Annette Hering „Für Frauen mindestens genauso viel Platz“

Annette Hering leitet die Unternehmensgruppe Hering. Im Interview spricht sie über Frauen und Männer im Bauwesen, den Reiz der Branche und darüber, dass sich Bauunternehmen sämtlichen großen Herausforderungen zu stellen haben, die unsere Gesellschaft zu bewältigen hat. Die Fragen stellte Christoph Berger

Frau Hering, Sie tragen in vierter Generation die Verantwortung für das Bauunternehmen Hering. War für Sie immer klar, dass Sie eines Tages in das Unternehmen einsteigen? Eigentlich hatte ich Sinologie studieren wollen und bin dann kurzfristig auf eine kaufmännische Lehre umgestiegen, damals in einem Bauunternehmen. Erst da begann langsam die Idee in mir zu reifen, dass Hering Bau eine Chance ist, mehr Verantwortung zu übernehmen.
Mit dem Bauen stellen wir uns sämtlichen großen Herausforderungen, die unsere Gesellschaft zu bewältigen hat.
Was reizte und reizt Sie an der Branche? Mit dem Bauen stellen wir uns sämtlichen großen Herausforderungen, die unsere Gesellschaft zu bewältigen hat: den Folgen der demographischen Entwicklung, dem zu hohen Ressourcenverbrauch, den Veränderungen durch Klima und dem Trend, in Städten zu leben. Wir müssen uns Gedanken machen über Gebäude, die möglichst wenig Energie und auch Ressourcen verbrauchen; über Städte, die möglichst flexibel ihre Verkehrs- und andere Infrastrukturen – sozusagen in einer Operation am offenen Herzen erweitern oder verbessern können. Welche Bauprozesse, Baustoffe oder -technik brauchen wir? Das sind spannende Fragen. Sie arbeiten in einer Branche, die von Männern dominiert ist – als Frau an der Spitze eines international agierenden Bauunternehmens sind Sie eine Seltenheit. Warum sollten sich Frauen trotzdem nicht von einem Einstieg in die Baubranche abschrecken lassen? Gerade vor dem Hintergrund der soeben erwähnten Herausforderungen brauchen wir Menschen mit ganz verschiedenen Perspektiven, mit ganz verschiedenen Erfahrungen und natürlich auch Ausbildungen. Da gibt es für Frauen mindestens genauso viel Platz wie für Männer. Und was ist Ihre Prognose diesbezüglich: Wird sich an dem Geschlechterverhältnis in der Zukunft etwas ändern? Die Anteile weiblicher Studierender, die zum Beispiel Bauingenieurwesen studieren, nimmt an vielen Universitäten zu – zumindest hier in unserer Region. Da der Bedarf an Bauingenieuren und Bauingenieurinnen wesentlich höher ist als das Angebot, haben sich die Unternehmen unserer Branche viele Gedanken über Vereinbarkeit unserer Berufe mit den privaten Interessen unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gemacht und für Berufseinsteigerinnen ist die hohe Nachfrage gerade jetzt eine gute Chance. Was unternehmen Sie als Unternehmerin, um Frauen nicht nur den Einstieg, sondern auch den beruflichen Aufstieg zu erleichtern? Wir haben ein breites Angebot für Frauen, aber auch für Männer, um Beruf und Familie zu vereinbaren. Das A und O dabei sind individuell flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. Schließlich handelt es sich im Allgemeinen nur um einige Jahre, in denen Familienzeiten wichtiger sind. Zum Einstieg und Aufstieg: Qualifizierung und Weiterbildung werden individuell abgestimmt. Lässt sich das mit dem Alltag verbinden, immerhin ist Ihr Unternehmen in Bausegmenten tätig, die mit Schichtarbeit, strengen Terminvorgaben und auch körperlichen Belastungen in Verbindung gebracht werden? Die zum Beispiel im Bahnbau erforderliche Bereitschaft zu Wochenendschichten, teilweise auch Nachtarbeit, lässt sich mit dem, was die meisten Menschen unter Alltag verstehen, nicht verbinden. Da brauchen wir Mitarbeiter, die bereit sind, für sich ein anderes Alltags- bzw. Privatlebensmodell zu stricken. Was hat man davon? Eine Menge Verantwortung und vieles, was persönlich Freude macht. Oder was stolz macht – zum Beispiel eine erfolgreich abgeschlossene „OP am Herzen“ im Bahnhof einer deutschen Großstadt, nach der am Montagmorgen um vier Uhr wieder sämtliche Züge rollen können. Das ist schon etwas sehr Anspruchsvolles. Auch in punkto Mitarbeiterbeteiligung gehen Sie innovative Wege, so beteiligen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Unternehmensgewinn. Wie wichtig sind solche Maßnahmen für den Unternehmenserfolg? Die Mitarbeiterbeteiligung ist eine Einrichtung aus der Zeit meines Vaters. Auch für mich ist das eine Frage der Gestaltung des Mitarbeitermiteinanders, wenn wir einen Teil des Gewinns an die Mitarbeiter verteilen. Sie selbst studierten Wirtschaftsingenieurwesen für Bau. Wie wichtig ist betriebswirtschaftliches Know-how heute für Bauingenieure – immerhin wird immer wieder gefordert, die Baubranche müsse ihre Prozesse effizienter gestalten und produktiver arbeiten? Das Know-how von der Universität damals brauche ich heute nicht mehr. Was ich immer brauche und was wir Bauingenieure brauchen, ist die Fähigkeit, unsere technischen Prozesse ständig darauf zu überprüfen, ob sie noch wirtschaftlich sind und auch, ob sie nachhaltig sind.  

