Interview mit Udo Steffens

Der Ökonom

Udo Steffens, Foto: Frankfurt School of Finance & Management
Udo Steffens, Foto: Frankfurt School of Finance & Management

Prof. Dr. Udo Steffens sanierte in Afrika Missionsruinen und steht heute einer gemanagten Business School vor. Im karriereführer spricht er über Karriereplanung, Auslandsaufenthalte und darüber, dass Unternehmertum, Geldorientierung und Entwicklungsarbeit für ihn keine Widersprüche bedeuten. Die Fragen stellte Meike Nachtwey.

Zur Person

Geboren 1950. Ausbildung zum Industriekaufmann bei einer Schiffswerft in Emden (1968-1970). Dann Studium der Wirtschaftswissenschaften, der Wirtschaftspädagogik und der Politikwissenschaften in Dortmund, Münster und Darmstadt mit anschließender Promotion. Studienreferendar und Studienrat in Oldenburg (1981-1989). Außerdem Lehrbeauftragter der Fachhochschule Wilhelmshaven sowie Dozent und Berater der Bankakademie Frankfurt (1985-1989). Auslandstätigkeit in Togo und Kamerun im Rahmen der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit; Neuaufbau und Leitung eines Buchhandels-, Verlags- und Druckereiunternehmens in Togo; Beratungsaufträge für die Evangelische Zentralstelle für Entwicklungshilfe in Kamerun (1989-1992). Eintritt in die Bankakademie als Leiter des Auslandsreferats (1992). Seit November 1996 Vorsitzender des Vorstands der Bankakademie e.V. und Präsident der HfB, die 2007 in die Frankfurt School of Finance & Management übergingen.

Ihr Berufsweg ist sehr geradlinig verlaufen: Von der kaufmännischen Ausbildung über ein Studium hin zum Vorstandsvorsitzenden. Wie gelingt eine solche Karriere?
Ich empfinde meine Karriere nicht als geradlinig oder zielorientiert. Mein Weg war immer von Energie und Dynamik geprägt, aber ich habe meine Karriere nicht geplant. Zu meiner Zeit, in den 1970ern, gab es eine andere Werteorientierung und man suchte nach beruflicher Erfüllung – nicht nach dem, was man heute „Karriere“ nennt.

Was raten Sie Hochschulabsolventen von heute in punkto Karriereplanung?
Grundsätzlich sollte jeder junge Mensch sich fragen: Wer bin ich? Was will ich? Er muss klar seine persönlichen Werte definieren und kennen. Und daraufhin seine Ziele stecken. Den Weg zu seinen Zielen sollte man in Etappen definieren anstatt für das ganze Leben. So kann man immer flexibel reagieren und den Weg immer neu ausrichten. Hochschulabsolventen sollten auf jeden Fall die Chancen, die Europa als Arbeitsraum bietet, nutzen und gestalten, gerade wenn sie in solch einer dynamischen Branche wie Finance arbeiten.

Welche Eigenschaften sollten Hochschulabsolventen heutzutage unbedingt mitbringen, um Karriere zu machen?
Auf jeden Fall eine gute Ausbildung und eine gute „Denkfähigkeit“, denn zurzeit wird durchaus nach „quer denkenden“ Menschen gesucht. Darüber hinaus sollte man sich in Netzwerken betätigt haben, beispielsweise an der Hochschule. Man sollte einschlägige Praktika gemacht haben, inklusive Auslandsaufenthalte. Und natürlich Sprachen können, soziale Kompetenz besitzen etc. – das sind Eigenschaften, die man von einem karriereorientierten Hochschulabsolventen per se erwartet. Und man sollte ein bisschen Ahnung von der Finance-Branche mitbringen. Dazu gehört, dass man weiß, in welchen komplexen Zusammenhängen sich die Branche in Deutschland und Europa zurzeit befindet.

Die Frankfurt School hat ein Auslandssemester in ihre Ausbildungsgänge integriert und Sie waren selbst länger im Ausland – was bringen Auslandsaufenthalte für die Karriere?
Sie erweitern den Horizont. Man lernt für sich, dass man auch in anderen Regionen, Ländern, Kulturen und Sprachfamilien leben und überleben kann und wird sich gleichzeitig seiner eigenen Nationalität bewusst. Nicht zuletzt erkennt man, dass es alles so furchtbar aufregend nicht ist, da man auch dort um sieben Uhr aufstehen und um acht Uhr ins Büro muss. Ein Auslandsaufenthalt ermöglicht einen anderen Blick auf die Welt und die Dinge, den man durch Kurzzeitaufenthalte so nicht erwerben kann. Von daher sind längere Auslandsaufenthalte ein biografisches Element, das sehr prägend ist und auch persönlich eine gewisse Internationalität gibt, die man auch nachher behält. Denn man ist in der Lage, sich in internationalen Communities zurechtzufinden. Das ist wichtig, wenn man Karriere machen will.

