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Das letzte Wort hat Ronald Meyer, Bauingenieur

Ronald Meyer ist Bauingenieur, Moderator, Autor und Erfinder des Sanierungssprints. Er stammt aus Südhessen, lebt in der Nähe von Leipzig und engagiert sich seit über 30 Jahren für klimafreundliches Bauen. Im Gespräch mit dem karriereführer spricht er über seinen unkonventionellen Berufsweg, den Sanierungssprint als Modell für die Energiewende – und darüber, warum ein warmes Mittagessen auf der Baustelle manchmal wichtiger ist als ein Förderprogramm. Die Fragen stellte Sonja Theile-Ochel.

Herr Meyer, stimmt es, dass Sie schon während des Studiums Ihr erstes Haus gebaut haben?
Ja, das war tatsächlich so. Als 1986 bei einer Demo 5.000 Studenten drei Stunden lang für mehr Wohnraum auf die Straße gingen, fragte ich mich, was man mit diesen 15.000 Stunden konkret schaffen kann – und wollte es ausprobieren. Zwei Freunde wollten mitmachen, sind aber abgesprungen. Also habe ich es allein durchgezogen. Das war nicht nur eine Baustelle, sondern ein Experiment: Wie lange dauert was, was kosten bestimmte Schritte wirklich? Mein Hausbau dauerte dann übrigens insgesamt 1.700 Stunden. Ich war 23.

Wie sind Sie auf das Thema energiesparendes Bauen gekommen?
Ich bin in Darmstadt aufgewachsen – dort wurden 1991 die ersten Passivhäuser gebaut. Die stehen keine 500 Meter von meinem Elternhaus entfernt. Das Prinzip war einleuchtend: Heizen mit der Sonne, gute Dämmung, logische Effizienz. Ich war überzeugt, dass im Jahr 2000 alle Häuser so gebaut würden. Leider kam es anders.

Was hat Sie davon überzeugt, auf diesem Weg weiterzugehen?
Mich hat immer angetrieben, wie viel Sinn das alles ergibt. Wir haben jahrzehntelang über die Energiewende diskutiert, dabei liegen die Konzepte längst auf dem Tisch. Im Bausektor könnten wir morgen anfangen – alles ist da. Nur: Die Umsetzung fehlt. Es ist, als würden wir einen Impfstoff für eine bekannte Krankheit liegen lassen.

Und Sie wollten das ändern – auch mit öffentlichen Mitteln?
Richtig. Ich bin ein Kommunikationstyp. Ich habe fürs Fernsehen gearbeitet, Bücher geschrieben, sogar Rockmusik gemacht. Aber mein Thema blieb immer: Sanieren, modernisieren, effizient bauen. Heute nenne ich das den Sanierungssprint. Statt jahrelanger Bauphasen in Einzelfällen braucht es standardisierte Abläufe, feste Teams, Routine.

Wie funktioniert dieser Sanierungssprint?
Stellen Sie sich vor: ein minutiöser Zeitplan, eingespielte Handwerker, immer wieder gleiche Haustypen. So wie ein Orchester, das jeden Ton kennt. Wir haben gezeigt, dass eine Komplettsanierung in 22 Tagen machbar ist. Es braucht keine Wunder – nur Struktur.

Was sagen Sie Menschen, die meinen: „So einfach kann es doch nicht sein“?
Doch. Die Technik ist da, die Dämmstandards sind klar, es braucht nicht einmal teure Innovationen. Was fehlt, ist Vertrauen – und oft auch der Wille zur Veränderung. Manche sehen im Umbau einen Kontrollverlust. Deshalb brauchen wir bessere Kommunikation. Und manchmal hilft auch ein warmes Mittagessen für die Handwerker – das bringt Teams zusammen.

Gab es Momente, in denen Sie aufgeben wollten?
Natürlich. Viele hielten mich für verrückt. Auch meine Familie musste viel mitmachen. Aber wenn mich alle für verrückt halten, ist das meist ein gutes Zeichen. Heute zeigt sich: Vieles, was wir angefangen haben, trägt nun Früchte.

bauingenieur-meyer.de
modernisierungsoffensive.com

Sie sind Geschäftsführer einer Firma, arbeiten mit jungen IT-Spezialisten. Wie erleben Sie diesen Generationenmix?
Das ist spannend – und wichtig. Bau und IT sprechen unterschiedliche Sprachen. Die einen denken in Beton, die anderen in Codes. Wenn man beide Welten zusammenbringt, entstehen echte Lösungen. Deshalb lasse ich den jungen Leuten viel Freiraum. Ich bringe mein Bauwissen ein – sie das digitale Denken.

Was würden Sie jungen Bauingenieurinnen und Bauingenieuren mitgeben?
Bleibt neugierig, geht eigene Wege. Sucht euch gute Teams, lebt eure Ideen. Nachhaltigkeit ist keine Mode – es ist die Voraussetzung für künftiges Bauen. Und bitte: Macht es nicht komplizierter als es ist. Keep it simple.

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