Zum Unternehmen

1892 wurde das Bauunternehmen Hering vom Maurer Rudolf Hering gegründet. In der Geschäftsführung folgten ihm Ernst Hering, Hartmut Hering und Annette Hering. Als kleines Unternehmen einst gestartet, ist Hering inzwischen ein mittelständisches Unternehmen mit knapp 500 Mitarbeiter und sieben Niederlassungen in Europa und den USA. Der Firmensitz befindet sich dabei weiterhin in Burbach, im Kreis Siegen-Wittgenstein in Südwestfalen. Das Produktportfolio der Unternehmensgruppe ist breit gefächert und umfasst sowohl individuelle als auch modulare Lösungen. Hering ist Spezialist für Systemlösungen für die Schieneninfrastruktur als auch für Produkte im öffentlichen Raum und für Architekturbeton. https://www.heringinternational.com

Gesundheit und Sicherheit

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Gesundheitsmanagement ist eine Win-win-Situation für Mitarbeiter und Unternehmen. Zum einen wird die Gesundheit der Mitarbeiter gefördert und erhalten, Gesundheitsrisiken und Ursachen bekämpft. Zum anderen bringen gesunde Mitarbeiter mehr Motivation mit, sie sind zufriedener, leistungsfähiger und sie stehen ihren Arbeitgebern länger zur Verfügung. Von Christoph Berger

Um langfristig die Gesundheit zu erhalten, hat das auf Schalungen spezialisierte Unternehmen Peri ein betriebliches Gesundheitsmanagement ins Leben gerufen. Angeboten werden darin Sport- und Präventionskurse, Seminare zum Thema Ernährung, Entspannung, Nichtrauchen oder dem körperlichen Wohlbefinden. Initiiert wurden Kooperationen mit Fitnessstudios sowie zahlreiche Betriebssportgruppen. Und die Arbeitsplätze wurden mit höhenverstellbaren Tischen sowie ergonomischen Stühlen ausgestattet – genauso stehen ergonomische Arbeitsmittel zur Verfügung. Auch die Unternehmensgruppe Kögel bietet ihren Mitarbeitern unter anderem kardiologische Vorsorgeuntersuchungen, Schrittzählaktionen, Massagen, Arbeitsplatzanalysen oder physiotherapeutische Entspannungskurse an. Ein professionell aufgesetztes betriebliches Gesundheitsmanagement genießt laut der Techniker Krankenkasse in der personalpolitischen Diskussion seit einigen Jahren einen hohen Stellenwert. Denn der Erfolg eines Unternehmens basiere auf leistungsfähigen, motivierten und engagierten Mitarbeitern. Die Gesundheit und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz habe einen erheblichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit in allen Lebensphasen. Doch es gibt noch andere Maßnahmen – Unternehmen nutzen inzwischen auch neue Technologien, um Mitarbeiter auf Gefahrensituationen vorzubereiten oder deren Gesundheit zu schützen. So testet beispielsweise das französische Bauunternehmen Bouygues Construction zusammen mit HTC Vive den Einsatz einer Virtual Reality- Lösung. Simuliert werden auf diese Weise zum Beispiel Gefahrensituationen auf Baustellen, die die Mitarbeiter rein virtuell durchlaufen – die Mitarbeiter lernen Gefahrensituationen kennen, ohne diesen tatsächlich ausgesetzt zu sein: zum Beispiel fallende Objekte oder ein Feuer. Auch die Wirkung von Alkohol oder Drogen könne simuliert werden, heißt es von den beiden kooperierenden Unternehmen.

Betriebliches Gesundheitsmanagement

Der Bundesverband Betriebliches Gesundheitsmanagement e.V. (BBGM) informiert über Themen und aktuelle Entwicklungen. www.bbgm.de
Doch dies ist längst nicht alles, was das französische Unternehmen im Einsatz hat. Entworfen wurde eine ganze Sammlung von Online-Geräten, um die Sicherheit der Mitarbeiter vor Ort und die Ergonomie ihrer Arbeitsumgebung zu verbessern: Zum Beispiel ergänzt ein am Unterarm getragener interaktiver Terminal das Angebot an persönlicher Schutzausrüstung der Mitarbeiter. Über ihn können Informationen in Echtzeit eingeholt werden, gleichzeitig werden Tipps und Anweisungen gegeben. Oder eine mit Sensoren ausgestattete Jacke, die die Luft analysiert, mit Kameras ausgestattete Brillen sowie Sicherheitsstiefel, die den genauen Standpunkt online übermitteln. Das Projekt, so heißt es, sei ein direkter Teil von Initiativen zur Förderung der Sicherheit und zur Modernisierung von Laufbahnprofilen.

Baubranche: Es mangelt an Nachwuchs

Die Baubranche boomt. Dafür braucht es Personal. Doch genau an dem mangelt es erheblich. Dabei geht der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie davon aus, dass die Branche 2018 die 800.000-Beschäftigten-Marke knacken wird – erstmals seit 2003. Von Christoph Berger

