Interview mit Franz-Peter Falke

Der Leidenschaftliche

Franz-Peter Falke führt die Falke Gruppe seit 1990 zusammen mit seinem Cousin Paul. Im karriereführer spricht er über die nötige Passion, die junge Absolventen mitbringen müssen, um erfolgreich ins Textilgewerbe einzusteigen. Er erklärt, was einen guten Unternehmer ausmacht und unterstreicht die Wichtigkeit des Mittelstands für die deutsche Wirtschaft. Die Fragen stellte Sonja Weiher

Zur Person Franz-Peter Falke

Franz-Peter Falke wurde 1951 in Schmallenberg im Sauerland geboren. An sein Wirtschafts- und Sozialwissenschaftsstudium in St. Gallen, das von 1969 bis 1973 dauerte, schloss sich ein einjähriges Studium an der Textilfachschule in Reutlingen an. Von 1975 bis 1979 war Falke Assistent der Geschäftsführung bei Dr. Oetker, bevor er 1980 als Geschäftsführer zu Falke Fashion in Schmallenberg wechselte.

Seit 1990 ist Falke geschäftsführender Gesellschafter der Falke Gruppe. Außerdem ist er Präsident des Deutschen Markenverbandes und Vorstandsmitglied Gesamtverband Textil und Mode. Falke wird in vierter Generation von der Familie geführt.

Herr Falke, es ist kurz nach 9 Uhr. Was haben Sie heute Morgen gemacht, bevor Sie ins Büro kamen?
Aufgestanden, Kaffee getrunken – wie jeder andere auch.

Also gehen Sie nicht gleich morgens Joggen. Ist Sport für Sie ein wichtiger Ausgleich zum Beruf?
Absolut. In erster Linie Gymnastik.

Woraus beziehen Sie Inspiration für Ihre Arbeit?
Durch mein Interesse an unterschiedlichen Kulturen, der Kunst im Allgemeinen und meinem Wunsch, einen kleinen Beitrag zu leisten, unser Leben etwas schöner und lebenswerter zu machen. Wir sind sehr viel international unterwegs. Dort suchen wir und werden häufig fündig.

Sie haben in Südafrika auch einen Weinberg, oder?
Wir haben dort vor allem ein großes Unternehmen. Nebenbei habe ich dort noch ein kleines Weingut.

Und wie lange geht Ihr heutiger Arbeitstag?
Sicherlich bis 21.30 Uhr.

Was zeichnet in Ihren Augen einen guten Unternehmer aus?
Seine Persönlichkeit. Leidenschaft für seinen Beruf, für seine Produkte, die Freude, etwas gestalten zu können, die Offenheit und Neugierde, neues zu generieren, Verantwortungsbewußtsein und der Auftrag zur Menschenführung im wahrsten Sinne des Wortes. Schließlich ist ein Unternehmen kein abstraktes Gebilde, sondern setzt sich aus Mitmenschen zusammen.

Haben wir von diesem Typus Unternehmer genügende in Deutschland?
Leider immer weniger. Das liegt auch an unserer Ausbildung hin zu immer größerem Spezialistentum. Ein Unternehmen in seiner Gesamtheit zu verstehen ist für mich Grundvoraussetzung, es erfolgreich zu führen. Das geht nicht aus einer reinen Spezialistendenke heraus.

Bundesweit Kurzarbeit, Entlassungen, Insolvenzen: Wie stark hat Falke die aktuelle Wirtschaftskrise bislang erwischt?
Ohne arrogant klingen zu wollen: Im Moment warten wir noch auf die Krise. Wir sind nach wie vor gut aufgestellt. Aber wenn die negativen Prognosen eintreten, dann wird sicherlich im zweiten Halbjahr auch das Konsumverhalten darunter leiden. Und dann werden auch wir das spüren.

