissenschaftlichen Fächern beinhaltete das Studium auch Einblicke in Rechtswissenschaften. Die immer wieder neuen Aufgaben mitsamt ihren Herausforderungen – vor allem beim Arbeiten auf internationalen Meeresbiologie-Forschungsstationen – reizten mich enorm, und auch das Arbeiten in interdisziplinären Teams brachte mir viel Spaß. Erste Schritte im Berufsleben Nach dem Diplom und zwei Jahren Berufserfahrung kehrte ich wieder zurück an die Uni. Hier betreute ich Ökologie-Studenten und erforschte eingewanderte Arten im Rhein-Main- Donau-Kanal. Dieses Forschungsgebiet verhalf mir auch zu meinem nächsten Job: Beim Marktführer für biologische Schädlingsbekämpfung beriet ich Unternehmen der Lebensmittel- und Pharmaindustrie zum Thema Schädlingsprophylaxe und Hygiene. In fast allen Jobs hatte ich mit dem Management von Problemen, die aufgrund von Qualitätsdifferenzen entstanden waren, zu tun. Um diesen Bereich noch weiter auszubauen, entschied ich mich für eine berufsbegleitende Ausbildung zur Sachverständigen und zu einem Qualitätsmanagementstudium. Im Anschluss daran arbeitete ich als freie Beraterin – bis ich zu HSE24 kam. Das Unternehmen, 1995 als Shoppingsender gestartet, ist heute ein multimediales Handelshaus, das über TV, Internet und Mobile Devices ein breites Produktsortiment anbietet. HSE24 suchte damals eine Abteilungsleitung im Qualitätsmanagement. Voraussetzung für die Stelle war zum einen eine kommunikative Art, zum anderen naturwissenschaftliche Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich Qualitätsmanagement. Das war genau die Kombination, die ich bieten konnte. Obwohl bestens vorbereitet, verlief der Einstieg ein wenig turbulent, denn wir sind ein sehr dynamisches Unternehmen. Es gibt viele Prozesse und eine Reihe interessanter Projekte und Abteilungen, deren Verknüpfungen untereinander ich erst nachvollziehen musste. Durch die Unterstützung meiner Teams und Mitarbeiter im Qualitätsmanagement war jedoch auch das kein Problem. Was ist Qualitätsmanagement? Unser Qualitätsmanagement besteht aus zwei Abteilungen: Für den Bereich Qualitätsmanagement (QM) mit Sitz in Ismaning bin ich verantwortlich; darüber hinaus gibt es noch eine zweite Abteilung, die Qualitätskontrolle (QK) in den Logistikzentren Greven/Löhne. Im QM führen wir Erstmusterprüfungen durch, prüfen sämtliche Produkte und unterziehen sie vielen Tests. Nur wenn der Artikel einwandfrei ist, wird er in unser Sortiment aufgenommen. Neben qualitativen Parametern werden auch alle rechtlichen Merkmale abgeprüft. Da sich die Gesetze und Verordnungen ständig ändern, sind meine elf Mitarbeiter regelmäßig auf Seminaren und Fortbildungen, um stets auf dem aktuellsten Stand zu sein. Auch die Vielfältigkeit im Job macht Spaß, denn insgesamt haben wir im QM drei Hauptbereiche: Schmuck, Softgoods wie Mode und Kosmetik und Hardgoods (zum Beispiel Küchen- und Heimwerkergeräte, Heimtextilien). Egal ob Diamanten, Gesichtscremes oder Rasenmäher – alles wird einer sehr kritischen Prüfung unterzogen. Für meine Aufgaben im QM benötige ich all meine im Studium erlernten Fähigkeiten. Regelmäßig muss ich Lösungen für immer wieder neue Herausforderungen finden. Da ich ständig im Austausch mit dem Einkauf und der Rechtsabteilung stehe, ist die Fähigkeit zu interdisziplinärem Arbeiten entscheidend. Und auch nachhaltiges Denken spielt beim QM eine große Rolle. Zu jedem Zeitpunkt muss ich die gesamte Prozesskette im Auge behalten, um mögliche Auswirkungen frühzeitig zu erkennen. Schließlich wollen wir unseren Kunden das Bestmögliche bieten. Am meisten genieße ich, dass ich abends weiß, was ich am Tag geleistet habe. Im QM muss man nicht wie in der Forschung erst Monate warten, um Ergebnisse zu sehen – das gibt ein gutes Gefühl. Zudem haben wir ein sehr angenehmes Arbeitsklima, und selbst in der Freizeit verbringe ich viel Zeit mit meinen Kollegen. Kind und Karriere Mittlerweile steht nicht mehr nur mein Job im Mittelpunkt, sondern auch meine Tochter. Da ich in der Nähe von München arbeite, mein Hauptwohnsitz aber in Nürnberg ist, bin ich Wochenend- Pendlerin. Diese Situation war für meine achtjährige Tochter und mich zunächst nicht einfach. Doch mittlerweile können wir beide dem sogar etwas Positives abgewinnen: Statt jeden Abend nur kurz Zeit miteinander zu verbringen, haben wir das ganze Wochenende rund um die Uhr und genießen das zu 100 Prozent. Es lohnt sich also, für seinen Traumjob zu kämpfen. Gerade Naturwissenschaftler sind universeller einsetzbar, als viele vermuten. Und man braucht auch keinen Doktortitel, um Karriere zu machen. Besonders im Qualitätsmanagement ist es von Vorteil, verschiedene Sichtweise miteinander zu vereinen, genau wie im naturwissenschaftlichen Studium. Seid einfach mutig und schreibt eine Bewerbung!

Was macht eigentlich ein Pharmareferent, Herr Braig?

Was mich als überzeugten Naturwissenschaftler dazu gebracht hat, meine Karriere im Pharmaaußendienst zu starten und wie der Arbeitsalltag bei meinem jetzigen Arbeitgeber, Daiichi Sankyo Deutschland, aussieht, möchte ich hier erzählen. Von Emanuel Braig