In diesem Jahr werden etwa 796.000 Arbeitnehmer im Bauhauptgewerbe Beschäftigung gefunden haben – das entspräche einem Plus von 15.000 gegenüber 2016. „2018 wird die Zahl noch einmal um 10.000 steigen. Damit hätte die Branche – erstmals seit 2003 – wieder mehr als 800.000 Beschäftigte“, prognostizierte Peter Hübner, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), anlässlich des „Tages der Deutschen Bauindustrie“ Ende Mai 2017. Das wären dann 100.000 mehr als zum Beschäftigungstiefpunkt der Branche im Jahre 2009. Doch so rosig die Zeiten auch zu sein scheinen, alleine es fehlt das Personal. Mit der dualen Berufsausbildung und der Integration von Flüchtlingen lasse sich der Mangel an qualifiziertem Personal laut Hübner nicht decken. Hinzu komme die demografische Entwicklung, die den Bauunternehmen zunehmend Sorgen bereite. Selbiges gelte auch für Bauingenieure: „Angesichts der sehr guten Baukonjunktur brauchen wir dringend mehr Bauingenieure auf unseren Baustellen. Es kommen jedoch nicht genügend junge Leute nach, um unseren jährlichen Bedarf von rund 4.000 Nachwuchskräften zu decken“, sagt Dipl.-Ing. Klaus Pöllath, Vizepräsident Technik des HDB. Nach der Bauingenieur-Statistik des Hauptverbandes haben im Studienjahr 2016 rund 11.000 Studenten ihr Bauingenieurstudium mit einem Bachelor oder Master abgeschlossen, 1.050 mehr als 2015. Jedoch stünden nicht alle Absolventen den Bauunternehmen zur Verfügung, so der HDB. Zum einen würden über die Hälfte „nur“ über einen Bachelorabschluss verfügen, von denen mit großer Wahrscheinlichkeit einige weiter studieren werden, zum anderen ziehe es viele Berufsanfänger in die Ingenieur- und Planungsbüros sowie in die öffentliche Verwaltung, die jetzt wieder vermehrt Bauingenieure einstelle. Die Studienanfängerzahl sei dagegen leicht rückläufig: Sie lag 2016 mit 11.500 um 120 niedriger als im Vorjahr.

Berufsbild Bauingenieur

Um zu zeigen, wie facettenreich das Berufsbild Bauingenieur ist, hat der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie die Internetseite „Werde Bauingenieur“ ins Netz gestellt: www.werde-bauingenieur.de
Bei einer Abbrecherquote im Bauingenieurwesen von rund 50 Prozent werden demnach bei einer durchschnittlichen Studiendauer von fünf bis sechs Jahren zu Beginn des nächsten Jahrzehnts nur rund 5.500 Studenten ihr Studium abschließen. „Die Berufsaussichten für Bauingenieure sind daher als sehr gut zu bezeichnen. Ein Grund mehr, für unsere werteschaffende Branche mit ihren attraktiven Arbeitsbedingungen zu werben“, beurteilte Pöllath die Lage.

Welche Tarifverträge gelten für Bauingenieure?

Das Berufsfeld bietet eine Vielzahl an Beschäftigungsmöglichkeiten und Vergütungen. Jeweils eigene Tarifverträge für Planungsbüros, das Baugewerbe und den öffentlichen Dienst geben Berufseinsteigern Orientierung über Arbeitsbedingungen und Gehalt. Ein Gastbeitrag von Fabian Hesse M.A., bauingenieur24 Informationsdienst

So vielfältig wie die Einsatzmöglichkeiten von Bauingenieuren ist auch die Struktur der gezahlten Gehälter und sonstigen Arbeitsbedingungen. Je nachdem, ob man für ein Planungsbüro, ein Bauunternehmen oder im öffentlichen Dienst arbeitet, gelten unterschiedliche betriebliche und tarifliche Regelungen. Als generelle Orientierung für Berufseinsteiger und andere nichtselbstständig Beschäftigte können die für Bauingenieure gültigen Tarifverträge dienen. Sie geben Auskunft über allgemein gültige Arbeitsbedingungen wie Arbeitszeit, Urlaubsanspruch, Kündigungsschutz und Entgelteingruppierung (Rahmentarifvertrag) und die jeweils gültigen Gehaltssätze (Gehaltstarifvertrag). Die Laufzeit der Tarifverträge beträgt in der Regel ein bis zwei Jahre. Wer in einem Ingenieurbüro angestellt ist, kann mit seinem Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag auf Grundlage des „Tarifvertrags für die Angestellten, Auszubildenden und Praktikanten in Ingenieur-, Architektur- und Planungsbüros“ aushandeln. Dieser findet in ganz Deutschland Anwendung. Für Bauingenieure in den Bauunternehmen ist der „Tarifvertrag für Angestellte und Poliere des Baugewerbes“ maßgebend. Er gilt für ganz Deutschland mit Ausnahme der Länder Bayern und Berlin und enthält zwei unterschiedliche Gehaltstarifverträge – „Ost“ und „West“. Wie alle Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst werden auch die hier eingesetzten Bauingenieure auf der Grundlage von Tarifverträgen beschäftigt. Es gilt entweder der allgemeine „Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst“ (TVöD) oder ein an den TVöD angelehnter Tarifvertrag. Je nach Arbeitgeber gibt es spezielle Regelungen für Bund (TVöD-Bund), Länder (TV-L) und Kommunen (TVöD-VKA) sowie das Bundesland Hessen (TV-H). Bei den Tarifverträgen der freien Wirtschaft richtet sich das Einstiegsgehalt nach der jeweiligen Tätigkeit sowie der individuellen Ausbildung und Berufserfahrung. Im öffentlichen Dienst ist der Berufsabschluss das entscheidende Kriterium für die Eingruppierung. Ein erfahrener Bauingenieur mit besonderen Fachkenntnissen erhält bei einer Neueinstellung in einem Planungsbüro aktuell ein monatliches Tarifgehalt von mindestens 3.952 Euro (Gehaltsgruppe IA 2). In einem Bauunternehmen verdient man mit ähnlicher Qualifikation in der Gehaltsgruppe A VI mindestens 4.050 Euro (West) beziehungsweise 3.773 Euro (Ost). Im öffentlichen Dienst der Länder ist derzeit für eine vergleichbare Position ein Grundentgelt von 3.982,18 (Entgeltgruppe E 13, Stufe 2) pro Monat als Minimum vorgesehen.

