Interview mit Karlheinz Kögel

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Manager werden Manager, weil sie hoch hinauswollen. Manchen gelingt das besser als anderen, und ganz wenige erreichen dieses Ziel im wortwörtlichen Sinn. Karlheinz Kögel zum Beispiel. Er ist nicht nur erfolgreicher Gründer und Chef von L’tur, der Media Control GmbH und mehrerer anderer Firmen, sondern auch Pilot. Er hat die Berufspilotenlizenz CPL(A) für Maschinen bis zu 5,7 Tonnen Gewicht und neun Passagiere. Dorothee Köhler traf sich mit ihm an einem denkbar passenden Ort – am Flughafen Frankfurt –, um mit ihm über die Parallelen zwischen Führen und Fliegen zu sprechen.

Zur Person

Er ist ein auf dem Boden gebliebener Überflieger: Medien- und Touristikunternehmer Karlheinz Kögel, 61, startete seine berufliche Laufbahn als Schreiner, bevor er einige Semester Betriebswirtschaft studierte und dann beim Süddeutschen Rundfunk als Volontär, Redakteur und Moderator arbeitete. 1976 gründete er die Media Control GmbH, die in ganz Europa Reichweiten unterschiedlicher Medien (CDs, DVDs, Bücher, Videos) ermittelt. Einige Jahre später stieg er in die Reisebranche ein und gründete unter anderem 1987 den Last-Minute-Spezialisten L’tur, von dem er heute noch Anteile in Höhe von 44 Prozent hält; weitere Aktionäre sind die TUI AG und die Thomas Cook AG.
Woran haben Sie schon als junger Mann gemerkt, dass Sie nach oben streben? Ich hatte immer nur ein Ziel: selbstständig sein. Ich wollte irgendwann über meine eigene Zeit, über mein Leben selbst bestimmen. Das halte ich auch nach wie vor für ein faszinierendes Thema. Ich kann mir heute meistens aussuchen, mit wem ich mich umgebe. Diesen Grad an Freiheit genieße ich sehr. Mein Ziel war es auch nie, Millionen zu verdienen. Wer ein solches Ziel hat, wird falsch geleitet. Dass ich zu einer Führungspersönlichkeit wurde, hat sich erst entwickelt. Zwangsweise. Ich bin an der Größe meiner Aufgaben immer gewachsen. Das Fliegen bezeichnen Sie als Ihre Leidenschaft. Was können Manager vom Fliegen lernen? Sie können lernen, dass das Berufsleben aus denselben Elementen besteht wie ein Flugprofil: Climb, Cruise and Descend – Steigflug, Reiseflug und Sinkflug. Manche Führungskräfte durchlaufen dieses Profil nur einmal. Sie steigen auf, bleiben permanent auf der erreichten Höhe und gehen dann wieder hinunter. Andere wiederholen diese Kurve mehrmals in ihrer Karriere. Letzteres halte ich übrigens für den Normalfall. Was muss man beim Fliegen und Führen gleichermaßen beachten? Man muss bei allem, was man tut, immer einen Schritt weiter denken. Während der Pilotenausbildung bekommt man diese Denkweise eingebläut: „Was passiert, wenn ich das jetzt mache? Was ist dann der nächste Schritt? Und der übernächste?“ Ebenfalls wichtig für beide Bereiche: das Multitasking. Beim Fliegen muss man acht bis zehn Instrumente gleichzeitig im Blick haben. Auch beim Führen gibt es vieles, das man permanent im Fokus behalten muss: die Gesellschafter, die möglichst hohen Profit sehen wollen; soziale Kompetenz, mit der man sich im Unternehmen und im Netzwerk bewegt. Alleine kann man als Führungskraft gar nichts erreichen. Man muss Menschen motivieren, ihnen zeigen, wo es hingeht, aufrichtig sein, denn es gibt Dinge, die nicht verziehen werden: Lügen oder Heimlichtuereien. Das Ziel muss immer klar sein, wie beim Fliegen auch, das darf man nie aus dem Blick verlieren. Kann man die Kommunikation im Cockpit vergleichen mit der in einem Unternehmen? Nur bedingt. An Bord hat man lediglich eine One-to-one-Kommunikation mit dem Boden. Und bei der Kommunikation zwischen den beiden Piloten ist die Situation fast schon widersprüchlich: Einerseits muss zwischen ihnen zu jedem Zeitpunkt klar sein, wer der Kapitän ist. Aber gleichzeitig sollten beide auf gleicher Augenhöhe sein, damit es keine Hierarchie gibt und womöglich aus Angst etwas nicht gesagt wird, was vielleicht wichtig oder gar überlebenswichtig wäre. Eine solche Situation findet man in Unternehmen eher nicht vor. Zu Recht, denke ich. Aus meiner Sicht funktionieren Doppelspitzen nicht, weil da die Rollen oft nicht klar sind. Einer muss führen. Einer ist „in charge“, in der Verantwortung. Was sind weitere Erfolgsfaktoren, die für das Fliegen und das Führen gleichermaßen unabdingbar sind? Disziplin und Präzision sind die obersten Gebote beim Fliegen. Dazu gehören viele Dinge, zum Beispiel darf man zwölf Stunden vor einem Flug keinen Alkohol mehr trinken. Nachlässigkeiten irgendwelcher Art kann man sich nicht erlauben, denn es gibt zu viele Regeln, die eingehalten werden müssen. Präzision ist beim Fliegen unerlässlich, und zwar hundertprozentige Präzision. 