Der Anfang einer neuen Bau-Ära

Demonstratoren: Vergleich Stahl- und Carbonstab sowie Textilbeton, Foto: filmaton: filmaton
Demonstratoren: Vergleich Stahl- und Carbonstab sowie Textilbeton, Foto: filmaton: filmaton

Das Konsortium„C3 – Carbon Concrete Composite“ ist das derzeit größte Forschungsprojekt im deutschen Bauwesen. Die dabei verfolgte Vision ist, Stahl im Beton langfristig durch Carbon zu ersetzen. Denn: Mit Carbonbeton kann nachhaltig, umweltschonend, weniger materialintensiv und leichter gebaut werden. Schonheute kann sich die Liste an Auszeichnungen des Projekts sehenlassen: Gewinner des GreenTecAwards, des Deutschen Nachhaltigkeitspreises Forschung und des Rohstoffeffizienzpreises. Drei der führenden Köpfe des Konsortiums erhielten außerdem den Deutschen Zukunftspreis 2016, den Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation. Von Christoph Berger

Die Ausgangslage ist folgende: Anders als erwartet, bleibt die Lebensdauer von Stahlbetonkonstruktionen aufgrund der Korrosion hinter den Erwartungen zurück. Sie liegt zwischen 40 und 80 Jahren. Das ist einer der Gründe dafür, dass inzwischen viele Bauwerke, vor allem auch Brücken, zu einem Sicherheitsrisiko geworden sind. Um den Stahl vor Korrosion zu schützen, wird unter anderem eine dicke Betonschicht benötigt – ein enormer Ressourcenverbrauch. Somit ist unter anderem auch zu erklären, dass Stahlbeton der wichtigste Baustoff Deutschlands ist. Über 100 Millionen Kubikmeter werden hier jährlich von dem Baustoff verbaut.

Überhaupt: Beton ist nach Wasser das weltweit am häufigsten verwendete Material. In dem Forschungsprojekt „C³– Carbon Concrete Composite“ ist es aber gelungen, eine korrosionsbeständige und ressourcensparende Alternative zum herkömmlichen Stahlbeton zu entwickeln. Mit dem Verbundmaterial Carbonbeton – einer Kombination aus Spezialbeton und Carbonfasern – will das Konsortium nun eine „Revolution am Bau“ einleiten oder, um den Titel der dazugehörigen Internetseite aufzugreifen: Bauen neu denken.

Carbon rostet nicht, eine zusätzliche Schutzschicht ist daher nicht notwendig. Zirka 50.000 einzelne Fasern, die deutlich dünner als ein menschliches Haar sind, werden dabei zu einem Garn zusammengefasst und in einem Verfahren zu einer Gitterstruktur verarbeitet und beschichtet. Im Vergleich zum Stahl ist Carbon viermal leichter und sechsmal tragfähiger. Das führt dazu, dass mit dem neuen Baustoffschlanker und filigraner gebaut werden kann – es können Gebäudegeometrien umgesetzt werden, die bisher nur äußert schwer umsetzbar waren.

Beispielsweise sind Fassadenplatten oder Verstärkungsschichten mit Carbonbeton nur noch etwa zwei Zentimeter dick statt der bisherigen acht Zentimeter mit Stahlbeton. Das bedeutet: Es muss 75 Prozent weniger Material hergestellt, transportiert, eingebaut und verankert werden. Ein weiterer Vorteil ist die verlängerte Lebensdauer: Bei Carbonbeton sprechen Experten von einer Lebensdauer von bis zu 200 Jahren und mehr. Bis 2020 will das aus 140 Partnern aus Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Verbänden bestehende C3-Konsortiums die Voraussetzungen schaffen, um die völlig neue C3-Bauweise zu entwickeln und in die Praxis einzuführen. In den nächsten zehn Jahren sollen bereits 20 Prozent des Stahlbetons durch Carbonbeton ersetzt werden.

Diese Ergebnisse überzeugten auch die Jury des Deutschen Zukunftspreises 2016: Prof. Dr.-Ing. Manfred Curbach, Prof. Dr.-Ing. habil. Dipl.-Wirt. Ing. Chokri Cherif und Prof. Dr.-Ing. habil. Peter Offermann sind die Gewinner des Preises in diesem Jahr.