„Kreative Lösungen gesucht“

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32 Jahre alt – und schon Partner: Dr. Stefan Heutz hat in der Kanzlei Kümmerlein Rechtsanwälte & Notare schnell Karriere gemacht. Nun ist es seine Aufgabe, als Mitverantwortlicher für das Recruiting selber nach Nachwuchs Ausschau zu halten. Im Interview sagt er, worauf es ihm dabei ankommt. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Stefan Heutz, Foto: Stefan Heutz
Stefan Heutz, Foto: Stefan Heutz
Dr. Stefan Heutz, 32 Jahre, ist seit einem Jahr Partner der Kanzlei Kümmerlein Rechtsanwälte & Notare mit Sitz in Essen. Er hat sich auf Gesellschafts- und Umwandlungsrecht sowie auf Unternehmenstransaktionen spezialisiert. Zudem ist er Mitglied des Recruiting-Teams der Kanzlei, bei der derzeit 46 Rechtsanwälte beschäftigt sind – Tendenz steigend.
Herr Dr. Heutz, Ihre Kanzlei sitzt in Essen – ein eher ungewöhnlicher Standort für Wirtschaftskanzleien. Wo liegt der Vorteil im Vergleich zu Städten wie Düsseldorf oder Frankfurt? In der Region Rhein und Ruhr besteht aufgrund ihrer industriell geprägten Wirtschaftsstruktur eine deutlich höhere Nachfrage nach unseren Beratungsschwerpunkten Gesellschaftsund Umwandlungsrecht, Kollektivarbeitsrecht, Energie- und Umweltrecht. Eine Stadt wie Frankfurt ist dagegen eher auf das Finanzwesen fokussiert. Natürlich ist der kurze Weg zum Mandanten ein ausschlaggebender Faktor bei der Wahl des Kanzleisitzes. Welche weiteren Ansprüche stellen Mandanten heute an die Wirtschaftskanzlei ihrer Wahl? Eine herausragende fachliche Kompetenz ist selbstverständlich. Daneben wünschen sich Mandanten zunehmend eine lösungsorientierte Denkweise sowie Verständnis für die wirtschaftlichen und technischen Hintergründe ihrer Projekte. Es geht also nicht mehr nur darum, als Anwalt Sachverhalte in Vertragssprache zu „übersetzen“, sondern um eine sachverständige und kreative Begleitung des Projekts von Beginn an. Daher rückt bei der Auswahl von Beratern der Wunsch nach einer vertrauensvollen und langfristigen Zusammenarbeit in den Vordergrund. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass Projektabläufe immer komplexer werden und sich gleichzeitig verdichten. Die Bedeutung eines „Hausjuristen“ dagegen, der als reiner Prozessvertreter tätig ist, hat in den letzten beiden Jahrzehnten abgenommen. Was bedeutet das für junge Juristen: Welche Fähigkeiten sind heute bedeutsamer denn je? Berufseinsteiger sollten schon in der Ausbildung Wert auf eine wirtschaftliche und lösungsorientierte Herangehensweise gelegt haben. Die Beschäftigung mit wirtschaftlichen und technischen Zusammenhängen in Abgrenzung zur reinen Juristerei ist dabei wertvoll. So können extrakurrikulare Engagements von Vorteil sein, wenn es darum geht, das Anliegen der Mandanten zu verstehen und in seinem Sinne eine praxisgerechte Lösung zu erarbeiten. Welche Engagements können das sein? Je nach Beratungsfeld zum Beispiel eine Banklehre, das Erlernen einer Programmiersprache oder einfach ein ausgeprägtes Interesse an technischen oder naturwissenschaftlichen Zusammenhängen. Sie sind 32 Jahre alt und sei 2012 Partner der Kanzlei. Wie wichtig ist es, als Wirtschaftsjurist über einen großen Erfahrungsschatz zu verfügen? Der Erfahrungsschatz ist für einen Berater wichtig; er darf aber unkonventionellen Lösungsansätzen und Kreativität nicht im Weg stehen. Stets muss der Blick auf die konkreten Umstände des jeweiligen Mandats gerichtet sein – wobei hochkomplexe Mandate erfordern, dass der Berater auf der Grundlage seiner Erfahrung eine maßgeschneiderte Lösung für den jeweiligen Sachverhalt entwickelt. Wie kann es jungen Juristen gelingen, diesen Erfahrungsschatz zu erwerben? Indem sie so früh wie möglich mit berufserfahrenen Kollegen in vielfältigen Rechtsgebieten Mandate bearbeiten. Die Tätigkeit in Hinterzimmern, womöglich noch in einem sehr begrenzten juristischen Sektor, hilft hier nicht weiter. Ein anspruchsvoller Job. Wie wichtig ist dabei von Beginn an eine gute Balance aus Arbeit und Privatleben? Natürlich ist der Berufseinstieg eine herausfordernde Lebensphase. Trotzdem achten wir auch bei jungen Juristen darauf, dass sie nicht den Kontakt zum Leben außerhalb der Kanzlei verlieren. Denn nur bei einem ausgewogenen Verhältnis von Arbeit und Privatleben bleibt die Freude an der Arbeit erhalten.

Genau in der Sache, geschätzt im Team

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Zwischen Rechtsmonopol und Beratungsauftrag: Erfolgreiche Wirtschaftsanwälte punkten, wenn die Mandanten ihnen vertrauen. Dafür brauchen sie Erfahrung und Wissen, Kontakte und Talent. Recruiting-Verantwortliche deutscher Wirtschaftskanzleien erzählen, wie sich Nachwuchsjuristen diese Dinge aneignen können – und warum es wichtig sein kann, die erste Wahl fürs Bierchen am Abend zu sein. Von André Boße

Vor wenigen Monaten standen die Anwälte von BDO Legal, der beratenden Kanzlei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO, vor einem kniffligen Problem: Ein Mandant hatte erwogen, ein anderes Unternehmen zu übernehmen. Das Ergebnis einer ersten Analyse: ein risikoreiches Unterfangen. Die M&A-Spezialisten erarbeiteten einen Weg, um die aufgedeckten Risiken im Rahmen der Übernahme zu decken. „Während der Verhandlungen bekamen wir jedoch zusätzlich ein ungutes Gefühl, da sich diverse Angaben und Äußerungen der Verkäufer und der Zielgesellschaft widersprachen“, erinnern sich die beiden Geschäftsführer von BDO Legal, Erika Kutz-Benger und Parwäz Rafiqpoor. Doch der Mandant beharrte zunächst auf seinem Plan: Er wollte die Übernahme unbedingt durchziehen. Die Anwälte saßen lange mit dem Mandanten zusammen, wogen das Für und das Wider ab – und überzeugten ihn schließlich davon, die Verhandlungen nicht fortzusetzen. Eine richtige Entscheidung: „Heute ist das Unternehmen, das übernommen werden sollte, insolvent – und unser Mandant froh und dankbar.“ Branchenkenntnisse wichtig Die Episode macht deutlich, wie sich das Berufsverständnis von Wirtschaftsanwälten in den vergangenen Jahren gewandelt hat. Vorbei die Zeit, als die Juristen ausschließlich auf Handlungen und Absichten ihres Mandanten reagierten und ihre eigene Meinung tunlichst unterdrückten. Zwar trifft noch immer der Mandant die wirtschaftlichen Entscheidungen. „Aber der anwaltliche Berater sollte diese so betrachten, als wären es seine eigenen Chancen und Risiken, die es zu bewerten gilt“, formulieren es die Geschäftsführer von BDO Legal. Klingt logisch. Bringt aber einiges mit sich. Wer heute als Wirtschaftsanwalt in einer großen Kanzlei einsteigt, muss in der Lage sein, die Chancen und Risiken zu erkennen und zu bewerten. Und zwar nicht nur aus juristischer Sicht, sondern auch aus der Perspektive seines Mandanten. Dafür muss der anwaltliche Berater verstehen, wie Unternehmer ticken. Er muss aber auch begreifen, was die Branche auszeichnet, in welcher der Mandant tätig ist. Muss ihre Eigenarten einschätzen und Zeichen des Wandels erkennen können. Fester Ansprechpartner Für den Beruf des Wirtschaftsjuristen bedeutet dieses Jobprofil einen Paradigmenwechsel. „Wer heute sein Jurastudium absolviert hat, dem stellt sich nicht mehr nur die Frage, in welches Rechtsgebiet er einsteigen möchte, sondern auch in welche Branche“, sagt Stefan Kursawe, Partner der Münchener Wirtschaftskanzlei Heisse Kursawe Eversheds. Viele große Sozietäten haben damit begonnen, ihre internen Strukturen an die neuen Herausforderungen anzupassen: Weg von den Praxisgruppen für bestimmte Themen und Rechtsgebiete, hin zu Gruppen, die sich an Sektoren und Branchen ausrichten. So bildet sich zum Beispiel eine Gruppe „Energie“, die sich dann mit allen möglichen Aspekten des Energiesektors beschäftigt – von gesellschafts- bis zu verwaltungsrechtlichen Fragen. „Juristen sollten die Sektoren und Branchen kennen und sich in sie einarbeiten“, fordert Stefan Kursawe. Beispiel Automobilindustrie: Anwaltliche Berater müssen wissen, was diese Branche auszeichnet. Dass die Gewerkschaften stark sind. Oder dass die Branche aus einem einzigartigen Geflecht aus Autobauern und Zulieferern besteht. „Ein Mandant aus einer Branche erwartet, so weit wie möglich über die Fachbereiche hinaus einen einheitlichen Ansprechpartner zu haben“, sagt Parwäz Rafiqpoor von BDO Legal. Für die Mandanten ist die rechtliche Materie komplex genug – da ist es verständlich, dass sich Unternehmer bei der Kanzlei ihrer Wahl einfache Strukturen wünschen, die den persönlichen Aufwand und nicht zuletzt die Beratungskosten verringern. Jura-Know-how bleibt Voraussetzung Doch was bedeutet dieser Paradigmenwechsel für Einsteiger? Ganz sicher nicht, dass das klassische Fachwissen an Bedeutung verloren hat. Exzellentes juristisches Know-how ist und bleibt die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Karriere – schon alleine, um sich als anwaltlicher Berater von den strategischen Unternehmensberatern abzugrenzen: „Der klassische Unterschied zum Consultant sollte sein, dass der Anwalt im Sinne seines Mandanten nicht seine Kernkompetenz aufgibt: Der Jurist ist der Experte für die Rechtsfragen. Er weiß, was rechtlich erlaubt ist und was nicht“, sagt Stefan Kursawe. „Hier kann der Unternehmensberater nicht mithalten. Und diesen Vorsprung sollte der Anwalt dann auch nutzen.“ Gute Nachricht für Absolventen: Die für das Recruiting verantwortlichen Partner in den großen Wirtschaftskanzleien sind zufrieden mit dem juristischen Wissensstand der Einsteiger. „Die Unis vermitteln weiterhin das klassische Handwerkszeug eines Juristen“, sagt Stefan Kursawe. „Ein Absolvent ist damit nach dem Studium in der Lage, sich einem für ihn bislang unbekannten Rechtsgebiet zu nähern – ein Können, das zwingend notwendig ist.“ Doch das Notwendige reicht alleine nicht aus. „Das Beratungsgeschäft ist ein People-Business“, sagt Stephan Brandes. Der für das Recruiting verantwortliche Partner der Wirtschaftskanzlei SZA Schilling, Zutt & Anschütz glaubt sogar, dass die Mandanten eine Kanzlei nicht in erster Linie wegen des guten Namens beauftragen. „Entscheidend ist, dass sie den persönlichen Kontakt zu den Anwaltspersönlichkeiten schätzen.“ Eine Sicht, die auch Alexander Schwarz, Partner der Düsseldorfer Wirtschaftskanzlei Gleiss Lutz bestätigen kann: „Am Ende kommt es häufig auf die Chemie zwischen Unternehmen und Kanzlei an. Ein Mandant sagte mir einmal: ,Ich weiß, dass dieses rechtliche Problem in Deutschland auch noch ein paar andere lösen können – und ich entscheide mich für den, von dem ich denke, dass man mit ihm abends auch mal ein Bier trinken kann.’“