99 Prozent reichen hier nicht. Man muss sich zu jeder Sekunde darüber klar sein, welche Verantwortung man trägt: für sich selbst, für den Co-Piloten und für die Menschen, die hinter einem sitzen. Gelten diese Erfolgsfaktoren auch für das Führen? Auch hier ist Präzision immens wichtig. Man muss zwar nicht alle Details beherrschen, sollte jedoch Menschen um sich herum haben, denen man zutraut, diese Details zu stemmen. Man kann vieles delegieren. Aber Dinge und Abläufe nur flüchtig zu betrachten, einfach darüber hinwegzuhuschen, halte ich für einen großen Fehler. Es kann natürlich nie eine hundertprozentige Präzision erreicht werden. Aber eine Führungskraft sollte zumindest die Vision haben, wie es laufen müsste, und die Mitarbeiter, die diese Vision erfüllen. Nichts ist schlimmer, als wenn etwas vereinbart und dann nicht erledigt wurde. Das treibt mich persönlich zum Wahnsinn! Auf der anderen Seite darf man sich als Führungskraft nicht so sehr in Details vertiefen, sonst verliert man sich im Mikromanagement und kommt nicht mehr zum Führen. Hier gilt es, eine vernünftige Balance zu finden. Welche Probleme gibt es in beiden Bereichen? Man muss mitunter sehr schnell Entscheidungen treffen. Mir hat einmal ein Linienmaschinen-Pilot gesagt: „Ich bekomme meine 10.000 Euro für die eine Minute, in der etwas schiefgeht. Der Rest ist Routine.“ Das kann man beim Manager allerdings nicht so sagen. An Manager und an Führungskräfte werden permanent sehr hohe Ansprüche gestellt, nicht nur in Krisensituationen. Was hat Ihnen persönlich das Fliegen für den Job gebracht? Ich habe Weitsicht gelernt. Weil ich immer einen Schritt weiter denke, als man das normalerweise tut. Und ich habe eine große Gelassenheit entwickelt, die es mir erlaubt, mit dem Auf und Ab im Leben und im Beruf entspannt umzugehen. Ich bin immer wieder fasziniert davon, dass so viele glauben, es ginge permanent nur nach oben. Die haben den Misserfolg nicht programmiert. In jedem Businessplan kann man lesen: Nächstes Jahr werden wir vier Prozent mehr Gewinn machen, im Jahr darauf mindestens fünf Prozent. Niederlagen sind nicht vorgesehen. Aber sie gehören zum menschlichen Leben. Und als Flieger weiß man, dass es runtergehen muss. Sonst kann es nicht mehr hochgehen. Piloten müssen regelmäßig in einem Flugsimulator ihr Können unter Beweis stellen. Brauchen wir auch einen „Führungssimulator“? Einen Management-TÜV brauchen wir sicherlich nicht. Letztlich entscheidet Erfolg oder Misserfolg darüber, ob eine Führungskraft gut ist oder nicht. Und die Kompetenz von Führungskräften besteht aus vielen Faktoren, die man zum Teil überhaupt nicht objektiv messen kann. Führungskräfte sind nicht automatisch gut, obwohl sie Qualifikationen wie ein glänzend abgeschlossenes Studium, Praktika und Fremdsprachenkenntnisse vorweisen können. Wenn ihnen die Herzensbildung fehlt, wird dennoch nichts aus ihnen. Eine entsprechende Balance zu halten, ist wichtig für alle, die nach oben wollen. Freunde, stabile soziale Beziehungen, Networking – das ist für mich die Zukunft. Und das kann man nur, wenn man die entsprechende Persönlichkeit besitzt. Wer fliegt, der weiß: Die Luft oben ist dünn. Gilt das auch für das Führen? Und wie. Jedes Unternehmen ist mit einer Pyramide vergleichbar. Je weiter man nach oben kommt, desto weniger Menschen befinden sich auf derselben Ebene: weniger Menschen, die einen verstehen, weniger Menschen, mit denen man im Gleichschritt Ziele erfolgreich durchsetzen und erreichen kann. Die Luft ist aber auch dünn, weil man in dieser exponierten Stellung unter einem sehr starken Druck steht: dem Druck, etwas zu zeigen, etwas darzustellen. Tut man das nicht, geht einem die Luft aus. Ganz oben, an der Spitze der Pyramide, habe ich erstaunlicherweise immer wieder Menschen getroffen, die diese Erwartungshaltung gar nicht haben. Die deswegen ganz anders sind als die breitere Basis der Pyramide. Oben sitzen Menschen, die einen sehr hohen Grad an Bürgerlichkeit haben, die Werte haben, die weder aufgeblasen noch abgehoben sind und die auch nicht permanent in Anglizismen reden. Gibt es Führungskräfte, für die die Luft weniger dünn ist? Sicher nicht. Die Luft ist für jeden dünn, der hochkommt. Und jeder, der hochkommt, nimmt das billigend in Kauf. Er weiß: Da oben kann ich mehr verdienen, da habe ich größeren Erfolg, ich habe Macht, es ist sexy da oben. Aber er weiß auch: Ich habe keine Ausweichmöglichkeiten mehr, ich kann mich nicht mehr verstecken, ich kann nicht mehr in der Masse abtauchen. Top- Führungskräfte haben meistens Zeitverträge und wenn sie einen Fehler machen, sind sie von heute auf morgen weg. Zwar mit einer guten Abfindung, aber sie sind weg. Auch deswegen ist die Luft oben dünn.

