Die Automobilindustrie zum Vorbild

Foto-Olaf-Meyer

Neben einer Branchenkonsolidierung und der Digitalisierung nennt eine Studie die Industrialisierung des Bauens als einen der Haupttreiber für den Change in der Branche. Dies liegt vor allem daran, dass eine serielle und modulare Fertigung zu ressourceneffizienterem und kostengünstigerem Bauen führt. Von Christoph Berger

Im Oktober 2021 richteten die Hauptgeschäftsführer der Spitzenverbände der Bauund Immobilienwirtschaft einen Appell an die Politik. In dem sprachen sie sich für eine weitere Förderung industrieller Bauverfahren aus – immerhin seien eine serielle und modulare Fertigung ein entscheidender Hebel, um ressourceneffizientes und kostengünstiges Bauen enorm nach vorne zu bringen. Diese Form der Industrialisierung, also die Einführung neuer Produktions- und Fertigungsverfahren, die es ermöglichen, ganze Bauteile und -abschnitte nicht mehr an der Baustelle, sondern industriell und modular vorab herzustellen, wird auch in der McKinsey-Studie „The next normal in construction – how disruption is reshaping the world’s largest ecosystem“ als einer von drei Treibern aufgezählt, die die Baubranche grundlegend verändern werden. Die Industrialisierung nach dem Vorbild des Automatisierungsgrads in der Automobilindustrie führe auch am Bau zu einer billigeren und schnelleren Produktion. Inklusive der Anmerkung, dass die Individualisierung mittels Industrie 4.0 dennoch eine Vielfalt beim Bauen erlaube.

Viele Bauunternehmen haben diesen Trend bereits erkannt. Beispielsweise betreibt die Firmengruppe Max Bögl aktuell schon so eine moderne Fertigungsstätte für eine wirtschaftlichere Produktion der modularen Wohnungsbau-Komponenten ihres Produkts maxmodul sowie von Betonfertigteilen für den Wohnungs- und Gewerbebau. Im brandenburgischen Eberswalde baut die Renggli Deutschland GmbH Deutschlands größtes Holzmodul-Werk für die Errichtung mehrgeschossiger Gebäude. In dem Werk sollen ab 2024 auf rund 20.000 Quadratmetern Produktionsfläche Holzmodule für nachhaltige und klimagerechte, mehrgeschossige Gebäude hergestellt werden.

Linktipp

Die Hochschule für angewandtes Management bietet den Studiengang „Industrielles Bauen“ an, der mit dem Titel „Master of Engineering“ abschließt.

Das auf Bau-Marktinformationen spezialisierte Unternehmen BauInfoConsult erwartete im Februar dieses Jahres für 2022 ein Wachstum von rund fünf Prozent bei den Fertigwohnhäusern, bis 2030 sei ein Marktanteil von einem Viertel ein durchaus wahrscheinliches Szenario. Die Marktforscher haben zudem Holz als dominanten Wandbaustoff ausgemacht, wenn es um den Einsatz von industriell vorgefertigten Bauteilen im Wohnungsbausegment geht. Der mit großem Abstand dahinter liegende Stahlbeton werde laut der Untersuchung in den kommenden Jahren indes mit einer negativen Fertigstellungsbilanz bei der Fertigteilbauweise im Wohnungsbau zu kämpfen haben. Dies liege zum Teil daran, dass Stahlbetonfertigteile im Vergleich zu Holz als Baustoff bei einigen Bauherren an Attraktivität eingebüßt hätten. So könnten mittlerweile auch Mehrfamilienhäuser rentabel in der Holzständerbauweise errichtet werden – früher war der Einsatz von Stahlbetonfertigteilen eher eine Domäne im Fertigteile-Mehrfamilienhausbau.

Dennoch: Das deutsche Wohnungsbausegment sei und bleibe vorerst von der konventionellen „Stein-Auf-Stein-Bauweise“ dominiert, so BauInfoConsult. Auch wenn bereits 2020 die 20.000er-Marke bei neuen Wohngebäuden in Fertigteilbauweise überschritten worden sei. Der Anteil von Fertighäusern aller in 2020 fertiggestellten Neubauprojekte im Wohnungsbau lag damit bei rund 18 Prozent.