Thema der Stunde: Compliance

Nach Ansicht vieler Experten ist Compliance in großen Wirtschaftskanzleien das Thema der Stunde – und zwar nicht nur in den klassischen Compliance- Bereichen wie dem Kartellrecht, sondern zum Beispiel auch im Gesellschaftsrecht: Hier arbeiten Gesellschafts- und Aktienrechtler eng mit Strafrechtlern zusammen, um die Unternehmen und ihre Vorstände umfassend zu beraten. Das Neue: Unternehmen treten an Kanzleien heran und wünschen sich den Aufbau eines Compliance-Systems, bevor Not am Mann ist und die Behörde an die Tür klopft. Alexander Schwarz von Gleiss Lutz: „Das macht die Arbeit einerseits entspannter. Andererseits sind natürlich gerade solche vorausschauenden Mandate unter den Kanzleien besonders beliebt und entsprechend umkämpft.“
Gute Erfahrungen mit Generation Y Kein Wunder, dass „Jura-Maschinen“ mit Einserexamen, aber Defiziten auf der sozialen Seite bei vielen Großkanzleien durchs Raster fallen: „Gut ist, wenn ich von Beginn an spüre, dass ein Kandidat Spaß am gesellschaftlichen Kontakt hat und gut mit Menschen umgehen kann“, sagt Alexander Schwarz – und meint damit Menschen aus allen Teilen der Erde, „schließlich sind rund 80 Prozent unserer Mandate international“. Grund zur Klage hat der Recruiter für Gleiss Lutz beim Blick auf die Einsteiger von heute jedoch nicht. „Bewerber aus der sogenannten Generation Y bieten häufig spannendere Lebensläufe, weil es für sie als Studenten nicht nur das Jura-Studium gab, sondern ihnen auch andere Dinge wichtig waren. Diese Kandidaten sind besonders offen und neugierig – zwei sehr wichtige Eigenschaften für exzellente Juristen.“ Damit Einsteiger ihre Offenheit und Neugier schnell beweisen können, setzen die erfolgreichen Wirtschaftskanzleien darauf, die jungen Juristen schnell ins Tagesgeschäft mit einzubeziehen. Viele Tage in Hinterzimmern gehören genauso der Vergangenheit an wie Dutzende Termine als „schweigend lernender Nachwuchs“ an der Seite eines erfahrenen Partners. „Der wichtigste Erfahrungsschatz resultiert aus der Praxis“, weiß SZA-Partner Stephan Brandes. „Wir bemühen uns daher, junge Kräfte in ein breites Feld unterschiedlicher Tätigkeiten einzubinden. So bieten wir ihnen die Möglichkeit, vielfältige Erfahrungen zu sammeln und ihre Neigungen kennenzulernen.“ Entscheidend für den Karriereeinstieg ist dabei häufig das Verhältnis zum vorgesetzten Partner: Gelingt es dem Nachwuchsjuristen, diesen als Mentor und persönlichen Fürsprecher zu gewinnen, sind die Weichen für einen ausgezeichneten Einstieg häufig schon gestellt. Fast alle Großkanzleien bieten heute Strukturen, die ein enges Verhältnis zwischen angestelltem Anwalt und Partner möglich machen. „Wir legen viel Wert darauf, dass der Einsteiger eng mit dem betreuenden Partner zusammenarbeitet“, sagt Alexander Schwarz von Gleiss Lutz, wo auf einen Partner in der Regel nicht mehr als zwei Anwälte kommen. „So ist gewährleistet, dass der Partner auch die Zeit hat, sich dem jungen Kollegen zu widmen und regelmäßiges Feedback zu geben.“ Vertrauen ist der schönste Lohn Doch die Verantwortung liegt nicht nur beim Vorgesetzen: Die großen Sozietäten wünschen sich Nachwuchsjuristen, die ihre kommunikativen Stärken auch darlegen. „Juristen müssen bei uns Teamplayer mit ausgeprägter Leidenschaft für wissenschaftliches Arbeiten, wirtschaftliche Zusammenhänge und einem Talent für Kommunikation sein: genau in der Sache, geschätzt im Team“, bringen es Erika Kutz-Benger und Parwäz Rafiqpoor von BDO Legal auf den Punkt. Wer es versteht, diese Attribute zu vereinbaren, darf damit rechnen, schon bald zu einem Kanzleiteam zu gehören, in dem Wirtschaftsanwälte nicht nur Juristen, sondern langfristige Partner an der Seite des Mandanten sind. „Einer unserer Mandanten rief uns letzte Woche an und bat um Rat in einer Angelegenheit, die keinerlei juristischen Hintergrund hatte“, erzählen die beiden Geschäftsführer von BDO Legal eine zweite Episode aus ihrem Arbeitsalltag. „Es handelte sich um eine für den Mandanten ungewohnte Situation, und er hatte das Bedürfnis, gemeinsam mit uns zu überlegen, wie er sich in dieser am besten verhält.“ So kann es gehen, wenn der Mandant seinem Anwalt wirklich vertraut. „Wenn ein Wirtschaftsanwalt dort angelangt ist, hat er als juristischer Berater alles richtig gemacht.“

Thema von morgen: Innovation und Recht

Innovation ist ein Schlüsselwort für die Unternehmen – aber auch ein Feld, auf das sich noch nicht so viele Juristen spezialisiert haben. Die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Unternehmen werden immer größer, zugleich befindet sich hier nach Ansicht von Experten noch viel juristisches Brachland. Ein Thema ist zum Beispiel eine engere Verschränkung von Arbeits- und Patentrecht: Unternehmen fragen sich verstärkt, welche Vergütungsmodelle es für erfinderische Mitarbeiter geben soll oder wie Innovationsmanagement organisiert werden kann. Stefan Kursawe von Heisse Kursawe Eversheds: „Hier kennt sich noch kaum ein Jurist aus, doch Fragen wie diese werden verstärkt in den Fokus rücken.“

Spitzenleistung macht Erfolgsdruck

Wer hätte das gedacht: Viele Spitzensportler stehen unter Erfolgsdruck und seien deshalb bereit zu strafbaren Handlungen wie Doping oder Wettkampfbetrug. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie der Deutschen Sporthilfe zu „Dysfunktionen des Spitzensports“. So haben immerhin 8,7 Prozent der von der Deutschen Sporthochschule in Köln befragten Sportler angegeben, „schon einmal an Absprachen über den Spiel- oder Wettkampfausgang beteiligt“ gewesen zu sein, 5,9 Prozent geben regelmäßiges Doping zu – 40 Prozent der mehr als 1100 befragten Athleten ließen die Frage nach Doping allerdings unbeantwortet.