Während die großen Firmen mit Skandalen oder katastrophalen Pleiten Schlagzeilen machen, hört man vom Mittelstand wenig. Hält er unsere Wirtschaft ohne viel Getöse am Laufen?
So pauschal kann man das nicht sagen. Wenn man etwa die vielen mittelständischen Zuliefererbetriebe sieht, die unmittelbar abhängig sind von den großen Automobilkonzernen, dann sind die sehr betroffen. Zu hoffen, der Mittelstand kommt aus der Krise ungeschoren davon, ist gefährlich. Aber die mittelständischen Unternehmen sind häufig sehr innovativ und flexibel. Sie denken langfristiger und nachhaltiger; sie sind nicht von kurzfristigen Quartalsberichten betrieben. In den Familienunternehmen zählt viel stärker Kontinuität – und sicher gehen diese auch vorsichtiger ans Wirtschaften heran.

Für große Firmen wie Opel schmiedet die Bundesregierung Rettungspläne oder hilft sogar ganzen Branchen wie den Autobauern indirekt mit Milliarden durch die Abwrackprämie. Empfinden Sie das als ungerecht?
Wenn man soziale Marktwirtschaft ernst nimmt und deren Kern, den Wettbewerb, befürwortet, dann ist das, was gerade passiert, nicht im Sinne der sozialen Marktwirtschaft.

Knapp die Hälfte Ihrer rund 2500 Falke-Mitarbeiter sind in Deutschland tätig. Wie viel Prozent ihrer Produktion werden hier gefertigt?
Wir sind Exoten in der Textilbranche: Unser Inlandsanteil in der Produktion liegt über 50%.

Warum?
Weil Unternehmenserfolg auf vielen unterschiedlichen Faktoren beruht und nicht ausschließlich auf Standortkosten reduziert werden kann.

Strümpfe sind nach wie vor Falkes Kerngeschäft. Wollen Sie künftig die Bereiche Strickbekleidung und Sport ausweiten oder eher zurückfahren?
Ausweiten. Wir verstehen uns als Anbieter und Hersteller moderner Kleidung und Accessoires, nicht als reiner Strumpfstricker.

Auf der Falke-Homepage werben Sie mit einem ungewöhnlichen Argument um qualifizierte Mitarbeiter: Mit Lebensart. Welche Art von Menschen wollen Sie damit an ihr Unternehmen im Sauerland binden?
Menschen mit einer Passion für die Produkte, für Mode und Kultur im weiteren Sinne. Mode ist Teil der Kultur. Wenn wir uns als Modeunternehmen definieren, dann sind wir auch Teil der Kultur. Und dann brauchen wir Menschen, die in dieser Welt, in dieser Kultur zuhause sind.

Sie selbst haben im schweizerischen St. Gallen studiert. Was sollten Hochschulabsolventen für den Einstieg in ein Unternehmen mitbringen?
Entscheidend in meinem Studium war, dass wir schon damals, Ende der 60er Jahre, viel über Systemtheorie und Kybernetik gelernt haben. Unternehmen sind als Systeme zu sehen. Dieses Denken sollten junge Menschen verinnerlicht haben.

Und wenn Sie heute Absolventen erleben, die sich bei Falke bewerben, was bringen diese an Rüstzeug aus der Universität mit?
In vielen Disziplinen sind sie sehr leistungsfähig. Was mir aber häufig fehlt, ist der systemische Denkansatz. Die Persönlichkeitsentwicklung kommt eher zu kurz, ebenso der internationale Aspekt. Um Kulturen verstehen zu können, reicht es nicht, in andere Länder zu reisen. Man muss Kulturen eher erfühlen, als rational erfassen. Business hat viel mit Emotion zu tun.

Kann das eine Universität leisten?
Sie kann Anregungen geben, das Interesse und die Eigeninitiative müssen von den Studierenden kommen.

Wie kann ein Bewerber Ihr Interesse wecken?
In erster Linie natürlich durch Fachkenntnis. Und durch ein intensives Gespräch, in dem die Persönlichkeit und die Passion für den Beruf deutlich werden.