Zum Unternehmen

Kögels Firma Media Control GmbH richtet seit 1992 den Deutschen Medienpreis aus, der an Persönlichkeiten verliehen wird, die sich um eine bessere Welt verdient gemacht haben. Zu den Preisträgern gehören Nelson Mandela, Bill Clinton, Königin Silvia von Schweden und Kofi Annan. Der aktuelle Medienpreis wurde kürzlich an Steffi Graf und Andre Agassi verliehen. Auch privat engagiert sich Karlheinz Kögel immer wieder sozial und ehrenamtlich: Er unterstützt Nelson Mandela und die Aids Foundation und hat mit seinen Kindern – 15, 17 und 19 Jahre alt – vergangenes Jahr in Kambodscha ein Aids-Projekt besucht, um dort bei der täglichen Arbeit mitzuhelfen.

Interview mit Claus Kleber

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Neigungswechsel wäre ein völlig falscher Begriff: Claus Kleber hat zwar sein Jurastudium inklusive Promotion abgeschlossen, wollte aber nie Jurist werden. Doch was er dabei gelernt hat, nutzt der Journalist ganz bewusst – bei großen Reportagen und im „heute journal“-Studio. Von Petra Engelke

Zur Person

Claus Kleber, geboren am 2. September 1955 in Reutlingen, promoviert 1985 über „Privater Rundfunk – Gestaltungsmöglichkeiten im Verfasssungsrahmen“. 1986 geht er als Hörfunkkorrespondent nach Washington, wechselt dort 1992 zum Fernsehen. 2003 kehrt er zurück nach Deutschland als Leiter und Moderator des „heute journal“. Als ihm 2007 die Chefredaktion des Magazins „Der Spiegel“ angeboten wird, lehnt er ab. 2009 wird er für seine Reportage „Die Bombe“ mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Claus Kleber ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Claus Kleber hat seine Füße auf den Tisch gelegt. Das sagt er jedenfalls, als er für einen Moment vom Telefonat abgelenkt ist: Die Kollegen amüsieren sich über ihn, sie schauen nicht nur durch die Fenster des aquariumartigen Büros, sie haben auch eine Fotokamera geholt. Die Szene kann man sich gut in einer schrägen Anwaltsserie wie „Boston Legal“ oder „Eli Stone“ vorstellen. Vor der Kamera steht Claus Kleber tatsächlich; allerdings weder als Schauspieler noch als Jurist, sondern als Moderator des „heute journal“ im ZDF. „Ich wollte unbedingt in den Rundfunk“, sagt er heute. Sein Sendungsbewusstsein entdeckt er als Schülersprecher einer Schule, die als Modell für die Gesamtschule erkoren war – und ebenso modellhaft die Mitbestimmung erprobt. Dort spricht Kleber über Lerninhalte und Baupläne für 2000 Schüler, verschafft sich in großen Konferenzen Gehör. Das hätte gut auf eine politische Karriere hinauslaufen können. „In der Tat war da mehr das Gestalten gefragt“, sagt Kleber. „Gleichzeitig fing ich aber auch beim Kölner Stadt-Anzeiger an. Da habe ich gesehen, dass Journalismus eher mein Ding ist.“ In den Sommerferien jobbt er in der Lokalredaktion Bergisch-Gladbach. Daraus wird eine freie Mitarbeit. Ein Berufsziel. Trotzdem studiert Kleber ab 1974 Rechtswissenschaften. Etwas Vernünftiges eben, ein Plan B für die Karriere. „Ich hatte von Anfang an große Sorgen, dass ich beim Rundfunk irgendwann einmal in eine Situation komme, in der ich gerne eine Alternative hätte und sagen können möchte: ‚Ich kann auch etwas völlig anders machen, tschüss.’ Und das geht nur mit einem, wenn man so will, nutzbringenden Studium.“ Nebenher arbeitet der Pragmatiker weiter für die Zeitung, nach vier Semestern moderiert er im Radio. Als freier Mitarbeiter beim Südwestfunk verdient er genug Geld fürs Studentenleben in Tübingen. Das Studium dauert derweil satte 14 Semester. „Elend lang, nicht?“, lacht Kleber. Gerne kokettiert er heute damit, er habe die Uni über Jahre hinweg nur für Interviews betreten. Doch immerhin reicht sein Engagement für zwei stipendienfinanzierte Auslandssemester in Lausanne, auch für die Recherchen zur Doktorarbeit in den USA gibt es Fördermittel. „Ich habe das Studium sozusagen als Basis genommen für das Berufsziel Journalismus. Dann hat mir wider Erwarten die Juristerei nicht nur Spaß gemacht, sondern ich entdeckte auch ein gewisses Talent dafür.“ Am Ende arbeitet er in einer Anwaltskanzlei, berät hochkarätige Mandanten in Urheberrechtsfragen und gewerblichem Rechtsschutz – und diese Kanzlei macht ihm ein sehr lukratives Angebot. Fast zeitgleich bietet der Südwestfunk eine Festanstellung an: als Studioleiter in Konstanz. Claus Kleber muss sich entscheiden. Seine Wahl fällt auf den Journalismus. Kleber ist davon überzeugt, dass man sich am besten davon leiten lässt, was man wirklich tun will. Er wollte immer Journalist werden. Davon lässt er sich jetzt nicht abbringen. Und der Preis? Erst einmal muss er vom Anfängergehalt einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt leben: „Wenn man Karriere als eine Staffel steigender Einkommen versteht, dann war es eine Entscheidung gegen die Karriere.“ 25 Jahre später gilt Claus Kleber als bestbezahlter deutscher Nachrichtenmann, verdient eine mittlere sechsstellige Summe im Jahr. Plus Honorare für Vorträge. Dennoch beharrt er auf seiner Position. „Auch meine Entscheidung gegen das Angebot, Chefredakteur des ‚Spiegel’ zu werden, war trotz der Großzügigkeit des ZDF eine Entscheidung gegen das Geld.“ Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden, lernt Kleber als Referendar. Während er dicke Akten wälzt, den Schriftwechsel von mehreren Jahren durchforstet und daraus die Grundlage einer Entscheidung aufzubauen versucht. Ebenso hat ihm die Juristerei ins Bewusstsein gehämmert, dass es zu jeder Überzeugung auch eine Alternative gibt. Und dass jede Position ihre Schwächen hat. Auch die eigene. Das nutzt er bei der journalistischen Arbeit. Und es beschleunigt Entscheidungen: Kanzlei oder Studioleitung – für die Antwort braucht er keine Woche. Bald darauf freut er sich auf das erste Kind, und schon donnert die nächste Frage in die Familienplanung: Weil er für seine Doktorarbeit in den USA war, kommt die ARD auf ihn zu, als sie kurzfristig eine Aushilfe für das Studio in Washington sucht. Spontan sagt der Amerikafan zu – und bleibt 15 Jahre im Land. Dort entwickelt sich die Lässigkeit, die ihn heute zum Vorzeige-Anchorman macht. Als er 2003 zurück nach Deutschland kommt, um Redaktionsleiter des „heute journal“ zu werden, gibt es nur ein Problem: die formelle Anrede.

Personen

Infos zu Uli Gack Infos zu Gundula Gause
„Wenn Amerikaner ‚Hörr Klebörr’ sagen, nehmen sie einen auf den Arm oder haben ein Problem mit einem“, sagt er. Also bittet der neue Chef die Redaktion, ihn mit „Claus“ und „Sie“ anzusprechen. Dabei ist es geblieben. Claus Kleber duzt nur seine Co-Moderatorin Gundula Gause. Und den Reporter Uli Gack. Mit ihm war Kleber für eine große Reportage einmal fünf Wochen lang in Afghanistan unterwegs. „Und wenn man einmal nebeneinander mit dem Schlafsack auf dem Boden übernachtet hat, dann siezt man sich nicht mehr.“ Für diesen Teil seiner Arbeit ignoriert Claus Kleber den üblichen Termindruck, den Sendebeginn der nächsten Nachrichten. Deshalb definiert er die Zeitplanung für Reportagen stets mit „so lange, wie es braucht“. Ganz ähnlich schätzt er auch eine gute Ausbildung ein: Studenten sollten Zeit dazu haben, sich eine Weile lang mit einer Sache zu beschäftigen, die vielleicht am Ende nicht nützlich ist für den Beruf. Wichtig sei die Freiheit, sich auch einmal zu irren. „Wer diese Freiheit nimmt, macht die sogenannte geistige Elite kaputt.“

Juristen im TV-Journalismus

Claus Kleber ist längst nicht der einzige Jurist, der sich für eine journalistische Karriere entschieden hat – und deshalb nicht gleich Gerichtsreporter wurde. Auch Wolf von Lojewski, sein Vorgänger im „heute journal“, kann ein abgeschlossenes Jurastudium vorweisen. Ulrich Wickert, Ulrich Deppendorf und Joachim Wagner sind ebenfalls aus den Fernsehnachrichten bekannt. Urteile über sportliche Leistungen sind das Thema von Heribert Faßbender und Manfred Breuckmann. Eher mit Unterhaltung befassen sich Alfred Biolek und Günther Jauch – Letzterer brach sein Studium allerdings ab, als er auf einer Journalistenschule angenommen wurde.

