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Algorithmen und die Meinungsbildung

Die Nutzung digitaler Medien für Nachrichtenzwecke gewinnt immer weiter an Bedeutung. Damit steigt auch deren Bedeutung für die öffentliche und individuelle Meinungsbildung. Doch die Auswahl und Strukturierung der Inhalte auf den großen Online-Plattformen wird von Algorithmen bestimmt. Deren Zielstellungen und Vorgehensmodelle sind nicht immer transparent. Von Christoph Berger

Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) veröffentliche Ende Dezember 2022 den Arbeitsbericht „Algorithmen in digitalen Medien und ihr Einfluss auf die Meinungsbildung“. Darin beschreiben die Autor*innen die Entwicklung bei der Informationsvermittlung weg von den Massenmedien Fernsehen, Radio und Presse hin zu Onlineplattformen wie Google, YouTube, Facebook, Twitter oder Instagram. Orientierten sich Rundfunk und Presse noch an journalistischen Prinzipien, sind es auf den Onlineplattformen Algorithmen, die darüber entscheiden, welche Meldungen welchen Personen in welcher Reihenfolge angezeigt werden. Die Kriterien bei dieser Selektion orientieren sich dabei nicht unbedingt an Werten der Sorgfalt und Vielfalt, sondern an den Interessen und der Aufmerksamkeit der Nutzer/innen sowie am Gewinnstreben der Informationsintermediäre, also den Vermittlerplattformen zwischen denjenigen, die Inhalte produzieren und denjenigen, die sie nutzen. Und aufgrund der täglichen und häufigen Nutzung nehmen sie Einfluss auf die Meinungsbildung. Mit der Folge: Es bilden sich sogenannte Filterblasen und Echokammern.

Zunahme von „Roboterjournalismus“

Dieses Medienverhalten der Nutzer*innen gepaart mit der Meldungsauswahl durch Algorithmen führt außerdem dazu, dass sich auch Falschnachrichten schnell verbreiten – ja, sogar großflächige Desinformations- und Manipulationskampagnen absichtlich initiiert und Gruppen von Nutzer*innen gezielt adressiert werden, um Meinungen und politische Entscheidungen zu beeinflussen. Wobei die Entwicklung auch vor dem klassischen Journalismus schon längst nicht mehr haltmacht. Laut dem Bericht würden auch dort inzwischen algorithmische Systeme eingesetzt, um zu testen, welche Schlagzeilen von Nutzer*- innen am ehesten angeklickt werden – ebenfalls mit dem Ziel, höhere Werbeeinnahmen zu erzielen. Insgesamt, so die Autor*innen, sei in den kommenden Jahren von einer Zunahme des automatisierten Journalismus, dem sogenannten Roboterjournalismus, auszugehen. Wobei die Leser*innen automatisierter Texte diese nicht ohne Weiteres von manuell erstellten Beiträgen unterscheiden könnten.

Mit dem Medienstaatsvertrag, in den 2020 erstmals auch Medienintermediäre in den Anwendungsbereich aufgenommen wurden, sowie den darin formulierten Transparenzpflichten, sei ein erster Schritt der gesetzgeberischen Kontrolle erfolgt, heißt es weiter. Allerdings würden algorithmische Intermediäre bislang weder unter das rundfunkzentrierte Modell der Konzentrationskontrolle noch unter die medienstaatsvertragliche Plattformregulierung, die die Medienordnung in Deutschland prägt, fallen. Anders sehe es mit dem Gesetz über digitale Dienste und dem Gesetz über digitale Märkte aus. Insbesondere ersteres soll Risiken und Gefahren entgegenwirken, die sich für Einzelne und die Gesellschaft insgesamt aus der Nutzung, aber auch der Abhängigkeit von großen Onlineplattformen ergeben. Die Transparenzmaßnahmen würden die algorithmischen Systeme der großen Onlineplattformen mit dem Ziel betreffen, aufzuzeigen, wie algorithmische Entscheidungen getroffen werden und welche Effekte diese Entscheidungen auf die Gesellschaft haben. Dieses Gesetz soll in Deutschland ab dem 17. Februar 2024 gelten. Das Gesetz über digitale Märkte tritt bereits am 2. Mai 2023 in Kraft.

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