Welche Soft Skills zählen bei Ingenieuren?

Immer wieder weisen Personaler und Karriereberater auf die Bedeutung von „Soft Skills“ hin. Was bedeuten sie für Ingenieure? Müssen stille Tüftler und Techniker ihre Persönlichkeit umkrempeln, um einen Job zu bekommen?

Persönlichkeit hat eigentlich jeder, oder? Was also ist genau gemeint, wenn in Stellenanzeigen von „Persönlichkeit“ die Rede ist? Personaler wünschen sich heute Bewerber, die neben ihren fachlichen Qualifikationen auch Geschick im Umgang mit Menschen mitbringen. Der neue Mitarbeiter soll sein Projekt vor Kollegen erläutern können, ohne ins Stottern zu geraten. Nachwuchskräfte sollten beim Kunden auch im Ausland um ein paar Worte Small Talk nicht verlegen sein. Nicht zuletzt wünschen sich Personaler Mitarbeiter, die bei Besprechungen ihre Argumente einbringen.

Das neue Selbstbewusstsein
Der Grund, wieso diese schlecht messbaren, „weichen“ Fähigkeiten immer mehr gefragt sind, liegt im Wandel des Arbeitslebens. Durch die Internationalisierung der Wirtschaft treten immer mehr Menschen miteinander in Kontakt. Die Kontakte werden kürzer und flüchtiger. Deshalb sind Mitarbeiter gefragt, die ihre Aussagen auf den Punkt bringen und angenehm „rüberkommen“. Ferner hat die Halbwertzeit von Fachwissen abgenommen. Wichtiger als die Kenntnisse, die ein Hochschulabsolvent mitbringt, ist seine Fähigkeit, neue Informationen rasch aufzunehmen. Er sollte schnell Wichtiges von Unwichtigem trennen können. Hier kommt die Persönlichkeit ins Spiel: Wer sich selbst viel zutraut, entscheidet schneller.

„Muss man ein vollkommen anderer Mensch werden? Die Antwort lautet: Jein.”
Kann man lernen, eine Persönlichkeit zu entwickeln, die den Anforderungen einer Nachwuchs-Führungskraft in modernen Unternehmen entspricht? Und kann man das lernen, ohne sich selbst zu verleugnen? Muss man, kurz gesagt, ein vollkommen anderer Mensch werden? Die Antwort lautet: Jein. Die schlechte Nachricht: Psychologen wie Christophe André und Francois Lelord gehen davon aus, dass das eigene Selbstbewusstsein vor allem davon abhängt, wie viel Zuwendung man als Kind in der Familie bekam. Soziologen wie der Darmstädter Professor Michael Hartmann argumentieren, dass über den Zugang zu Spitzenpositionen der deutschen Wirtschaft nach wie vor die soziale Herkunft entscheidet.

Die gute Nachricht: Wem Selbstvertrauen fehlt, kann es trainieren. Wer bei einem Vortag weiß, wie er seine Hände hält, fühlt sich sicherer. Wer vor einem Telefonat tief durchatmet, spricht nicht mehr mit gepresster Stimme. Die Beispiele ließen sich lange fortsetzen. Ein Training verändert nicht den Kern der eigenen Persönlichkeit. Das ist auch nicht Sinn der Sache, denn überzeugend auftreten können nur „authentische“ Manager, die mit sich selbst im Einklang stehen.

Zwar werden viele, teure Seminare über nahezu alle Themen rund um Soft Skills angeboten, doch ein Training in der Praxis hilft genauso gut. Beim VDE-YoungNet etwa treffen sich Studierende der Technik-Fächer, tauschen Neuigkeiten aus, organisieren Exkursionen und Tagungen. Wer sich in ein Sprecheramt wählen lässt, wird schon bald vor größeren Gruppen frei sprechen. Und was man im vertrauten Kreis der VDE-Kollegen geübt hat, fällt beim Bewerbungsgespräch gleich leichter.

Der Autor
Dr. Walter Börmann studierte an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Nach einem längeren Studienaufenthalt in den USA promovierte er in der Marktforschung und spezialisierte sich auf Technik-PR. Seit 1991 ist er beim VDE für Presse und Öffentlichkeitsarbeit zuständig.