Interview mit Werner Kieser

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Der Gründer von Kieser Training hat mit eigener Kraft eine Menge geschafft. Die Idee, dass ein starker Rücken keinen Schmerz kennt, hat ihn zu einem der erfolgreichsten Unternehmer Europas gemacht – mit über 130 Trainingsbetrieben, in denen mittlerweile rund 235000 Kunden ihre Muskulatur stärken. Und es werden immer mehr. Anne Thesing vom karriereführer traf den 64-jährigen Schweizer in einer seiner Kölner Zweigstellen.Von Anne Thesing

Von der Straße aus weist nur der berühmte blau-gelbe Schriftzug darauf hin, dass hier ganz in der Nähe an wuchtigen Geräten hart trainiert wird – Muskel für Muskel. Das Studio selbst ist im Hinterhof untergebracht. Unauffällig, schlicht, geschmackvoll. Außen eine sanierte Altbaufassade und viel Glas, innen ein großer, heller Raum mit Holzfußboden und einem Gerät neben dem anderen. Noch ist hier nicht viel los, der große Andrang kommt am späten Nachmittag und Abend. Oder in der Mittagspause, schließlich dauert eine Trainingseinheit nur 30 Minuten. Einige Kunden mittleren Alters, bequem statt hip gekleidet, geben aber schon jetzt, am frühen Morgen, alles. Bis zum muskulären Erschöpfungszustand. Die Einrichtung des Kölner Studios gleicht denen der anderen 132 Betriebe. Ob in Zürich, Eindhoven oder Wien: Kieser Training ist für seine technisch ausgefeilte, aber schlichte Einrichtung bekannt. Damit grenzt sich das Unternehmen bewusst von der Konkurrenz ab. Weder Sauna, Solarium, Getränkebar Fernseher oder Musikgedudel sollen vom Wesentlichen ablenken: der Kräftigung der Muskulatur. Die Hektik, der Lärm und die grellen Farben der Fitnesswelt sollen draußen bleiben, scheint sich Werner Kieser gedacht zu haben. Und das passt zu ihm. Auch er ist alles andere als hektisch, laut und grell. Seine Bewegungen sind langsam und kontrolliert, seine Sätze überlegt, seine Kleidung ist schlicht und korrekt, sein schweizerischer Dialekt gemütlich und zugleich fröhlich, sein Umgang mit den Mitarbeitern familiär vertraut. Werner Kieser lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Vielleicht ist das das Geheimnis seines Erfolges? Herr Kieser, 1967 haben Sie Ihr erstes Kraftstudio in Zürich eröffnet. Wie sah das aus? Mein erstes Studio war ein Abbruchobjekt, in das ich sehr günstig einziehen konnte. Die Geräte habe ich anfangs selber zusammengeschweißt – aus Eisen vom Schrottplatz. Das klingt nach harter Arbeit. Ja, ich habe mich damals auch oft gefragt: Wieso machst du das überhaupt? Meine Frau hielt mich für besessen, und wahrscheinlich war ich das auch. In meiner Vermessenheit habe ich dann zur Eröffnung sogar die Presse eingeladen. Es kam nur eine einzige Journalistin von der Neuen Zürcher Zeitung. (Schmunzelt). Dass die über mein Studio berichtet haben, werde ich ihnen nie vergessen. Was haben Sie gemacht, bevor es Kieser Training gab? Eine Tischlerlehre, also „was Rechtes“. (Lacht). Außerdem habe ich geboxt und wurde sogar als Talent gehandelt. Aber dann, ich war 17 oder 18, verletzte ich mich: eine Rippenfellquetschung, schmerzhaft und langwierig. Ich durfte nicht mehr boxen und ein Kollege empfahl mir Krafttraining. Das war damals in Deutschland noch relativ unbekannt, das Wort stand noch nicht einmal im Duden. Ich habe mit Hanteln und anderen Geräten trainiert und in der Tat gingen die Schmerzen weg. Der Clou an der Sache war, dass sowohl mein Arzt als auch mein Trainer dagegen waren. Mein Trainer meinte, ich würde dadurch an Beweglichkeit verlieren und könnte danach meine Boxerkarriere vergessen. Damit hatte er ja auch Recht. Das Boxen verlor für mich immer mehr an Bedeutung. Zu Gunsten des Krafttrainings? Ja, das war für mich wie eine neue Entdeckung. Ich habe weiter trainiert und das wenige Material, das es zu dem Thema damals gab, intensiv studiert. Und wovon haben Sie in der Zeit gelebt? Ich habe Boxunterricht gegeben, heute würde man sagen als „Personal Trainer“. Nebenbei habe ich auch noch andere Jobs angenommen, zum Beispiel auf dem Bau. Wie kam es dann zur Gründung Ihres ersten Studios? Inspiriert wurde ich durch das erste deutsche Fitness-Studio in Berlin. Als ich das gesehen hatte, wusste ich plötzlich: Das ist meine Zukunft. Das war, als hätte ich mich verliebt. Ich war so begeistert von der ganzen Szene, dass ich sogar den Schweizer Bodybuilding-Verband mitgegründet habe. Warum haben Sie sich dann im Laufe der Zeit von Bodybuilding und Fitness-Studios distanziert? Anfangs war das beim Bodybuilding noch ein ganz anderer Ansatz, das war eine gesunde, idealistische Geschichte. Eine Art modernes Turnen. Aber nach und nach wurden das Show-Element und die äußere Erscheinung immer wichtiger als die Funktion und der Nutzen. Natürlich ist es schön, wenn man gut aussieht, aber es ist nicht das Wesentliche. Also bin ich meinen Weg allein gegangen. Welche Eigenschaften haben Ihnen dabei geholfen, diesen Weg so erfolgreich zu gehen? Ich glaube, ich kann mich sehr lange mit Dingen beschäftigen und denke Ideen gerne zu Ende. Man könnte mich also als konsequent und hartnäckig charakterisieren. Und ich gehe immer an die Quelle, frage nach den Ursprüngen. Mein ältestes Buch, auf das ich bei meinen Studien zum Krafttraining gestoßen bin, wurde 1711 geschrieben. Mit Ihrer Trainingskette machen Sie sich sicher nicht nur Freunde. Ein Spiegel-Journalist bezeichnete Sie mal als „Todfeind der Orthopäden“. Was halten Sie von dieser Aussage? (Lacht). Der Spiegel-Journalist bezog sich damals auf mein Buch „Die Seele der Muskeln“, in dem ich das Dilemma der Orthopäden beschrieben habe: Die Rückenpatienten kommen in ihre Sprechstunde, die Orthopäden geben ihnen eine Spritze und im nächsten Jahr sind die Patienten mit den gleichen Beschwerden wieder da. Bei Kieser Training dagegen werden sie ihre Rückenschmerzen für immer los. Die ehemaligen Patienten gehören also nicht