Comeback der Masche

In Kassel häkeln ältere Damen modische Mützen für junge Leute. Jeder verkauften Mütze liegt eine Postkarte bei: Die Käufer können darauf Grüße an die Häkelheldinnen schreiben. Ganz nebenbei entspinnt sich ein Dialog zwischen den Generationen. Aufgezeichnet von Stefan Trees

Elisa Steltner und Nadja Ruby Diplom-Designerinnen Projekt: Alte Liebe Ort: Kassel Webseite: www.alte-liebe.com
Wie alles begann Für eine Projektarbeit in unserem Produktdesign-Studium an der Kunsthochschule Kassel haben wir uns gefragt: Wie bekommt man soziales Engagement und unternehmerisches Wirtschaften zusammen, sodass etwas Sinnvolles entsteht? Nadja war im Sommer zuvor in einem Surf-Camp in Frankreich, am Strand trugen alle Mützen, weil der Atlantik-Wind einem dort ständig um die Ohren braust. So entstand die Idee zu „Alte Liebe“ – Häkelmützen in modernem Style und liebevoll von Hand gefertigt von denen, die noch wissen, wie das geht: In Kassel häkeln Bewohnerinnen zweier Seniorenheime. Mittlerweile sind auch in Leipzig zwei Häkelgruppen entstanden. Dort unterstützt uns der Volkssolidarität Stadtverband Leipzig e.V., er stellt uns Räume zur Verfügung – so konnten wir wachsen. Warum wir das machen Die Frage nach der Sinnhaftigkeit unserer Arbeit stellte sich uns schon im Studium, wenn wir uns fragten: Was machen wir eigentlich den ganzen Tag? Unter Design versteht man ja oberflächlich: Dinge schön machen, so dass sie sich oft verkaufen und den Konsum fördern. Wir wollen aber sinnhaftes Design machen. Wir wirtschaften wie jedes Unternehmen, auch wenn wir keine Löhne zahlen – die Mütze müsste sonst über 100 Euro kosten. Der Kern des Projekts lautet deshalb: Der Marktwert und der soziale Mehrwert stehen in einem ausgewogenen Verhältnis. Was es bislang gebracht hat Unsere Damen erhalten neun Euro pro Mütze, die in einen Topf fließen für gemeinsame Ausflüge, Aktionen wie ein Jazz-Konzert im Seniorenheim oder kleinere Anschaffungen, die unsere Damen alleine zu organisieren und zu finanzieren in dieser Weise nicht in der Lage wären. Dass jede einzelne finanzielle Anerkennung allen Damen gleichermaßen zugutekommt, lässt keinen Leistungsdruck aufkommen und stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Die Häkelgruppen werden von jungen Leuten geleitet, die Mitte Zwanzig sind, das fördert den Generationenaustausch, bringt Schwung und eine höhere Lebensqualität für die Damen. Sich ungezwungen und mit viel Freude auf etwas Neues einzulassen, das wird eben mit menschlichem Austausch angeregt. Jeder Mütze liegt eine Postkarte bei mit dem Namen der Dame, die sie gehäkelt hat. 30 bis 40 Prozent der Postkarten kommen zurück. Wir treffen uns alle 14 Tage mit den Damen, dann haben wir immer einen guten Stapel Karten dabei, die wir verteilen können – auf manchen ist ein Foto, eine war sogar mal umhäkelt – die Freude über diese Anerkennung ist immer riesig.

Freundliche Umwege statt Blumen

Petra Motte ist lizenzierter Coach für interkulturelles Training und bereitet Expatriates auf ihren Auslandsaufenthalt vor. Sie weiß genau, wie man Fettnäpfchen vermeidet und als Frau in Asien nicht nur beruflichen Erfolg findet, sondern bereichernde Lebenserfahrung sammelt. Von Daniela Kebel

Petra Motte, Foto: Grafika
Petra Motte, Foto: Grafika
„Bloß keine Blumen mitbringen“, warnt Petra Motte. „Die bedeuten ,abgeschnittenes Leben‘, und je nach Farbe sind sie sogar ein Symbol für den Tod.“ In Rollenspielen bereitet die lizenzierte Trainerin ihre Klienten auf den Auslandsjob in Südostasien vor. Ohne interkulturelles Training sollte heute niemand mehr in der Ferne arbeiten. „Da gibt es zu viele Fettnäpfchen, in die man treten kann“, weiß die Beraterin aus eigener Erfahrung. Sie hat in Manila, Bangkok und bis vor kurzem vier Jahre in Singapur gelebt – jetzt ist sie der „Asien-Coach“ für alle, die beruflich den Schritt in den fernen Osten wagen wollen. Der Job ist die eine Welt, das Privatleben die andere. Welche schwieriger zu managen ist? „Ganz klar die private“, sagt Petra Motte. Denn in einem asiatischen Land ticken die Uhren einfach anders. Vom Führerschein über das Mieten einer Wohnung bis zu Versicherungen und dem Arztbesuch ist alles fremd. „Man muss sich vorab sehr gut informieren, damit der Aufenthalt in Asien kein Sprung ins kalte Wasser wird.“ Schon allein den richtigen Supermarkt zu finden und zu wissen, wo man wie lange parken darf, kann eine Herausforderung sein. „In Singapur gibt es beispielsweise sehr strikte Regeln, was Parktickets anbelangt“, erzählt die Asienkennerin und fügt hinzu: „Unwissenheit schützt da leider nicht vor hohen Geldstrafen.“ Allerdings hat auch die neue Arbeitsumgebung ihre Besonderheiten. Der Job selbst ist zwar bekannt, die Kollegen aber neu. „Das Wichtigste vor der Reise ist eine intensive Vorbereitung auf die Mentalität“, so Motte. „Ob Lob, Kritik oder Smalltalk – plötzlich gelten ganz andere Regeln der Kommunikation.“ Asiaten beispielsweise sprechen Schwierigkeiten nie geradeheraus an, versuchen selbst Lösungen zu finden, anstatt sich hilfesuchend an Vorgesetzte zu wenden. „Gesichtsverlust ist ihre größte Sorge. Da muss man sich sehr zurückhalten mit Kritik.“ Vor allem Frauen, die letztlich in Deutschland ihre Führungsposition durch hohe Qualifikation und Durchsetzungsvermögen erreicht haben, sollten einen Gang zurückschalten. „Freundliche Umwege“ nennt Motte ihre Taktik. „Eine emanzipierte Frau tut in Asien gut daran, sich sehr höflich gegenüber den Untergebenen zu verhalten und sich niemals mit ihnen zu streiten.“ Zumal auch Hierarchien anders aufgebaut sind: „In Deutschland entscheiden Leistung, Kompetenz und Engagement über die Position in der Firma. In Asien hängt vieles von der Herkunft ab.“ Wer aus einer reichen, angesehenen Familie stammt, gelangt in eine hohe Position im Job. Qualifikation ist da oft Nebensache. „Sich durchzusetzen, ohne dass Kollegen ihr Gesicht verlieren, ist schwer genug. Dazu kommt, dass viele Gesellschaften Frauen entweder keine Führungsrolle zugestehen oder diese im Gegenteil als selbstverständlich erachten. Auf beide Fälle sollte man sich vorbereiten“, sagt die Trainerin. Hat man den Bogen aber erst einmal raus, sollte es doch laufen, oder? „Jeder kommt in Situationen, in denen er automatisch agiert“, sagt Motte. „Das sind unsere anerzogenen Verhaltensweisen, die das Leben in unserem Kulturkreis ermöglichen.“ Ablegen könne die niemand – egal, wie lang der Auslandsaufenthalt dauert. Für eine gewisse Zeit wird aber die eigene Mentalität überlagert von den Umgangsformen im fremden Land. „Das ist anstrengend“, erinnert sich die Trainerin an ihre Jahre in Asien. „Überall lauern Fettnäpfchen.“ Wird man beispielsweise zu einer Hochzeit eingeladen, müsse man unbedingt vorher den Dresscode erfragen. Und sich erkundigen, in welchem Restaurant gefeiert werde. „Es ist üblich, Geldgeschenke im Wert des eigenen Essens mitzubringen“, erzählt Motte. Bei aller Faszination für das Neue sei es wichtig, sich im Ausland sofort Rückzugsorte zu schaffen, in denen man ganz nach seiner eigenen Kultur leben könne. Dass man sich deutsche Bekannte und Freunde suche und zu Hause möglichst auch nur die Muttersprache spreche. „Sonst verliert man sich in der kulturellen Mischform und findet sich weder in der Heimat noch im Ausland hundertprozentig zurecht.“ Die zentrale Frage, die Petra Motte im Coaching stellt, ist, ob derjenige sich wirklich auf das asiatische Land einlassen kann. Dafür gibt es einen Fragenkatalog, der die grundsätzliche Fähigkeit und Bereitschaft dazu ermittelt. Dieser Intercultural Readyness Check gibt Kandidaten, Coach und auf Wunsch auch dem Personalchef Aufschluss darüber, ob der richtige Mitarbeiter ins Ausland entsandt wird. „Geht der falsche, ist es für ihn selbst keine gute Erfahrung, und es kostet die Firma viel Geld. Denn letztlich hängt ein kompletter Umzug dran, eventuell mit Partner, Familie und Haustieren.“ Einmal entschlossen, sollten aber vor allem Frauen die Chance eines Auslandaufenthaltes nutzen, um von den Erfahrungen zu profitieren. „Wer ein Team in Asien geleitet hat, wird künftig in wichtige Prozesse einbezogen, Fähigkeiten werden schneller anerkannt.“ Und was ist der Lohn, wenn der Expatriate im Ausland erfolgreich war? „Das gibt Selbstbewusstsein! Vor allem deshalb, weil man sich jahrelang in einer fremden Sprache allen Herausforderungen stellen musste“, resümiert Motte und fügt hinzu: „Alles Weitere im Job wird dann ein Spaziergang.“
Intercultural Readyness Check (IRC) Der Test basiert auf 63 Fragen zum Thema interkulturelle Kommunikation, Risikobereitschaft, Einfühlungsvermögen und interkulturelle Sensibilität. Mit mehr als 25.000 individuellen Profilen ist der Test ein weltweit anerkanntes Erhebungsverfahren, um die interkulturellen Kompetenzen zu messen. Am Ende wird ein Profil ausgedruckt, in dem typische Stolperfallen erläutert und mögliche Handlungsalternativen vorgeschlagen werden. In einem persönlichen Gespräch besprechen Teilnehmer die Ergebnisse mit ihrem IRC-Coach.Die Teilnahme an diesem Test ist von einem interkulturellen Training unabhängig und kann auch einzeln gebucht werden. Der Test bietet eine fundierte Grundlage für Bewerbungsgespräche, gibt Hilfestellungen bei der Entscheidung für einen beruflichen Auslandsaufenthalt und informiert über individuelle persönliche Kompetenzen.Weitere Informationen auf der Website von Petra Motte: www.movasis.com