Führen Sie diese Gespräche selbst?
Einen großen Teil.

Und welche Perspektiven bietet Falke qualifizierten Uni-Absolventen?
Ein überaus spannendes Unternehmen mit faszinierenden Produkten in dem dynamischen Umfeld von Mode und Kultur. Das wirklich spannende ist, in einem Markenunternehmen mitzuarbeiten und dessen Wachstum mit zu gestalten: Die Faszination der Marke Falke.

2008 hat Falke erstmals einen Designpreis in Kooperation mit der Berliner Universität der Künste ausgeschrieben. Wie wichtig sind die Impulse aus den eingereichten Entwürfen für das Unternehmen?
Wir leben von der Innovation und motivieren Leute, sich ungewöhnlichen Ideen zu stellen.

Als Präsident des Markenverbandes und Mitglied im Beirat für Mittelstandsfragen beim Bundeswirtschaftsministerium engagieren Sie sich auch über das Unternehmen Falke hinaus. Was zeichnet aus Ihrer Sicht den deutschen Mittelstand aus?
Passion und Nachhaltigkeit.

Und als Arbeitgeber?
Verlässlichkeit.

Von der Strickerei ihres Vorfahren Franz Falke-Rohe bis zum heutigen Unternehmen, das sich nicht zuletzt mit dem Erwerb der Markenrechte von Burlington fest im Hochqualitätsbereich der Textilbranche etabliert hat, gelang in rund 100 Jahren ein Quantensprung. Wo sehen Sie Falke in 10, wo vielleicht in 50 Jahren?
Auf jeden Fall nach wie vor mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Wir wollen in Zukunft mehr denn je ein internationales Mode- und Bekleidungsunternehmen werden. Mit Kooperationen von Falke mit Designern wie Hussein Chalayan, der Falke-Kaschmir-Strümpfe zu Schuhen verarbeitete, oder Fotografen wie zuletzt dem Koreaner Koichiro Doi, die stilbildende Kampagnen schaffen, sind sie weit weg von dem langweiligen Image, das Strümpfe bei vielen haben. (lacht)

Wie will Falke wahrgenommen werden?
Diese Dinge sind ja nicht neu. Auch die vorhergehende Generation hat sich nie in erster Linie als Strumpfstricker verstanden, sondern immer als Teil der Modewelt. Falke war erster Lizenznehmer von Designern wie Dior, Armani oder Kenzo – lange bevor die überhaupt bekannt waren. Das gleiche gilt für die Fotografen. Für uns ist Kunst ein existentielles Lebenselexier. Unser Anspruch ist „moderne Bekleidung für moderne Menschen“ zu machen.

Was ist in Bezug auf Strümpfe für Sie der größte Fauxpas?
Strümpfe sind ein modisches Accessoire, kein Gebrauchsprodukt. Um komplett gut angezogen zu sein, gehören die passenden Strümpfe einfach dazu. Das wird zu unserem Leidwesen häufig noch unterschätzt.

Zum Unternehmen

1895 wurde die Falke KGaA als Strickerei gegründet. Aus „Falke Garne“ entwickelte sich bis 1946 das Markenzeichen „Falke“, mit der unverkennbaren Wort-Bild-Verknüpfung, die seit 1950 als Marke geschützt ist. 1958 entstand Falke Feinstrumpf, ein Unternehmen, das seit 1974 auch international aufgestellt ist, mit Standorten in Portugal, Ungarn und Südafrika. 1994 erhielt das Unternehmen den Umweltschutzpreis in der Kategorie „umweltverträgliche Produkte“. 2007 folgte der Designpreis für die Sportpullover-Reihe Active Sports. Falke hat 2007 mit seinen weltweit 2500 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von circa 195,5 Millionen Euro erwirtschaftet. Zum 1. April 2008 erwarb Falke die Markenrechte an der Marke Burlington.
Offizielle FALKE Website