Zur Person

Emanuel Braig, 30 Jahre, Fachreferent für Hypertonie bei Daiichi Sankyo Deutschland
Gleich nach meinem Abitur im Jahr 2002 konnte ich an der Technischen Universität München in meinem Traumstudiengang Biologie starten. Ich war ein typischer Biologe – mit großem Interesse für alles Lebende, aber ohne genaue Idee, was damit beruflich anzufangen sei. Obwohl ich zum Beispiel meine Facharbeit über die Renaturierung eines Kleingewässers geschrieben hatte, befasste ich mich während des Grundstudiums an der TU München mit etwas ganz anderem, nämlich vor allem mit der Genetik und Zoologie. Während des Hauptstudium weckte dann eine Vorlesung im Nebenfach Humanbiologie mein Interesse derart, dass ich mich sofort auf die Physiologie und Pharmakologie stürzte. Durch meine Praktika kam ich auch erstmals mit der Pharmaindustrie in Kontakt, für die am Lehrstuhl Forschungsprojekte durchgeführt wurden. Die reine Laborforschung erschien mir als Zukunftsperspektive allerdings wenig attraktiv. Ich habe daher nicht gezögert, als mir als Diplomarbeitsthema die Mitarbeit an einem innovativen Projekt in der Limnologie (Gewässerkunde) angeboten wurde. Der Limnologie bin ich auch nach meinem Studium treu geblieben: Als ich mit der Promotion begann, rekonstruierte ich die Belastungsgeschichte eines oberbayerischen Seensystems. Zu dieser Zeit machte ich mir zunehmend Gedanken über meine berufliche Laufbahn. Obwohl ich gerne geforscht und auch publiziert habe, hatte ich Bedenken, eine Karriere in der Forschung zu wagen: zu wenig planbar, zu sehr berufliche Einbahnstraße. Zudem hatte ich festgestellt, dass mir die Kommunikation mit Menschen wesentlich mehr Spaß macht als die Laborarbeit. Ich habe mich daher vor Abschluss der Promotion zu einem Berufsstart im Außendienst der Pharmaindustrie entschlossen. Als Akademiker hatte ich wie viele andere zunächst Vorbehalte gegen diesen Weg. Ich beschloss aber, meine eigenen Erfahrungen zu machen. Nun bin ich über ein Jahr im Außendienst und habe meine Entscheidung keine Sekunde bereut. Im Gegenteil, ich fühle mich bei Daiichi Sankyo durch meine Vorgesetzten sowohl gefördert als auch gefordert: Zwischenzeitlich habe ich die Herausforderung angenommen und mich zum Fachreferenten für Hypertonie (Bluthochdruck) weiterentwickelt, was in dieser kurzen Zeit wohl eher ungewöhnlich ist. In dieser Funktion bin ich vor allem für die Betreuung von 220 Fachärzten in meinem Gebiet zuständig. Mit ihnen bespreche ich vor allem aktuelle Studien zu unseren Produkten, vermehrt geht es aber auch um gesundheitspolitische Themen. Die Feldaktivität, wie wir die Besuche bei unseren Kunden nennen, macht aber nur einen Teil meiner täglichen Arbeit aus. Weil die meisten Fachärzte nur mit Termin empfangen und oft nur wenig Zeit haben, ist eine solide Planung entscheidend, weswegen täglich zu Hause Büroarbeit ansteht. Eine Regel ist: Je mehr Arbeit man in die Vor- und Nachbereitung der Touren investiert, umso entspannter und erfolgreicher ist man draußen unterwegs. Für einen erfolgreichen Start in den Außendienst sollte man daher neben Freude an der Kommunikation eine ausgeprägte Organisationsfähigkeit und hohe Eigenmotivation mitbringen. Als Pharmareferent hat man es selbst in der Hand, ob man von den Ärzten als kompetenter Gesprächspartner auf Augenhöhe wahrgenommen wird oder als ein Vertreter unter vielen. Viel entscheidender sind fachliche Kompetenz und eine verlässliche Kommunikation, weswegen ich viel Zeit in die inhaltliche Vorbereitung investiere. Auch von der Erfahrung der Kollegen profitiere ich enorm. Obwohl man im Außendienst meist auf sich allein gestellt ist, ist die Zusammenarbeit mit meinen Kollegen eng: Einmal im Monat treffen wir uns, um uns auszutauschen. Den Rest der Zeit stehen wir telefonisch und per Mail intensiv im Austausch. Als Naturwissenschaftler fühle ich mich bei Daiichi Sankyo mit seinen Entwicklungszielen gut aufgehoben. Zukünftige Indikationsfelder des Unternehmens, wie die Onkologie oder neuartige Gerinnungshemmung, setzen ein fundiertes Wissen voraus. Ich empfinde es auch von Vorteil, eigene Erfahrungen mit Forschung und Publikation zu haben. Besonders stolz bin ich darauf, dass wir vor Kurzem als Team erfolgreich ein Pilotprojekt gestartet haben, bei dem ich als Moderator auf der Bühne stehen durfte. Es handelte sich um ein Diskussionsforum für Ärzte, das nun auch bundesweit stattfindet. Spannend und lehrreich ist für mich auch die Teilnahme an internationalen Kongressen: Dieses Jahr konnte ich zum Beispiel zum Kongress der European Society of Hypertension nach London mitfahren. Das war auch eine gute Gelegenheit, um bei wissenschaftlichen Vorträgen den Draht zur Forschung aufrechtzuerhalten.

Job-Steckbrief Pharmareferent

Voraussetzungen: Abgeschlossenes Hochschulstudium in den Fächern Biologie, Chemie, Biochemie, Medizin, Veterinärmedizin, Pharmazie oder Ernährungswissenschaft oder eine abgeschlossene Ausbildung als Pharmazeutisch-Technischer Assistent (PTA) oder Medizinisch-Technischer Assistent (MTA) beziehungsweise eine Ausbildung zum Geprüften Pharmareferenten, hohes Maß an Eigenverantwortung und Selbstständigkeit, Verkaufstalent und Erfolgswillen Einstiegsmöglichkeiten: Direkteinstieg bei einem Pharmaunternehmen oder bei einem Dienstleister Informationen: Beim Verband der forschenden Pharmaunternehmen (www.vfa.de), bei den Pharmaunternehmen selber oder bei den örtlichen Industrieund Handelskammern; Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Pharmareferent unter: www.gesetze-im-internet.de

E-Mail für Dich

Von: Dr. Dennis Bankmann Gesendet: Dienstag, den 28. August 2012 An: Studenten und Absolventen der Naturwissenschaften Betreff: Vom Laborleiter zum Product Development Manager Liebe Leserinnen und Leser, schon in meiner Jugend habe ich mich für Technik und Naturwissenschaften interessiert. Ich war neugierig, wollte die Funktionsweise der Dinge unseres Alltags verstehen, wollte etwas gestalten und herstellen. Dass ich eines Tages Produkte und Technologien mitentwickle, die Millionen von Menschen aus der ganzen Welt tagtäglich nutzen, hätte ich mir damals nicht träumen lassen. Ich habe Chemie an der Universität Köln studiert. Das Studium war sehr vielseitig, und dank der Kooperationen meiner Uni mit der Wirtschaft habe ich früh die praktische Anwendung chemischer Forschung kennengelernt. Während meiner Promotion im Anschluss an das Studium habe ich im Auftrag der chemischen Industrie Produkt- und Materialanalysen durchgeführt und kam dabei mit meinem jetzigen Arbeitgeber Henkel in Kontakt. Eingestiegen bin ich bei Henkel dann als Laborleiter in der Klebstoffforschung. Dort konnte ich mein Wissen und die praktischen Erfahrungen aus Studium und Promotion täglich anwenden. Durch verschiedene Seminare und Fortbildungen habe ich aber auch wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse erworben, zum Beispiel im Projektmanagement. So habe ich meine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten erweitert. Ich bekam die Chance, als Projektleiter ins Ausland zu gehen und in Barcelona ein Forschungslabor aufzubauen. Seit meiner Rückkehr aus Spanien bin ich als Manager in der Produktentwicklung tätig. Unser Team arbeitet daran, flexible Verpackungen für Lebensmittel stetig zu verbessern. Dabei stellen wir uns Fragen wie: „Wie muss eine Verpackung beschaffen sein, um das Produkt optimal zu schützen?“, „Mit welcher Technologie verbrauchen wir möglichst wenige Ressourcen und unterstützen so eine nachhaltige Produktion?“ Die Projekte begleite ich von den ersten Gesprächen mit unserem Kunden bis zur Markteinführung seines Produkts, das unsere Technologien verwendet. Was das Spannende für einen Naturwissenschaftler an einem Job bei Henkel ist? Die Produkte, die wir entwickeln, finde ich überall im Alltag wieder – ob Waschmittel, Haarpflege und Klebstoffe für Konsumenten oder industrielle Anwendungen, die sich in Autos, Smartphones, Sportschuhen und Verpackungen befinden. Außerdem arbeite ich in interdisziplinären Teams mit Kollegen und Experten aus der ganzen Welt zusammen. Wichtige Eigenschaften und Kompetenzen, die man als Forscher und Produktentwickler mitbringen muss, sind Eigeninitiative, Kommunikationsfähigkeit und vor allem die Bereitschaft, sich ständig weiterzuentwickeln. Dann bekommt man die Möglichkeit, vielfältige Aufgaben und Projekte zu übernehmen, eigenverantwortlich zu arbeiten und in einem globalen Team neue Produkte und Anwendungen zu entwickeln. Viel Erfolg und Spaß beim Berufseinstieg wünscht Dennis Bankmann Product Development Manager Henkel www.henkel.de

Jung und erfolgreich bei: Booz & Company

Ich arbeite jetzt bereits seit zwei Jahren bei Booz & Company – einem Strategieberatungsunternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern in 60 Büros auf allen Kontinenten. Vor meinem Berufseinstieg habe ich in München – mit zwei Auslandsaufenthalten in Sevilla und Cambridge – Physik studiert und danach eine Dissertation im Bereich Biophysik geschrieben. Während meiner Dissertation zum Thema „Stochastische Modellierung des synthetischen Gentransfers“ konnte ich den Fokus relativ gut abgrenzen und mir, ohne übertriebenen Zeitdruck, fachliche Tiefe und eine solide wissenschaftliche Methodik aneignen. Die damals erlernte strukturierte Herangehensweise und das analytische Denken helfen mir heute sehr in meinem Berateralltag.