„In den Wurzeln liegt die Kraft“

Die Schriftstellerin Petra Urban hat zwei lebensphilosophische Bücher geschrieben, die Frauen ermutigen sollen herauszufinden, wohin das Leben sie führen will. Ihr Rat für Einsteigerinnen: Ein Blick zurück kann besondere Gaben zum Vorschein bringen – und eine bewusste Auszeit kann helfen, die eigenen Talente zu entdecken und auch zu leben. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Dr. Petra Urban, Foto: Irina Fürstenau
Dr. Petra Urban, Foto: Irina Fürstenau
Dr. Petra Urban, geboren 1957 im sächsischen Dohna, wuchs in Düsseldorf auf. Sie studierte zunächst zwei Semester Jura, bevor sie dann auf die Fächer Germanistik und Philosophie wechselte und 1990 promovierte. Nach einigen Jahren als Kulturredakteurin für Magazine und Zeitungen lebt und arbeitet Petra Urban seit Anfang der 90er-Jahre als Schriftstellerin und Buchautorin in Bingen am Rhein. Die 55-Jährige veröffentlichte eine Reihe von Romanen, Kurzgeschichten und Erzählungen sowie zuletzt zwei lebensphilosophische Sachbücher.
Frau Dr. Urban, im ersten Kapitel Ihres Buches „Das Leben ist ein Abenteuer oder gar nichts“ zitieren Sie die Dichterin Hilde Domin mit den Zeilen: „Man muss fortgehen können/und doch sein wie ein Baum/als bliebe die Wurzel im Boden“. Fortgehen und doch verwurzelt bleiben: Was bedeutet das? Zuerst einmal ist es ein wunderbares Bild: sich auf den Weg machen, ein Ziel haben und dabei die eigenen Kräfte spüren. Bei aller Bewegtheit immer wieder die Verbindung zu mir selbst suchen. Eine wichtige und ganz gewiss lebenslange Aufgabe. Können Sie das Bild des Baumes mit Blick auf junge Frauen, die vor dem Einstieg in den Beruf stehen, konkreter machen? In sich selber zu wurzeln wie ein Baum, bedeutet, mit sich selbst in gutem Kontakt zu sein. Sich zu fragen: Wo komme ich her? Was ist der Ursprung meiner Kraft? Wer sind die, die mich geprägt haben? Wenn sich junge Frauen diese Dinge immer wieder bewusst machen, entwickelt sich daraus ein Teil ihrer Stärke und Kreativität, die sie benötigen, um den Karriereweg zu gehen – aktiv, neugierig und selbstbewusst. Warum ist dieser Weg ohne ein Gespür für die eigenen Wurzeln schwerer? Weil ich dann das Potenzial verschenke, das in meiner Tiefe schlummert. Wenn ich meine Wurzeln kenne, habe ich die Möglichkeit und Chance, meine besonderen Gaben und Talente zu entdecken. Es ist eine Art Standortbestimmung. Ein Kräftesammeln. Will heißen: Das Aneignen der Fähigkeiten beginnt nicht erst mit dem Studium, sondern schon sehr viel früher. Ja, und zwar sehr häufig über Personen, die mich schon als Kind geprägt haben. Es ist immer wieder interessant, mit Menschen über die eigene Kindheit und Jugend zu sprechen. Denn oft erinnern wir uns bei diesen Reflexionen ganz plötzlich an Persönlichkeiten, die uns fasziniert haben, weil sie eine Stärke oder eine besondere Gabe besaßen, die wir bewundert haben, die uns begeistert zu ihnen aufblicken ließ. Später im Berufsleben nennt man solche Menschen Mentoren oder Mentorinnen. Genau. Für mich war einer dieser prägenden Menschen mein Vater. Er war ein brillanter Redner und konnte unglaublich geschickt argumentieren. Diese Gabe der Rhetorik hat mich schon als Kind fasziniert. Wer weiß, vielleicht bin ich deshalb heute Schriftstellerin. Andere Frauen erinnern sich vielleicht an eine Person aus ihrer Kindheit, die es gut verstand, unterschiedlichste Menschen zusammenzubringen. Und aus dieser Begeisterung heraus haben sie vielleicht selbst die Gabe entwickelt, Extreme an einen Tisch zu holen, Gespräche zu leiten und schwierige Themen miteinander zu verknüpfen. Gibt es denn einen zuverlässigen Weg herauszufinden, welche Talente ich besitze? Manchmal ist der erste wichtige Schritt zu spüren, dass mir das, was ich gerade mache, nicht wirklich liegt. Mir passierte das im zweiten Semester Jura. Ich hatte Jura studiert, weil mein Vater Jurist war und weil ich dachte, ich wäre auch gern Juristin. Stimmte aber nicht. Klar wurde mir das bei der ersten Hausarbeit, die ich schreiben sollte. Der Fall, um den es ging: Ein Stahlarbeiter stößt einen Kollegen im Streit in einen Hochofen. Die Aufgabe für uns Studenten lautete, die zuständigen Paragrafen und Tatbestände herauszufiltern. Das einzige aber, was mich interessierte, war die Geschichte vor dem Tatbestand: Was war da los? Wie kam der eine dazu, dem anderen das anzutun? Das hat wahrscheinlich den Rechtsprofessor weniger interessiert. Richtig. Aber damals habe ich gemerkt, dass juristische Fälle und trockene Paragrafen nichts für mich sind. Das Studium hatte nichts mit dem zu tun, was ich mir für mein Leben wünschte: einen lebendigen, kreativen Umgang mit Sprache. So wie mir kann es auch Frauen ergehen, die als Einsteigerinnen erste Karriereschritte unternehmen. Wichtig ist, dieses Gefühl von Unwohlsein nicht zu verdrängen, sondern zu überprüfen: Was steckt dahinter? Manchmal ist es gut, sich für die Beantwortung dieser wichtigen Frage Zeit zu nehmen. Den Alltagstrott für ein paar Tage hinter sich zu lassen und in Ruhe zu analysieren, wie der Job mein Leben und meine Gefühlswelt verändert hat. Wo liegt ein Gewinn? Aber auch: Was fehlt mir? Was fällt mir schwer? Was wünsche ich mir? Wo liegen meine Talente? Und jetzt kommt die Kraft ins Spiel, von der wir anfangs gesprochen haben: Ich sage „Ja!“ zu meinem Wunsch nach Veränderung – und ich gehe nach dieser Auszeit zurück, um diese Änderungen selbstbewusst in Angriff zu nehmen. Was benötigt man als Handwerkszeug, um diesen Wandel dann auch hinzubekommen? Erstens sicherlich Mut, um auch zurück im Alltag zu den Dingen zu stehen, die man während seiner Auszeit über sich erfahren hat. Zudem eine Portion Geduld. Geduld ist bekanntermaßen die Kraft der Starken. Wesentliche, existenzielle Veränderungen geschehen fast nie von heute auf morgen. Wichtig ist das Bewusstsein, dass ich mit meinem Anstoß zur Veränderung eine Art Samen gesetzt habe. Zwar kann es ein bisschen dauern, bis er aufgeht. Aber eines Tages wird er Früchte tragen.

Literaturtipps

Das Leben ist ein Abenteuer oder gar nichts. Spirituelle Frauengeschichten. Vier Türme 2011. ISBN 978-3896804952. 14,90 Euro. Mein Herz tanzt in den Himmel. Vom Loslassen und Neuanfangen. Vier Türme 2012. ISBN 978-3896808059. 14,90 Euro.

