„Augen auf bei der Berufswahl!“

Interview mit Max Uthoff

Max Uthoff, Foto: Michel Neumeister
Max Uthoff, Foto: Michel Neumeister

Deutscher Kleinkunstpreis, Deutscher Kabarettpreis…das Kabarett wurde ihm in die Wiege gelegt. Doch zunächst studierte Max Uthoff Rechtswissenschaften – weil er von falschen Voraussetzungen ausging. Als er das merkte, besann er sich auf sein eigentliches Talent und räumte dann einen Preis nach dem anderen ab. Im Gespräch erzählt er von seiner früheren Anwaltstätigkeit und verrät, woher er die Ideen für seine Programme nimmt. Von Meike Nachtwey

Zur Person

Max Uthoff, geboren 1967 in München, absolvierte zunächst eine Lehre im Kabarett seiner Eltern, bevor er Rechtswissenschaften studierte. Nach dem zweiten Staatsexamen 2002 arbeitete er als Rechtsanwalt, doch 2007 zog es ihn wieder auf die Bühne. Seitdem arbeitet er als erfolgreicher Kabarettist und ist mit seinem aktuellen Programm „Oben bleiben“ auf der Bühne und im Fernsehen zu sehen.
www.maxuthoff.de

In Ihrem aktuellen Programm „Oben bleiben“ erzählen Sie, dass Ihre Mutter immer wollte, dass Sie es einmal besser haben. Haben es junge Juristen heute besser als früher?
Ich denke nicht. Ich glaube, die 70er- Jahre waren eine großartige Zeit für Juristen, Unternehmer und Selbstständige, weil der Zwang zur Absicherung noch nicht so groß war. Die Gefahr einer Niederlage hatte nicht so kapitale Folgen. Heute habe ich den Eindruck, dass man mit gutem finanziellen Background ausgestattet sein muss, um Dinge zu riskieren.

Warum haben Sie Jura studiert?
Das Jurastudium war eine Konzessionsentscheidung, aber es hat mich auch interessiert. Leider bin ich von falschen Voraussetzungen ausgegangen: Ich dachte, da werden Fragen zu Gerechtigkeit behandelt. Elementarer Irrtum! Deshalb mache ich heute Kabarett, denn hier kann ich mich viel besser mit Fragen der Gerechtigkeit beschäftigen.

Wie viel Humor braucht man, um Jura zu studieren?
(lacht) Jura und Humor sind Dinge, die sich nicht ausschließen, das sieht man an Programmen von Kollegen, die juristische Themen aufgreifen. Man merkt direkt, es sind keine Juristen, weil ihnen die Absurditäten auffallen, die man als Jurist nicht mehr mitbekommt. Man verliert als Jurastudent den Blick für die Komik des eigenen Gebiets, aber Humor macht alles leichter.

2002 haben Sie Ihr zweites Staatsexamen absolviert, 2007 begann Ihre Karriere als Kabarettist. Was haben Sie dazwischen gemacht?
Ich habe als Jurist kleinere Fälle im Bekanntenkreis bearbeitet und war sieben Monate in einer privaten Baurechtskanzlei beschäftigt. Der Nachteil war, dass Baurecht zwei Sachen verbindet, von denen ich nicht viel verstand, und zwar Technik und Jura. Und als mir klar wurde, dass ich Schriftsätze nie wirklich verstehen werde, wenn ich Fachbegriffe aus dem Baurecht nicht korrekt aufdröseln kann, schwante mir langsam, dass Jura wohl doch nicht so das Richtige für mich war. Und letztlich kam die Erkenntnis: Wenn man einen Beruf nicht gern macht, macht man ihn auch nicht gut. Deswegen: Augen auf bei der Berufswahl! Bei mir verlief es dann so: Ich war im Kabarett groß geworden, im Familienbetrieb meiner Eltern, allerdings habe ich dort keine eigenen Texte gesprochen, und so stellte sich mir die Frage: Kann ich Kabarett auch selbst und allein? Dann kam das richtige Angebot zur richtigen Zeit, so dass es dann mit der Karriere relativ schnell steil nach oben ging.

Woher nehmen Sie die Ideen für Ihre Programme?
Jede Kunst speist sich aus Beobachtung und aus der individuellen Verarbeitung des Beobachteten. Oh Gott, ich rede wie ein Jurist! Beobachten, sich Gedanken machen und dann auch mal freien Lauf lassen. Außerdem gibt es Themen, die mich empören oder beschäftigen, in die muss ich mich erst einarbeiten, anschließend bringe ich sie in eine Form. Das ist das Handwerk. Und danach muss man die Ideen ausprobieren, denn manchmal scheitern Gags, auch wenn ich vorher dachte: Das war brillant. Aber es gibt auch Gags, die man selbst mag, und an denen hält man fest, auch wenn jahrelang keiner lacht. Da bin ich gnadenlos.

Sie haben als Kabarettist einige Preise abgeräumt. Über welchen haben Sie sich am meisten gefreut?
Die größte Freude hatte ich beim allerersten. Das liegt daran, dass es eine Bestätigung war, die zum richtigen Zeitpunkt kam. Aber jeder Preis freut mich, besonders die mit bizarren Namen: Ich bin jetzt Träger der „Lüdenscheider Lüsterklemme“ – wer wollte das nicht? Da kommt schon Neid auf… Denzel Washington hat die nicht.

Was haben Kabarett und Jura gemeinsam?
Man lernt im Jurastudium, Texte genau zu lesen. Das hilft als Kabarettist, wenn man beispielsweise Zeitungsartikel liest und Sätze findet, von denen man denkt: Das ist grober Unfug. Anderen fällt das dann vielleicht nicht so auf, die überlesen das. Grundsätzlich denke ich, es macht etwas mit einem Menschen, wenn er sich jahrelang mit der Frage beschäftigt: Wer kann was von wem auf welcher Grundlage verlangen? Ein gestandener Jurist kann sich wahrscheinlich irgendwann nicht mehr vorstellen, dass es Dinge auf der Welt gibt, auf die man keinen Anspruch hat.

Wollen Sie irgendwann nochmal als Anwalt arbeiten?
Es gibt Gebiete wie Arbeitsrecht, Asylrecht oder Strafrecht, in denen man als Anwalt das Gefühl hat, wenn der Mandant gewinnt, hat man etwas Tolles erreicht . Aber ich hoffe, nicht als Anwalt arbeiten zu müssen. Das wäre auf jeden Fall besser für alle Beteiligten: für die Mandanten, für mich und das gesamte Rechtswesen.