Name: Dr. Simon Youssef Position: Associate Stadt: München Alter: 33 Jahre Studium: Diplom-Physik (2007 beendet), Promotion in Physik (2011) Interessen: Skifahren, Klettern, Reisen Berufliches Ziel: Führungsverantwortung übernehmen
Für den Einstieg in die Unternehmensberatung habe ich mich entschieden, weil ich meinen Fokus weiter fassen und mir über viele Branchen und Trends in kurzer Zeit einen Überblick verschaffen wollte. Vor der Entscheidung für ein bestimmtes Beratungsunternehmen hatte ich in verschiedenen Workshops bei unterschiedlichen Firmen die Gelegenheit, die potenziellen Kollegen und die jeweilige Unternehmenskultur kennenzulernen. Beeindruckt hat mich bei Booz, dass die Mitarbeiter als sogenannte pragmatische Strategen nicht nur Analysen und Lösungsvorschläge erarbeiten, sondern gemeinsam mit den Kunden auch die eigentliche Umsetzung vorantreiben. Der Umgang der Kollegen mit den Workshop-Teilnehmern und untereinander sowie ein gutes Bauchgefühl haben mich letztlich von meinem jetzigen Arbeitgeber überzeugt. Seit meinem ersten Arbeitstag konnte ich hier sehr eigenständig und in direkter Interaktion mit den Klienten arbeiten, wobei mir erfahrene Projektleiter und Partner in kritischen Phasen und bei komplexen Problemen jederzeit zur Verfügung stehen. Oft hilft mir dabei die im Physikstudium erlernte Fähigkeit, bei schwierigen Fragestellungen relevante Teilprobleme zu identifizieren. Neben der alltäglichen Arbeit beim Kunden ist es bei Booz üblich, dass die Berater sich in internen und externen Projekten engagieren sowie die Marketingarbeit unterstützen. Bei solchen Projekten kann man frühzeitig Erfahrung in Rollen sammeln, die eigentlich erst später in der Karriere vorgesehen sind. So habe ich in diesem Sommer als Projektmanager den „Soccer Cup“ mitorganisiert: Zu dieser Veranstaltung kamen circa 250 „Boozies“ aus 20 unserer Büros weltweit, die sehr engagiert und kompetitiv um den Turniersieg gekickt haben. Bei diesem und zahlreichen anderen Events wird die sehr lebendige und kollegiale Firmenkultur gepflegt.

„Mit Hygienemanagement zum Erfolg“

Peter Pfaff ist Konzeptmanager bei B. Braun und verantwortlich für die Planung und Umsetzung von Maßnahmen, die das Image des Unternehmens als Ansprechpartner für multiresistente Erreger (MRE) stärken. Über die gefährlichen Keime und darüber, wie man sie bekämpfen kann, sprach mit ihm Christiane Siemann.

Herr Pfaff, „MRE – der schleichende Tod“ heißen dramatische Schlagzeilen. Wie entstehen multiresistente Erreger? Der Hauptgrund der Entstehung liegt in der Verwendung von zu vielen oder falschen oder zu kurz verabreichten Antibiotika. Neben dem unkritischen Einsatz von Antibiotika ist häufig auch die Umsetzung der prophylaktischen Hygienemaßnahmen in Kliniken nicht optimal. Multiresistente Erreger werden zum Problem bei Kranken und abwehrgeschwächten, insbesondere älteren Menschen oder bei Frühgeburten. Auch Patienten mit Verletzungen, Operationen, chronischen Wunden, invasiven Maßnahmen wie Kathetern oder Sonden bedürfen besonderer Schutzmaßnahmen. Dringen die Erreger in den Körper ein, sind die Therapiemaßnahmen sehr begrenzt, und es kann zu dramatischen Infektionsverläufen kommen.

Multiresistente Erreger (MRE)

Als Multiresistenz bezeichnet man in der Medizin eine Form der Antibiotikaresistenz, bei der Bakterien oder Viren gegen mehrere verschiedene Antibiotika unempfindlich sind. MRE gehören zu den häufigsten Komplikationen medizinischer Behandlungen. Nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit treten in Deutschland jährlich schätzungsweise 400.000 bis 600.000 Fälle auf.
Wie sehen die Folgen aus? Am meisten Sorgen macht uns der MRSA, der multiresistente Staphylococcus aureus. Man geht davon aus, dass 30 Prozent aller Erwachsenen zeitweise besiedelt sind. Dies ist für den gesunden Organismus eigentlich kein Problem. Auf der Körperoberfläche sind diese Bakterien durch gezielte sogenannte Sanierungsmaßnahmen relativ einfach zu entfernen. Im Körper verursachen sie allerdings Wund-, Atemwegs- oder Harnwegsinfektionen oder eine Blutvergiftung. Nach Schätzungen befinden sich in deutschen Krankenhäusern jährlich über 130.000 Patienten mit MRSA. Davon haben rund 38.000 die Besiedlung im Krankenhaus erworben, mehr als ein Drittel von ihnen sind diesbezüglich behandlungsbedürftig. Eine MRSA-Infektion erhöht das Risiko, bei einem Klinikaufenthalt zu sterben, um den Faktor 2,7. Erst dramatische Fälle, wie der Tod der Frühgeborenen in Mainz oder Bremen, führten zu Reaktionen auf der politischen Ebene und der Festschreibung entsprechender Maßnahmen im Infektionsschutzgesetz. Warum engagiert sich B. Braun in MRE-Projekten? MRE gehören zu den häufigsten Komplikationen medizinischer Behandlungen. Für Kliniken und Heime entstehen immense betriebswirtschaftliche Kosten: Personalkosten für Sanierungsmaßnahmen fallen an sowie Kosten für Sanierungsprodukte, Desinfektion und Schutzkleidung. Zudem erhöhen MRSA-Infektionen die Krankenhausverweildauer. Große Probleme kann aber niemand für sich allein lösen – und multiresistente Erreger sind ein großes Problem. Wir wollen aufzeigen, dass abgestimmte Vorgehensweisen, offene und ehrliche Kommunikation sowie systematisches Hygienemanagement zum Erfolg führen können. Daher unterstützen wir Kliniken, Gesundheitsämter und andere Institutionen beispielweise mit der Erfahrung aus vielen Projekten und Schulungsmaßnamen. Durch Kooperationen mit Krankenkassen und auch Wettbewerbern wollen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, um gemeinsam den Kampf gegen MRSA zu gewinnen. Wie kann man den Keim abwehren? Unser Ansatz: Die Keime müssen bekämpft werden, bevor sie die Möglichkeit haben, in den Körper einzudringen. Der erste Schritt: umfassende Aufklärung, wie das Hygienemanagement gestaltet sein sollte, um den Keim, wenn er vorhanden ist, zu eliminieren. Das Personal muss geschult werden, denn wenn der Keim vorhanden ist, kann er auf andere Patienten, das Krankenhauspersonal und Angehörige übertragen werden, die ihn dann wieder weitergeben. Die Sanierung des Keims ist im Prinzip relativ leicht: Nach sieben Tagen spezifischer Behandlung kann ein Mensch MRSA-frei sein. Zudem haben wir ein System auf der Basis des Wirkstoffs Polyhexanid (PHMB) entwickelt, mit dem ein MRSA-Träger von Kopf bis Fuß saniert werden kann. Es ist besonders hautfreundlich und hat einen nachgewiesenen antimikrobiellen Barriereeffekt bis zu 24 Stunden. Welche Rolle spielen Naturwissenschaftler bei der Entwicklung? Ein solches Produkt, wie ein Desinfektionsmittel oder ein Arzneimittel mit seinen gesamten Therapiemöglichkeiten, entsteht immer in der Zusammenarbeit von Chemikern, Medizinern, Biologen, Hygienikern, Pharmakologen und Toxikologen. Von der Forschung bis zur Produktentwicklung über die Auswahl und Formulierung des Wirkstoffs bis zu den klinischen Studien sind viele unterschiedliche naturwissenschaftliche Disziplinen beteiligt.

Über B. Braun

Das Unternehmen mit Sitz im nordhessischen Melsungen hilft durch Wissensaustausch, Therapien und Arbeitsabläufe in Kliniken und Praxen zu verbessern und die Sicherheit von Patienten, Ärzten und Pflegepersonal zu erhöhen. 2011 erwirtschafteten 44.000 Mitarbeiter in rund 50 Ländern mit Produkten und Dienstleistungen 4,6 Milliarden Euro. www.bbraun.de

Mit Sonnenkraft

Dr. Patrick Zerrer hat Werkstoffwissenschaften studiert und arbeitet heute als Gruppenleiter bei Bosch Solar Energy. Hier sind er und seine Mitarbeitern für die Material- und Prozessentwicklung bei kristallinen Solarmodulen verantwortlich. Von Patrick Zerrer