Neugier macht erfolgreich

Eleonora Odendahl, 27 Jahre, hat Wirtschaftsingenieurwesen am Karlsruher Institut für Technologie studiert. Noch während ihres Studiums brachte sie gemeinsam mit Kommilitonen das Start-up „PocketTaxi“ auf den Weg – eine mobile Mitfahrzentrale, die den ersten Preis beim Gründerwettbewerb „Herausforderung Unternehmertum“ gewann. Nach ihrem Diplom hat Odendahl im Februar 2012 als Trainee im Junior Managers Program (JMP) bei Bosch angefangen. Ihr Tipp an Einsteigerinnen: Mit Neugier erreicht man seine Ziele. Von Juliane Wendt „Ich habe mich bei Bosch beworben, weil das Unternehmen so vielseitig ist“, sagt Eleonora Odendahl, „und natürlich, weil mein Studium gut zum JMP passt.“ Das Wirtschaftsingenieurstudium verbindet technische und wirtschaftliche Aspekte, die Absolventin kann also Fragen aus beiden Disziplinen beantworten. Odendahl ist froh, dass sie jetzt ihr Wissen einsetzen und erweitern kann. Nur 80 Plätze pro Jahr vergibt Bosch für sein Programm, das Einsteiger darauf vorbereitet, Führungsaufgaben in dem internationalen Unternehmen zu übernehmen. Seit über 30 Jahren gibt es das Traineeprogramm schon, und viele der heutigen Führungskräfte haben ihre Laufbahn als Teilnehmer daran begonnen – so auch Franz Fehrenbach, Vorsitzender des Aufsichtsrats. Nun ist Eleonora Odendahl eine von denen, die ganz am Anfang ihrer Karriere stehen. Die ersten Hürden hat sie bereits geschafft: Mit ihrer Bewerbung und im Assessment Center konnte sie ihre Qualitäten unter Beweis stellen. Zusätzlich überzeugte sie den Leiter der Logistik-Abteilung, ihr Mentor zu werden und mit ihr zusammenzuarbeiten. Der erfahrene Manager begleitet die Berufseinsteigerin während des Traineeprogramms, das individuell auf sie zugeschnitten ist. In 24 Monaten durchläuft sie vier bis sechs funktions-, geschäfts- und standortübergreifende Stationen und kann sich jedes Mal neu beweisen. Eleonora Odendahl war schon im Einkauf, konnte dort an Lieferantenbesuchen teilnehmen und die Vorbereitung auf die jährlichen Preisverhandlungen begleiten. Ihr selbst gewählter Schwerpunkt jedoch ist die Logistik. Zurzeit arbeitet sie als Logistikplanerin im Geschäftsbereich Power Tools, der Elektrowerkzeuge fertigt und vermarktet. Dort konnte sie bereits ein Projekt begleiten, bei dem sie die Materialflüsse von Messwerkzeugen analysierte. Sie überprüfte, wie die verschiedenen Werkzeuge nach der Fertigung verteilt und gelagert werden und machte Optimierungsvorschläge. Zurzeit arbeitet sie in einem geschäftsbereichsübergreifenden Projekt zur Bestandsreduzierung mit. Während Odendahl das Programm durchläuft, steht ihr der Mentor immer zur Seite: „Dass er mich unterstützt und berät, ist extrem hilfreich“, sagt sie. Im JMP eignet sich Eleonora Odendahl das Wissen an, das sie für Führungspositionen braucht. Dass man als Manager viel Praxiserfahrung benötigt, ist der 27-Jährigen klar. „Gutes Management kann man nicht einfach aus Büchern lernen. Deswegen heißt es für mich jetzt: Erfahrungen im Arbeitsalltag sammeln, damit ich Schritt für Schritt die nötigen Fähigkeiten erwerbe“, erklärt sie. Wichtig sind ihrer Meinung nach besonders Neugier und Offenheit für neue Aufgaben. Schließlich müsse sie sich immer wieder in verschiedene Projekte einarbeiten. Weder im Programm noch im täglichen Arbeitsalltag gebe es langweilige Routine. Odendahl gefallen besonders solche Projekte, bei denen sie mit vielen Menschen zusammenarbeitet: „Ich entwickle gerne Lösungen im Team – am besten mit den unterschiedlichsten Leuten und aus den verschiedensten Abteilungen.“ Besonders gefallen ihr die Führungsseminare und -workshops, an denen sie regelmäßig teilnehmen kann. Darin berichten Manager aus ihrem Alltag und stellen den Teilnehmern Aufgaben, die sie auf ihre zukünftige Arbeit vorbereiten. Zusätzlich lernt die Wirtschaftsingenieurin dort stets andere Programmteilnehmer und Führungskräfte kennen. Ende 2012 verbrachte Odendahl einige Zeit in den USA auf Geschäftsreise. Auch 2013 wird sie noch einmal unterwegs sein – für fünf Monate in Brasilien. Dort kann sie Erfahrungen sammeln und anschließend nicht nur als Managerin in Deutschland, sondern auch international eingesetzt werden. Was nach dem Auslandsaufenthalt kommt, weiß sie noch nicht genau. Sicher sei jedoch, so Odendahl, dass sie bei Bosch bleiben werde, denn als Führungsnachwuchs habe sie vielfältige Karriereperspektiven – und dank des Programms einen unbefristeten Arbeitsvertrag in der Tasche. „Ich habe hier super Aufstiegschancen, und die will ich auch nutzen.“

Blickpunkt: Pionierinnen

Früher waren Frauen nur für Kinder und Küche zuständig? Von wegen! Auch in früheren Jahrhunderten gab es Frauen, die wissenschaftlich tätig waren, große Abenteuer gewagt sowie Mut, Durchsetzungskraft und Intelligenz bewiesen haben. In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen erneut eine kleine Auswahl dieser bemerkenswerten Frauen vor – Teil 1 finden Sie im karriereführer frauen in führungspositionen Ausgabe 2012.2013. Von Juliane Wendt

Dorothea Christiane Erxleben – die erste promovierte deutsche Ärztin (* 1715, † 1762) Dorothea Christiane Erxleben wurde 1715 in Quedlinburg geboren und schon früh auf ihren späteren Arztberuf vorbereitet. In der Ratsschule lernte sie Latein, von ihrem Vater bekam sie Unterricht in Naturwissenschaften und Medizin. Zeitweise nahm er sie zu seinen Patienten mit und ließ sie sogar in seiner Praxis arbeiten. Dies führte dazu, dass Dorothea Leporin – wie sie damals hieß – eine Sondergenehmigung von Friedrich dem Großen erhielt, um als Frau an der Universität Halle promovieren zu können. Doch sie nahm das Privileg zunächst nicht an, sondern erzog erst ihre Kinder und praktizierte als Ärztin. Als sie jedoch nach dem Tod einer Patientin wegen Pfuscherei angeklagt und als Dilettantin verschrien wurde, holte sie ihre Promotion nach. Danach führte sie ihr Leben fort wie gehabt: Sie behandelte Patienten und versorgte ihre Kinder. Amelia Mary Earhart – die erste Überfliegerin des Atlantik (* 1897, † 1939) Amelia Mary Earhart, die 1897 in Kansas geboren wurde, sammelte schon im Kindesalter Zeitungsausschnitte über Frauen in Männerberufen. 1915 schloss sie die High School mit Auszeichnung ab, danach arbeitete sie als Militärkrankenschwester sowie Sozialarbeiterin und studierte einige Semester Medizin. 1920 flog sie zum ersten Mal in einem Flugzeug mit, und von da an stand ihr Traum fest: Sie wollte selbst fliegen, am liebsten im eigenen Flugzeug. Da jedoch ihre Eltern die Ausbildung und den Flieger nicht bezahlen wollten, finanzierte sie beides mit 28 verschiedenen Nebenjobs. Es zahlte sich aus: 1932 überquerte sie als erste Frau den Atlantik, 1935 als erster Mensch den Pazifik. Doch das war ihr nicht genug: 1937 startete sie einen Flug, der um die ganze Welt führen sollte. Doch während der Reise riss der Funkkontakt zu ihr ab. Seitdem galt Amelia Mary Earhart als verschollen, 1939 wurde sie für tot erklärt. 2009 war der Film „Amelia“ mit Hilary Swank und Richard Gere in den Hauptrollen in den Kinos zu sehen. Er zeigte das außergewöhnliche Leben der Amelia Mary Earhart, die nicht nur Pilotin, sondern auch Frauenrechtlerin war und von vielen Frauen als Heldin und Idol gefeiert wurde. Clärenore Stinnes – die erste Weltenbummlerin (* 1901, † 1990) Viele Männer sind begeistert von Autos und der Formel 1. Doch schon Anfang des 20. Jahrhunderts begannen auch Frauen, sich für das Rennfahren zu interessieren. Clärenore Stinnes ist eine von ihnen. Sie wurde 1901 in die Großindustriellen-Familie Stinnes hineingeboren, und die Gleichberechtigung von Mann und Frau war für sie selbstverständlich. Im Alter von 24 Jahren nahm sie erstmals an Autorennen teil und wurde durch ihre zahlreichen Siege zur erfolgreichsten Rennfahrerin Europas. Zusammen mit dem schwedischen Fotografen Carl-Axel Söderström begab sie sich auf ihre größte Reise: Mit dem Auto umrundeten sie innerhalb von zwei Jahren und einem Monat die Erde. Nach ihrer Rückkehr heiratete sie ihren Begleiter und zog mit ihm nach Schweden. Julia Dingwort-Nusseck – die erste Frau der Bundesbank (* 1921) Julia Dingwort-Nusseck wurde 1921 in Hamburg-Altona geboren. Nach ihrem Abitur auf einem Mädchengymnasium studierte sie Wirtschaftswissenschaften mit Diplom-Abschluss. Dem folgte eine steile Karriere – in all ihren Positionen war sie die erste Frau: 1947 übernahm sie die Leitung der Wirtschaftsredaktion beim NDR, 1969 wechselte sie als stellvertretende Chefredakteurin für den Bereich Fernsehen zum WDR und wurde dort 1973 zur Chefredakteurin ernannt. 1976 wechselte sie vom Fernsehen ins Bankgeschäft: Als erste Frau wurde sie Präsidentin der Landeszentralbank Niedersachsen und damit ebenfalls Mitglied im Zentralrat der Deutschen Bank. Julia Dingwort-Nusseck ist eine Pionierin, die gleich in mehreren Disziplinen die Stärke der Frauen bewiesen hat. Barbara Schock-Werner – die erste Dombaumeisterin (* 1947) Architektinnen gibt es schon seit vielen Jahrzehnten. Doch Barbara Schock-Werner ist keine gewöhnliche Baukünstlerin. Von 1999 bis 2012 war sie die erste Dombaumeisterin von Köln und damit verantwortlich für eines der wichtigsten und populärsten Wahrzeichen Deutschlands. Barbara Schock-Werner wurde 1947 in Ludwigsburg geboren, nach der Mittleren Reife absolvierte sie zunächst eine Lehre als Bauzeichnerin und studierte danach Architektur in Stuttgart. Nach dem Studium arbeitete sie in einem Architektenbüro, das sich auf Denkmalschutz spezialisiert hatte. Doch auch der Wissenschaft blieb sie verbunden: Sie studierte Kunstgeschichte und Geschichte und lehrte später an diversen Hochschulen. Von 1992 bis 1996 hatte sie eine Professur an der Hochschule Erlangen-Nürnberg, 1998 wurde sie schließlich zur Dombaumeisterin berufen. 2012 gab sie das Amt an Michael Hauck weiter und ging in den Ruhestand.