Das letzte Wort – Prof. Dr.-Ing. Klaus Holschemacher im Gespräch

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Dr.-Ing. Klaus Holschemacher ist Professor für Stahlbetonbau am Fachbereich Bauwesen der HTWK Leipzig und seit 2016 zudem öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Stahlbetonbau. Darüber hinaus ist Holschemacher fachlicher Leiter des BetonkanuTeams der HTWK Leipzig. Bei der 16. Deutschen Betonkanu-Regatta im Juni 2017 in Köln sicherten sich sowohl das Frauen- als auch das Männerteam der Hochschule die beiden Goldplätze. Die Fragen stellte Christoph Berger

Herr Dr. Holschemacher, bei der Betonkanu-Regatta dieses Jahr in Köln belegte sowohl das Frauen- als auch das Männerteam Ihrer Hochschule den ersten Platz. Lag das erfolgreiche Abschneiden Ihrer Teams an den sportlichen Voraussetzungen der Kanutinnen und Kanuten oder an der Konstruktion des Betonkanus? Für das erfolgreiche Abschneiden des Teams waren sowohl das sportliche Können als auch die Konstruktion des Betonkanus entscheidend. Die Formgebung des Betonkanus orientierte sich an den im Sport verwendeten Rennkanus, wobei daneben natürlich die in der Ausschreibung des Wettbewerbs vorgegebenen Mindestabmessungen zu berücksichtigen waren. Eine besondere Herausforderung bestand darin, die Besonderheiten des Baustoffes Beton bei der Entwicklung des Betonkanus vorteilhaft zu nutzen. Das von uns selbstgesteckte Ziel bestand darin, ein stabiles, stromlinienförmiges und leichtes Boot – aktuell wiegt es 53 Kilogramm und hat eine Dichte nahezu wie Wasser – zu konstruieren, welches sowohl für den Geradeauslauf als auch für Slalombewegungen geeignet ist. Das war deshalb wichtig, weil im Kanurennen zunächst 100 Meter gerade Strecke, anschließend eine 180 Grad Rechtswende und schließlich der Rückweg im Slalom um zwei Bojen gefordert waren. Am Ende wurde mit der gewählten Konstruktion aus dem neuartigen Baustoff Carbonbeton ein guter Kompromiss zwischen Gewichtsreduzierung und Stabilität gefunden. Neben den technischen Aspekten, die das Betonkanu betrafen, musste natürlich auch an den sportlichen Qualitäten gearbeitet werden. Das langfristige Training mit Unterstützung des Bootsverleihs am Leipziger Klingerweg hat sich letztlich ausgezahlt. Ihr Betonkanu trägt den Namen „Reformator“. Reformation steht für Erneuerung beziehungsweise Wiederherstellung. Warum wählten Sie den Namen für Ihr Boot? Stichwort Erneuerung: Seit Jahren hat das Team der Uni Twente aus den Niederlanden gewonnen. Mit dem Sieg der HTWK-Teams ist die Reformation also gelungen. Stichwort Wiederherstellung: Letztmals im Jahr 2007 bei der Betonkanu-Regatta in Hannover konnten ebenso beide Teams der HTWK überzeugen und den Titel holen. Das 500. Jubiläum des Thesenanschlags von Martin Luther war daher passender Namensgeber. Die Betonkanu-Regatta ist eine Spezialdisziplin. Können die Kanus auch mit handelsüblichen Kanus mithalten? Die älteren Betonkanus liegen beim Bootsverleih Klingerweg vor Anker und können jederzeit genutzt werden. Sie sind trotz teilweise jahrelanger Lagerung unter freier Bewitterung fahrtüchtig. Übliche 2-Kanadier-Boote wiegen allerdings nur 25 bis 35 Kilogramm und können Kratzer leichter verkraften. Beton ist spröde. Allerdings ist eine Reparatur, wenn zum Beispiel ein Loch im Bootsrumpf ist, bei herkömmlichen Kanus weitaus schwieriger, als bei unseren Betonkanus. Das Bauen wird immer mehr zur Teamarbeit, der Lebenszyklusgedanke spielt eine immer größere Rolle und die Betreiber von Bauwerken sollten schon in die Planungen einbezogen werden. Welche Rolle spielte Teamwork bei der Konstruktion Ihrer Kanus? Eine sehr große, der Erfolg spiegelt die Teamarbeit wider. So ist der Gedankenaustausch bei Detailproblemen, für die es keine Standardlösungen gibt, sehr wichtig. Die Organisation rund um das Projekt beinhaltet neben dem eigentlichen Bau der Kanus auch Bereiche wie Sponsorensuche, Abrechnung, Medien und Dokumentation, Veranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit und Logistik. Nur eine gute Abstimmung zwischen den Einzelbereichen lässt Synergien zu und das Projekt zu einer „runden Sache“ werden.

karriereführer bauingenieure 2017.2018 – Generation Future

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Abheben in die Zukunft

Vom seriellen Bauen bis hin zu Smart-Cities: Das Bauen wird und muss sich ändern. Die Städte der Zukunft verlangen nach besseren und nachhaltigeren Gebäuden, nach digital aufgerüsteten Häusern und modularen Wohnungen, nach neuen Ansätzen zum Baustoff-Recycling und Begrünungskonzepten für dichte urbane Räume. Bauingenieure nehmen im Wandel eine Schlüsselposition ein, gefragt sind Innovationsfreude und Mut, die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen.

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Herausgegeben in Zusammenarbeit mit dem
Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.