Was raten Sie Studenten, was sie bereits während des Studiums im Hinblick auf ihren Berufseinstieg beherzigen sollten?
Sie sollten sich mit den verschiedenen Kulturen verschiedener Branchen auseinandersetzen. Dazu sollten sie systematisch versuchen, Kontakt zu zwei oder drei Branchen aufzubauen, zum Beispiel zur Finance, Auto- und Beratungsindustrie. Um eine Idee zu bekommen von den unterschiedlichen Branchen-Kulturen und um herauszufinden, welche dieser Kulturen am besten zur eigenen Persönlichkeit passt und wo man sich am wohlsten fühlt. Wenn man keine dunkelblauen Anzüge mag, fühlt man sich einer Bank wahrscheinlich nicht sehr wohl, aber das ist dort die Kultur. Grundsätzlich muss man zwar Zugeständnisse an das Business machen, aber wenn es geht, so wenige wie möglich.

Wie war es, in einer Branche zu arbeiten, in der es vorrangig um Geld und dessen Vermehrung geht, und gleichzeitig in der Entwicklungszusammenarbeit tätig zu sein?
Unternehmertum, Geldorientierung und Entwicklung sind keine Widersprüche, sondern im Gegenteil. Die Entwicklungszusammenarbeit hat deshalb nur mäßige Ergebnisse, weil sie sich größtenteils an „Gutmenschen“ orientiert und nicht den ökonomischen Gesetzen Tribut zollt. Meiner Meinung nach muss sich Entwicklungszusammenarbeit deutlich kapitalistischer orientieren, als sie es in den letzten Jahren getan hat. Ich habe auch in der Entwicklungshilfe in Togo als Sanierer gearbeitet und „Missionsruinen“ saniert. Das war eine harte unternehmerische Tätigkeit. Meine Arbeit in der Entwicklungszusammenarbeit ist also kein Widerspruch zu dem, was ich heute tue. Auch in der Entwicklungszusammenarbeit geht es im Wesentlichen um Geld. Daher schließt sich der Kreis, dass ich heute einer gemanagten Business School vorstehe, die sich auf Finance fokussiert.

Lehrt die Frankfurt School auch ethischen Umgang mit Geld oder ist sie rein ökonomisch ausgerichtet?
In allen Studiengängen haben wir auch Ethik-Kurse als curriculare Bestandteile. Im Bachelor-Studiengang haben wir den Studiengang „Management, Philosophy and Economics“, in dem wir uns insbesondere den Fragen des Fortgangs der Gesellschaft, vornehmlich unter ökonomischen Gesichtspunkten, widmen.

Wie bekommt man Beruf und Familie unter einen Hut, wenn man einen so arbeitsintensiven Job macht?
Meine Lebensgefährtin und ich haben ein Abkommen: Sie managt die Familie. Das ist die klassische Aufteilung. Aber das ist unser Weg, Familie und Beruf zusammenzubringen. Jeder muss seinen eigenen Weg finden, beruflich und privat glücklich zu werden.

Wie sieht der Arbeitsmarkt für Hochschulabsolventen in Zukunft aus?
Ich bin in der finanzorientierten Bildungs- und Beratungsbranche – das ist einer der dynamischsten und sich am stärksten verändernden Sektoren in Deutschland. Hier bildet sich bereits im Moment ein Markt heraus. Bildungs- und Wissensmanagement bietet eine sehr gute Perspektive, gerade auch für Hochschulabsolventen.

Zum Unternehmen

Hervorgegangen aus Bankakademie und HfB bietet die Frankfurt School of Finance & Management umfassende Bildungs- und Beratungsleistungen zu Finanz- und Managementthemen an. Dazu gehören Weiterbildungs- und Hochschulstudiengänge, offene Seminare und Trainings sowie maßgeschneiderte Bildungs- und Beratungsangebote für Unternehmen. In ihrer Forschung adressieren die Fakultätsmitglieder aktuelle Finanz- und Managementfragestellungen. Darüber hinaus managen Experten der Frankfurt School of Finance & Management Beratungs- und Trainingsprojekte zu Financefragestellungen in Schwellen- und Entwicklungsländern, insbesondere zu Mikrofinanzthemen. Hierzu gehört auch die Beratung des Fondsmanagement des European Fund for Southeast Europe (EFSE). Die Frankfurt School of Finance & Management finanziert sich ausschließlich über Studiengebühren, Beratungshonorare sowie Stiftungsmittel. Informationen im Internet unter www.frankfurt-school.de