Legal Engineer: An der Schnittstelle von IT und Recht

Legal Engineer, Foto: Olaf Meyer
Legal Engineer, Foto: Olaf Meyer

Es ist eine Entwicklung, die sich durch sämtliche Branchen zieht. Egal ob im Ingenieurwesen, den Natur- oder Wirtschaftswissenschaften, der Bau- oder Medizinbranche – oder halt der Rechtsbranche. Die Welt der Unternehmen und Organisationen wird immer interdisziplinärer. Das hat auch mit der Digitalisierung zu tun, die dazu führt, dass fachspezifische Prozesse in digitalisierter und automatisierter Form abgebildet werden. Diejenigen, die diese Prozesse umzusetzen haben, benötigen Schnittstellenkompetenzen. So wie die oder der Legal Engineer. Von Christoph Berger

Im Oktober 2022 gab die EBS Law School bekannt, dass ihr Vorlesungsangebot im Schwerpunktbereich „Recht & Digitalisierung“ um eine Einführungsveranstaltung zu „Legal Engineering“ erweitert werde. Die Studierenden würden sich somit zukünftig verstärkt dem interdisziplinären Thema von Recht und Softwareentwicklung widmen. Denn: Legal Tech sei aus der Juristerei längst nicht mehr wegzudenken, Softwareanwendungen würden juristische Arbeitsabläufe und Prozesse sowie die Wettbewerbs- und Marktbedingungen beeinflussen. Dadurch hätten sich auch die Rollen der Akteur*innen auf dem Rechtsmarkt verändert, was vom Jurist*innen-Nachwuchs Schnittstellenkompetenzen verlange: Juristische Expert*innen bräuchten nicht nur das klassische Rechtswissen, sondern auch Kenntnisse aus den Bereichen Softwareentwicklung, Data Science oder Prozess- und Projektmanagement.

Die zunehmende Rolle und Bedeutung von Technologie in der juristischen Unternehmens- und Institutionswelt stellt auch Dr. Dirk Schrameyer, LL.M. (USA), Associate Director Legal Digital & Platform Solutions bei Wolters Kluwer Deutschland, heraus. Basierend auf den Ergebnissen der Studie „Future Ready Lawyer 2022“ hat er die fünf wichtigsten Trends für Rechtsabteilungen und Anwaltskanzleien für 2023 identifiziert. An erster Stelle: Technologie. Sie spielt laut Schrameyer eine enorm wichtige Rolle bei der Auswahl und Bindung von Mitarbeiter*innen, bei der Gewinnung von Talenten sowie bei der Verbesserung von Produktivität und Leistung.

Für die Ohren

In der Podcast-Reihe zum „Weblaw Forum LegalTech 2022“ von Podcasts@Weblaw beschäftigen sich zahlreiche Beiträge nicht nur mit den Entwicklungen und Folgen der Digitalisierung für die Rechtsbranche, sondern auch mit Legal Engineering.

So sehen nicht nur 79 Prozent aller für die Studie befragten Jurist*innen die zunehmende Bedeutung von „Legal Tech“ als wichtigsten Trend in diesem Jahr an, auch 87 Prozent aller Unternehmensjurist*innen und 83 Prozent der Jurist*innen in Kanzleien halten es für äußerst oder sehr wichtig, für eine Rechtsabteilung oder Kanzlei zu arbeiten, die das technologische Potenzial voll nutzt. 78 Prozent der Anwält*innen in Kanzleien sagen außerdem, dass sie mehr nicht-juristisches Personal nutzen werden, 81 Prozent möchten vermehrt auf Drittanbieter oder externe Ressourcen zurückgreifen.

Um genau diese Schnittstellenkompetenzen abbilden zu können. Legal Engineers sind vor diesem Hintergrund essentiell für die Zukunftsfähigkeit der Kanzleien. Von Seiten des Beratungsunternehmen Deloitte werden sie als universell einsetzbare Generalisten bezeichnet. Capgemini nennt sie Brückenbauer*innen und Übersetzer*innen, die mit ihren hybriden Qualifikationsprofilen in weniger hochstandardisierten Kontexten an der engen Verzahnung von Recht, Organisation, Daten und Technologie arbeiten.