Technologie assistiert

Foto: Fotolia/nongkran_ch
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Digitale Technologien sind allgegenwärtig. Sie sind weit mehr als ein Hype, für viele Unternehmen sind sie zu einem entscheidenden Faktor über die eigene Zukunftsfähigkeit geworden. Das gilt auch für die Rechtsbranche. Für Juristen sind sie aber zugleich auch Chance in mehrfacher Hinsicht: Kanzleien erzielen durch digitale Technologien Effizienzgewinne. Gleichzeitig bieten sie ihnen die Chance, ganz neue Fragestellungen zu beantworten. Von Christoph Berger

Ende 2018 kam es zu einem Aufeinandertreffen der besonderen Art: Die künstliche Intelligenz der Firma LawGeex trat gegen 20 Juristen an. Die Aufgabe bestand darin, Risiken in laufenden Geschäftsverträgen zu identifizieren – innerhalb von vier Stunden. Was die Genauigkeit der Vertragsanalysen betraf, so erlangte die KI dabei 94 Prozent, die der Anwälte lag im Durchschnitt bei 85 Prozent. Wobei erwähnt werden kann, dass der beste Anwalt ebenfalls eine Genauigkeit von 94 Prozent erzielte. Einen enormen Unterschied gab es jedoch bei der dafür benötigten Zeit: Während die Anwälte im Durchschnitt 92 Minuten zur Aufgabenlösung benötigten, brauchte die KI gerade mal 26 Sekunden.

Das Beispiel ist nur eines von vielen, das zeigt, wie künstliche Intelligenz die Arbeit von Juristen unterstützen kann. Und dass digitale Technologien immer mehr und häufiger in die Alltagsarbeit integriert werden, zeigt sich nicht zuletzt anhand der zunehmenden Anzahl von Legal Tech-Veranstaltungen, die über den Stand der Technik sowie deren Einsatzmöglichkeiten informieren.

Allerdings zeigt sich auch zunehmend, dass mit dem Technikeinsatz nicht nur Effizienzsteigerungen und Kostenoptimierungen verbunden sind, sondern auch neue Rechtsfragen aufgeworfen werden, die die Juristen vermehrt beschäftigen könnten. So ist zu erwarten, dass intelligente und autonome Systeme schnelle und umfassende Veränderungen in gesellschaftlichen Sektoren wie Wissenschaft, Mobilität oder Gesundheitswesen hervorrufen werden. Als Beispiele dienen hierzu beispielsweise selbstfahrende Autos oder neue medizinische Geräte. Forscher am Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) untersuchen daher im Forschungsschwerpunkt 2018/19 unter anderem, wie sich die nationale und internationale Gesetzgebung im Hinblick auf diese Systeme verändern, welchen Verhaltensregeln sie folgen und wer für sie haften könnte.

Auch auf dem EDV-Gerichtstag im September 2018 war einer der Schwerpunkte, welche Rolle künstliche Intelligenz künftig in der Rechtspflege einnehmen wird. Dabei betonte der Leiter des Deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz (DFKI), Professor Wolfgang Wahlster, in seiner Eröffnungsrede über „Künstliche Intelligenz als juristische Assistenz“, dass die künstliche Intelligenz als Speerspitze der Digitalisierung enorme Potenziale biete, um Abläufe in der Justiz effizienter, transparenter und kostengünstiger zu gestalten. „Auch die Strafverfolgung und die Gerichtsbarkeit werden durch KI-Technologien wie maschinelles Lernen, Sprach- und Bildverstehen umgewälzt.“, sagte er. Er wies jedoch ebenfalls darauf hin, dass schon aus ethischen und sozialen Gründen Gerichte keinesfalls durch KI-Algorithmen ersetzt, sondern lediglich unterstützt werden könnten.