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Nachhaltig & Co. sind auch morgen noch richtig

Klimaschutz, Nachhaltigkeit und das ganze Gedöns sind mit den Regierungswechseln in Amerika und bei uns irgendwie durch – so oder so ähnlich ist zunehmend zu hören. Ist dem wirklich so? Ich bin vom Gegenteil überzeugt: nachhaltig und langfristig wirtschaftlich bauen für alle geht wunderbar zusammen. Und wenn Klimawandel, Ressourcenknappheit oder abnehmende Biodiversität wirklich real sind, was die große Mehrheit der ernstzunehmenden Wissenschaft nahelegt, dann sollten sich Studierende weniger an kurzfristigen politischen Stimmungen, sondern besser an den langfristig wichtigen Themen orientieren. Ein Gastbeitrag von Dr. Bernhard Hauke

Wer erinnert sich noch an die leidenschaftlich geführte Debatte um das Drei-Liter-Auto? Damals dachten wir – etwas verkürzt –, der Benzinverbrauch sei das Maß für die Umweltfreundlichkeit von Autos. Gleichzeitig spielte es keine Rolle, dass die Drei-Liter-Autos aus energieintensivem Aluminium oder gar Carbon hergestellt wurden. Hauptsache der Benzinverbrauch war niedrig. Der Verkehr ist immer noch wichtig für globale Nachhaltigkeitsfragen, wird aber inzwischen auch ganzheitlicher betrachtet.

Gleichzeitig ist heute besser bekannt, dass weniger das Elektroauto Klima und Umwelt und damit unsere Lebensgrundlagen rettet, sondern maßgeblich der Bau- und Immobiliensektor. Damit sind Bauingenieurwesen, Architektur & Co. zu Schlüsseldisziplinen für Lösung und Umsetzung vieler Themen zu Klimaschutz, Klimaanpassung und Nachhaltigkeit aufgestiegen.

Dabei ist es eigentlich egal oder, besser gesagt, den persönlichen Neigungen überlassen, ob man sich mehr für Real Estate und Projektentwicklung interessiert, moderne Baustoffe und Bauprodukte entwickeln und produzieren möchte, lieber die konstruktiven Themen der Tragwerksplanung angeht oder planerisch Verkehr, blau-grüne Infrastruktur oder Wasserversorgung und Abfallnutzung gestaltet, mit Gummistiefeln und Laptop über die Baustelle stapfen möchte, gerne Gebäude oder Brücke effizient betreibt oder in einer entscheidungsfreudigen und digitalen Bauverwaltung arbeitet – überall spielen weiterhin und zunehmend Nachhaltigkeitsthemen eine essentielle Rolle. Und die Bauingenieure sind immer mittendrin, wenn auch vielleicht etwas leiser als andere.

Das nachhaltigste Gebäude, die klimafreundlichste Brücke sind die, welche schon da sind und möglichst lange (um)genutzt werden können.

Gerade in den Jahren der viel gescholtenen Ampel-Koalition hat sich, oft noch im Kleinen und Verborgenen, doch einiges entwickelt und auch zum Positiven verändert. Es wird nun mehr gelehrt und geforscht zu Themen des nachhaltigen Bauens, es gibt diverse Startups und auch bei Normen und Regeln tut sich langsam etwas. Das ist sicher immer noch zu wenig, aber es wird nicht einfach wieder verschwinden, nur weil die Großwetterlage gerade eher wieder anders herum ist.

Und noch etwas zeichnet sich ab: Das nachhaltigste Gebäude, die klimafreundlichste Brücke sind die, welche schon da sind und möglichst lange (um)genutzt werden können. Da geht es nicht nur um reine Ökothemen, sondern zuvorderst um sich verändernde Nutzungskonzepte, aber auch um Berechnungen, Produkte und Services, die den Lebenszyklus verlängern und vor allem den Wert des Bauwerks erhalten oder sogar steigen. Von der Bestandsanalyse, über Planung, Bau und Betrieb oder Umnutzung bis zu Rückbau, Recycling oder besser Wiederverwendung muss alles ganzheitlich bedacht werden. Die technische Seite der aufkommenden Umbaukultur bietet zahlreiche Aufgaben für uns Bauingenieure.

Abwarten und Zögern wird uns nicht weiterbringen, so hat es kürzlich Schüco- Chef Andreas Engelhardt formuliert und gefordert, gemeinsam Deutschlands Wirtschaft wieder zum Vorreiter für Nachhaltigkeit zu machen und damit natürlich insbesondere den so maßgeblichen Bausektor im Kopf gehabt.

Dr. Bernhard Hauke

Der Ingenieur, Journalist und Nachhaltigkeitsexperte Dr. Bernhard Hauke ist gelernter Baufacharbeiter, hat an der TU Darmstadt Bauingenieurwesen studiert und mit einem Monbusho-Stipendium an der Univ. Tokyo promoviert. Anschließend war er je eine Dekade Leiter Tragwerksplanung bei Hochtief Engineering in Frankfurt und danach Geschäftsführer von bauforumstahl in Düsseldorf. Seit 2018 ist er Editorial Director des Bauingenieur- Fachverlages Ernst & Sohn und hat 2022 die Zeitschrift nbau. Nachhaltig Bauen gegründet.

www.nbau.org

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