Wahlstation London

Foto: Fotolia/Zerophoto
Foto: Fotolia/Zerophoto

Mara Schmidt-Klie lernte während ihrer Wahlstation eine Kanzlei in London mit all ihren Besonderheiten kennen – in turbulenten Brexit-Zeiten. Von Mara Schmidt-Klie, Gleiss Lutz Düsseldorf

Mara Schmidt-Klie, Foto: Gleiss Lutz
Mara Schmidt-Klie, Foto: Gleiss Lutz

Sommer 2016. Ein Freitagabend in London unweit der Chancery Lane, der Herzschlagader der Londoner Anwaltsszene: In den Büroräumen zahlreicher Kanzleien gehen nach einem anstrengenden Arbeitstag nach und nach die Lichter aus. Die Anwälte lassen die „Brexit“-Sorgen der City firms der Finanzmetropole und ihrer Mandanten hinter sich, nur um sie anschließend beim wohlverdienten Feierabendbier in den umliegenden Pubs – weniger rechtlich, aber umso emotionaler – weiter zu diskutieren. Eine spannende, besondere Atmosphäre. Und ich dank meiner Wahlstation bei einer Partnerkanzlei von Gleiss Lutz mittendrin.

Während meiner Anwaltsstation in Düsseldorf hatte ich erfahren, dass Gleiss Lutz seinen Referendaren die Möglichkeit eröffnet, die Wahlstation bei einer der auf der ganzen Welt verteilten Partnerkanzleien zu verbringen. Überzeugt hat mich an diesem Angebot, dass ich mir sicher sein konnte, auf diese Weise eine „echte“ ausländische Kanzlei mit all ihren Besonderheiten kennenlernen zu können. Da Gleiss Lutz seine Rechtsreferendare während des Auslandsaufenthalts wie heimische Referendare bezahlt, ließ sich auch die Finanzierung gut bewerkstelligen.

Vermittelt wurde mir ein Platz im Arbeitsrechtsteam von Macfarlanes LLP. Der Einsatz in „meinem“ Rechtsgebiet ermöglichte es mir dank vorhandener Parallelen von Anfang an, in meinem Team mitzuarbeiten. Trotz englischer Arbeitssprache und anderer Rechtsordnung ließ sich ein rascher Einstieg gut meistern – obwohl Macfarlanes wenig Erfahrung mit deutschen Referendaren hatte, wurde ich intensiv eingebunden und als gleichberechtigter trainee solicitor mit vielfältigen Aufgaben betraut.

Ich fand es spannend, die Unterschiede zwischen einer vom Ursprung her deutschen und einer britischen Kanzlei zu entdecken. Teilweise waren diese gerade im Arbeitsrecht dadurch begründet, dass solicitor firms in Großbritannien in der Regel keine Prozessführung übernehmen, sondern hierfür mit barristers, spezialisierten und hochangesehenen Prozessanwälten, zusammenarbeiten.

Während meiner Wahlstation hielten sich Arbeitszeit und Freizeit in London stets die Balance. Besonders gut gefiel mir, dass mein Team häufiger nach Feierabend etwas gemeinsam unternahm. Zurückblicken kann ich heute auf einen sowohl persönlich als auch fachlich enorm bereichernden und abwechslungsreichen Sommer in London. Den Schritt ins Ausland zu wagen und die Wahlstation in einer ausländischen Kanzlei zu absolvieren, kann ich nur empfehlen.