mehr zum „Krankengut“ und bringen auch kein Geld mehr ein. Das ist wahrscheinlich der Grund, weshalb der Spiegel mich als „Todfeind der Orthopäden“ bezeichnete. Die Aussage ist aber insofern widersprüchlich, als sehr viele Orthopäden für uns arbeiten. Orthopäden sind die uns am nächsten stehende medizinische Berufsgruppe. Insofern ist der „Todfeind“ hier ein bisschen übertrieben. Was war bisher Ihr größtes Erfolgserlebnis? (Überlegt.) Das war ein Zeitungsartikel, 1972. Ich hatte einen ziemlich umfangreichen Text über Krafttraining geschrieben, den ich an die Neue Zürcher Zeitung schicken wollte. Meine Frau damals war Germanistin und hielt mich für völlig verrückt, als ich ihr davon erzählte. Ich habe den Artikel trotzdem abgeschickt, und zwei Tage später erschien er auf der Wissenschaftsseite der Zeitung. Das war für mich ein Highlight. Aber daneben gibt es viele andere Erfolgserlebnisse und natürlich auch viele Misserfolge. Zum Beispiel? Misserfolge gibt es laufend, das ist mein Tagesgeschäft. (Lacht). Einige haben sich aber auch in Erfolge verwandelt. Mein Beginn in Deutschland zum Beispiel war ein Riesen-Misserfolg, aus dem dann ein Erfolg wurde. Meine ersten beiden Studios in Hamburg liefen einfach nicht an. Ich hatte aber schon Mietverträge in München und Köln unterschrieben, also blieb mir nur die Flucht nach vorn. Aber bis sich das Blatt schließlich wendete, war das ein gigantischer Misserfolg. Millionen habe ich damals in den Sand gesetzt. Und wie wendete sich das Blatt? Irgendwann kam es einfach anders. Es kamen immer mehr Leute, man schrieb darüber, man hörte davon, das Fernsehen berichtete. Zum Beispiel lief im Fernsehen ein Bericht über „das andere Studio“, ohne Namensnennung. Über die nüchterne Atmosphäre und darüber, dass dort auch ältere Menschen trainierten. Daraufhin wurde der Sender mit Anfragen nach dem Studio überhäuft. So wurde Kieser Training langsam immer bekannter. Heute haben Sie über 130 Betriebe. Wollen Sie Ihren Bekanntheitsgrad noch weiter steigern? Ja, in Deutschland sollen weitere 30 Betriebe entstehen. Wegen der Wirtschaftsflaute läuft das allerdings alles etwas langsamer als geplant. Aber wir sind auch dabei, im Ausland Fuß zu fassen: in England, in Holland und in Spanien. Und dann haben wir auch die ersten Kontakte nach China, Indien und in die USA. Dieser Schritt in den Weltmarkt ist die logische Konsequenz der bisherigen Unternehmensentwicklung: In den 80er-Jahren haben wir uns vom Ein-Mann-Betrieb ausgehend in der ganzen Schweiz verbreitet. Im zweiten Schub kam die Expansion in Deutschland und jetzt geht es auf den Weltmarkt. Dass die Wirtschaftszeichen im Moment nicht so günstig stehen, verlangsamt die Sache bestimmt etwas, wird sie aber kaum stoppen. Denn eine gute Sache sollte sich durchsetzen. Was raten Sie Menschen, die auch eine gute Idee im Kopf haben und daraus ein Unternehmen machen wollen? Wenn jemand eine Idee hat, sollte er sie erst einmal für sich behalten und nachforschen, ob es so etwas schon gibt. Dann muss er überlegen, ob er die Idee auch verwerten und vermarkten kann. Vielen Erfindern fehlt der Kommunikator, der sich zum Beispiel um Investoren kümmert. Das ist eine absolut überlebenswichtige Notwendigkeit. Nicht nur für den Erfinder, sondern auch für die Leute, denen sonst dieser Nutzen entgeht. Stellen Sie sich die vielen Tausend Menschen vor, die heute keine Rückenschmerzen mehr haben. Was wäre aus denen geworden, wenn ich aus meiner Idee nichts gemacht hätte? In der Tat gibt es viele Menschen, die über Rückenschmerzen klagen und etwas dagegen tun möchten. Das fängt ja schon bei den täglichen Verspannungen nach einem langen Bürotag an. Welche Tipps können Sie da geben – abgesehen vom Kieser Training? Naja, Kieser Training ist wirklich die beste Lösung. (Lacht). Grundsätzlich muss man die Beschwerden aber erst einmal beim Arzt abklären. Wenn sie wirklich etwas mit fehlender Kraft zu tun haben, brauchen Sie eine spezielle Technologie, um dieses Problem anzugehen. Maschinen, die genau Ihre Bewegungen verfolgen und den Widerstand dort dosiert abgeben, wo Sie ihn brauchen. Natürlich können Sie Dehnübungen machen oder zur Massage gehen. Das hilft aber nur kurzfristig. Zwei Tage später kommen die Schmerzen zurück, weil das Grundübel, der Mangel an Kraft, nicht behoben wurde. Mit welchen Sportarten sorgen Sie bei sich selbst für die nötige Kraft? Zweimal in der Woche gehe ich natürlich zu Kieser Training. Und dann gehe ich täglich eine knappe Stunde mit meinem Hund spazieren, das ist mein Kreislauftraining. Im Winter fahre ich auch mal Ski, aber ansonsten treibe ich nicht viel Sport. Kein tägliches Joggen? Nein, das halte ich auch für problematisch, vor allem in meinem Alter. Die Gelenke nutzen sich so schon ab, und beim Joggen müssen sie dann noch dauernde Schläge mit einem Mehrfachen des Körpergewichts aushalten. Wenn schon, dann würde ich Radfahren empfehlen. Das ist am sinnvollsten für den Kreislauf und belastet die Gelenke nicht so sehr. Wie können wir uns Ihren Alltag vorstellen? Ich stehe um vier Uhr morgens auf, manchmal auch später. Bis sechs Uhr lese ich und rufe meine E-Mails ab. Um halb sieben gehe ich dann mit dem Hund spazieren, einmal den Zürichberg rauf und runter. Wenn ich zurückkomme, ist meine Frau mittlerweile aufgestanden und wir frühstücken zusammen mit Hund und Katze. So gegen neun Uhr geht’s ins Büro, wo ich als erstes die Post durchsehe. – Mir wird gerade bewusst, dass mein Alltag nicht besonders aufregend ist. (Lacht). – Dann kommen meistens Sitzungen und Aktenstudium. So gegen drei Uhr gehe ich nach Hause, lege mich eine halbe Stunde hin und dann arbeite ich weiter. Um sechs oder sieben Uhr ist dann der Ofen aus. Abends lese ich noch leichte Kost oder treffe mich mit Freunden. Sie sehen, ein ganz normaler Tag. Herr Kieser, was ist Ihr Lebensmotto? Der Mensch wächst am Widerstand.

