Christian Pape ist einer von Deutschlands Top-Personalberatern, passionierter Koch und Autor von „Traum! Job! Now!“. Wir wollten von ihm wissen, was Rezepte und Lebensläufe gemeinsam haben, warum man bei Restaurantbesuchen eine Menge über Erfolg versprechende Bewerbungen lernen kann und welche Zutaten im Anschreiben an ein Unternehmen so unpassend sind wie fettiger Backfisch im Gourmet-Lokal. Das Interview führte André Boße.
Herr Pape, Sie bezeichnen sich selber als leidenschaftlichen Koch. Kommt es vor, dass Sie beim Kochen auf neue Impulse für Ihr berufliches Leben kommen? Kochen hat für mich beinahe etwas Spirituelles. Ich entspanne, gerate ins Nachdenken und bekomme Abstand zu den Themen, die mich im Tagesgeschäft beschäftigen. Dinge, die vorher groß waren, werden ganz klein – und diese andere Perspektive hilft ungemein. Es heißt nicht ohne Grund: Ein Problem zu lösen heißt, sich vom Problem zu lösen. Kochen Sie eher nach Rezept oder frei? Ich lasse mich von den Dingen inspirieren, die ich gerade habe. Daher ist der Kühlschrank bei mir immer voll. Das ist zwar ein wenig aufwendig, aber es lohnt sich, weil ich beim Kochen dann aus dem Vollen schöpfen kann. Es kommt auch vor, dass ich nach einer tollen Erfahrung in einem Restaurant versuche, Gerichte nachzukochen – aber immer mit einer eigenen Note. Es gibt Rezepte, die ihren Job verfehlen: Man liest sie, hat aber nachher keine Ahnung, was das Gericht auszeichnet. Ist das ein Problem, das Sie als Personalberater von Lebensläufen einiger Bewerber kennen? Wenn ich für andere Menschen koche, geht es in erster Linie darum, vorher herauszufinden, was meinen Gästen schmeckt. Und genauso sollte es auch sein, wenn ich einen Lebenslauf formuliere oder eine Bewerbung angehe: Es ist nicht entscheidend, was ich selber toll finde, sondern was der andere gerne mag. Ein guter Koch weiß sehr genau, was seine Gäste wollen – und auf diese Bedürfnisse zugeschnitten zeigt er dann sein Können. Genau das leistet auch ein guter Lebenslauf. Stattdessen bieten aber viele Bewerber wild durcheinander ihre gesamte Speisekarte an und hoffen, dass da schon irgendwas dabei sein wird, was dem potenziellen Arbeitgeber gefällt. Nach dem Motto: Viel hilft viel. Ja, aber genau diese Volle-Teller-Mentalität ist Käse. Stellen Sie sich jemanden vor, der in ein Restaurant geht, um richtig gut zu essen. So ein Gast will nicht unglaublich viel in sich reinschaufeln. Er will ausgesuchte Qualität, die genau das bedient, worauf er in diesem Moment die größte Lust hat. Also sollte ein Bewerber nicht nur einen Lebenslauf parat haben, sondern mehrere? Als Bewerber sollte ich einen Werkzeugkasten besitzen, den ich zu Beginn bestücke: Was zeichnet mich aus, welche Erfahrungen habe ich gesammelt und welche spannenden Geschichten habe ich zu erzählen? Gerade direkt nach dem Studium, wenn ich noch nicht so viele Berufserfahrungen vorweisen kann, ist es wichtig, diesen Werkzeugkasten mit anderen Dingen als Zeugnissen zu füllen. Dafür ist es sinnvoll, eine Art Tagebuch mit allen Projekten, Erlebnissen oder Engagements zu führen. Wenn ich mich beim Unternehmen X oder Y bewerbe, muss es mir gelingen, aus der Stellenanzeige und dem Unternehmensprofil das herauszulesen, was der Anbieter sucht. Wie gelingt es einem Bewerber, die Qualitäten aufzuspüren, die ein Unternehmen tatsächlich sucht? Bleiben wir im Restaurant: Wer einen Gast nur aus der Entfernung betrachtet, kann vielleicht ungefähr beurteilen, was er möchte – aber es bleibt bei Vermutungen, und das Essen wird zum reinen Glücksspiel. Die einfache Lösung ist: Ich rede mit ihm und frage nach. Das kostet Zeit, daher bedeutet das für den Bewerber zunächst einmal: Weniger ist mehr. Lieber verzichte ich auf die große Bewerbungsaktion und wähle pro Tag nur eine Stellenanzeige aus, die mich wirklich interessiert – aber bei dieser Bewerbung gebe ich mir richtig Mühe. Ich recherchiere auf der Homepage, für was das Unternehmen steht. Und ich rufe dort auch an und stelle Fragen. Sind solche Anrufe bei den Unternehmen tatsächlich gerne