Hör mir zu!

„Ich bin gleich in einem Workshop – drei Männer und ich als einzige Frau. Wünschen Sie mir Glück!“ Diese Mail einer Seminarteilnehmerin brachte Kommunikationstrainer Paul Johannes Baumgartner auf die Idee, einen außergewöhnlichen Workshop anzubieten: „Die Macht der weiblichen Stimme“. Der Coach verrät, was die Teilnehmerinnen dort lernen. Von Paul Johannes Baumgartner

Mehr über den Kommunikationstrainer und Termine für offene Workshops unter www.pauljohannesbaumgartner.de
Die weibliche Stimme ist mächtig, aber im Vergleich zur männlichen Stimme ist sie höher, weicher und melodiöser. Dadurch haben es Frauen bei der Vermittlung von emotionalen Botschaften leichter. Wenn es jedoch darum geht, Kompetenz und Souveränität zu beweisen, auf einem Standpunkt zu beharren, Worten den nötigen Nachdruck zu verleihen und in hochemotionalen Situationen gelassen zu bleiben, strecken Frauen mitunter die Waffen. Ein Verhalten, das man bei Männern in Gesprächsrunden oder Präsentationen seltener erlebt. Tiefe Stimmen werden mit Souveränität und Kompetenz assoziiert. Die weibliche Stimme ist von Natur aus im Schnitt eine halbe bis eine Oktave höher, da die Stimmbänder von Frauen kürzer sind. Zudem ist der weibliche Kehlkopf anatomisch bedingt kleiner, was sich ebenfalls in einer höheren Stimme widerspiegelt. Und bei Nervosität wird die Stimme noch einmal um ein paar Töne höher, was gerade bei wichtigen Präsentationen oder in Verhandlungen verheerend sein kann. Es gibt nur eine Möglichkeit, die Stimme wieder nach unten zu korrigieren: sich auf die Zwerchfellatmung konzentrieren. Beim Sprechen eine kurze Pause machen, dreimal tief in den Bauch atmen, dabei die Schultern bewusst unten lassen – und weiter im Text. Summen Sie sich fit! Egal ob als Warm-up-Programm am Morgen oder vor einem wichtigen Termin: Summen ist eine ideale Methode, die Stimme in Schwung zu bekommen. Dabei atmen Sie langsam durch die Nase aus und ein, und während die Luft ausströmt, summen Sie ein „Mmmh“ dazu. Die Lippen sollten sich dabei kaum berühren. Summen Sie nun schneller und langsamer und versuchen Sie dabei, die Tonhöhe nach oben und nach unten zu variieren. Dabei sollten Sie aber nicht lauter oder leiser werden – nur höher und tiefer. Nach einiger Zeit können Sie spüren, wie die Stimmbänder im Hals locker schwingen. Das Ergebnis: Mit sogenannten Klingern, wie zum Beispiel dem Konsonanten „M“, verhelfen Sie Ihrer Stimme zu einem volleren Klang, indem Sie Ihre körpereigenen Resonanzräume so gut wie möglich nutzen. Je klarer und deutlicher Ihre Aussprache, desto interessierter hört man Ihnen zu. Kaum etwas ist für Stimmtraining und Lautbildung besser geeignet als der klassische Korkentrick: Nehmen Sie einen Korken zwischen die Zähne und lesen Sie einen Text laut vor. Am Anfang wird dabei ein unverständliches Kauderwelsch herauskommen, aber mit der Zeit wird sich Ihre Artikulation verfeinern. Nehmen Sie zur Selbstkontrolle immer wieder den Korken aus dem Mund und achten Sie auf den Unterschied bei der Artikulation und dem allgemeinen Stimmklang. Das Geheimnis liegt in der Wiederholung Es genügt nicht, am Fitnessstudio vorbeizufahren und hineinzuwinken, in der Hoffnung, dass sich die Muskeln von selbst aufbauen. Ebenso muss die Stimme trainiert werden. Nachfolgend eine Stimmroutine in fünf Schritten, mit der Sie binnen kurzer Zeit Ihre Stimme vor wichtigen Gesprächen optimieren können. Bitte dreimal täglich durchführen: einmal morgens vor dem Spiegel oder im Auto auf dem Weg zur Arbeit, einmal am Ende der Mittagspause und einmal abends, bevor Sie Freunde oder Familie treffen. Schritt 1:
    Grundlage schaffen. Die Kiefermuskeln massieren, indem Sie das Gesicht, vor allem die Wangen, fest nach unten ausstreichen und „Nonn, Nonn, Nonn, Nonn …“ sprechen, federnd wie ein Trampolin.
Schritt 2:
    Am Resonanzraum arbeiten. Mit der Zunge den Mundraum säubern, dann den Effekt kontrollieren, indem Sie summen: „Mmmmmh“. Dann noch einmal mit der Zunge durch den Mundraum und erneut kontrollieren.
Schritt 3:
    An der Artikulation arbeiten. Die Lippen spitzen und ein Lied pfeifen, anschließend lassen Sie ein lautes „Brrrrrrrrrrrrr“ erklingen und sprechen mehrmals den Satz „Der klappernde Papagei plapperte auf Galapagos“.
Schritt 4:
    An den Vokalen arbeiten. Sprechen Sie folgende Wörter und Sätze: Gila Gala Gila Gala, nie sah ich die Nasa so nah, sina sana sina sana, nisa nasa nisa nasa, Barbara saß nah am Abhang, sprach gar sangbar zaghaft langsam, mannhaft kam alsdann am Waldrand Abraham a Sancta Clara.
Schritt 5:
    Endkontrolle. Sprechen Sie „Mmmmh“ – britzeln die Lippen und die Nasenspitze? Legen Sie Ihre Hand auf den Brustkorb und wiederholen Sie „Mmmmh“ – vibriert der Brustraum? Wenn ja – wunderbar, Ihre Stimme ist in Schwung!
Das tut der Stimme gut
  • Wer viel spricht, sollte viel Wasser oder Tee trinken. Zwei bis drei Liter täglich sind ein guter Schnitt.
  • Bei Heiserkeit: Salbeitee trinken! Besser keinen Kamillentee, denn Kamille trocknet die Stimmbänder aus.
  • Räuspern verboten! Beim Räuspern reiben die sowieso schon trockenen und angegriffenen Stimmbänder wie zwei Schmirgelpapiere aneinander und nutzen sich gegenseitig ab, sie werden stumpf. Besser: kontrolliert abhusten. Dadurch klatschen die Stimmbänder aneinander und befreien sich auf schonende Weise vom Schmutz.
  • Überwiegend durch die Nase atmen, damit die Luft angefeuchtet, angewärmt und gefiltert wird. Schont die hochempfindlichen Stimmbänder eine Etage tiefer.
  • Wenn die Stimme versagt oder Sie einen trockenen Mund haben: Lutschen Sie spezielle Pastillen, die es in der Apotheke gibt.
  • Bei Erkältungen: Nie flüstern. Flüstern belastet die Stimmbänder unnötig, sie müssen sehr viel mehr Kraft aufwenden. Stattdessen leise und wenig sprechen.
  • Kein Alkohol, keine Zigaretten

Mein Bewerbungsgespräch bei: Continental

Nach meinem Studienabschluss suchte ich gezielt nach Unternehmen, die ein internationales Traineeprogramm anbieten. Mir war wichtig, international und interdisziplinär zu arbeiten, dass es eine ausgeprägte Netzwerkkultur gibt und meine persönliche Weiterbildung gefördert wird. Deshalb habe ich mich für das zwei Jahre dauernde DRIVE Graduate Program von Continental beworben. In drei unterschiedlichen Einsätzen von jeweils acht Monaten erhält man einen umfassenden Einblick in das Unternehmen, wirkt bei Projekten mit, übernimmt Verantwortung und sammelt Auslandserfahrung. Von Carolin Steuernagel

Profildaten

Name: Carolin Steuernagel Geburtsjahr: 1983 Hochschulabschluss: Diplom-Wirtschaftsingenieurin Warum Continental? Internationales und interdisziplinäres Arbeiten, Personalentwicklung, gelebter Netzwerkgedanke Bewerbung für: DRIVE Graduate Program Wann war das Vorstellungsgespräch? 29.06.2012 Wann war Arbeitsbeginn? 01.10.2012
Nach meiner Onlinebewerbung über das Karriereportal des Unternehmens erhielt ich wenige Tage später die Einladung zu einem halbstündigen englischsprachigen Telefoninterview mit dem zentralen Recruiting. Das Gespräch empfand ich als sehr angenehm, und beim anschließenden Feedback wurde mir bestätigt, dass es wichtig ist, authentisch zu bleiben und Aussagen mit praktischen Erfahrungen zu untermauern. Kurz darauf erhielt ich die Einladung für ein eintägiges englischsprachiges Assessment Center. Nach der Unternehmensvorstellung wurden den Bewerbern typische Einzel- und Gruppenaufgaben gestellt. Neben Authentizität waren Eigenschaften wie Zielstrebigkeit, Reflexionsfähigkeit sowie Praxiserfahrung gefragt. Sowohl durch die Offenheit der Beobachter als auch durch den Teamgedanken und die Aufgeschlossenheit der anderen Teilnehmer entstand eine sehr angenehme Atmosphäre. So konnten wir die Aufgaben mit Engagement und Spaß lösen. Es folgte ein erstes Gespräch mit dem Teamleiter eines potenziellen Einsatzbereiches. Dabei wurden meine persönlichen Erwartungen mit dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle verglichen. Anschließend bekam ich die Möglichkeit, die Produktionsstätte sowie einige Teamkollegen kennenzulernen. Nur eine Woche später kam der heißersehnte Anruf von der Personalabteilung in Ingolstadt: Ich hatte die Stelle, darüber habe ich mich natürlich riesig gefreut. Nachdem ich den Arbeitsvertrag unterschrieben hatte, begann ich direkt mit der Wohnungssuche in Ingolstadt und konnte kurze Zeit später umziehen. Seit Oktober 2012 bin ich in der internationalen Produktionsplanung tätig. Dort betreue ich gemeinsam mit einem Kollegen unter anderem zwei große Projekte in einem unserer Werke in Tschechien, die ich während meines Auslandsaufenthaltes weiterhin begleiten werde.