Schon in der Schule haben mir die naturwissenschaftlichen und technischen Fächer am meisten Spaß gemacht. Durch ein Praktikum am Max-Planck-Institut für Metallforschung habe ich die Werkstoffwissenschaft für mich entdeckt – das Fach, das ich dann auch in Stuttgart studierte. Schon als Werkstudent hatte ich Kontakt zum Unternehmen Robert Bosch und wusste daher von der Möglichkeit, auch dort als Doktorand angestellt zu werden. Also bewarb ich mich auf eine Stelle für Lotmaterialentwicklung und bekam sie auch. Auf der Suche nach neuen Herausforderungen bin ich danach zur damals jüngsten Bosch-Tochter, der Bosch Solar Energy, gekommenn. In einer kleinen Abteilung für die Pilotmodulproduktion wurde ein Spezialist für die Verlötung von Solarzellen gesucht. Meine Aufgabe ist es, verschiedene Verfahren zu optimieren, zu erproben und neue Methoden zu entwickeln. Parallel sollte ich ein Team für den ganzen Bereich der elektrischen Verschaltung aufbauen. Seit Kurzem leite ich nun diese Gruppe zur Materialentwicklung im Solarmodul. Es ist noch nicht allzu lange her, da verkauften sich alle Arten von Solarmodulen sehr gut. Doch auch zu jener Zeit war es immer unser Ziel, ein qualitativ hochwertiges Produkt zu fertigen. Seit dem letzten Jahr ist der Wettbewerb nun besonders hart geworden. Daher ist es extrem wichtig, stets verbesserte Produkte am Markt zu haben, und damit sind wir als Materialentwickler mehr denn je gefragt. Es gilt, neue Materialien auf dem Markt zu finden, die den Anforderungen von 25 Jahren Leistungsgarantie gerecht werden, gleichzeitig ein Rationalisierungspotenzial bei den Kosten – also die Möglichkeit, bestimmte Abläufe effizienter zu machen – aufzuzeigen und auch noch die Leistung des Solarmoduls zu erhöhen. Mein Arbeitsalltag ist dabei sehr abwechslungsreich – keine Woche ist wie die andere. Dabei steht aber immer die Koordination von verschiedenen Entwicklungsprojekten im Vordergrund. Das heißt, es müssen Schnittstellen geschaffen werden zwischen den verschiedenen Entwicklungsabteilungen, dem Produktmanagement, dem Vertrieb und der Produktion, die zukünftig unsere Innovationen in die Serienfertigung bringen soll. Hinzu kommt, dass ich mit meinem Team Neuerungen diskutiere, die Aufgaben der Teammitglieder abstimme und das Budget im Auge behalte. Von Zeit zu Zeit bin ich auch an Projekten beteiligt, die sich mit der Strategieentwicklung des Geschäftsbereichs Solar Energy beschäftigen. Alles in allem habe ich es nie bereut, diesen Weg eingeschlagen zu haben: Mein Job macht mir großen Spaß und ich lerne täglich Neues.

Zellwandel mit dem Nudelholz

Timo Sieber hat an der Fachhochschule Weihenstephan in Freising Biotechnologie studiert und später in Regensburg promoviert. Heute forscht er am Universitätsklinikum in Hamburg im Bereich der Virologie. Für seinen Vortrag über zellspezifische Viren erhielt er beim FameLab-Wettbewerb in Deutschland den ersten Preis. Von Christiane Martin

Timo Sieber braucht drei Minuten und ein Nudelholz, um zu erklären, woran er gerade forscht. Mit durchaus schauspielerischer Begabung kann der Biotechnologe auch Laien klarmachen, wie man es schafft, Hautzellen in künstliche Stammzellen zu verwandeln und diese dann in Herzmuskelzellen.
Timo Sieber, Foto: Bielefeld Marketing GmbH
Timo Sieber, Foto: Bielefeld Marketing GmbH
Kopf: Dr. Timo Sieber, 34 Jahre, Biotechnologe und FameLab-Gewinner in Deutschland 2012
„Man braucht dazu Reprogrammierungsfaktoren, die man in die Hautzelle schleusen muss“, sagt er in seinem Kurzvortrag beim FameLab-Wettbewerb – einem internationalen Wettbewerb für Wissenschaftskommunikation – im März 2012 in Bielefeld und fuchtelt forsch mit dem Nudelholz. „Aber dabei muss man geschickt vorgehen und das Nudelholz, sprich die Geninformation der Reprogrammierungsfaktoren, mithilfe von speziellen Viren in die Zelle schmuggeln.“ Leicht verständlich beschreibt Sieber diesen Vorgang. Das Publikum dankt es mit großem Applaus, die Jury mit dem ersten Preis. „Ich habe unglaublich gern am FameLab teilgenommen, weil ich hier zwei Dinge, die ich gern mache, miteinander verbinden kann“, erklärt der 34-Jährige. Theaterspielen sei schon in früher Jugend ein Hobby von ihm gewesen, und seine Leidenschaft für die Naturwissenschaften hatte er bereits als Kind entdeckt. „Ich wollte immer schon Forscher werden“, sagt er lachend. Also begann der gebürtige Wiesbadener 1997 im bayerischen Freising, an der Fachhochschule Weihenstephan Biotechnologie zu studieren. Fünf Jahre später wechselte er als fertiger Diplom-Ingenieur an die Uni Regensburg und absolvierte hier ein einjähriges Aufbaustudium zur Erlangung der Promotionsreife. Als durchaus sinnvoll bezeichnet Sieber im Rückblick diese Zwischenstation: „Die Ausbildung an der FH war sehr technikorientiert; an der Uni konnte ich dann eher die Naturwissenschaften, insbesondere die Biologie, vertiefen.“ In seiner anschließenden Promotion betrieb Sieber dann Grundlagenforschung im Bereich der Virologie. Nach erfolgreichem Abschluss ging er 2008 nach Hamburg und wechselte in die anwendungsbezogene Forschung. „Ich beschäftige mich zwar immer noch mit Viren, aber jetzt mit dem klaren Ziel, die Ergebnisse in die Praxis zu überführen.“ Er und das etwa zwölfköpfige Team am Universitätsklinikum Hamburg, dem er angehört, benutzen sogenannte Adeno-assoziierte Viren, um Informationen in Zellen zu transportieren. „Seit einigen Jahren kennt man zum Beispiel Proteine, die in Zellen eine Reprogrammierung auslösen“, erklärt der Biotechnologe. „Will man also Zellen dazu bringen, ihre Spezialisierung auf einen bestimmten Zelltyp aufzugeben, muss man sie einfach nur mit diesen Proteinen behandeln. Das geht, indem man entkernte Adeno-assoziierte Viren als Transporter für die Reprogrammierer benutzt, ihre Oberfläche leicht verändert und die Viren danach in die Zellen schickt.“ Der Praxisbezug liegt hierbei zum Beispiel in der personalisierten Medizin. Wenn man etwa aus den reprogrammierten Zellen Herzmuskelzellen zieht, kann man an denen ein individuell abgestimmtes Herzmedikament testen. Es ist aber auch möglich, mithilfe von Viren Impfstoffe in Körper zu transportieren oder Tumorzellen abzutöten. „Das Gefühl, etwas zur Lösung wirklich schwerwiegender Probleme beizutragen, ist toll“, sagt Sieber. Er findet, dass er einen wunderbaren Job hat. „Man wird dafür bezahlt, dass man im Labor steht und Dinge ausprobiert, tüftelt, knobelt, forscht.“ Es gibt nur einen Wermutstropfen: Seine Stelle ist – wie so oft in diesem Bereich – befristet, und Timo Sieber weiß nicht, wo er in den nächsten Jahren landen wird. Aber eins ist sicher, er will weitermachen mit der Viren- und Zellforschung – erst einmal ist er aber als Sieger des Bundesfinales zum internationalen FameLab-Finale beim „Cheltenham Science Festival“ nach England gefahren. Dort ist er dann als einziger Teilnehmer aus Deutschland gegen die internationale Konkurrenz aus 20 Ländern angetreten und hat wieder in drei Minuten, mit dem Nudelholz bewaffnet, seine Welt erklärt.