gesehen? Angenehme Telefonate hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Das sind akustische Visitenkarten, die das Interesse des Bewerbers zeigen und die zielführend sind, weil ich als Bewerber am Telefon Dinge erfahre, die andere nicht wissen. Und diesen Wissensvorsprung kann ich dann für das Anschreiben und den Lebenslauf nutzen. Na ja, und wenn ich bei dem Anruf merke, dass sich die Personalabteilung vom Anruf genervt zeigt und nichts erzählt, dann erfahre ich natürlich auch etwas über das Unternehmen – und sollte mich fragen, ob ich denn dort tatsächlich arbeiten möchte. Sprich: Auch Bewerber dürfen nicht zu unkritisch sein. Man darf heute als Bewerber selbstbewusst sein. Einen besseren Arbeitsmarkt für qualifizierte und ambitionierte Akademiker als den aktuellen kann man sich kaum vorstellen. Das Verhältnis ist heute nicht mehr: oben die Firma, unten der Bewerber, der alles tut, um da reinzukommen. Am Ende des Tages suchen sich heute die Bewerber das richtige Unternehmen aus – und nicht mehr umgekehrt. Um wieder die Analogie zum Restaurantbesuch zu ziehen: Wer Hunger hat, geht heute nicht einfach irgendwohin, sondern sucht sich ein Lokal aus, bei dem in seinen Augen das Ambiente und die Kultur passen. Diese Dinge sind letztlich wichtiger als das Essen, das dann schließlich auf dem Teller ist.Zur Person
Christian Pape, 53 Jahre, studierte Elektrotechnik und arbeitete zunächst und wenig glücklich als Hardware-Entwickler für Siemens. Danach war er für einige Jahre in Vertrieb und Management für japanische Konzerne tätig, bevor er den Geist amerikanischer Unternehmen im Management eines Chipherstellers aus den USA kennenlernte. 1992 machte er sich zusammen mit seiner Frau selbstständig, als er die Marktlücke für eine branchenorientierte Personalberatung erkannte. Seitdem agiert Pape als Vorstand seines Unternehmens und als Top-Headhunter und Karrierecoach für Klienten, die sich beruflich verändern möchten. Christian Pape, Vater von zwei erwachsenen Söhnen, joggt und taucht, spielt Gitarre und Klavier und ist ein leidenschaftlicher Koch. Er ist zudem Autor des humorvollen Tippgebers und Jobführers „Traum! Job! Now!“. Weitere Informationen: www.pape.de
Christian Pape: Traum! Job! Now! Die Geheimnisse der erfolgreichen Jobsuche. Heyne Verlag 2010. ISBN 978-3453680098. 12, 95 EuroÄndert sich dadurch die Suchperspektive? Ja, denn man sollte sich nicht zu sehr auf die Jobbeschreibungen fokussieren. Der erste Blick gehört dem Unternehmen. Handelt es sich um einen großen Konzern oder um eine mittelständische Firma? Wie liest sich die Hierarchiestruktur, wie viele Abteilungen gibt es? Ist es ein junges Start-up- Unternehmen oder ein traditionsreicher Familienbetrieb? Hat die Firma eine Muttergesellschaft im Ausland und ist sie international tätig? Es kann vorkommen, dass Unternehmen mit den verschiedensten Merkmalen eine sehr ähnliche Jobbeschreibung formulieren – und doch werden jeweils ganz andere Talente gesucht. Entscheidend ist dann die Frage: Kann ich das, will ich das? Handelt es sich zum Beispiel um die deutsche Abteilung einer amerikanischen Firma, darf ich davon ausgehen, dass ich extrovertierter auftreten muss – bei einer japanischen Mutter ist eher Geduld gefragt. Stimmt der Eindruck, dass das Spektrum an unterschiedlichen Unternehmen heute wesentlich größer ist als vor 20 Jahren? Absolut. In der Unternehmenswelt hat sich Multikulti längst etabliert. Das typische deutsche Unternehmen, das man früher kannte, gibt es heute nicht mehr. Jede Firma hat ihre eigenen Geschichten, regionalen Eigenarten und Strukturen. Können Sie Skeptiker beruhigen, die sich denken: Unternehmenskultur und passgenaue Bewerbung schön und gut – aber am Ende bekommt doch der den besten Job, der den besten Abschluss vorlegen kann? Ich mache jetzt seit 20 Jahren Personalberatung und suche im Auftrag von Unternehmen neue qualifizierte Mitarbeiter. Ich stelle den Firmen dann Kandidaten vor, und in den allerseltensten Fällen bekommt der Bewerber den Job, der am Idealbild des Jobprofils am dichtesten dran ist. Kein Unternehmen entscheidet heute nach einer Matrix. Daher kann man auch die Bedeutung der Soft Skills gar nicht unterschätzen. Für Unternehmen ist die Frage „Was bin ich?