Blickpunkt: Neugier-Management

Neugier-Management, Foto: Fotolia/bluedesign
Foto: Fotolia/bluedesign

Wieso? Weshalb? Warum? Alles beginnt mit einer Frage. Warum sollte man sich zum Beispiel mit der Neugier beschäftigen? Ist das wirklich ein interessantes Thema? Ja. Denn: Neugier ist gewissermaßen der Anfang von allem. Andreas Steinle, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts Workshop, erklärt in seinem Gastartikel, wie Neugier-Management funktioniert.

Andreas Steinle, Foto: Zukunftsinstitut
Andreas Steinle, Foto: Zukunftsinstitut

Ohne Neugier gäbe es kein Ketchup, kein Internet, keine Flugzeuge. Ohne Neugier wären all diese bahnbrechenden Erfindungen nicht zustande gekommen, und auch uns gäbe es heute als Menschen nicht. Die Archäologie belegt das sehr deutlich. Sie untersucht nicht nur, wo wir herkommen, sondern auch, wie wir uns verhalten haben in den vergangenen Jahrmillionen. Und die Neugier gehört ganz wesentlich dazu. Sie war es, die unsere Vorfahren dazu brachte, so lange mit verschiedenen Materialien zu experimentieren, bis sie den Mechanismus für das entwickelt hatten, was wir heute einen Schnellkochtopf nennen. Mittlerweile lässt sich ein erstes Fazit ziehen: Die Evolution hat recht. Sie belohnt grundsätzlich ein Verhalten, das die Herausforderungen der Natur annimmt und ihnen etwas Erfolgreiches entgegensetzt. Praxisforschungen in Unternehmen belegen, dass dies auch in der Berufswelt gilt. Die Gesetze der Evolution wirken auch in der Wirtschaft. Wer sich nicht ständig erneuert, wird vom Sturm des Wandels weggeblasen.

Ohne Neugier keine Innovation
Durch Globalisierung und Digitalisierung hat der Wettbewerbsdruck enorm zugenommen. Zurecht ist daher das Thema Innovation in den letzten Jahren ganz weit oben auf die Agenda gerückt. Alle wissen: Wer nicht deutlich billiger sein kann, muss eben deutlich besser, also innovativer sein. In diesem Punkt sind sich alle einig. Und so werden allerorten Innovationsinitiativen ins Leben gerufen – die allzu oft ins Leere laufen. Ein Grund dafür ist, dass Innovation und strategische Unternehmensentwicklung oft dadurch gebremst werden, dass so großer Wert auf die Beherrschung von Prozessen gelegt wird – und das greift zu kurz. Prozesse allein führen keine Veränderung herbei. Es braucht dazu die Menschen. Doch die müssen lernen wollen, sich Veränderungen positiv auszusetzen. Diese Motivation wird in einzigartiger Weise durch ein psychologisches Konstrukt abgebildet, das immer schon bekannt war, aber nie operationalisiert wurde: die Neugier.

Nur wenn wir ihr Wesen verstehen, lässt sich Erneuerung wirklich vorantreiben. In den letzten Jahren entwickelte sich parallel zur Innovationsforschung daher auch die Neugierforschung. Mittlerweile ist Neugierde messbar. Hierfür entwickelte Dr. Patrick Mussel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Psychologie der Universität Würzburg, einen Test namens WORCS (WOrk Related Curiosity Scale). Er basiert auf zehn simplen Statements, anhand derer eine Selbsteinschätzung hinsichtlich der eigenen Neugier abgegeben wird. Zum Beispiel: „Ich durchdenke ein Problem so lange, bis ich es gelöst habe.“

Ohne Neugier kein Erfolg
Eine Studie unter 320 Auszubildenden bei einem deutschen Automobilzulieferer ergab, dass diese umso erfolgreicher waren, je neugieriger sie waren. Zudem lässt sich der „Neugier-Quotient“ einer Firma, also das gemittelte Neugierverhalten aller Mitarbeiter, erfassen. Dieser steht im direkten Zusammenhang zum ökonomischen Erfolg des Betriebs. Kurz: Ein Unternehmen kann nur dann erfolgreich sein, wenn es neugierige Mitarbeiter hat. Wenn dem so ist, muss zuerst die Frage beantwortet werden: Warum hat man in der Ökonomie nicht früher daran gedacht? Neugier steht im krassen Gegensatz zu dem, was Stellenausschreibungen früher von Menschen forderten. Die monotonen Prozesse der Industriegesellschaft ließen sich hervorragend abgrenzen und standardisieren. Heute jedoch geht es immer mehr um die Bereitschaft, lebenslang zu lernen, offen für Veränderungen, flexibel und aufgeschlossen zu sein.

Eine der drängenden Fragen künftiger Manager wird daher sein: Wie kann man feststellen, was einen neugierigen Mitarbeiter auszeichnet, und wie kann man ihn in seiner Neugier unterstützen? Wie lässt sich professionelles Neugiermanagement betreiben? Hierfür müssen drei zentrale Aspekte, die mit unserer Neugier direkt zusammenhängen, ausbalanciert werden:

  • Autonomie: Menschen werden neugieriger, wenn sie mehr Wahlmöglichkeiten bekommen. Das berührt in starkem Maße die Autonomie, darüber zu entscheiden, wann, wo und wie eine Arbeit verrichtet wird.
  • Kompetenz: Erlebnisse, die Menschen das Bewusstsein vermitteln, Herausforderungen immer besser in den Griff zu bekommen und daran zu wachsen, führen zu mehr Neugier. Hierfür braucht es ständigen Nachschub an Wissen.
  • Bezug: Nichts motiviert Menschen mehr als das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. Bezug verbindet den Einzelnen mit der Gemeinschaft und stellt das eigene Handeln in einen größeren Kontext.

Wer die Neugier in sich entfachen und die Flamme brennen lassen will, kann gar nicht anders, als nach persönlichen Interessen und Leidenschaften zu gehen. Sonst wird man niemals nach der besseren Lösung suchen und immer weiterfragen.

Blickrichtung Trends:

Zukunftsinstitut Workshop, das Unternehmen von Andreas Steinle, ist auf die praktische Arbeit mit Trends, also deren Umsetzung in Innovationen, spezialisiert. Dabei steht die eigens entwickelte Cross-Innovation-Methode im Zentrum, bei der Trends und Entwicklungen aus anderen Branchen miteinander verknüpft werden. Neben der Realisierung von Innovationsprojekten bietet das Unternehmen Zukunfts-Workshops, Trendexpeditionen und WorkDays (offene Ein-Tages-Veranstaltungen) an. Mehr Infos unter www.zukunftsinstitut-workshop.de.