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Kliniken Schmieder (Stiftung & Co.) KG

Branche
Gesundheitswesen

Produkte/Dienstleistungen
Neurologie und neurologische Rehabilitation

1950 gründete Prof. Dr. med. habil. Friedrich Schmieder die Kliniken Schmieder in Gailingen am Hochrhein. Heute betreiben wir sechs neurologische Rehabilitationskliniken in Baden-Württemberg. Wir sind stolz darauf, uns in den über 60 Jahren unseres Bestehens einen europaweiten Ruf als neurologisches Fachkrankenhaus und als Vorreiter in der neurologischen Rehabilitation erarbeitet zu haben.

Jährlich suchen rund 13.000 Menschen mit neurologischen Erkrankungen aller Phasen und Schweregrade bei uns Heilung. Eine Zahl, die wir als Ausdruck großen Vertrauens ansehen. Eigene Institute für Rehabilitationsforschung und Lehre garantieren höchsten fachlichen Standard.

Anzahl der Standorte
6 Standorte in Baden-Württemberg

Anzahl der MitarbeiterInnen
Ca. 2.000

Bedarf an HochschulabsolventInnen
Ca. 20 pro Jahr

Gesuchte Fachrichtungen
Neurologie, psychotherapeutische Neurologie, Psychiatrie, Innere Medizin

Mögliche Einstiegstermine
Laufend

Auswahlverfahren
Interview, Hospitation

Einstiegsgehalt
Gemäß Haustarifvertrag; für Mediziner (m/w) orientiert sich der Haustarifvertrag an den Abschlüssen des Marbuger Bundes für kommunale Krankenhäuser

Angebote für StudentInnen
Hospitationen, Famulaturen, PJ

Kliniken Schmieder

Ansprechpartner
Haiko Schröter

Anschrift
Zum Tafelholz 8
78476 Allensbach

Fon
07533 808 1148

Fax
07533 808 1108

E-Mail
h.schroeter@kliniken-schmieder.de

Internet
www.kliniken-schmieder.de

Ärzte dringend gesucht

„Allein in unseren Krankenhäusern fehlen bis zum Jahr 2030 etwa 111.000 Ärztinnen und Ärzte, prognostiziert die Unternehmensberatung Roland Berger“, war bereits 2014 in der Ärztestatistik der Bundesärztekammer zu lesen. Die Karrierechancen für Mediziner sind bis heute blendend. Doch egal, wo sie tätig sind: Die Digitalisierung bringt neue Methoden und Techniken in die Praxen und Kliniken und der Arzt rückt näher an die Schnittstelle zur IT heran. Soziale Kompetenzen und ethische Fragen werden dadurch umso wichtiger. Von André Boße Die Gesellschaft altert, und es gibt kaum eine Berufsgruppe, die davon so sehr beeinflusst wird, wie die Ärzteschaft. „Die deutsche Bevölkerung wird zukünftig deutlich älter sein als jetzt: Prognosen gehen davon aus, dass 2060 jeder Dritte mindestens 65 Jahre alt sein wird“, heißt es im aktuellen Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung zum demografischen Wandel. Für Ärzte bedeutet das zweierlei: Erstens, weil die Menschen immer älter werden, steigt der Bedarf nach ärztlicher Behandlung – in den Krankenhäusern erhöhte sich die Zahl der Behandlungsfälle in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 2,5 Millionen auf fast 19,8 Millionen, wie die neuesten Zahlen der Ärztestatistik 2016 der Bundesärztekammer (BÄK) zeigen.

Neurologie hilft bei Deep Learning

Die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz mithilfe der Methoden des maschinellen Lernens wird längst nicht nur von der IT vorangetrieben. Die Basis für diesen Ansatz liefert die Neurologie. Beim 90. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, der im September 2017 in Leipzig stattfand, war das „Human Brain Project“ ein Schwerpunktthema. Es verfolgt laut Prof. Dr. Katrin Amunts, Leiterin des Führungsgremiums, drei Ziele: „Erstens, das komplette menschliche Gehirn innerhalb der nächsten zehn Jahre detailgetreu von der Genetik über die molekulare Ebene bis hin zur Interaktion ganzer Zellverbände auf einem Supercomputer der Zukunft simulieren. Zweitens, neue Technologien entwickeln und Computer bauen – und sich dabei vom Gehirn inspirieren lassen. Drittens, Wissen über das Gehirn verfügbar machen.“ www.humanbrainproject.eu
Zweitens, neben der Gesellschaft „altert auch die Ärzteschaft mit“, wie BÄK-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery sagt. „Fast jeder vierte niedergelassene Arzt plant, in den nächsten fünf Jahren seine Praxis aufzugeben.“ Zwar stieg im Jahr 2016 die Zahl der berufstätigen Ärzte unter 35 Jahren, die Statistik verbucht ein Plus von gut 2300 Medizinern. Doch die Zahl der noch berufstätigen über 65-Jährigen stieg auf knapp 2500 – die Jungen können die Zahl der Ruheständler von morgen also kaum kompensieren.