“ unwichtiger als die Frage „Wie bin ich?“. Ich rate jedem Einsteiger daher, die Zeit vor den Bewerbungen zu nutzen, um diese Soft Skills noch einmal zu schleifen – und das gelingt am besten durch praktische Erfahrungen. Bleiben denn die Soft Skills im Verlauf einer Karriere wichtig, oder kommt ab einer bestimmten Position der Punkt, an dem es doch nicht ohne exzellente Noten und besondere theoretische Zusatzqualifikationen weitergeht? Wenn erfahrene Leute für Führungspositionen gesucht werden, fragt erst recht keiner mehr nach Zeugnissen oder ähnlichen Dingen. Dann geht es nur noch darum, den Menschen kennenzulernen, um zu schauen, ob er zum Unternehmen und zur Aufgabe passt. Je weiter es auf der Karriereleiter nach oben geht, desto mehr treten die Hard Skills in den Hintergrund. Klingt verrückt – ist aber so. Noch einmal zurück in die Küche: Wer gerne und gut kocht, weiß, dass zu viel Salz jedes Essen ungenießbar macht. Welchen oft gemachten Fehler beobachten Sie bei Einsteigern, die ihre Karriere planen? Ein großer Fehler ist es, einem Idealbild von Karriere hinterherzuhecheln. Die Einsteiger denken, man müsse eines Tages Personalverantwortung tragen und es sei Pflicht, im Laufe einer Karriere auch Dinge zu können, die ihrer Persönlichkeit nicht entsprechen. Aber das ist Quatsch. Natürlich gibt es fraglos Defizite, an denen man arbeiten sollte. Jähzorn zum Beispiel. Aber wenn jemand introvertiert ist, sollte er sich nicht das Ziel setzen, in spätestens fünf Jahren ein extrovertierter Manager zu sein. Das verlangt keiner von ihm. Der Marktwert eines Mitarbeiters definiert sich heute anders als früher. Die Geschwindigkeit, mit der jemand eine Karriereleiter hochsteigt, ist nur noch ein Aspekt unter vielen – und er ist gleichberechtigt mit einer Karriere, bei der ein Mensch früh ein Zuhause im Unternehmen findet, in dem er sich wohlfühlt. Jeder Koch kocht anders. Wenn Bewerbungsschreiben die Aufgabe haben, dass ein Unternehmen Appetit auf mich bekommt: Was kommt besonders gut an – und mit welchen Zutaten verdirbt man jeder Personalabteilung den Appetit? Ein Appetitanreger ist ja ein Amuse-Gueule, mit dem der Koch seine erste Visitenkarte abgibt. Im Idealfall trägt es die Botschaft: „Das war schon mal gut, ich bleibe sitzen, da kommt noch einiges nach.“ Das Amuse-Gueule einer Bewerbung ist das Anschreiben, und hier muss ich dem Leser genügend Anreize geben, damit er am Ball bleibt. Es gibt eine Menge Dinge, die man nicht schreiben sollte, weil der Leser sonst wegdriftet. Dazu zählen diese typischen Plattitüden, die kein Mensch mehr hören möchte: Ich bin motiviert, ich bin teamfähig, ich bin dynamisch – alles blödsinnige Allgemeinplätze, die jeder von sich behaupten kann und die deshalb keine Aussage haben. Das ist, als servierte ich als Amuse-Gueule eine Erbsensuppe, die es genauso auch auf dem Dorffest oder im Supermarkt gibt. Stattdessen muss es darum gehen, individuell und mit wenigen Worten überzeugend zu argumentieren, warum man sich für dieses Unternehmen interessiert – wobei mir alle Dinge einen Vorteil verschaffen, die ich nicht nur behaupte, sondern durch konkrete Maßnahmen auch belegen kann. Im Karrierekochbuch weiterlesen



Eigentlich klingen die Nachrichten aus New York ja vielversprechend. Die Stadt erhole sich langsam von der Krise, Anfang 2010 sei die Arbeitslosenquote erstmals wieder gesunken. Offiziell ist zarte Hoffnung angesagt. Doch das Independent Budget Office schätzte im Mai 2009, dass die Finanzbranche 56.800 Jobs verlieren wird – und zwar bis ins Jahr 2012 hinein. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, die meisten Finanzunternehmen würden derzeit eher Praktikanten als Trainees einstellen, und aus ausländischen Niederlassungen würde niemand mehr nach New York geschickt. Wenn überhaupt, hätten Superprofis mit langer Berufserfahrung eine Chance.