FameLab

FameLab ist ein vom British Council veranstalteter internationaler Wettbewerb für Wissenschaftskommunikation, der seit 2011 auch in Deutschland ausgetragen wird. Unter dem Motto „Talking Science“ stehen hier Wissenschaftler auf der Bühne und vermitteln einem öffentlichen Publikum von Laien möglichst unterhaltsam und verständlich – und in lediglich drei Minuten – ihr Forschungsgebiet. Zur Präsentation ist nur erlaubt, was am Körper getragen werden kann – sei es ein Kontrabass, ein aufblasbarer Delphin oder ein Nudelholz. Weitere Infos und die Videos der Vorträge unter: www.famelab-germany.de

Interview mit Dr. Werner Breuers

Seine ersten Karriereschritte machte der Chemiker Dr. Werner Breuers im Labor. Heute ist er als Mitglied des Vorstands des Chemiekonzerns Lanxess eher in Meetingräumen statt in Laboren zu Hause. Im Interview berichtet er, warum ihm die Erfahrungen als Chemiker noch immer helfen und warum es für den naturwissenschaftlichen Nachwuchs wichtig ist, unternehmerisches Denken mitzubringen. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Der 54-Jährige wurde in Mönchengladbach geboren und schloss sein Studium der Chemie an der RWTH Aachen mit der Promotion ab. Seine berufliche Karriere begann er 1989 als Chemiker bei Hoechst in Frankfurt am Main im Bereich Forschung und Entwicklung. Nach leitenden Positionen bei Hoechst übernahm Breuers 1999 die Leitung des Lizenz- und Katalysator-geschäfts bei dem Polyethylen-Hersteller Elenac in Kehl, der ein Jahr später Teil des Basell-Konzerns wurde. Als Mitglied des Managementteams leitete er den weltweiten Bereich Technology Business mit Sitz in Mailand und war zuletzt als President Basell Polyolefins Europe mit Sitz in Amsterdam tätig. Seit Mai 2007 ist Breuers Mitglied des Vorstands von Lanxess und dort verantwortlich für die Geschäftssegmente Performance Polymers und Advanced Intermediates. Weiterhin gehören die Funktionsbereiche Global Procurement & Logistics, Innovation & Technology und Industrial & Environmental Affairs zu seinen Verantwortlichkeiten und strategischen Operationen.
Herr Dr. Breuers, Sie haben Ihre Karriere 1996 als Chemiker in der Forschungsund Entwicklungsabteilung von Hoechst begonnen. Denken Sie heute nostalgisch an Ihre Zeit als Forscher und Entwickler zurück? Nicht nostalgisch, aber sehr gerne. Forschung und Entwicklung sind seit jeher die Basis unserer Branche. Zudem hat die Tätigkeit in diesem Bereich meine Fähigkeit zu analytischem Denken deutlich geprägt. Davon profitiere ich heute sehr, etwa wenn es darum geht, Prozesse und Anwendungen zu verstehen oder Geschäftspotenziale einzuordnen. Sehen Sie sich denn heute auch noch als Forscher und Chemiker, oder dominiert als Lanxess-Vorstand ganz eindeutig die Business-Arbeit? Als Vorstandsmitglied stehen bei meiner Arbeit natürlich strategische Themen im Vordergrund, beispielsweise Fragen der Marktpositionierung oder das Nutzen von Wachstumspotenzialen, aber eben weiterhin auch Forschung und Entwicklung. Dieser Bereich liegt in meiner Verantwortung und ist für unser Unternehmen von essenzieller Bedeutung. Daher haben wir die Ressourcen hierfür in den vergangenen Jahren auch deutlich ausgebaut. Der Vorstand Ihres Unternehmens setzt sich aus zwei Chemikern und zwei Wirtschaftswissenschaftlern zusammen. Um dem naturwissenschaftlichen Nachwuchs Mut zu machen: Was haben Sie und Ihr Chemikerkollege den anderen beiden voraus? Das ist wie bei einer guten Fußballmannschaft: Es geht nicht allein um das spezifische Können der einzelnen Spieler, sondern das Team muss funktionieren. Insofern ist es wichtig, dass Menschen mit unterschiedlichen Qualifikationen zusammenkommen, die sich dann optimal ergänzen. Das ist bei uns im Vorstand so, das gilt aber auch für das gesamte Unternehmen. Wie ist es Ihnen gelungen, sich im Laufe Ihrer Karriere betriebswirtschaftliches und unternehmerisches Denken anzueignen? Das ist in erster Linie eine Frage der Lernbereitschaft, die man sich während seiner gesamten Karriere erhalten sollte. Ich habe meine Laufbahn nach dem Studium bei Hoechst begonnen und dort zahlreiche Trainings im betriebswirtschaftlichen Bereich erhalten. Das war eine gute Grundlage. Danach habe ich von meinen Tätigkeiten in unterschiedlichen Ländern sehr profitiert. Das Arbeiten in anderen Kulturen bereichert nicht nur persönlich, sondern regt auch dazu an, Dinge aus anderen Blickwinkeln zu betrachten. Das ist wichtig, wenn man unternehmerisch entscheiden muss. Gibt es Wissen und Know-how aus dem Studium der Chemie, das Ihnen bis heute hilft? In erster Linie natürlich das chemische Grundlagenwissen, aber auch die Fähigkeit zum Analysieren und Bewerten. Das hilft mir heute, Wichtiges von Nebensächlichem zu unterscheiden und fundiert Entscheidungen zu treffen. Ihr Unternehmen ist sehr international aufgestellt. Nun sind die Gesetze der Chemie weltweit gleich. Aber gilt das auch für die Forschungskultur in den verschiedenen Ländern? Auch bei Forschung und Entwicklung geht es mehr denn je darum, maßgeschneiderte Lösungen für verschiedene Regionen und Länder zu entwickeln. Zum Beispiel sind die Zukunftsaufgaben bezüglich der Mobilität in Indien andere als etwa in Russland oder Brasilien. Daher bauen wir bewusst ein internationales Forschungsnetzwerk auf, um regionalen Input sowie länderspezifische Lösungsansätze für diese Zukunftsthemen einzubringen und unsere Produkte passgenau zu entwickeln. Dafür brauchen wir ein internationales Forscherteam, das seine Stärken aus der regionalen Sichtweise bezieht. Worauf kommt es für einen Chemieabsolventen an, wenn er jetzt eine Karriere in Ihrer Branche starten möchte? Die wichtigsten Eigenschaften sind Neugier – was für einen Naturwissenschaftler nichts Ungewöhnliches sein sollte – und die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen – fachlich wie kulturell. Viele spannende und neue Entwicklungen finden heute in den Grenzbereichen verschiedener klassischer Disziplinen wie Biologie, Chemie, Physik und Ingenieurwissenschaften statt. Hier liegt das größte Zukunftspotenzial. Es kommt also darauf an, im Team mit unterschiedlichsten Charakteren und Expertisen zu kooperieren und als Mannschaft eine gemeinsame Lösung zu entwickeln. Wie gelingt es Ihnen zu gewährleisten, dass auch die naturwissenschaftlichen Nachwuchskräfte die wirtschaftlichen Zusammenhänge sowie die Strategie Ihres Unternehmens verstehen? Wir leiten unsere Forschungs- und Entwicklungsziele aus Marktchancen und Marktbedürfnissen ab. Dabei verfolgen wir zwei Ansätze: Zum einen stellen wir durch einen stringenten Prozess sicher, dass die Fragen nach dem wirtschaftlichen Nutzen einer Entwicklungsidee direkt zu Beginn beantwortet werden und das Entwicklungsprojekt über die gesamte Laufzeit begleiten. Wir verfügen in diesem Hinblick auch über eindeutig formulierte Abbruchkriterien. Zum anderen stärken wir bewusst den Verantwortungsbereich des Projektleiters, damit er sein Projekt im Sinne des Unternehmens vorantreibt. Seine Aufgabe ist es dann vor allem, chemisch-technische Fragestellungen mit wirtschaftlicher Ratio zu verbinden. Viele Absolventen prüfen im Vorfeld sehr genau, wie sich die Unternehmen für Nachhaltigkeit engagieren und wie Sie beim Thema GreenTech aufgestellt sind. Was haben Sie in dieser Hinsicht zu bieten? Einerseits sorgen wir mit unseren Produkten dafür, dass Nachhaltigkeit auch bei unseren Kunden immer stärker Raum greifen kann. Wir entwickeln zum Beispiel Technologien, die grüne Mobilität erst möglich machen – etwa unsere Hochleistungskautschuke, mit denen spritsparende und sichere Reifen hergestellt werden. Gleichzeitig arbeiten wir an Produkten auf Basis nachwachsender Rohstoffe. Nachhaltigkeit schaffen wir anderseits aber auch durch Investitionen in hochmoderne Produktionsanlagen mit höchstmöglicher Energieeffizienz. Zum Abschluss: Wenn Sie nun noch einmal die Möglichkeit hätten, ein Forschungsjahr im Labor einzulegen, welches chemische Problem würden Sie in dieser Zeit angehen? Ich würde mich dafür engagieren, chemische Produkte auf Basis nachwachsender Rohstoffe voranzubringen. Auf diesem Gebiet liegen die Lösungen, die wir für die Zukunft brauchen.