Interview mit Andrea Puschmann

Bald dreifache Mutter und trotzdem in einer Führungsposition? Für Andrea Puschmann ist das kein Wunschdenken, sondern gelebte Arbeitsrealität. Die Personalmanagerin bei Ford Deutschland teilt sich einen Leitungsposten mit einem Kollegen. Wie das funktioniert und worauf es ankommt, um als Frau in einer männerdominierten Branche Karriere zu machen und gleichzeitig eine Familie zu gründen, erzählt die 40-Jährige im Interview mit André Boße.

Zur Person

Andrea Puschmann, 40 Jahre, studierte BWL an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Schon während des Studiums fokussierte sie sich auf eine Karriere im Personalmanagement. Nach dem Diplom entschied sie sich 1997 für den Karriereeinstieg bei Ford, weil sie die Internationalität des Unternehmens überzeugte. Nach ersten Stationen in der Personalabteilung ging sie 2000 für ein Jahr nach Detroit, zum Sitz der USUnternehmensmutter. 2001 kehrte sie nach Deutschland zurück und arbeitete für das Personalmanagement für Ford Europa. Im April 2008 wurde sie Diversity Managerin für Ford Europa und Ford Deutschland. Seit 2010 teilt sich die bald dreifache Mutter die Personalleitung der Produktion des Ford Fiesta im Werk in Köln-Niehl mit einem Kollegen. Das Job-Sharing-Modell ist auf dieser hohen Managementebene einzigartig.
Frau Puschmann, als Sie 1997 Ihr BWLStudium abschlossen und Ihre erste Stelle bei Ford antraten, hatten Sie damals eine Art Karriereplan in der Tasche? Einen Plan? Eher weniger. Was für mich klar war: Ich wollte im Personalmanagement einsteigen. Ich wusste, dass meine Stärken in der Kommunikation und im Umgang mit Menschen liegen. Zu Ford bin ich dann gegangen, weil ich das Gefühl hatte, dass mir ein international aufgestelltes großes Unternehmen mehr Möglichkeiten bietet als ein nur national agierendes Unternehmen. Welche Rolle spielte das Einstiegsgehalt? Keine besonders große. Ich hatte zunächst nur einen befristeten Vertrag, doch auch das war kein Problem. Entscheidend für mich war, dass der Bereich stimmte und dass ich viele Entwicklungsmöglichkeiten sah. Hat Sie der befristete Vertrag verunsichert? Nein, das hat mir als Absolventin kein Kopfzerbrechen bereitet, zumal ich sehr schnell gemerkt habe: Wer gute Arbeit leistet, der wird irgendwann auch unbefristet eingestellt. War die Familienplanung damals schon ein Thema? Konkret noch nicht. Aber ich hatte schon in unserer Absolventenzeitung auf die Frage, wo ich mich in zehn Jahren sehen würde, geantwortet: Dann möchte ich Karriere und Familie unter einen Hut bekommen. Sie sind dann als junge Frau in ein großes Unternehmen in der männerdominierten Autobranche eingestiegen. Gab es gerade in den ersten Jahren als Young Professional Stolpersteine auf dem Weg nach oben? Als Frau in der Minderheit zu sein, habe ich von Beginn an als Chance begriffen. Eingestiegen bin ich in der Produktentwicklung, meine zweite Station war dann bereits die Personalabteilung einer Fertigung. Da traf ich tatsächlich auf eine Männerwelt, in der klare Worte gesprochen wurden. Ich war damals erst Ende 20 – und es kam tatsächlich vor, dass mich Mitarbeiter für die Praktikantin hielten. Gab das keinen Knick fürs Selbstbewusstsein? Nein, denn ich habe immer die Vorteile gesucht. Es gab eine Reihe von Managerrunden, an der die gesamte Werkleitung teilnahm. Ich war dann als Personalvertreterin nicht nur die einzige Frau am Tisch, sondern auch die einzige Person unter 30 Jahren. Ein schönes Kompliment vom Werkleiter lautete damals, dass sich durch meine Anwesenheit die Kultur und Stimmung dieser Runde verbessert habe. Wobei das nicht bedeutete, dass mich die männlichen Kollegen besonders fürsorglich behandelt oder nicht ernst genommen hätten. Ich habe gespürt, dass mich die Kollegen tatsächlich als Bereicherung empfanden. Zudem waren diese Runden für mich die beste Schule: Ich habe gelernt, mich durchzusetzen. Diese Erfahrungen waren anstrengend, aber sie haben mir dabei geholfen, die richtigen Weichen für meine weitere Entwicklung zu stellen. Wie sehr muss man sich denn als Frau anpassen, wenn man in einer männerdominierten Branche Erfolg haben möchte? Am besten gar nicht. Erfolgversprechend ist, sich treu zu bleiben. Authentisch zu sein. Wer als Frau glaubt, die harte Gangart zu wählen, auch wenn man diese eigentlich gar nicht draufhat, bekommt eher Probleme. Ich habe bei meinen Stationen sehr oft die Rückmeldung bekommen, dass die Zusammenarbeit mit mir angenehm ist, weil ich mich eben nicht verstelle. Gab es denn auf Ihrem Weg nach oben auch kritisches Feedback? Es wurde einmal die Frage gestellt, ob ich denn als die nette Person, als die man mich wahrnahm, auch wirklich schwierige Themen durchsetzen könne. Ihre Antwort? Ich habe angemerkt, dass ich mit meiner Art bereits sehr viele Ziele erreicht habe. Dass ich Verhandlungserfolge vorweisen kann. Es gibt viele Wege, in einem Managementberuf Ziele zu erreichen. Meine Strategie ist es eben, einen Konsens zu bilden, Kompromisse zu finden. Diese Strategie entspricht meinem Wesen – daher ist sie für mich die richtige. Heißt auch: Frauen sollten sich nicht hinter ihren Erfolgen verstecken, sondern diese offensiv darstellen. Ganz genau. Das ist vielleicht ein wesentlicher Unterschied zwischen Männern und Frauen. Während erfolgreiche Männer selbstbewusst sagen: „Diesen Erfolg habe ich erreicht“, geben Frauen die Lorbeeren eher an das Team weiter. Ich denke, die Mischung macht’s: Klar ist das Team wichtig. Doch man sollte auch die eigene Leitungsposition innerhalb des Teams zur Sprache bringen. Dafür ist es empfehlenswert, sich regelmäßig hinzusetzen und aufzuschreiben, was man in den vergangenen Wochen tatsächlich geleistet hat. Diese Aufzeichnungen sind dann nicht nur für die Jahresendgespräche mit dem Vorgesetzten wichtig, sondern auch für das eigene Selbstbewusstsein. Sie sind bald dreifache Mutter. Wie vereinbaren Sie persönlich Karriere und Familie? Eine amerikanische Kollegin hat für Karriere das Bild eines Dimmers gefunden: Es darf Phasen geben, in denen man die Karriere ein wenig herunterdimmt. Wenn ein Baby da ist. Oder die älteren Kinder in der Schule mehr Aufmerksamkeit benötigen. Dann wird es aber auch wieder eine Zeit geben, in der man die Karriere wieder hochdimmen möchte, um die nächsten Schritte zu machen. Ist das Karrierebild „Vollgas bis zum Anschlag“ für Sie überholt? Zumindest bieten Unternehmen wie das unsere viele Möglichkeiten, es anders zu machen. Und gerade junge Menschen nehmen diese Möglichkeiten wahr, weil sie viel stärker als früher ihr Privat- und Berufsleben in Einklang bringen möchten. Seit gut zwei Jahren teilen Sie sich einen Führungsposten im Unternehmen: Sie leiten zusammen mit einem Kollegen die Personalabteilung der Produktion des Ford Fiesta im Kölner Werk mit rund 4000 Mitarbeitern. Wie funktioniert dieses Job-Sharing? Ich bin montags bis mittwochs da, mein Job-Sharing-Partner mittwochs bis freitags. Wir haben also einen gemeinsamen Tag, wobei wir am Freitag telefonieren, um die wichtigsten Sachen zu besprechen. Dieses Modell ist schon eine Art Pilotprojekt, und wir hatten zunächst ein halbes Jahr zur Probe angesetzt – es hat aber so gut funktioniert, dass es jetzt unbefristet weiterläuft. Will heißen: Sie arbeiten in einer Führungsposition und haben tatsächlich donnerstags und freitags frei. Ja, bis auf das eine Telefonat. Was muss man mitbringen, damit ein solches Job-Sharing-Modell auf dieser hohen Ebene erfolgreich funktioniert? Die beiden Partner müssen sich gut verstehen, das ist die Grundvoraussetzung. Es muss ausgeschlossen sein, dass der eine heimlich auf Kosten des anderen Karriere machen möchte, weil er zum Beispiel scharf auf die ganze Stelle ist oder die Stelle nur als Sprungbrett für den nächsten Schritt betrachtet. Auch ist es wichtig, dass man inhaltlich gleich tickt und die Entscheidungen des Job-Sharing-Partners akzeptiert – auch, wenn man vielleicht in der einen oder anderen Frage persönlich anders entschieden hätte. Was ist für Sie persönlich der größte Vorteil dieses Job-Sharing-Modells? Das Modell ermöglicht es mir, meinen Traumjob in Teilzeit zu machen. Der Posten an sich ist sehr anspruchsvoll und kann nur in Vollzeit erfüllt werden. Als junge Mutter hatte ich daher diese Stelle mittelfristig abgeschrieben. Doch dann ergab sich diese Option – wobei ich natürlich meinem Kollegen und auch meinem Arbeitgeber dankbar bin, zumal sich das Unternehmen leistet, dass wir mittwochs beide da sind. Zum Abschluss: Was würden Sie nach Ihren vielfältigen Erfahrungen auf dem Weg nach oben einer Einsteigerin raten? Erstens, suche dir einen Bereich aus, der dir wirklich Spaß macht. Zweitens, zeige deinen Kollegen dann auch, dass dir deine Arbeit Spaß macht. Ich habe auf meinem Weg viele Kolleginnen erlebt, die immer dann, wenn jemand nach vorne treten sollte, zu mir sagten: „Ach, mach du das mal!“ Ich habe das dann gemacht – und habe daraus viele Vorteile gezogen. Die anderen dagegen haben viele Chancen vertan. Man sollte in einem großen Unternehmen nicht darauf vertrauen, dass man entdeckt wird. Dafür, dass man wahrgenommen wird, muss jeder selbst sorgen.