„Der Arbeitsmarkt in New York ist konkurrenzbetonter geworden“, sagt auch Georg Albes, Direktor beim auf die Finanzbranche spezialisierten Personaldienstleistungsunternehmen Robert Half International. Um sich in einem derart hart umkämpften Gebiet zu behaupten, muss man zunächst einmal herausfinden, welches Spezialwissen gefragt ist: „Gesucht wird für Investment und Product Accounting, Risikomanagement, Compliance, Analystenstellen und Research-Positionen für Berufseinsteiger“, verrät Georg Albes. Wer sich schon während des Studiums einen Praktikumsplatz in New York sichert, kommt leichter an solche Informationen – und schiebt am besten direkt noch US-spezifische Weiterbildungen ein. Schließlich punkten Bewerber auf dem Finanzplatz New York nicht nur mit dem MBA, sondern, so Georg Albes, auch mit Zertifikaten wie Certified Financial Planner, Chartered Financial Analyst und speziellen Lizenzen.
Bei der Jobsuche in New York sollte man zudem seinen Blickwinkel vergrößern: Investment Banking beispielsweise kann durchaus auch im Gesundheitssektor gefragt sein – oder in einer Anwaltskanzlei, die sich auf Investmentgeschäfte spezialisiert hat. Zwar stellt Georg Albes fest: „Die Unternehmen mussten sich sehr verkleinern und viele Stellen abbauen, aber während der Markt sich erholt, müssen die Unternehmen wieder einen wachsenden Umfang ihrer Geschäfte bewältigen. Sie beginnen, Personal einzustellen. Es gibt wertvolle Jobchancen in Institutionen aller Größen und Arten.“ Aber davon haben zuerst einmal die Amerikaner etwas. Von deutschen Bewerbern erwarten potenzielle New Yorker Arbeitgeber eine Arbeitserlaubnis. Man sollte also nicht nur Finanzexperte sein, sondern sich auch bestens mit den Visumbestimmungen auskennen. Zudem: Mehrfach betont Georg Albes „strong communication skills“ als Voraussetzung: Deutsche brauchen hervorragende Fremdsprachenkenntnisse.
Die Energiebranche ist mitten im Umbruch. Ihre Strukturen werden sich in den nächsten Jahren nicht unerheblich verändern. Vor diesem Hintergrund stellt sich umso mehr die Frage für Hochschulabsolventen oder Quereinsteiger: „Lohnt sich hier ein Engagement bzw. kann man dort noch Karriere machen?“ Die Restrukturierungen und Sparmaßnahmen der großen Energiekonzerne, voran der Ölmultis, die in der nächsten Zeit erheblich am Personal einsparen wollen und Bereiche ins Ausland verlagern, laden nicht zwangsläufig ein, sein Heil in diesen Unternehmen zu suchen. Auch Programme wie „Perform-to-win“ tragen nicht dazu bei, derzeit Karrieristen den Weg in diese Branche aufzuzeigen. Aber wie in der Vergangenheit ist davon auszugehen, dass es im Großen und Ganzen auch wieder gute Perspektiven in der Energiebranche geben wird, unabhängig davon, dass sich dieser Wirtschaftszweig immer noch durch attraktive gehaltliche Anreize auszeichnet. Also lohnt es sich, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen!
Was zeichnet die Spezialisten und Manager dieser Branche besonders aus? Was sollte man aus Karrieregründen beachten und welche Voraussetzungen sollte man mitbringen, um hier Fuß fassen zu können?