Zum Unternehmen

Lanxess mit Stammsitz in Köln ist ein führender Spezialchemiekonzern, der 2004 aus der Chemie- und Kunststoffsparte von Bayer (Leverkusen) hervorgegangen ist. Das Unternehmen umfasst 13 Geschäftsbereiche. An zehn Standorten in Deutschland und weltweit 49 Produktionsstätten sind derzeit rund 16.800 Mitarbeiter in 30 Ländern beschäftigt. Das Kerngeschäft bilden Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Kunststoffen, Kautschuken, Zwischenprodukten und Spezialchemikalien für verschiedene Branchen: Für die Autoindustrie stellt das Unternehmen Premiumkautschuke für „grüne Reifen“ her sowie Hochleistungskunststoffe, die in Leichtbauweise Sprit sparen und CO2-Emissionen verringern; im Umweltbereich entwickelt und produziert der Konzern beispielsweise spezielle Harze zur Wasseraufbereitung.

„Forscher mögen Freiräume“

Worauf legen Forscher wert, wenn es um ihre Karriere geht? Und wie gelingt es Unternehmen, sich so zu organisieren, dass ihre Fachexperten motiviert und innovativ zu Werke gehen? Liza Wohlfart vom Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) hat zusammen mit ihrem Kollegen Kuno Moll eine Studie über „Innovative Karrieresysteme“ verfasst und sagt: Es muss beides geben, klare Strukturen und individuelle Freiheit. Das Gespräch mit ihr führte André Boße.

Zur Person

Liza Wohlfart, Jahrgang 1974, ist seit 2002 im Bereich Forschungs- und Entwicklungsmanagement des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) tätig. Sie arbeitet dort in verschiedenen nationalen und internationalen Forschungs- und industriellen Beratungsprojekten, ist Autorin zahlreicher Fachveröffentlichungen und Mitherausgeberin zweier Bücher zu den Themen Wissensmanagement und Unternehmensentwicklung. Ein aktueller Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist das Thema Karriere- und Anreizsysteme für die Forschung und Entwicklung.
Frau Wohlfart, ist ein guter Forscher ein guter Forscher – egal, ob er an einer Hochschule, in einem Start-up-Unternehmen oder in der Forschungsabteilung eines Konzerns arbeitet? Bestimmte Eigenschaften, wie Neugier, eine hohe Lernbereitschaft oder ein gutes Gespür für aktuelle Themen, benötigt jeder Forscher unabhängig von seinem Arbeitsplatz. Das gilt auch für ein hohes Durchhaltevermögen. Ohne Frage sind aber je nach Arbeitsfeld spezielle Kompetenzen besonders gefragt: Ein Forscher an der Universität muss unter anderem fit in den Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens sein, während in Unternehmen vor allem Tatkraft und wirtschaftliches Denken unerlässlich sind. Was sind denn bemerkenswerte Talente und Qualitäten, die ein Absolvent der Naturwissenschaften mitbringen sollte, um als Fachexperte in forschungsintensiven Bereichen Karriere zu machen? Soziale Fähigkeiten werden für Forscher immer wichtiger. Den Forscher, der allein in seinem Zimmer vor sich hin tüftelt und Innovationen auf den Weg bringt, gibt es nicht mehr. Neue Ideen entstehen heute vor allem dann, wenn das Wissen vieler kreativer Köpfe zusammenkommt – sei es in der Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg oder auch in der Kooperation zwischen Unternehmen. Eine wichtige Aufgabe von Fachexperten, die oft in der Öffentlichkeit gar nicht so sehr wahrgenommen wird, ist die interne Beratung von Kollegen. Auch hier sind kommunikative Fähigkeiten gefragt. Man muss regelmäßig Antwort auf die Frage finden: Wie kann ich mein Wissen Fachfremden so anschaulich vermitteln, dass sie es verstehen? Notwendig sind darüber hinaus auch methodische Kenntnisse und Fertigkeiten, die es ermöglichen, eine Problemstellung systematisch zu bearbeiten. Wie kann Forschung so organisiert, werden, dass möglichst innovativ gearbeitet wird? Das A und O einer gut funktionierenden Forschungs- und Entwicklungsabteilung ist eine Mischung aus klaren Strukturen und individuellen Freiheitsgraden. Eine Herausforderung dieser Abteilungen: Forschungsleistungen lassen sich nicht mit denselben Erfolgskennzahlen messen, die in anderen Bereichen wie zum Beispiel dem Vertrieb angewendet werden. Innovationen in der Forschung gehen immer mit Unsicherheit einher und benötigen ein gesundes Maß an Fehlertoleranz und Risikobereitschaft. Welche Rolle spielen dabei die Führungskräfte? Die Unterstützung von oben ist von hoher Bedeutung. Nachwuchskräfte, die darin bestärkt werden, auch einmal Risiken einzugehen, Altbewährtes infrage zu stellen und Neues zu wagen, gehen in ihrer Arbeit häufig genau den Schritt weiter, der dann aus einem ersten guten Einfall eine ganz neue Geschäftsidee entstehen lässt. Überdies ist ein Klima des Vertrauens und der Offenheit unerlässlich für eine erfolgreiche Arbeit. Die Grundlagen dafür müssen von der Führungsebene vorgelebt und von dort bis in die operative Ebene getragen werden. Wie beurteilen Sie in dieser Hinsicht den Forschungsstandort Deutschland? Was den Forschungsstandort als Ganzes anbelangt: Einige Rahmenbedingungen wurden in den vergangenen Jahren verbessert, sodass ein günstigeres Umfeld für Forschung entstanden ist. Im öffentlichen Bereich zum Beispiel haben exzellente Forscher heute bessere Einkommen. Ziel unserer Studie war es herauszufinden, welche weiteren Faktoren von Fachexperten als besonders attraktiv und motivierend angesehen werden. Dazu zählen inhaltliche Gestaltungsfreiräume, aber auch Zugang zu den Gremien, in denen die unternehmerischen Entscheidungen vorbereitet werden. Wichtig sind zudem viele Möglichkeiten, um kontinuierlich zu lernen und sich persönlich und beruflich weiterzuentwickeln. Welchen Ratschlag können Sie Absolventen der Naturwissenschaften geben, die ihre Karriere in einem forschungsintensiven Bereich beginnen? Viele Unternehmen bieten heute differenzierte Karrieresysteme mit Fach- oder Projektlaufbahnen an. Hier gilt es, die eigenen Neigungen und Fähigkeiten unter die Lupe zu nehmen: Was macht mir Spaß, wo liegen meine Stärken? Fachexperten lieben den fachlichen Austausch mit Gleichgesinnten und die Möglichkeit, sich in Themen zu vertiefen. Ein Projektleiter ist im Gegensatz dazu der „Indiana Jones“ unter den Mitarbeitern, wie es ein Interviewpartner in unserer Studie ausgedrückt hat. Er stellt sich gerne den vielfältigen Herausforderungen, die ein Projekt mit sich bringt. Gute Hilfe bietet hier der Austausch mit erfahrenen Kollegen, die bereits verschiedene Höhen und Tiefen einer Laufbahn gemeistert haben. Allgemein ist Einsteigern im Forschungsbereich zu raten, sich möglichst frühzeitig mit der Frage auseinanderzusetzen, wie die Karriere mittel- und langfristig weiterentwickelt werden kann, zum Beispiel nach einer Promotion.

Forschung ist Teamwork

Netzwerke, wohin man schaut: Forscher forschen miteinander, Einrichtungen gehen gemeinsam Projekte an, Unternehmen kooperieren mit Universitäten oder kleinen innovativen Firmen. Vorteil für den Nachwuchs: Es bieten sich mehr Möglichkeiten für spannende Forscherkarrieren denn je. Von André Boße