Kieser Training

Von eins auf 130 Expansion einer starken Idee 1967 Werner Kieser gründet sein erstes Kraftstudio in Zürich 1981 Kieser Training expandiert in der Schweiz mittels Franchising 1990 Erster Pilotbetrieb in Frankfurt 1994 Expansion in Deutschland mit vier weiteren Betrieben in Hamburg, Köln und München 1997 erster Franchisebetrieb in Deutschland (Bremen) 2002 100ster Kieser Training-Betrieb in Wien 2003 100ster Betrieb in Deutschland (Berlin-Köpenick) 2004 erster Franchisebetrieb in den Niederlanden (Eindhoven). Kieser Training gibt es jetzt in Deutschland, Großbritannien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz

Interview mit Jochen Kienbaum

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Zur Person

Jochen Kienbaum ist seit 1986 Vorsitzender der Geschäftsführung der Kienbaum Consultants International GmbH. Außerdem ist er Geschäftsführer der Kienbaum Executive Consultants GmbH. Seinen beruflichen Werdegang begann Jochen Kienbaum mit einer Banklehre, anschließend studierte er an der Technischen Universität Berlin Wirtschaftswissenschaften.
Welche Eigenschaften und Fertigkeiten bringen heutige „Young Professionals“ mit, die ihren Vorgängern vor 40 Jahren fehlten? Die heutigen Young Professionals zeichnen sich im Vergleich zu ihren Vorgängern durch ein wesentlich höheres Maß an interkultureller Kompetenz aus. Heutige Hochschulabsolventen wissen um den Stellenwert einer internationalen Ausbildung sowie fundierter Fremdsprachenkenntnisse und setzen verstärkt auf Auslandserfahrungen in Form von Praktika und Auslandssemestern. Übrigens völlig zu recht: Im Zuge der Globalisierung wird eine internationale Ausbildung immer wichtiger. Unsere aktuelle High Potential Studie zeigt, dass Unternehmen bei der Bewerberauswahl dem Kriterium Auslandserfahrung während des Studiums oberste Priorität beimessen. Generell gewichten Unternehmen Soft Skills stärker und anders als vor 40 Jahren. Dominierte damals in vielen Unternehmen ein autoritärer Führungsstil mit stark ausgeprägten hierarchischen Strukturen, so pflegt der Großteil der Unternehmen heute einen offenen Führungsstil mit flachen Hierarchien. In der Folge gewinnen Soft Skills wie Teamorientierung, Lernbereitschaft, Eigenmotivation sowie selbstbewusstes und tolerantes Auftreten an Bedeutung. Und welche fehlen ihnen, im Vergleich zu ihren Vorgängern? Als häufigstes Defizit stellen wir bei High Potential-Kandidaten gegenwärtig eine mangelhafte Fähigkeit zur Selbstkritik, fehlende Konfliktfähigkeit und Selbstüberschätzung fest – kurzum ein schlechtes Sozialverhalten. Dies spiegelt sich auch in übersteigerten Ansprüchen, zum Beispiel in puncto Vergütung, wider. Der Spielraum beim Fix-Gehalt ist gerade bei Einsteigern heute nicht mehr so groß wie noch vor einigen Jahren. Unternehmen setzen immer mehr auf eine Variabilisierung des Gehaltes. Das heißt auch: Wer bereit ist, ein höheres Risiko einzugehen, sich auf seine Fähigkeiten verlässt und konkrete Leistungsziele als Parameter für die Höhe seines Gehaltes akzeptiert, kann überdurchschnittlich verdienen. Woran sollten sie arbeiten, um diese Mängel zu beheben? Die Entwicklung von Persönlichkeitsmerkmalen kommt an vielen deutschen Universitäten leider immer noch zu kurz. Die Konzentration auf fachliche Lerninhalte geht auf Kosten der Social Skills, die zumeist – wenn überhaupt – erst am Ende des Studiums „abgehandelt“ werden. Studenten, die sich bereits während des Studiums beispielsweise mit Kommunikations- und Moderationstechniken, mit Teamverhalten oder praxisorientierten Fallstudien beschäftigen, haben am Ende ihres Studiums klare Vorteile. Ergänzend bieten betriebliche Praktika und studentische Nebentätigkeiten Möglichkeiten, die nachgefragten Persönlichkeitsmerkmale zu stärken und entsprechende Fertigkeiten zu üben. Das Erkennen und Analysieren des eigenen Verhaltens sowie die Aufnahme von Signalen anderer, Selbstreflexion, soziale Wahrnehmung und die Fähigkeit zum Perspektivwechsel gehören zu den sinnvollsten Personalentwicklungsmaßnahmen beziehungsweise Trainingsinhalten für Young Professionals. Steigen die Chancen von „Young Professionals“ in der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage durch die Zögerlichkeit der „Old Professionals“, den Arbeitsplatz zu wechseln – oder sinken sie? Generell können wir eine Entspannung des Arbeitsmarktes nur erzielen, wenn es uns gelingt, starke und nachhaltige Wachstumsimpulse zu setzen. Für Young Professionals werden die Chancen mit dem demografischen Wandel weiter steigen. Unsere aktuellen Studien zeigen, dass deutsche Unternehmen im vergangenen Jahr wieder mehr Nachwuchs eingestellt haben. Für das kommende Jahr gehen die Personalchefs zudem davon aus, dass der Bedarf weiter steigen wird. Fach- und Führungskräfte werden zu einem raren Gut. Nur wer seine Personalstrategie heute darauf ausrichtet, wird im kommenden „war for talents“ siegen. Wird mit „Management-“ oder „Führungsmodellen“ – in den Wirtschaftswunderjahren „Harzburger Modell“, heute so genannte systemische Ansätze – alter Wein in neuen Schläuchen verkauft? Der Vorwurf vieler Kritiker, dass die Managementlehre inzwischen ein Reifestadium erreicht hat, in der es keine neuen Erkenntnisse, sondern nur noch neue Verpackungen gibt, ist nicht neu. Inhaltlich würde ich das Harzburger Modell jedoch nur in einem schwachen Zusammenhang mit der systemischen Managementlehre sehen. Auch wenn das Harzburger Modell bis in die 1980er-Jahre den Führungsstil vieler Manager prägte, spielt es heute nur noch eine untergeordnete Rolle. Die gegenwärtigen wirtschaftlichen Herausforderungen verlangen in ihrer Komplexität nach einem flexiblen und modularen System. Hier ist der systemische Ansatz mit Sicherheit ein positives Beispiel für die Innovationsfähigkeit der Betriebswirtschaftslehre. Ein Blick in die Glaskugel: Wird es jemals Topmanager mit einem Achtstundentag geben? Auf einen Nine-to-five-Job werden Topmanager auch künftig vergeblich hoffen. Im Gegenteil: Die zunehmende Globalisierung und Vernetzung bedingt ein erhöhtes Maß an Flexibilität und Mobilität. Generell gilt, je höher Sie die Karriereleiter heraufklettern, je mehr Verantwortung Sie tragen, desto weniger können Sie eine geregelte Arbeitszeit erwarten. Das heißt aber nicht, dass Sie nur noch für den Job leben sollten. Langfristig sichert nur eine ausgeglichene Work-Life- Balance persönlichen und unternehmerischen Erfolg.