Für Hochschulabgänger gilt: Ein sehr gutes Examen oder Diplom, eine Ausbildung als Ingenieur, Wirtschaftswissenschaftler, Jurist oder Wirtschaftsingenieur und ein zusätzlich (im Ausland) absolviertes MBA-Studium gepaart mit Auslandserfahrung. Dies alles können viele der jetzigen (Top-)Manager in der Energiebranche vorweisen. Die Gilde der Juristen hat übrigens in den letzten Jahren mit Vehemenz Einzug in die Topetagen gehalten. Dies spricht für die enge Verzahnung von Wirtschaft und Politik mit deren Rechtsverordnungen. Daneben stehen auch die Ingenieure hoch im Kurs, dann erst gefolgt von Betriebs- und Volkswirten. Genau umgekehrt war es noch vor 10 bis 15 Jahren, als die Wirtschaftswissenschaftler den Ton angegeben haben. In dem laufenden Verdrängungswettbewerb sind anscheinend Juristen und Ingenieure mehr gefragt, als die auf Vertrieb und Controlling geschulten Kaufleute. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille.
Die andere Seite sind die erforderlichen Charaktereigenschaften und Sprachkenntnisse. Mehrsprachig muss sein, zumindest zweisprachig fließend, noch besser dreisprachig, wobei neben flüssigem Englisch Spanisch und Russisch immer wichtiger werden. Dies hängt mit der starken Internationalisierung zusammen und damit, dass die Osteuropäer europaweit immer präsenter im Energiebereich werden.
Welche Charaktereigenschaften spielen eine Rolle?
Allen voran sicherlich Fleiß, Ehrgeiz, Verantwortungsbewusstsein, Flexibilität und Mobilität, Einsatzfreude sowie eine multikulturelle Einstellung (siehe oben).
Dies hört sich im Moment etwas viel an und dürfte am Anfang der Karriere nicht voll umfänglich vorhanden sein, aber wird und muss sich im Laufe der Zeit entwickeln. Man wächst bekanntlich mit seinen Aufgaben.
Man sollte darauf achten, wo bzw. auf welchen Universitäten man studiert. Auch hier gibt es große Unterschiede. Nach wie vor stehen bei den Wirtschaftswissenschaftlern Universitäten wie Mannheim, Köln und Münster hoch im Kurs, die anderen holen aber mit großen Schritten auf. Leipzig will z.B. demnächst einen Lehrstuhl für Energie einrichten, um sich von den anderen Universitäten abzusetzen. Bei den (Wirtschafts-)Ingenieuren stehen nach wie vor Darmstadt, Karlsruhe und Aachen ganz vorne. Auslandsstudien an einer der Elite Universitäten (Harvard, Stanford etc.) runden eine exzellente Ausbildung ab.
Viele Leser sagen nun, diese Ausbildung brauchen wir letztendlich auch für andere Branchen. Man muss aber auch wissen, dass jeder Wirtschaftszweig seine eigene Gesetzmäßigkeiten hat, die erst später im Beruf zum Tragen kommt. Die Energiebranche hat den Anspruch, nur die Besten zu nehmen und siebt demnach auch in den ersten Berufsjahren erheblich aus.
Der Einstieg sollte als Referent oder Trainee sein und zwar mit einer breit angelegten Rotation. Beim Öl könnte das sein: Supply, Trading, Controlling, Finanz- und Rechnungswesen, vielleicht auch Personal. Dies gilt übrigens nicht nur für die Kaufleute, sondern ebenso für die Ingenieure und Juristen, wobei bei Letzteren die Tätigkeit in der juristischen Abteilung dazu kommt und bei den Ingenieuren z.B. die Raffinerieerfahrung. Dieser Einstieg wurde übrigens in der Ölindustrie systematisch so betrieben. Nur so konnte man auf ein breit angelegtes Wissen im Management zurück greifen und junge Nachwuchsmanager beliebig einsetzen. Dazu kamen regelmäßige Auslandseinsätze, um die Internationalität zu fördern. Ein ganz wichtiger Bestandteil einer guten Einarbeitungsphase. Die Besten empfehlen sich dann für Positionen im oberen bzw. obersten Management. Eher selten wird in dieser Branche der Einstieg als Assistent des Vorstands oder der Geschäftsführung angeboten. Dies ist und war wohl eher die Ausnahme.