Wer zum ersten Mal das Gründer- und Technologiezentrum Adlershof im Südosten Berlins besucht, erlebt sofort die Vielfalt des Forschungsstandorts. Hier ist immer etwas los: Die Mitarbeiter der mehr als 900 Unternehmen, die hier ihren Sitz haben, treffen sich draußen auf den Sitzbänken in den Höfen des Campus zu spontanen Meetings, führen in einem der Cafés Fachgespräche oder tauschen sich über Mobiltelefon mit Kollegen aus aller Welt aus. Man spürt: Hier arbeitet man nicht nebeneinander her. Hier wird kooperiert. Ein Eindruck, den Ulrich Panne nur bestätigen kann. Der Chemieprofessor der Bundesanstalt für Materialprüfung ist ehrenamtlich Vorstand der Initiativgemeinschaft außeruniversitärer Forschungseinrichtungen in Adlershof (IGAFA). Der Verein fördert das Miteinander der vielen Akteure, die im Technologiezentrum forschen. „Die Kooperationen werden durch eine Vielzahl von Netzwerken geknüpft. Einige davon sind koordiniert, andere informell“, sagt er. In Adlershof gibt es nichts, was es nicht gibt: Mal stellt ein junges Start-up zusammen mit der Humboldt-Universität ein Projekt auf die Beine, mal starten kleinere Adlershof-Unternehmen eine gemeinsame Initiative, um einen industriellen Großkunden zu gewinnen. „Diese vielfältigen Kombinationen sind Grundlage dafür, dass ein besonderer Innovationszyklus von der Idee bis zum fertigen Produkt entsteht. Der Campus Adlershof erzeugt damit wertvolle Synergie-Effekte der unterschiedlichsten Akteure“, sagt Panne. Nichts geht ohne Kommunikation Von dieser Synergie profitieren auch die Nachwuchsforscher, die in einem der vielen Unternehmen und Einrichtungen einsteigen. Voraussetzung dafür: Keiner darf Forschung als Tüftelei im stillen Kämmerlein verstehen. Die Herausforderungen der Gegenwart sind viel zu komplex und kompliziert, um sie als Einzelkämpfer zu meistern. Exemplarisch rückt Ulrich Panne die Thematik „Licht, Materialien und Modelle“ in den Fokus, die derzeit die Arbeit vieler Forscher prägt. „Dahinter verbirgt sich eine Fülle von Fragestellungen aus vielen verschiedenen Bereichen: Optik und Mikrosystemtechnik, Materialforschung und Mathematik, Informatik und ihre Anwendungen.“ Um mit anderen Forschern in den Dialog treten zu können, braucht man ein Talent für Kommunikation. „Ein Forscher muss in der Lage sein, einerseits die eigene Forschung zu kommunizieren und sich andererseits in komplexe Sachverhalte anderer Fachrichtungen einzuarbeiten“, sagt der IGAFA-Vorstand. „Forschung entspricht heute eben nicht mehr nur der romantisierten Vorstellung einer individuellen intellektuellen Leistung – auch, wenn es natürlich weiterhin wichtig bleibt, dass der Einzelne in seinem Bereich über viel Know-how verfügt.“ So hoch die Anforderungen, so gut sind die Chancen auf eine erfolgreiche Forscherkarriere. „An Standorten wie Adlershof wird durch die Vielzahl der Partner eine einmalige Ausbildung in großer Breite möglich. Der Nachwuchs erwirbt Fachkenntnisse, lernt Soft Skills und erhält Einblicke in akademische und industrielle Arbeitswelten. Damit ergeben sich auf dem nationalen und globalen Arbeitsmarkt natürlich sehr gute Karrierechancen“, sagt Ulrich Panne.

Forscher und Projektleiter

Neben der Expertenlaufbahn ergeben sich für Naturwissenschaftler in forschungsintensiven Unternehmen häufig Gelegenheiten, eine Karriere in der Projektleitung anzuvisieren. Hier kommt es jedoch auf weit mehr als Fachwissen an: Teams müssen zusammengesetzt und geführt, die Ergebnisse kommuniziert und Projektziele abgesteckt werden. Die Autorin Katharine Hölzle stellt in ihrem Buch „Die Projektlaufbahn“ (Gabler Verlag, 2010, ISBN 3834917729, 57,99 Euro) organisatorische Voraussetzungen und Instrumente zur Motivation von Teammitgliedern und Projektleitern vor.
Die ganze Bandbreite erfahren Doch nicht nur die Technologiezentren der Metropolen bieten optimale Einstiegsmöglichkeiten. Auch viele mittelgroße Städte tun alles dafür, um sich als Forschungsstandort zu profilieren. Zum Beispiel Braunschweig. Hier hat Forschung Tradition, die Geschichte der Technischen Universität geht zurück bis ins Jahr 1745. Vor allem aber verfügt Braunschweig heute über einen herausragenden Stellenwert in der Forschungslandschaft: Laut dem „Eurostat Jahrbuch der Regionen“, einer statistischen Analyse europäischen Lebens der EU-Kommission, ist Braunschweig und Umgebung europaweit die Region mit der höchsten Dichte an Einrichtungen und Unternehmen, die forschen und entwickeln. Mehr als 15.000 Menschen arbeiten hier in der Forschung – ob an der TU oder in Hochschul-Spin-offs, in kleinen Unternehmen oder bei Konzernen wie Siemens oder Volkswagen. Für Naturwissenschaftler besonders interessant ist Europas zweitgrößter Forschungsflughafen, wo Physiker mit Spezialisten anderer Disziplinen an vollautomatischen Flugsystemen arbeiten. Diese Forschung soll sich eines Tages auszahlen, doch zunächst einmal kostet sie viel Geld. Daher suchen forschungsintensive Einrichtungen und Unternehmen Forschernachwuchs, der ihnen dabei hilft, Förderungen an Land zu ziehen. Joachim Roth, Wirtschaftsdezernent der Stadt Braunschweig, empfiehlt daher allen naturwissenschaftlichen Absolventen, die Rolle des Selbstmarketings nicht zu unterschätzen. „Schließlich wollen Förderinstitutionen, Banken oder Investoren wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie Kapital geben. Das ist Kommunikation pur, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden kann.“ Damit die verschiedenen Akteure miteinander ins Gespräch kommen, sieht sich auch die Stadt in der Pflicht. „Es ist wichtig, dass junge Forscher mit Geschäftsideen und die etablierte Wirtschaft zueinander finden, damit in einer frühen Phase Interesse entsteht und Ansatzpunkte für Kooperationen gefunden werden“, sagt Roth. Braunschweig hat dazu viele Plattformen aufgebaut – und für Nachwuchsforscher ist es wichtig, diese Angebote zu nutzen und gewinnbringende Netzwerke aufzubauen. Forscherwissen nutzen Diese Kontakte können Einsteiger dann auch als Brücke in die großen Unternehmen nutzen. Kaum ein Konzern, der nicht in eigenen F&E-Abteilungen nach Innovationen sucht und dafür exzellenten Forschernachwuchs mit naturwissenschaftlichem Hintergrund benötigt. Bei Daimler zum Beispiel steht die Materialforschung im Fokus. Stichwort Leichtbau: Die Autos sollen leichter werden, damit sie effizienter fahren. Doch die Suche nach passenden Materialien ist schwierig. Einerseits sollen sie möglichst wenig wiegen, andererseits müssen sie sich nach den Anforderungen der Autobranche verarbeiten lassen und bei Unfällen größtmögliche Sicherheit gewährleisten. Also machen sich Materialforscher bei Daimler auf die Suche nach neuen Stoffen mit teilweise komplexen und noch wenig erforschten Eigenschaften. In Labors testet man, wie sie bei Unfällen oder auf extremes Wetter und Niederschläge reagieren und ob diese Stoffe überhaupt wirtschaftlich vernünftig herstellbar sind. Dabei gilt: Jeder neue Stoff erfordert neues Fachwissen. Widmet man sich zum Beispiel dem karbonfaserverstärkten Kunststoff, ist textilchemisches Knowhow notwendig, das sich die Forscher mithilfe eigener Recherche zunächst einmal erarbeiten müssen. „Ich denke daher, man sollte sich nicht zu früh spezialisieren“, sagt Peter Berg, der bei Daimler für das Recruiting des Nachwuchses zuständig ist. Naturwissenschaftler besitzen in seinen Augen die besten Einstiegschancen, wenn sie Flexibilität beweisen. „Um sich in künftige Technologien einzuarbeiten, die heute noch gar nicht auf der Agenda stehen, ist ein breites Grundwissen wichtig. Darauf kann man aufbauen und sich während seines Berufslebens, wenn es darauf ankommt, auf neue Themengebiete spezialisieren.“ Im Fokus: Umwelt und Medizin Diese Flexibilität ist auch wichtig, weil das Forschungs- und Entwicklungstempo in den vergangenen Jahren enorm zugenommen hat. Das liegt nicht nur am technischen Fortschritt: Auch der soziale und politische Wandel spielt eine Rolle. Nicht erst seit den Ereignissen in Fukushima und der Energiewende stehen zum Beispiel Umwelttechnologien im Fokus. Deutschland ist hier weltweit Vorreiter. Das Know-how heimischer Forscher ist gefragt, was sich auch an Einrichtungen wie dem Climate Service Center in Geesthacht bei Hamburg zeigt, in dem Fachexperten die Wirtschaft beraten – und somit konkrete unternehmerische Impulse setzen. Mit Blick auf die medizinische Forschung stehen aktuell die spannendsten Entwicklungen im Zeichen der personalisierten Medizin: Neue Erkenntnisse über Krankheiten werden kombiniert mit Wissen aus der Molekularbiologie – und es entstehen individuelle Therapien und Behandlungsansätze. „Die rasante Entwicklung des Wissens in Naturwissenschaften und Technik öffnet die Türen für völlig neue Erkenntnisse“, sagt Bernd Manfred Schmitz, Leiter des Hochschulmarketings bei Bayer. Diese Chancen zu erkennen und Produkte mit ganz neuem Nutzen zu entwickeln, sei das Ziel des Unternehmens – und damit auch die Herausforderung, vor der der Forschernachwuchs steht. Offensichtlich ist, dass sich die alten Forschungsstrukturen aufgelöst haben: Hier die Experten im Labor, dort die produzierende Industrie, die deren Erkenntnisse umsetzt – dieses Bild stimmt nicht mehr. „Wir sind als Unternehmen offen für Innovationen von außen und kooperieren daher mit den besten Partnern aus den für uns wichtigen Bereichen“, sagt Schmitz. Zum Einsatz kommen schon jetzt alle denkbaren Möglichkeiten der Partnerschaften. Nun gilt es für den Forschernachwuchs, diese Chancen zu ergreifen.

