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Vom Cola-Werk zur Erlebniswelt: Motorworld Mallorca

Wo einst Cola-Flaschen über Förderbänder ratterten, funkeln heute Ferraris und Porsches hinter Glasfassaden. Auf dem Gelände des ehemaligen Coca-Cola-Werks bei Palma de Mallorca entstand mit der Motorworld Mallorca ein spektakuläres Zentrum für Mobilität, Lifestyle und Events – und ein Lehrstück für den kreativen Umgang mit industriellem Erbe. Ein Gastbeitrag von Wiebke Deggau, Motorworld Group

Mit der Motorworld Mallorca ist eine automobile Erlebniswelt mit außergewöhnlichem Charakter entstanden. Auch architektonisch stellt sie eine echte Besonderheit dar: Das alte Betonskelett der Fabrik wurde erhalten und bestimmt weiterhin das strenge Achsraster des Gebäudes. Doch diesem rationalen Raster stellten die Architekten von TBI Architecture & Engineering aus Barcelona eine neue Formensprache entgegen – geschwungene Linien und Kurven, die an Rennstrecken erinnern und Bewegung suggerieren.

Für Bauingenieur:innen eröffnet sich hier ein interessantes Spannungsfeld: Wie lässt sich eine massive, auf Effizienz ausgelegte Industriestruktur mit einer Architektur vereinen, die Geschwindigkeit und Eleganz verkörpern soll? Die Motorworld zeigt, dass der Reiz im Kontrast liegt.

Besondere Elemente

  • Dreigeschossiges, gläsernes Parkregal mit 60 Stellplätzen
  • Eventhalle für 2.000 Personen mit Drehscheibe und Hebeplattform
  • Historische Windmühlen und Aquädukt im Außengelände
  • Materialien: Klinkerriemchen, Sichtbeton, Stahl, Marès-Stein

Eyecatcher: Die gläserne Boxengasse Im hinteren Hallenbereich erhebt sich ein dreigeschossiges, vollverglastes Parkregal mit 60 Stellplätzen. Hier werden Oldtimer und Sportwagen nicht bloß abgestellt – sie werden wie Kunstwerke inszeniert. Ein halbautomatisches System hebt und bewegt die Fahrzeuge, jederzeit abrufbar für ihre Besitzer.

Dieses „Glasboxen“-Konzept verbindet Ingenieurtechnik, Brandschutz und Showeffekte – ein Beispiel, wie technische Systeme nicht nur funktionieren, sondern inszenieren können.

Die Mobility Hall: Raum für Events

Highlight des Tagungs- und Eventbereiches der Motorworld Mallorca ist die Mobility Hall, eine Eventhalle für bis zu 2.000 Personen. Eine im Boden eingelassene Drehscheibe, versenkbare Hebeplattformen und breite Sektionaltore ermöglichen Inszenierungen aller Art. Ergänzende Stahlfachwerkträger mit fast 30 Metern Spannweite tragen Eventtechnik, Licht- und Soundanlagen. Für angehende Bauingenieur:innen lohnt hier der Blick auf die Anpassung des Bestands: Wie lassen sich Tragreserven schaffen, ohne die alte Bausubstanz zu überfordern? Die Kombination von Bestand und neuen Tragstrukturen ist ein Paradebeispiel.

Materialien zwischen Nostalgie und Neon

Die Materialwahl spielt bewusst mit Kontrasten. Ein Mauerwerkssockel greift den Ton des mallorquinischen Natursteins Marès auf und und bildet einen Bezug zur lokalen Bautradition. Zugleich bleiben Trapezblech, Sichtbeton und verzinkte Stahlträger sichtbar – ein offenes Bekenntnis zur Industriegeschichte. Den Gegenpol bildet die moderne Lichtführung: RGBW-LED-Bänder an allen Geschosskanten verwandeln das nüchterne Tragwerk nachts in eine leuchtende Bühne.

Bauen im Bestand als Zukunftsmodell

Das Projekt ist auch ein Musterbeispiel für nachhaltiges Bauen im Bestand. Anstatt neu zu bauen, revitalisierte die Motorworld Group die bestehende Industriebrache – ein ökologischer und ökonomischer Vorteil. Historische Elemente wie zwei denkmalgeschützte Windmühlen wurden restauriert und integriert. Auf 4.500 Quadratmetern erzeugt eine Photovoltaikanlage jährlich über 427.000 kWh Strom, und Ladesäulen für E-Mobilität erweitern das Angebot. Mit dieser Mischung aus Bewahrung und Innovation zeigt die Motorworld Mallorca, wie Bestandsbauten ressourcenschonend, kulturell wertvoll und zugleich hochmodern genutzt werden können.

Architektur als Statement

Die Motorworld Mallorca ist kein neutraler Bau, sondern ein bewusstes Statement. Sie feiert den Luxus der automobilen Gegenwart, ohne die industrielle Vergangenheit zu verleugnen. Damit wird das Gebäude selbst zum Spiegel einer Zeit, in der Fabrikhallen nicht mehr produzieren, sondern inszenieren.

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