Vollbeschäftigung und Personalnot

„Es gibt wohl kaum einen anderen akademischen Beruf mit derart guten Karrierechancen wie den des Arztes“, folgert PD Dr. Peter Bobbert, Bundesvorstandsmitglied des Marburger Bundes, aus den Zahlen. Nach volkswirtschaftlichen Kriterien könne man praktisch von Vollbeschäftigung sprechen. „Obwohl Jahr für Jahr rund 10.000 Medizinabsolventen nachrücken, herrscht in Kliniken und Praxen abseits der Metropolen vielfach Personalnot.“ Jedoch beobachtet Bobbert, Oberarzt im Evangelischen Krankenhaus Hubertus Berlin, dass Berufsanfänger mit ganz eigenen Wünschen und Bedürfnissen in die Karriere einsteigen. Das Bild des jungen Arztes, der sich opferbereit in die Mühlen des Berufs stürzt, ist überholt. „Nicht jeder ist in gleichem Maße bereit, eine Vollzeitstelle anzutreten. Gerade die Jüngeren legen besonderen Wert auf Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Sie sind eher bereit, weniger zu arbeiten, um dafür mehr freie Zeit zu haben.“ Bei der Analyse der Karrierewege von Einsteigern hat der Marburger Bund festgestellt, dass sich vor allem junge Ärztinnen gegen die Karriere in einer Klinik und für eine angestellte Tätigkeit im ambulanten Bereich entscheiden. Bobbert: „Hier haben sie keine Zusatzdienste, wie sie im Krankenhaus üblich sind. Dieser Trend wird sich aller Voraussicht nach fortsetzen.“

Trend zur Festanstellung

Im Jahr 2016 betrug der Zuwachs bei den Festanstellungen im ambulanten Bereich laut Ärztestatistik der Bundesärztekammer 10,1 Prozent. Die Gesamtzahl der im ambulanten Bereich angestellten Ärzte erhöhte sich auf 32.348; damit hat sich ihre Zahl seit 1993 fast versechsfacht. Bemerkenswert sei der hohe Frauenanteil von 62,7 Prozent in dieser Gruppe. Die Zahl der niedergelassenen Ärzte dagegen sank im Jahr 2016 um 0,9 Prozent auf 119.641.
Und noch einen Trend hat der Mediziner erkannt: Praxisgemeinschaften und medizinische Versorgungszentren verzeichnen seit Jahren einen immer größeren Zulauf. „Die Zusammenarbeit und der fachliche Austausch mit Kollegen ist in diesen kooperativen Strukturen besser möglich als in der Einzelpraxis.“ Und darauf legte gerade der Nachwuchs gesteigerten Wert.

Karriere in der Forschung: Rahmenbedingungen stimmen nicht

Als alternative Laufbahn bietet sich in dieser Hinsicht auch eine Karriere in Forschungseinrichtungen an: Das Knowhow der Mediziner ist hier gefragt, in Teams gearbeitet werden kann auch hier. Doch der Zulauf hat Luft nach oben. „Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat schon im Jahr 2010 beklagt, dass sich zu wenige Medizinstudierende für eine Tätigkeit in der Forschung oder in der Hochschulmedizin entscheiden. Daran hat sich seitdem nicht viel geändert“, sagt Peter Bobbert. Das liege vor allem an den Rahmenbedingungen: „Das Medizinstudium bietet zu wenig Freiräume für experimentelle Doktorarbeiten, in der klinischen Weiterbildung kommt die Forschung oft zu kurz, denn die jungen Ärzte sind voll in den Klinikalltag eingebunden. Forschung findet häufig nach Dienstschluss statt, also in der knapp bemessenen freien Zeit.“ Haben Ärzte dann den Weg in die Wissenschaft eingeschlagen, hänge das weitere Fortkommen meist davon ab, ob der öffentlichen Forschungseinrichtung projektbezogene Mittel zur Verfügung stehen. Dass die Arbeitsverträge in der Forschung häufig befristet sind, trage ebenfalls dazu bei, dass die Forschung für junge Ärzte an Attraktivität verliert, wie das Vorstandsmitglied des Marburger Bundes feststellt: „Die Unsicherheit über die weitere Karriereperspektive ist am Anfang schon sehr groß.“ Anders liege der Fall bei Laufbahnen in der pharmazeutischen Industrie. Bobbert: „Hier ist die Bezahlung in der Regel besser; man ist dann aber Teil eines gewinnorientierten Unternehmens und handelt in dessen Interesse.“

Gewebe aus dem 3-D-Druck

Egal, wo Ärzte tätig sind: Geprägt wird ihre Arbeit durch den grundlegenden Wandel der Digitalisierung. Die Rede ist hier nicht mehr nur von computergestützter Arbeit; die Veränderungen, die sich durch Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz oder der Robotik ergeben, gehen viel weiter. Der OP-Roboter Da Vinci ist bereits heute in vielen Kliniken im Einsatz, die Technik des 3D-Drucks sorgt dafür, dass Medikamente und Implantate ausgedruckt werden können.

Warnung vor Hackern

Die amerikanische Food and Drug Administration hat davor gewarnt, dass Herzschrittmacher und Defibrillatoren nicht ausreichend gegen Hackerangriffe gesichert seien. Betroffen von einem notwendigen Software-Update sind auch Tausende Patienten in Deutschland, teilte das Deutsche Ärzteblatt mit.
In Dresden arbeitet am Biotechnology Center der TU ein Team um den Materialforscher Dr. Ivan Minev an elektronischen Gewebetechnologien. „Wir sind daran interessiert, Organe zu reparieren, die durch eine Verletzung oder eine Krankheit in Mitleidenschaft gezogen worden sind“, sagt der Wissenschaftler. „Unsere Vision ist es, Miniatur- Labore zu entwickeln, die innerhalb des Körpers die notwendigen Therapieprogramme starten. Zum Beispiel kann durch eine Kombination aus kleinen elektrischen Impulsen sowie den Einsatz von Ersatzzellen und Medikamenten der Selbstheilungsprozess eines beschädigten Gewebes in Gang gesetzt werden.“ Im Fraunhofer Institut für Bildgestützte Medizin (MEVIS) nutzt man die IT-Technik des Maschinellen Lernens, um die Veränderungen von Tumoren genauer zu analysieren. „Unsere Technik erhöht die Sicherheit bei der Vermessung und Nachverfolgung der Tumoren“, sagt Mark Schenk, der an der Schnittstelle zwischen IT und Medizin forscht. „Die Software kann zum Beispiel erfassen, wie sich das Volumen eines Tumors im Laufe der Zeit verändert und unterstützt beim Aufspüren neuer Geschwulste.“ Das Besondere: Der Computer verrichtet seine Arbeit mithilfe Künstlicher Intelligenz, je mehr Datensätze das Programm analysiert, desto besser sind die Ergebnisse.

