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Interview mit Dr. h.c. Ludwig Georg Braun

Ludwig Georg Braun ist seit 1972 Vorstandsmitglied des Pharma- und Medizinartikelherstellers B. Braun Melsungen. Im karriereführer spricht der Bankkaufmann, der sowohl Ehrendoktor als auch Ehrenprofessor ist, warum Querdenken manchmal von Vorteil ist und was man für eine erfolgreiche Karriere braucht. Die Fragen stellte Christiane Martin.

Zur Person

Ludwig Georg Braun wurde 1943 in Kassel geboren. Hier absolvierte er das Abitur und eine Lehre zum Bankkaufmann. Es folgten praktische betriebswirtschaftliche Studien in Großbritannien und den USA. Von 1968 bis 1971 arbeitete er in der Nähe von Rio de Janeiro in der Geschäftsleitung eines brasilianischen Unternehmens mit 1600 Mitarbeitern, der heutigen Tochtergesellschaft Laboratórios B. Braun S.A. Hier baute er das Exportgeschäft innerhalb Lateinamerikas auf.

1972 kehrte Ludwig Georg Braun nach Europa zurück und trat in die B. Braun Melsungen AG ein; seit 1977 trägt er die kaufmännische Gesamtverantwortung für das Unternehmen. Er war zunächst Vorstandssprecher, später wurde er Vorstandsvorsitzender.

Neben zahlreichen ehrenamtlichen Tätigkeiten ist er auch Präsident des Deutschen Industrieund Handelskammertages (DIHK). Er trägt die Doktorehrenwürde der Universität Freiburg und den vom Land Hessen verliehenen Titel des Professors. Ludwig Georg Braun ist verheiratet und Vater von fünf Kindern.

Herr Professor Braun, was halten Sie von Querdenkern?
Querzudenken heißt, den Mut zu haben, auch einmal andere, neue Wege zu gehen und das, was man tut, kontinuierlich zu hinterfragen – auf der Suche nach besseren und vielleicht effizienteren Lösungen. In diesem Sinne sind Querdenker bei B. Braun gerne gesehen, weil sie im Team mit Kollegen zu guten Lösungen kommen.

Und sind Sie selbst einer? Die außergewöhnliche Architektur der B.-Braun-Konzernzentrale lässt fast darauf schließen.
Die moderne Werkanlage von B. Braun im nordhessischen Melsungen ist für mich Ausdruck der Verantwortung, die wir als Unternehmerfamilie für die Region übernehmen. Die Architektur symbolisiert die Unternehmenskultur auf besondere Weise: Hier wird zum Beispiel deutlich, was wir mit Werten wie Innovation und Transparenz meinen.

Und innen? Wie sieht es da aus? Gibt es im Unternehmen B. Braun Projekte, bei denen „quergedacht“ wurde?
Wichtig ist mir, dass wir nicht nur in einer modernen „Hülle“ arbeiten, sondern dass wir auch im Inneren moderne Arbeitskonzepte praktizieren. Mit dem Bürokonzept 2010 lösen wir die Bindung des Mitarbeiters an einen nur für ihn persönlich reservierten Schreibtisch. Unser modernes Computernetzwerk ermöglicht es, jeden Tag einen anderen Arbeitsplatz zu wählen. Dies hat einen intensiven Austausch mit allen Teamkollegen zur Folge. Jeder erfährt sehr viel über die Aufgaben der anderen, kann sich dadurch stärker einbringen und sein Wissen vermehren. Auch das steht hinter unserem Unternehmensclaim „Sharing Expertise“.

Ist Querdenken Ihrer Meinung nach eine Eigenschaft, die auch Hochschulabsolventen mitbringen sollten, wenn sie bei B. Braun einsteigen wollen?
Wenn man neu in ein Unternehmen einsteigt, geht es zunächst darum, die Unternehmenskultur zu entdecken und ein Teil von ihr zu werden. Wir wünschen uns selbstständige Mitarbeiter, die konstruktiv an den gemeinsamen Zielen mitarbeiten. Querdenken im Sinne eines kritischen Hinterfragens kann da nützlich sein.

