Prof. Wahlster und die künstliche Intelligenz: „Roboter ist hilfreicher Kollege“

Prof. Dr. Wolfgang Wahlster, Foto: Jim Rakete
Prof. Dr. Wolfgang Wahlster, Foto: Jim Rakete

Als Informatikprofessor an der Uni Saarbrücken und Leiter des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) zählt Prof. Dr. Wolfgang Wahlster zu den renommiertesten Experten im Bereich der künstlichen Intelligenz. Im Interview mit André Boße erläutert er die Bedeutung der neuen Entwicklungen für Ingenieure.

Herr Prof. Wahlster, was sind aktuell die wirklichen Neuerungen bei der künstlichen Intelligenz?
Künstliche Intelligenz ist entscheidend, damit wir die nächste Stufe der Digitalisierung unserer Wirtschaft erreichen. Zukunftsprojekte wie Industrie 4.0, Smart Service Welt oder Autonome Systeme nutzen massiv den Fortschritt auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz aus. Zum Beispiel ist in Deutschland eine neue Generation von kollaborativen Robotern entstanden.

Zur Person

Prof. Dr. Wolfgang Wahlster, geboren 1953 in Saarbrücken, studierte an der Uni Hamburg Informatik, wo er 1981 promovierte. Er ist Professor für Informatik und leitet seit 1988 das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken, Kaiserslautern, Bremen und Berlin, das – gemessen an der Mitarbeiterzahl – weltweit größte Forschungszentrum auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz. Zusammen mit zwei Kollegen konzipierte Wahlster das Zukunftsprojekt „Industrie 4.0“.

Was kann die neue Generation, was die alte noch nicht konnte?
Die Roboter müssen nicht mehr in Käfige eingesperrt werden, um die Fabrikarbeiter in der Nähe vor ihnen zu schützen. Sie arbeiten im Team mit dem Menschen, genau wie ein hilfreicher Kollege. Solche Leichtbauroboter mit menschlichem Ausweichverhalten sind heute bereits in der Automobilmontage im Einsatz.

Macht die künstliche Intelligenz die Arbeit der Ingenieure überflüssig?
Wir brauchen in Zukunft viel mehr Ingenieure, weil durch künstliche Intelligenz viele Bereiche der Arbeitswelt digitalisiert werden. Die neuen Generationen cyber-physischer Produktionssysteme und autonomer Systeme müssen geplant, produziert und gewartet werden. Dazu benötigen wir Ingenieure aller Fachrichtungen, die zusätzlich sehr gute IT-Kenntnisse sowie Grundkenntnisse im Bereich der künstlichen Intelligenz mitbringen.

Wie wandelt sich der Ingenieurberuf in Arbeitsumfeldern, in denen künstliche Intelligenz eine große Rolle spielt?
Gefragt wird in Zukunft weniger das reine Faktenwissen eines Ingenieurs sein – dieses kann durch digitale Assistenten mit extrem großen und ständig aktualisierten Wissensbasen über das Internet gezielt bereitgestellt werden. Bedeutsam ist ein tiefes Verständnis komplexer technischer Zusammenhänge über Disziplingrenzen hinweg. Der Ingenieur wird zukünftig routinemäßig KI-Systeme zur Analyse technischer Massendaten oder zur Fehlfunktionsdiagnose einsetzen. Dabei wird er vermehrt Datenbrillen und andere Wearables einsetzen, die ihm relevante Informationen für seine Aufgabe einspielen.

Wenn Mensch und Maschine wie Kollegen kooperieren – wer ist der Chef?
Entscheidend ist, dass auch im Zeitalter von Industrie 4.0 der Mensch in der Smart Factory im Mittelpunkt steht. Die Werker werden aber stärker durch kollaborative Roboter unterstützt. Eine wichtige Aufgabe der Ingenieure ist dabei, die richtige Organisation der Teamarbeit zwischen Mensch und Roboter zu finden, so dass menschliche und künstliche Intelligenz optimal zusammenwirken. Dann können auch bekannte Defizite menschlicher Intelligenz durch künstliche Intelligenz kompensiert werden.