Wie sollte dann ein Karriereweg in der Energiebranche aussehen?
Den Einstieg haben wir soeben beschrieben. Nach ca. 2 bis 3 Jahren sollte der nächste Karriereschritt erfolgen. Entweder intern oder sonst auch extern. Nach weiteren 3 bis 5 Jahren sollte man die Stufen des „Abteilungsleiters“ erklommen haben. Ab dann spielen noch andere „Begleiterscheinungen“, wie Netzwerke und Beziehungen, eine Rolle. Denn hier muss man sich nichts vormachen, ganz ohne dem geht es nicht!
Viele der (Top-)Manager haben einen Mentor gehabt, der sie gefördert hat. Dies ist auch so lange nichts Verwerfliches, soweit bei den Geförderten auch die entsprechenden Begabungen zuzüglich Fleiß und Einsatz gegeben sind. Leider gibt es aber auch eine Reihe von Beförderungen nach dem Peterchen-Prinzip oder ausschließlich über Vitamin B (Beziehungen). Dies hat schon manches Unternehmen an den Rand des Ruins gebracht, übrigens auch Familienunternehmen. Bei Letzteren heißt das Sprichwort basierend auf Erfahrungswerte: „Nur jeder zehnte Familiennachfolger ist geeignet, das elterliche Unternehmen erfolgreich weiterzuführen“.
Last but not least gehört es zu einer erfolgreichen Karriere zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle zu sein. Ob nun gerade der akut suchende Headhunter zur Stelle ist oder die Gesellschaft – bedingt durch das Ausscheiden eines Vorstands – Handlungsbedarf hat: Man muss gerade „available“ sein. Auf diese Situation kann man nicht oder nur begrenzt hinarbeiten; sie ist einfach da oder nicht. Aber nachweislich haben relativ viele attraktive Besetzungen durch diesen „Zufallsgenerator“ stattgefunden.
Die guten Topmanager leugnen dies auch nicht. Es handelt sich dabei übrigens sowohl um interne als auch um externe Neubesetzungen. Alles in allem muss man trotz der Eingangsbemerkungen über die Personalsituation in der Energiebranche sagen: Es lohnt sich immer noch, seine Karriere dort zu beginnen bzw. fortzusetzen. Sowohl die Nachfolgeprobleme, z.B. im Kraftwerksbereich, im Vertrieb/Key Account Management aber auch im kaufmännischen Bereich, bieten gute bis sehr gute Karrieremöglichkeiten für engagierte Mitarbeiter. Hinzu kommt: Die Branche ist überaltert, woraus sich wiederum Karrierechancen ergeben.
Zudem erleben wir sowohl bei den Großunternehmen als auch beim Mittelstand Restrukturierungen, die neu ausgerichtete bzw. ausgebildete Manager erforderlich machen und sich damit neue Berufsgruppen entwickeln. Wer hat vor Jahren über Beteiligungsmanager, Business Developer oder Portfoliomanager gesprochen? Die Welt dreht sich, die Welt bewegt sich! Auch das Outsourcing erfordert bei den outgesourcten Gesellschaften einen anderen Typus von Führungskräften und Mitarbeitern. Dies wird zu einem weiteren Bedarf an Spezialisten führen. Gar nicht daran zu denken, wenn der Kraftwerksbau doch einmal wieder zulegen wird. Hier fehlt eine ganze Generation von Kraftwerksmanagern! Schließlich sollten wir nicht den Personalbedarf bei den Unternehmen, die im Bereich Regenerative Energien tätig sind, vergessen. Hier benötigen wir über kurz oder lang mehr als 1.000 Führungskräfte und Spezialisten. Das nächste Jahrzehnt wird in der Energiebranche viele neue Herausforderungen bringen. Für deren Bewältigung benötigt man nicht nur Kapital, sondern gut ausgebildetes Personal. D.h. die Energiebranche wird auch zukünftig ein attraktiver, mit guten Perspektiven ausgestatteter Arbeitgeber bleiben, selbst wenn sich die Vorzeichen verändern werden!