„Surgeoneering“:

Zusammenarbeit von Medizinern, Informatikern und Ingenieuren Die Medizinische Fakultät der Universität Leipzig bietet Studenten technischer Fachrichtungen als auch angehenden Humanmedizinern in einem Innovationszentrum für computerassistierte Chirurgie (ICAAS) besondere Lehrveranstaltungen an. Hier werden Vorlesungen wie zum Beispiel diese angeboten: „Chirurgische Navigation, Mechatronik und Robotik“. www.uni-leipzig.de
Diese Ansätze des maschinellen Lernens – auch Deep Learning genannt – nutzt das Fraunhofer Institut MEVIS auch für Softwaresysteme, die Ärzte bei der Entscheidung für die richtige Therapie unterstützen. Große Datenbanken und die automatische Erkennung von Mustern und Gesetzmäßigkeiten erleichtern den Medizinern die Diagnoseund Therapieentscheidungen. „Wenn es um das Erkennen relevanter Muster und Zusammenhänge in komplexen Datenmengen geht, sind Computer mittlerweile besser als der Mensch“, sagt Horst Hahn, Institutsleiter von Fraunhofer MEVIS. „Das bedeutet aber nicht, dass der Rechner die Therapieentscheidung trifft, sondern dass er die Ärzte durch sein datenbankbasiertes Wissen unterstützt.“

Debatte über Transparenz und Ganzheitlichkeit

Dennoch: „Solche Technologien berühren den Kern ärztlicher Tätigkeit und haben das Potenzial, sie in Teilen zu ersetzen“, sagt Peter Bobbert vom Marburger Bund. Dieser mache sich deshalb dafür stark, dass die zugrundeliegenden Algorithmen transparent sind. „Insbesondere muss verhindert werden, dass zum Beispiel kommerzielle Aspekte verdeckt oder offen die Entscheidungen beeinflussen. Ärzte müssen auch zukünftig das Recht haben, entgegen der Empfehlung von intelligenter Software abweichende Behandlungsentscheidungen im Interesse ihrer Patienten und gemeinsam mit diesen zu treffen.“ Der Berufsgruppe der Ärzte stehen hier interessante Debatten ins Haus, wobei Bobbert glaubt, dass die digitale Technik die Medizin auf ein neues Niveau heben wird: „Wenn es stimmt, dass sich das medizinische Wissen alle zwei bis drei Jahre verdoppelt und dieser Zeitraum eher noch kürzer werden wird, dann brauchen wir neuartige Technologien, die diese Datenmengen aus unterschiedlichen Quellen zusammenführen, auswerten und für die ärztliche Fakten- und Evidenzgenerierung verfügbar machen.“ Jedoch könne eines nicht ersetzt werden: die ganzheitliche Betrachtung des Patienten durch den Arzt – die eben nicht nur medizinische Daten beinhaltet, sondern auch die sozialen Aspekte: Ein Computersystem, das ein vertrauensvolles Gespräch mit dem Arzt ersetzen kann, steht noch nicht in Aussicht.

BÄK fordert Spielregeln bei Digitalisierung

Teil der Digitalisierung der Medizin sind nicht nur Deep-Learning-Verfahren und OP-Roboter in der Forschung und in Kliniken. Die Zahl von Apps, die für Patienten Daten erheben, steigt von Monat zu Monat. Die Ärzte pochen dabei im Sinne des Patientenschutzes auf klare Spielregeln für diese digitalen Helferlein, heißt es in einem Papier der Bundesärztekammer (BÄK): „Es muss sichergestellt sein, dass niemand unwissentlich mit persönlichen Daten für scheinbar kostenlose Gesundheits-Apps bezahlt“, fordert BÄK-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery. „Solche Apps müssen genauso zugelassen und zertifiziert werden wie andere Medizinprodukte.“

E-Paper karriereführer ärzte 2017.2018

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karriereführer ärzte 2017.2018 – Ärzte dringend gesucht

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Foto :Fotolia/yuriyzhuravov
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Zwischen KI und Empathie

Liebe Leserinnen und Leser,

die Medizin wandelt sich radikal – sie ist in Zukunft revolutionär, digital, individuell und personalisiert. Auch das Berufsbild des Arztes veränder t sich – und diesen Transformationsprozess der Medizin und der Arbeitswelt begleiten wir mit dem neuen karriereführer ärzte: als Chronist, Trendscanner, Coach und Kurator.

Zu unserem Selbstverständnis gehört auch, Sie als  Nachwuchsärzte bei Entscheidungen zu unterstützen:  Welcher Arzt will ich sein? Wo will ich meine Berufung leben? Wie kann es gelingen, dabei selbst in Balance zu bleiben? Starten wollen wir genau an der spannenden Schnittstelle von Medizin und Digitalisierung. Die „Digitalisierung revolutioniert die Medizin“, „Ärzte bescheinigen 3-D-Druck großes Potenzial in der Medizin“, „Sieben von zehn Ärzten begreifen digitale Technologien als Chance“, hallt es durch die Medien. Mit der Digitalisierung in der Medizin ist ein Milliardenmarkt eröffnet worden.