Was müssen sie denn noch können?
B. Braun ist in über 50 Ländern der Erde tätig. Neben den fachlichen Kenntnissen setzen wir da natürlich möglichst vielfältige Sprachkenntnisse voraus und gerne auch Erfahrungen mit anderen Kulturen. Die interkulturelle Kompetenz wird immer wichtiger, da das Geschäft außerhalb Deutschlands beziehungsweise Europas stetig an Bedeutung gewinnt. In allen Funktionen ist die Bereitschaft, im Team zu arbeiten, unerlässlich. Der offene und regelmäßige Austausch mit den Kollegen fördert kreative Lösungen. Und last but not least: Die Arbeit bei B. Braun soll Spaß machen.

Spüren Sie den von vielen prognostizierten Fachkräftemangel in Deutschland?
Ja, den spüren auch wir. Er spiegelt sich insbesondere in den technischen Berufsbildern wider, bei den Industriemechanikern, Elektronikern, Pharmakanten, Medizintechnikern und Ingenieuren. Noch schwieriger ist es bei Fachkräften mit Berufserfahrung. Zum Teil herrscht aber auch Mangel in Managementebenen bei kaufmännischen und naturwissenschaftlichen Fachkräften sowie bei den technischen Ausbildungsberufen.

Was tun Sie dagegen?
Wir bilden zunehmend selbst aus und investieren entsprechend in die Ausbildung. Zurzeit planen wir den Bau einer neuen modernen Ausbildungswerkstatt. Und wir werben mit dem, was B. Braun zu einem sehr interessanten Arbeitgeber macht: mit unserer modernen Arbeitswelt, mit den attraktiven Traineeprogrammen, den Karrieremöglichkeiten und Entwicklungsperspektiven innerhalb unserer internationalen Organisation, mit unserem breit gefächerten Weiterbildungsangebot und unseren Sozialleistungen. Wir zeigen potenziellen Kandidaten unser umfassendes familienfreundliches Programm „B. Braun for Family“, das es ihnen erleichtern soll, Karriere und Familie unter einen Hut zu bringen. Und damit sich Studierende vor Ort davon überzeugen können, laden wir sie ein, uns vor Ort kennenzulernen. Auch Praktika und Diplomarbeiten ermöglichen einen ersten, wichtigen Kontakt. Wer B. Braun kennenlernt, sieht schnell, dass die Werteorientierung, welche unsere Unternehmenskultur kennzeichnet, das sozial-gesellschaftliche Engagement und die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern B. Braun zum attraktiven Arbeitgeber machen.

B. Braun plant in den nächsten drei Jahren 1,4 Milliarden Euro in die Erweiterung der Produktion zu investieren. Welches ist dabei Ihrer Meinung nach das innovativste Projekt?
Innovation ist einer der Kernwerte von B. Braun. Nur mit innovativen Produkten werden wir weiterhin so erfolgreich sein wie bisher in unserer 170-jährigen Geschichte. Es fällt mir schwer, den Innovationsgrad der Projekte miteinander zu vergleichen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass wir unsere Fertigungen weiter modernisieren durch neue Technologien, die in unserem eigenen Sondermaschinenbau entwickelt wurden. Von Anfang an haben wir unsere Mitarbeiter in diese Prozesse eingebunden und gemeinsam mit ihnen Qualifizierungsprojekte entwickelt. Trotz aller Internationalität sind wir übrigens stolz darauf, dass wir etwa die Hälfte des Betrags am Standort Deutschland investieren.

B. Braun Melsungen AG

Den Grundstein für das bis heute familiengeführte Unternehmen B. Braun legte 1839 der Apotheker Julius Wilhelm Braun in Melsungen, einem Luftkurort in Nordhessen. Sein Sohn Bernhard Braun begann 1864 mit der Produktion von Pflastern und Migränestiften und ließ drei Jahre später die Firma B. Braun ins Handelsregister eintragen.

Von da an wuchs das Unternehmen stetig. Im Jahr 1939 hatte es bereits 500 Mitarbeiter. Der Umsatz stieg bis ins Jahr 1964 bei etwa 1700 Mitarbeitern auf 50 Millionen DM. 1976 kaufte B. Braun das Unternehmen Aesculap aus Tuttlingen und hat heute weltweit 36.000 Mitarbeiter, die 2007 über drei Milliarden Euro Umsatz mit der Herstellung von Produkten für Anästhesie, Intensivmedizin, Kardiologie, extrakorporale Blutbehandlung und Chirurgie erwirtschafteten.

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