Beginnen wir mit einem Zitat von Martin Luther: „Der Jurist, der nicht mehr ist als ein Jurist, ist ein arm Ding.“ Also, alles klarmachen zum Aufbruch – zumal es viel zu erreichen gibt außerhalb der Gerichtsmauern. Aber Vorsicht, bitte nichts überstürzen! Sonst endet man wie Lionel Hutz, einer Figur aus der Comicwelt der „Simpsons“, die sich neben ihrer desolaten Arbeit als Rechtsanwalt auch als Immobilienmakler, Babysitter oder Schuster versucht – und regelmäßig vor die Wand brettert. Gehen wir also strategisch vor: Was kann ein Jurist, was andere nicht können? Richtig, Plädoyers halten. Also: Glaubhaft argumentieren, ohne notwendigerweise an das Gesagte zu glauben. Mancherorts wird diese rhetorische Kunst mit der Lügerei gleichgesetzt, aber das ist nur der Neid der Normalsterblichen, die bei jeder Flunkerei eine rote Rübe bekommen. Ein Plädoyer ist keine Lüge, sondern die Interpretation einer Sachlage im Sinne einer Zielverfolgung. Oder volkstümlich gesagt: Man biegt sich eine Sache so lange zurecht, bis man zu Potte kommt.
Und schon sind wir in der Politik. Dort, wo man das Biegen und Brechen einer Sache „Reform“ nennt und der Pott, zu dem man kommen möchte, die Wählerstimme ist. Wer Wahrhaftiges über den Politikberuf erfahren möchte, sollte Max Weber lesen. Ein brillanter Denker, natürlich Jurist und Ende des 19. Jahrhunderts Vater der deutschen Soziologie. In einer Rede über den „Beruf des Politikers“ sagte er: „Die Bedeutung der Advokaten in der okzidentalen Politik seit dem Aufkommen der Parteien ist nichts Zufälliges. Der politische Betrieb durch Parteien bedeutet eben: Interessentenbetrieb. (…) Und eine Sache für Interessenten wirkungsvoll zu führen, ist das Handwerk des geschulten Advokaten.“ Kein Zufall also, dass der Bundestag fast zu einem Viertel aus Juristen zusammengesetzt ist. Dass Genscher und Schröder zugelassene Anwälte sind. Barack Obama, Hillary und Bill Clinton. Aber, nun ja, Silvio Berlusconi und George W. Bush eben nicht. Fragt sich nur, wen Max Weber meinte, als er von den „Interessenten“ sprach. „Das Volk!“, sagt der Politiker. „Die Lobbyisten“, murmelt der kritische Geist. Vorschlag zur Güte: Das wechselt, je nach Wahl-Kalender.
Betrachtet ein Vertreter des Mittelstands – ein Bäcker oder Schuster – den Lebenslauf eines erfolgreichen Polit-Juristen, wird er stutzen. Nehmen wir Westerwelle: Abitur 1980, 1987 das Erste, 1991 das Zweite Staatsexamen und Zulassung zum Anwalt. 1994 Promotion zum Dr. jur. – und im gleichen Jahr Wahl zum Generalsekretär der FDP, deren Bundesvorsitzender er seit 2001 ist. Unser Bäcker hat es neben seinem Tagewerk gerade mal zum Kassenwart des Kegelclubs gebracht – aber auch nur, weil es sonst keiner machen wollte. Für andere Engagements hat er keine Zeit. Er muss Brötchen backen, denn bliebe der teure neue Ofen kalt, in den er investieren musste, wäre sein Laden schnell pleite. Während der Volksmund auch dem Schuster nahelegt, bei seinem Leisten zu bleiben, ist der Jurist wie geschaffen für den Aufbruch in die Welt der Politik: Ers – tens ist er in seiner Kanzlei abkömmlich, weil dort eben kein neuer Ofen steht, der abbezahlt werden muss. Zweitens ist er durch sein Studium so sehr mit allen rhetorischen Winkelzügen vertraut, dass er nicht in Gefahr schwebt, plötzlich als der dumme August dazustehen.
Wichtig ist: Nicht zu spät zum Sprung ansetzen! Wer sich bereits als Rechtswissenschaftler profiliert hat und sich dann in die Politik einmischt (vielleicht sogar noch mit einer wirklich guten Idee), bekommt Saures – wovon der Jurist und Kurzzeit-CDU Schattenminister Paul Kirchhof ein Lied singen kann. Kaum hatte der sich erdreistet, eine erstaunliche Steuerreform vorzuschlagen, die das System nicht nur vereinfachen sollte sondern sich auch zu rechnen schien, kanzelte ihn der ehemalige Berufskollege Gerhard Schröder als den „wunderbaren Professor aus Heidelberg“ ab – was dann doch nicht mehr ist als eine moderne Version des dummen August.