Und wie steht es um die Akzeptanz bei Patienten? Drei von zehn Deutschen würden Online-Sprechstunden nutzen, ergab eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom zusammen mit der Bayerischen TelemedAllianz (BTA). Eine weitere Studie von Deloitte und Bitkom zu „Mobile Health“ zeigt, dass über 90 Prozent der Befragten ihre mobil erhobenen Gesundheitsdaten mit ihrem Arzt teilen würden. – Gleichzeitig finden Debatten zu Ethik, Transparenz, Ganzheitlichkeit und nicht zuletzt zu Datenschutz und Risiken statt.

Die Bedeutung sozialer Kompetenz und emotionaler Intelligenz nimmt damit zu. Dr. med. Eckart von Hirschhausen schreibt als Leitsatz für junge Ärzte: „Ihr seid das Medikament! Die Wirkung von jedem Schmerzmittel hängt zu 35 Prozent davon ab, mit welchen Worten, welcher Haltung und welcher Zuwendung ihr es verabreicht . Entwickelt eure Persönlichkeit!“ Bei allem Wandel in der Medizin: Menschlichkeit ist nach wie vor das A und O für Ärzte.

Ihr
karriereführer-Team

Dr. med. Lukas Fierz im Interview

Der Schweizer Lukas Fierz ist Neurologe, Politiker – und Schriftsteller. In seinem Buch widmet er sich in Reportagen dem „Leibhaftigen“. Im Gespräch lobt er seine Roboter- Kollegen, beklagt das Ende der Virtuosität im medizinischen Alltag und erklärt, was Medizin und Politik gemeinsam haben. Die Fragen stellte André Boße. Herr Dr. Fierz, immer häufiger gibt es Nachrichten, dass Roboter die Arbeit von Ärzten übernehmen: Sie operieren, erstellen Diagnosen, behandeln. Was denken Sie, wenn Sie von diesen technischen Entwicklungen hören? Davor habe ich keine Angst. Nach dem Studium besuchte ich 1969 Vorlesungen über Computertechnik an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich. Ich lernte etwas programmieren und habe seit 1974 mit Computern gearbeitet. Anfang der 90er-Jahre kam ein älterer Dachdecker in die Praxis wegen invalidisierendem Schwindel. Er hatte auch leichte Gedächtnisstörungen, etwas Spastik, eine Spur Parkinson. Die Ursache war ganz unklar. Ich gab seine Symptomatik in das damals schon verfügbare amerikanische Computer-Diagnostikprogramm „DXplain“ ein – die einzige Antwort: Hirntrauma. Ich stellte den Mann zur Rede. Tatsächlich war er vor 40 Jahren Amateurboxer gewesen, dabei sogar mehrmals Kärntner Meister, hatte mehrere Knockouts durchgemacht – eine klassische Boxer-Enzephalopathie. Ich war von dieser Computerdiagnose doch recht beeindruckt.
Ich würde immer den Roboter verwenden, wenn dieser besser ist.
Unter welchen Umständen würden Sie sich als Patient von einem Medizin- Roboter behandeln lassen? Ich würde immer den Roboter verwenden, wenn dieser besser ist. Für gewisse Prostatektomien ist der DaVinci- Roboter eindeutig besser. Gewisse lokalisierte Prostatakarzinome lassen sich mit der computerisierten Focal- One-Technik völlig atraumatisch mit Ultraschall entfernen. Gewisse Herzrhythmusstörungen lassen sich mit dem magnetgesteuerten Stereotaxis- Roboter besser behandeln als von Hand. Roboter sind einfach erweiterte Werkzeuge. Sie sind aber nur so gut, wie derjenige, der sie benutzt.

Zur Person

Lukas Fierz (76) ist Neurologe, er studierte in der Schweiz, Frankreich und England. Ab 1980 betrieb er eine neurologische Praxis in Bern, zeitweilig saß er für die Partei der Grünen im Schweizer Parlament, dem Nationalrat. Als Publizist schrieb er unter anderem für DIE ZEIT und die NZZ. In seiner ärztlichen und politischen Tätigkeit ist er auf Probleme und Geschichten gestoßen, die seiner Meinung nach in die öffentliche Diskussion gehören. Davon erzählt er in seinem Buch „Begegnung mit dem Leibhaftigen“
Wie gut können Ärzte noch sein in dieser Zeit, in der Effizienz so wichtig ist? Bezüglich Ausbildung kann ich nur für die Schweiz sprechen. Hier haben 44-Stundenwoche und Teilzeitarbeit Einzug gehalten. Die angewiesene Schlafzeit während der Dienste zählt als Arbeitszeit. Mehrarbeit wird vom Arbeitsinspektorat verboten, arbeitspolizeilich erfasst und mit hohen Bußen für Chefärzte und Spitäler bestraft, sogar mit Eintrag ins Strafregister. Unter solchen Randbedingungen kann man vielleicht noch ein guter Dermatologe oder Ohrenarzt werden. Aber es ist mir schleierhaft, wie man durch diese strengen Arbeitszeitregulierungen die Virtuosität erwerben wollte, die nötig ist, um in den großen Fächern wie der Inneren Medizin oder der Chirurgie mit Kompetenz, Freude sowie mit sicherer Hand zu arbeiten. Ich wurde bei einem Chef an der Internmedizinischen Universitätsklinik in Genf ausgebildet. Wir hatten eine 70-Stundenwoche. Der Chef, ein hochvirtuoser Mediziner, vor dem wir alle Respekt bis Angst hatten, rechnete uns vor, dass es diese Arbeitszeit brauche, damit man innerhalb von vier Jahren alle wichtigen Krankheitsbilder des Inneren wenigstens einmal gesehen habe. Wir haben begeistert mitgemacht.