BWL-Update für Naturwissenschaftler

Forschung funktioniert kaum noch ohne ausreichende Kenntnisse über betriebswirtschaftliche Zusammenhänge, denn selbst in öffentlichen Forschungseinrichtungen arbeiten heute Controller, und es entstehen wirtschaftliche Leistungsbilanzen. Die Academy der International School of Management bietet regelmäßig BWL-Updates auch für Naturwissenschaftler an. Das zweitägige Seminar vermittelt einen Überblick über die wesentlichen Methoden und Verfahren, um kaufmännisch sowie unternehmerisch handeln zu können, und führt in wichtige Themen wie Cash-Flow oder Return-of-Investment ein. Termine für das Seminar „Betriebswirtschaft für Nichtkaufleute“ auf www.ism-academy.de

Photonik Campus

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Langtext zur Meldung im kf ingenieure 2.2012 zum Photonik Campus

Musik und Licht gehören zusammen

High-Tech-Branche mit Nachwuchssorgen – Doktorand dreht ein Musikvideo Photonik ist die technische Beherrschung von Licht in jeder Form. Im Blickpunkt stehen Erzeugung, Kontrolle, Messung und vor allem die Nutzung von Licht in nahezu allen gesellschaftlich und ökonomisch wichtigen Gebieten. Die Photonik ist eine führenden Branchen in Deutschland und Europa. Aber die High-Tech-Branche kämpft mit Nachwuchssorgen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat deshalb in Zusammenarbeit mit Forschung und Wirtschaftsverbänden die Förderinitiative Photoink Campus Deutschland ins Leben gerufen. Neben einer alljährlich stattfindenden Akademie ist auch eine eigene Website Teil der Kampagne. Hier können angehende Photoniker miteinander diskutieren, Kontakt zu künftigen Arbeitgebern aufnehmen und oder junge Menschen für ein Studium im diesem Bereich begeistern. Falk Eilenberger ist Doktorand am Abbe Center of Photonics an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. In Jena, und zwar am Fraunhofer-Institut für Optik und Feinmechanik, findet auch die nächste Photonik-Akademie im Jahr 2013 statt, die Bewerbungsphase läuft bereits (www.photonik-campus.de/online-bewerbung). Für die Website des Photonik-Campus Deutschland hat Falk Eilenberger ein ungewöhnliches Video über seine Arbeit an der Universität gedreht. Im selbst gedrehten Musikvideo „Science of Light” schildert er den Hochschulalltag aus der Sicht des Rappers MCLightBullet. Klaus Mertens von der TEMA Technologie Marketing AG führte ein Interview mit dem kreativen Photoniker und stellte es dem karriereführer zur Veröffentlichung zur Verfügung. Wie sind Sie auf die Idee mit dem Song gekommen? Als das VDI Technologiezentrum mit der Bitte an uns herantrat, einen Beitrag für den Photonik Campus zu drehen, war uns sofort klar, dass man den Zuschauer überraschen muss, um ihn an den Bildschirm zu fesseln. Darüber hinaus ist es ein wohlgehütetes Geheimnis, dass Naturwissenschaftler im Allgemeinen und Physiker im Speziellen einen ziemlich deftigen Sinn für Humor haben und auch vor gnadenlosen Selbstparodien nicht zurückschrecken. Die eigentliche Idee für das Video ist aber auf unserer jährlichen Doktorandenkonferenz „DoKDoK“ entstanden, in einer jener herrlich blödsinnig-kreativen „was-wäre-wenn“ Diskussionsrunden, die recht typisch für Wissenschaftler sind. Und natürlich liegt es irgendwie nahe, dem Bild vom biederen sozial gehemmten Labornerd den Möchtegernrapper MCLightBullet gegenüberzustellen. Leider hat uns der Photonik Campus genötigt, unsere Groupies, die sich immer auf unseren Laborbänken räkeln, zu verstecken. Was denken die denn warum die Teile „optischer Tisch“ genannt werden? Licht und Musik – passt das zusammen? Das liegt natürlich im Auge des Betrachters. Beziehungsweise im Ohr. Aber ich denke, dass ich nicht der erste bin, der diese Verbindung zieht. Von Händels Feuerwerksmusik bis zu Festivals mit Lasershow passt Licht und Musik einfach zusammen. Stellen Sie sich doch mal ein Konzert von Rammstein ohne Pyrotechnik vor. Oder MTV mit Bildstörung. Licht und Musik passt nicht nur zusammen, es gehört zusammen! Vom Standpunkt des Physikers gesehen ist aber zusätzlich spannend, dass Licht und Schall sehr verwandt sind. Unser Verständnis von ultraschnellen Lasern zum Beispiel, basiert auf der Interpretation von sogenannten Sonogrammen – die wir in der Alltagssprache als Notenblätter kennen. Die Probleme der nichtlinearen Optik spiegeln sich in quietschenden Bremsen und im Wind flatternden Fahnen, um nur einige Analogie zu nennen. Wie sind Sie zur Photonik gekommen? Zur Photonik bin ich über viele Zufälle gekommen. Obwohl ich schon immer ziemlich neugierig war und nicht nur den einen oder anderen Lehrer mit meinen Fragen zur Verzweiflung gebracht habe. Die wichtigere Frage ist doch: warum bin ich bei der Photonik geblieben? Ein Manager verdient mehr Geld, ein Politiker hat mehr Macht, ein Beamter hat ein sichereres Einkommen. Als Wissenschaftler sind wir die Entdecker und Abenteurer unserer Zeit. Unsere Reisen führen uns vielleicht nicht zu neuen Kontinenten, dafür an die faszinierenden Grenzen des menschlichen Wissens und Denkens. Die Photonik erlaubt uns ungeahnte Einblicke in die Natur – wir können Atomen beim Schwingen zusehen und werden Zeuge, wie das Universum atmet. Und ganz nebenbei fällt die eine oder andere technische Revolution ab: Internet ohne Photonik? Undenkbar. Autos ohne Laser? Unfahrbar. Moderne Medizin ohne Licht? Unüberlebbar. Wie stellen Sie sich ihre weitere Karriere in der Photonik/Musikbranche vor? Ich werde nach diesem Interview wieder in mein Labor verschwinden und den Photonen beim Schwingen zuschauen, dann einige Ergebnisse der letzten Tage auswerten und zu Papier bringen. Wir arbeiten seit einiger Zeit an einer neuen Analysemethode, die uns ungeahnte Einblicke in die Eigenschaften des Lichts auf der Skala von Femtosekunden geben wird. Im Vergleich zu einer Sekunde ist das ungefähr so, als ob man ein einzelnes Atom auf der Oberfläche des Mondes sehen könnte. Demnächst geht es wieder einmal auf Konferenz, um mit den Kollegen aus der ganzen Welt die neusten Entwicklungen zu diskutieren und Ideen auszutauschen. Dann beginnt bald das Semester und ich bin schon mindestens so neugierig auf die neuen Studenten der Abbe School of Photonics, wie die Studenten auf uns. Langfristig gibt es jede Menge interessanter Perspektiven. Gerade hier in Jena ist die Photonik extrem breit aufgestellt. Aber als Wissenschaftler, vor allem als Physiker, ist man ja immer auch ein Spezialist fürs Allgemeine und hat so viele Möglichkeiten den eigenen Talenten und Interessen beruflich nachzugehen, dass es manchmal schwer fällt eine Auswahl zu treffen. Selbst Kanzlerin kann man werden. Oder Chef von Volkswagen. Nur Gitarrist von Queen – der Posten ist schon weg – schade eigentlich. Hier geht’s zum Video