Was sich ändern muss!

Foto: AdobeStock/AUUSanAKUL
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Christian H. D. Haak ist ein gefragter Redner, wenn es um die Transformation des Bauwesens geht. Zudem ist er Mitherausgeber des führenden Branchenpodcastst #Zukunft. Bauen. In seinem Gastbeitrag erklärt er, vor welchen gewaltigen Herausforderungen die Bauindustrie steht: Ihr muss eine Transformation in Richtung Nachhaltigkeit und Digitalisierung gelingen – und das im Bann von Krisen und eines Mangels an Fachkräften. Wie das gelingen kann? Zum Beispiel damit, das eigene Tun besser zu verkaufen. Von Christian Haak, Experte für die Entwicklung und Umsetzung von Zukunftsstrategien für Unternehmen aus der Bauindustrie.

Zur Person

Christian Haak, Foto: Haak
Christian Haak, Foto: Haak

Christian H. D. Haak, studierte in Hamburg BWL mit den Schwerpunkten Personalwirtschaftslehre, Organisation und Wirtschaftspsychologie. 1991 gründete er seine eigene Unternehmensberatung, hier berät er mit dem Schwerpunkt Strategie und Strategische Transformation Großund mittelständische Unternehmen, viele davon aus dem Segment der Bauindustrie. Er ist ebenso als Keynote-Speaker präsent und Mitherausgeber des führenden Branchenpodcastst #Zukunft.Bauen. An diversen Hochschulen (u.a. an der HAW Hamburg) ist er als Dozent zu Themen wie Personalführung oder Projektmanagement tätig.

www.christianhaak.de

Wenn über die größten Herausforderungen der Baubranche gesprochen wird, fallen schnell zwei Begriffe: Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Beide sind zentral, keine Frage. Doch möchte ich eine dritte Herausforderung ins Spiel bringen, die mindestens genauso essenziell ist: der Fachkräftemangel. Es muss dringend gelingen, die Branche für potenzielle Mitarbeiter*innen sichtbarer zu machen. Mit allen ihren spannenden Facetten, die sie zu bieten hat. Denn benötigt werden nicht nur die Menschen, die sowieso schon in der Bauindustrie tätig sind. Attraktiv sein müssen die Unternehmen auch für Talente, die noch gar nicht wissen, welche interessanten Job-Profile die Branche zu bieten hat.

Wie das gelingen kann? Zum Beispiel, indem man endlich über das Thema „Sinn“ spricht. Was philosophisch klingt, hat einen ökonomischen Hintergrund: Unternehmen, die in 10 bis 15 Jahren nicht nachhaltig wirtschaften, werden vom Markt verschwinden. Dieser Druck ist Motor für Veränderungen: Sobald Unternehmen die wirtschaftlichen Vorteile nachhaltiger Geschäftsmodelle erkennen, ergibt es für sie überhaupt keinen Sinn mehr, das Thema nur halbherzig anzugehen.

„Sinn“ hat aber noch eine zweite Bedeutung, und hier kommen wir wieder auf die Menschen zu sprechen: Alle Unternehmen stehen heute vor der Aufgabe, ihren Mitarbeiter*innen den Sinn ihres Tuns zu verdeutlichen. Und hier hat der Bau gegenüber anderen Branchen einen großen Vorteil. Schließlich geht es darum, die Lebenswelten der Zukunft positiv mitzugestalten. Ganz konkret, mit Häusern und Straßen, Brücken und Parks, Plätzen und Trassen. Es gibt Branchen, die sehr gut darin sind, ihre Wirksamkeit zu verkaufen. Die Bauindustrie hat hier noch Nachholbedarf. Mein Eindruck ist, dass sich die Branche bis vor wenigen Jahren nie gefragt hat, warum es wichtig sein sollte, zu vermitteln, wie faszinierend und wichtig die eigene Arbeit ist.

Woran’s liegt? Auf dem Bau herrscht häufig eine besondere Kultur. Man ist eher bescheiden, arbeitet sachbezogen an technischen Lösungen. Doch das reicht heute nicht mehr aus. Es ist notwendig, den Sinn, den man als Bauingenieur*in mit der Arbeit erfüllt, wahrnehmbarer zu machen. Wer Gutes tut, sollte das auch nach außen verkaufen! Der Fachkräftemangel führt uns vor Augen, wie wichtig das ist. Nach und nach beginnen die Unternehmen, die guten Dinge, die sie früher ganz selbstverständlich getan haben, selbstbewusst ins Schaufenster zu stellen. Nicht übertrieben. Aber schon so, dass man sie sieht.

„Es muss dringend gelingen, die Branche für potenzielle Mitarbeiter*innen sichtbarer zu machen. Mit allen ihren spannenden Facetten, die sie zu bieten hat.“

Der Vorteil der Baubranche: Sie muss dabei keine Schaumschlägerei betreiben. Sie muss eigentlich nur zeigen, was sie tut, was sie kann. Das beginnt in meinen Augen schon bei der Sprache. Schon heute nutzt das Bauwesen Zukunftstechniken wie Automatisierung, Künstliche Intelligenz und Robotik. Bau – das ist digitales Hi-Tech. Es gibt auf Baustellen mit Tablets gesteuerte Baumaschinen, die mit smarter Sensorik ausgerüstet sind und von Satellitentechnik gestützt werden. Und wie nennt man diese Maschinen vor Ort? Weiterhin Bagger oder Raupe. Noch ein Beispiel: In der Baubranche wird die in den Baustoffen eines Gebäudes gebundene Energie weiterhin als „graue Energie“ bezeichnet. Klar, das ist der korrekte Fachbegriff aus dem Studium, aber er klingt nicht besonders werthaltig.

In der Abfallwirtschaft ist man bereits weiter, da spricht man nicht mehr über Müll, sondern von Wertstoffen. Also: Weg von der „grauen Energie“, hin zu einem Begriff, der diese Energie aufwertet. Sprache ist keine Nebensächlichkeit. Sie prägt die Attraktivität der Branche. Gefragt sind hier auch die Hochschulen. Sie müssen dem Nachwuchs vermitteln, dass es dazugehört, den eigenen Marktwert sichtbar zu machen. Das ist auch wichtig für die eigene Karriere, denn wenn ich das nicht für mich selbst kann, dann kann ich es auch nicht für meine Produkte oder meinen Arbeitgeber. Jeder ist ein Unternehmer seiner eigenen Talente! Ich habe als junger Bauingenieur schon selbst die Aufgabe, sichtbar zu machen, warum es sich lohnt, mich einzustellen, mir ein Projekt anzuvertrauen oder mich zu beauftragen. Jedoch gibt es in den Studiengängen häufig überhaupt kein Bewusstsein für diese Kompetenz. Das muss sich ändern. Denn der Skill, anderen zu zeigen, was man kann, lässt sich nicht über Nacht einfach abrufen – den muss man trainieren.

Für die Ohren

Zusammen mit Bauingenieur Martin Ferger, einem Experten für Baumanagement und Technologien im Baubereich, gibt Christian Haak den Podcast „Zukunft.Bauen. | Der Haak & Ferger Zukunftspodcast für die Bauindustrie!“ heraus.

 

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