Zum Unternehmen

Ford Deutschland ist eine seit den Zwanzigerjahren bestehende Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Ford Motor Company. Heimat des Unternehmens ist Köln. Seit 1998 sitzt hier auch die Verwaltung von Ford of Europe, die auf dem Kontinent gut 50 Märkte betreut. In Köln sind rund 17.300 Mitarbeiter tätig. Rund 4000 von ihnen arbeiten in der Fertigung des Ford Fiesta. Weitere Deutschland-Sitze finden sich in Köln-Merkenich (Entwicklungszentrum und Teilevertriebszentrum), Saarlouis sowie Aachen, wo sich das Forschungszentrum befindet, in dem rund 250 Wissenschaftler und Ingenieure an der Mobilität von morgen forschen. Um den Frauenanteil in der Entwicklung und Produktion der Fahrzeuge zu erhöhen, hat das Unternehmen schon 1999 das Projekt „FiT – Frauen in technischen Berufen“ ins Leben gerufen, durch das Schülerinnen von den Karrieremöglichkeiten im technischen Bereich begeistert werden sollen.

„Gegen Schubladendenken verstoßen “

Die gläserne Decke – ein Phänomen von gestern? Nein, sagt Anke Domscheit-Berg. Die 44-jährige hat als Microsoft-Managerin gearbeitet, heute ist sie als Karriereberaterin tätig. Im Interview erklärt sie, wie sie als Coach Einsteigerinnen auf den Aufprall vorbereitet, den sie für unvermeidlich hält. Von André Boße

Zur Person

Anke Domscheit-Berg, Foto: fotografa Berlin
Anke Domscheit-Berg, Foto: fotografa Berlin
Anke Domscheit-Berg, geboren 1968 in Premnitz, studierte zunächst Textilkunst im sächsischen Schneeberg, danach BWL im hessischen Bad Homburg. Nach dem Abschluss arbeitete sie als Unternehmensberaterin bei McKinsey und Accenture, von 2008 bis 2011 war sie Managerin in einer Spitzenposition bei Microsoft Deutschland. Danach machte sie sich selbstständig: Sie berät mit ihrer Firma fempower.me sowohl ambitionierte Frauen als auch Unternehmen, die ihren Frauenanteil im Management erhöhen wollen. Die 44-Jährige hat einen zwölfjährigen Sohn. www.fempower.me www.twitter.com/fempowerme
Frau Domscheit-Berg, wenn Sie mit Frauen sprechen, die kurz vor dem entscheidenden Schritt ins Top-Management stehen: Welche Themen sind diesen Frauen besonders wichtig? Viele Frauen haben die Befürchtung, dass nach dem Einstieg ins Top- Management die Kollegen nur darauf warten, dass der erste Fehler passiert – um dann über sie herzufallen. Und da man weiß, dass Fehler immer passieren können, kenne ich tatsächlich Frauen, die aus Angst vor Fehlern darauf verzichtet haben, den nächsten Schritt zu tun. Sie empfanden es als zu große Bedrohung, permanent auf einer Bühne im Scheinwerferlicht zu stehen – und zwar vor einem männlichen Publikum, das womöglich nur darauf wartet, dass man stolpert. Ergeht es denn Männern auf dem Weg nach oben anders? Ja, denn erstens sind sie in der Mehrheit, und eine größere Gruppe ist immer auch ein Schutz. Zweitens sind Männer häufig dahin sozialisiert worden, Fehler zu machen, Kritik daran auszuhalten und sich trotzdem zu beweisen. Sie haben solche Situationen viel häufiger erlebt als Mädchen. Das schult. Drittens stehen Männer nie als Mann im Fokus, sondern als Herr Schulz oder Herr Müller. Bei Frauen ist das anders. Da wird schnell geurteilt: „Sehen Sie, wir haben es mit einer Frau versucht – und es ging schief.“ Sie führen regelmäßig Karriere-Workshops mit Frauen durch, die am Anfang ihrer Karriere stehen. Sind diese weiblichen Führungskräfte von morgen auf diese Probleme vorbereitet? Nicht immer. Einige Frauen gehen recht blauäugig an ihre Karriere heran – häufig viel blauäugiger als die Frauen, die vor zehn oder zwanzig Jahren gestartet sind. Ich habe deshalb ein Modul etabliert, das sich „Die gläserne Decke und ihre Bausteine“ nennt. Dabei geht es zunächst einmal darum, den jungen Frauen zu vermitteln, dass die gläserne Decke weiterhin ein Problem dieser Zeit ist – und keines, das sich vor zwanzig Jahren erledigt hat. Es ist wichtig, dass die jungen Frauen auf dieses Problem vorbereitet sind. Es macht nämlich einen Unterschied, ob ich auf eine Wand treffe, die ich weit vorher gesehen habe, oder ob ich vollkommen unvorbereitet gegen sie knalle. Was sind die Inhalte dieser Bausteine? Ich lege zum Beispiel Zahlen vor, die belegen, wie dick die gläserne Decke in unterschiedlichen Branchen, Positionen oder beim Einkommen ist. Aber auch Fakten dazu, wie wichtig ein gutes Netzwerkverhalten für den Aufstieg ist und wie unterschiedlich Kommunikation wirken kann. Diese Dinge lassen sich gut trainieren: aufrecht und sicher stehen, den Leuten in die Augen schauen, den Konjunktiv in den meisten Fällen beerdigen. Es gibt aber auch Gegebenheiten, die man als junge Frau nicht schnell verändern kann. Zum Beispiel stereotype Zuschreibungen, wie die Maßstäbe, nach denen gutes Führungsverhalten beurteilt wird. Ich kenne keine Top-Managerin, die nicht irgendwann eine der zwei folgenden Etiketten verpasst bekam. Entweder: „Du bist zu still. Keiner bekommt mit, was du weißt und tust. Du musst dich mehr zeigen.“ Oder: „Du bist profilierungssüchtig, dominant und nur an deiner Karriere interessiert.“ Es scheint, als gebe es nichts dazwischen. Warum ist das so? Für eine Studie haben Männer und Frauen die Eigenschaften aufgeschrieben, die sie erstens einer Frau, zweitens einem Mann und drittens einer guten Führungskraft zuordnen. Das Ergebnis: Die Merkmale eines Mannes und einer Führungskraft sind beinahe identisch. Die Eigenschaften, die man einer Frau zuschrieb, standen denen einer Führungskraft dagegen diametral gegenüber. Eine Frau in einer Führungsposition kann also gar nicht anders, als gegen ein Stereotyp zu verstoßen: Bleibt sie dem Etikett Frau treu, zeigt sie nicht die Eigenschaften einer Top- Managerin. Erfüllt sie die Erwartungen an eine Führungskraft, wirkt sie nicht mehr feminin, man kann sie weniger leiden. Was bedeutet das konkret für Berufseinsteigerinnen? Angenommen, eine junge Frau geht zu ihrem Chef und fragt offensiv: „Was kann ich machen, damit ich künftig eine eigene Abteilung übernehmen kann?“ Für männliche Kollegen ist dieses Vorgehen vollkommen in Ordnung. Handelt jedoch eine Frau so, verstößt sie gegen das Stereotyp, wie eine Frau sein sollte. Mit der Folge, dass der männliche Chef denkt: „Die ist aber unsympathisch und irgendwie karrieregeil.“ Natürlich gibt es auch Chefs, die anders sind. Aber diese Stereotype sind verbreitet. Auch bei Kollegen. Wie sollte man reagieren? Entscheidend ist, dass die Frau die möglichen Blicke und Kommentare nicht persönlich nimmt. Dass sie nicht nachts wach liegt und sich Strategien überlegt, wie sie am nächsten Tag wieder sanfter und zurückhaltender wirken kann. Das ist nämlich die Karrierebremse schlechthin. Wer weiter nach oben möchte, muss damit leben, regelmäßig gegen das Schubladendenken zu verstoßen. Das kann anstrengend sein, wird aber einfacher, wenn man sich von Beginn an darüber bewusst ist, dass es diese Stereotype auch heute noch gibt – und dass man persönlich eigentlich gar nicht gemeint ist.