Harzburger Modell

Das Harzburger Modell – ein Modell, das in den Wirtschaftswunderjahren sehr erfolgreich war. Zuvor war der Führungsstil in deutschen Unternehmen patriarchal-autoritär geprägt. Der „Chef“ war – wie ein Handwerksmeister in seiner Werkstatt – „Herr im Haus“. Das „Harzburger Modell“ – benannt nach der in Bad Harzburg ansässigen, 1956 gegründeten Akademie für Führungskräfte – sollte damit brechen. Fortan waren alle im Betrieb Tätigen „Mitarbeiter“ genannt – inklusive des Chefs. An die Stelle seiner Allzuständigkeit trat das Delegieren von Verantwortung und die „Mitarbeiterbesprechung“ wurde erfunden.

Interview mit Dr. Hans-Peter Keitel

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Im Juni dieses Jahres wurde er zum neuen Präsidenten des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie gewählt: Dr. Hans-Peter Keitel, Vorstandsvorsitzender der Hochtief Aktiengesellschaft. Dem karriereführer berichtet er über die Anforderungen an Jungbauingenieure und Frauen in der Baubranche. Die Fragen stellte Sabine Olschner.

Zur Person

Dr.-Ing. E.h. Hans-Peter Keitel, geboren 1947, studierte Bauingenieurwesen sowie Arbeits- und Wirtschaftswissenschaften in Stuttgart und München und promovierte anschließend an der Technischen Universität München. Nach einigen Jahren als Projektleiter im In- und Ausland und in leitenden Funktionen bei Lahmeyer International Beratende Ingenieure arbeitet er seit 1988 bei Hochtief. Zunächst war er als Direktor beim Vorstand zuständig für das Auslandsgeschäft. Seit 1990 ist Hans-Peter Keitel Mitglied des Vorstands, 1992 wurde er Vorsitzender des Vorstands von Hochtief.
Vielen Abiturienten stellt sich die wohl wichtigste Frage ihres Lebens: Was soll ich studieren? Herr Dr. Keitel – warum haben Sie sich eigentlich für das Studium des Bauingenieurwesens entschieden? Ich bin in einer Familie mit Bauunternehmen groß geworden. Da lag es für mich nahe, diesen Berufsweg einzuschlagen. Es hat mich immer sehr gereizt, etwas zu schaffen und zu gestalten. Und das nicht nur für kurze Zeit, sondern mit langer Lebensdauer. Würden Sie den heutigen Abiturienten raten, Bauingenieurwesen zu studieren? Natürlich. Die Studiengänge an den Technischen Universitäten und Fachhochschulen bieten die Möglichkeit, von Anfang an auf individuelle Begabungen und Interessen einzugehen. Der Beruf des Bauingenieurs bietet unglaublich viele Perspektiven, und auf der Grundlage des Studiums sind heute viele Karrierewege denkbar. Das zeigt der Blick in die Wirtschaft: Bauingenieure sind auch in den Bereichen Projektentwicklung, Facility Management und Finanzierung gefragt. Die Fotos: Hochtief Berufsaussichten sind zudem ausgesprochen gut, denn die Baubranche kämpft mit einem echten Nachwuchsproblem. Wer Interesse an Technik mitbringt, Verantwortung übernehmen möchte, immer Neues kennen lernen und mit seiner Arbeit das Leben vieler Menschen positiv beeinflussen will – der dürfte mit dem Studium zum Bauingenieur gut beraten sein. Sie pflegen intensiven Kontakt zu zahlreichen Hochschulen. Welchen Eindruck haben Sie von deutschen Universitäten: Bereiten sie ihre Studenten genügend auf den Berufseinstieg vor? Generell ja. Das Angebot der Universitäten und Fachhochschulen ist sehr differenziert. Je nach Interesse und Begabung können junge Leute zwischen Diplom-, Master- und Bachelorstudium wählen. Wichtig ist zuerst einmal, dass fundiertes technisches Wissen vermittelt wird. Heute zählen aber auch Kenntnisse in Ökonomie und Ökologie sowie das ganzheitliche Denken. In der Wirtschaft brauchen wir Ingenieure, die auch Unternehmer sind. Die Hochschulen sind also gefordert, auch solches Wissen zu vermitteln. Das heißt zum Beispiel, Studierenden frühzeitig die Möglichkeit zu geben, ihre „Soft Skills“ auszubilden. Welche so genannten Soft Skills sind für die Baubranche unverzichtbar? Fachkompetenz allein reicht nicht aus, um erfolgreich Projekte zu realisieren: Dazu gehören auch Teamund Kommunikationsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, die Fähigkeit zum ganzheitlichen und vernetzten Denken ebenso wie die Bereitschaft zur Kundenorientierung. Wichtig ist auch der Aspekt der so genannten interkulturellen Kompetenz – also nicht nur Fremdsprachenkenntnisse, sondern ethnische Toleranz und die notwendige Sensibilität im Umgang mit Menschen anderer Kulturen. Welche Aspekte an Ihrer Arbeit finden Sie besonders spannend? Die Baubranche prägt das öffentliche Leben unmittelbar. Hochtief zum Beispiel plant und baut Infrastruktur, die Menschen verbindet und ihre Versorgung sicherstellt, ebenso wie Krankenhäuser, Flughäfen, Bürogebäude und Industrieanlagen. Mit unseren Leistungen erreichen wir jeden Tag Millionen Menschen in aller Welt – und gestalten unverwechselbare Lebensräume. Das ist eine großartige Herausforderung und enorme Verantwortung! Zudem ist die Branche ausgesprochen dynamisch. Das Bauunternehmen Hochtief etwa hat sich zu einem internationalen Baudienstleister mit zahlreichen Aktivitäten in aller Welt entwickelt. Das macht für mich die Baubranche zu einer der spannendsten Branchen überhaupt. Wie wichtig ist für Ingenieure von heute ein Doktortitel? Das hängt ganz davon ab, in welchem Bereich sie tätig werden möchten. Der Doktortitel ist keine unabdingbare Voraussetzung für Erfolg in unserem Beruf. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele, auch in großen Unternehmen. Ein konzentriertes, praxisorientiertes Ingenieurstudium kann all denen gutes Rüstzeug für den Beruf vermitteln, die eher praktisch veranlagt sind. Dort wo es um Forschung geht, um komplexe Zusammenhänge und die ganzheitliche unternehmerische Herausforderung, ist das Feld der vertieft ausgebildeten und promovierten Ingenieure. Wir brauchen in der Bauindustrie auch in Zukunft Menschen, die ihre Aufgaben in großen, gesellschaftlichen Dimensionen reflektieren, die technischen und politischen Sachverstand verbinden und den Einsatz von Kopf und Hand in einen verantwortungsvollen Einklang bringen. Viele Unternehmen beklagen den Ingenieurmangel in Deutschland. Wie schafft es Hochtief, gute Kandidaten für sich zu gewinnen? Was ist Ihr Beitrag dazu? Hochtief als einer der weltweit größten Baudienstleister und als internationalstes Bauunternehmen der Welt ist zum Glück eine Wunschadresse für viele junge Ingenieure. Mit dem breiten Leistungsportfolio und der internationalen Präsenz bietet das Unternehmen spannende und langfristige Perspektiven – das macht Hochtief für Absolventen attraktiv. Ich bin überzeugt, dass das auch so bleiben wird. Aber auch die Großen einer Branche müssen sich um junge Talente bemühen, darum spielt ein aktives Personalmarketing eine wichtige Rolle für uns. Wir fördern seit Jahren sehr gute, engagierte Studierende, etwa durch Preise, durch Stipendien oder Praktika auf unseren internationalen Baustellen. Auch unsere Gesellschaften in den USA und Australien sind übrigens mit solchen Programmen in der Nachwuchsförderung aktiv. Wir engagieren uns darüber hinaus dafür, junge Menschen frühzeitig für technische Berufe und unser Unternehmen zu begeistern. Nicht zuletzt bilden wir seit fünf Jahren gewerbliche und technische Mitarbeiter an der konzerneigenen Hochtief- Akademie zu staatlich anerkannten Ingenieuren aus. Das ist in Deutschland einzigartig. Wir wirken mit dieser Initiative dem Mangel an qualifiziertem Nachwuchs entgegen und eröffnen jungen Mitarbeitern attraktive Karrierechancen im Unternehmen. Als diplomierter Ingenieur haben sie eine wichtige Managementfunktion inne. Was raten Sie technischen Studenten, die sich ebenfalls für eine Managementposition interessieren? In jedem Falle sollten sich junge Ingenieure klarmachen, dass Fachkompetenz nicht mit Managementkompetenz gleichgesetzt werden kann. Fundiertes fachliches Wissen ist nur die Basis für eine Managerkarriere. Diese erfordert auch die Fähigkeit, Mitarbeiter zu motivieren, Prozesse effektiv zu strukturieren, Ziele klar zu vermitteln, Krisen und Stress zu bewältigen, Konflikte zu lösen und stets das Ganze im Auge zu behalten. Und, ganz wichtig, dabei man selbst zu bleiben und sich Neugierde, Offenheit und Flexibilität zu bewahren. Für junge Ingenieure, die sich eine Managerposition vorstellen können, heißt es: Jede Gelegenheit nutzen, um Erfahrungen zu sammeln. Allerdings lehrt die Erfahrung, dass eine Managerkarriere nur bedingt planbar ist. Ganz gleich, wie der Berufsweg verläuft: Am wichtigsten ist es, das, was man tut, mit Überzeugung zu tun! Was bedeutet Karriere für Sie? Erfolgreich in dem Bereich zu arbeiten, den man als spannend und herausfordernd empfindet. Ich bin in der glücklichen Lage, sagen zu können: Was ich tue, macht mir enormen Spaß! Gehen Sie als Top-Manager auch mal zu den Hochtief-Mitarbeitern auf die Baustellen – an die Basis sozusagen? Ja, wann immer ich es schaffe, spreche ich mit unseren Leuten vor Ort. Übrigens längst nicht mehr nur auf Baustellen: Hochtief-Mitarbeiter treffe ich heute auch in Flughäfen, Schulen und Kohleminen, denn unser Geschäft reicht vom Airport und Facility Management bis zum Contract Mining. Für mich sind diese Begegnungen ganz wichtig, denn schließlich bestimmt das operative Geschäft das Geschehen im Konzern. Unsere Strategie entsteht ja nicht im luftleeren Raum, sondern aus unserem Geschäft heraus. Um Trends erfolgreich antizipieren zu können, neue Impulse auf dem Markt zu setzen, Geschäftsfelder zu entwickeln und Mehrwert für die Kunden zu schaffen, müssen wir also genau wissen, wie es auf den Baustellen und im Projektgeschäft aussieht. Nirgends lernt man darüber soviel wie im Gespräch mit den Verantwortlichen vor Ort. Für mich persönlich ist der Besuch auf Baustellen immer wieder ein „Nach-Hause-Kommen“: Eine perfekt organisierte Großbaustelle, auf der aus dem Nichts fantastische Projekte entstehen, hat für mich bis heute nichts an Faszination eingebüßt. Dann weiß ich ganz genau, warum ich meinen Beruf gewählt habe – und warum er mich bis heute begeistert. Was nehmen Sie persönlich aus Gesprächen mit den Mitarbeitern mit? Ein Unternehmen ist immer genauso gut wie seine Mitarbeiter. Was sie beschäftigt, ob sie begeistert, motiviert oder auch frustriert sind, hat direkte Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg. Die Leistung jedes Einzelnen trägt zum gemeinsamen Ergebnis bei. Darum ist es mir wichtig, von Mitarbeitern nicht nur zu erfahren, was gut läuft, sondern auch, wo es vielleicht Verbesserungsbedarf gibt – und entsprechend zu reagieren. Es gilt, dafür zu sorgen, dass die Menschen das Unternehmen und seine Ziele verstehen. Weil ich nicht mit jedem persönlich sprechen kann, legen wir großen Wert auf die interne Kommunikation und eine partnerschaftliche Unternehmenskultur. Dabei laden wir unsere Mitarbeiter immer zu einem offenen Feedback ein. In vielen Industrieunternehmen werden derzeit Anstrengungen unternommen, die Arbeitsbedingungen speziell für Frauen zu verbessern. Wie sieht es in der Baubranche aus: Haben es Frauen schwerer in der männerdominierten Ingenieursbranche? Nein, das würde ich nicht sagen. Die Dominanz der Männer in diesen Berufen ist ja historisch bedingt, heute gibt es zunehmend mehr Frauen in den klassischen Männerdomänen, nicht nur in der Baubranche. In Sachen Durchsetzungsfähigkeit, Fachkompetenz und Leistungsvermögen stehen die Hochtief-Ingenieurinnen ihren männlichen Kollegen jedenfalls in nichts nach. Ist die Baubranche prinzipiell eher eine „familienfeindliche“ oder eine „familienfreundliche“ Branche? Ich glaube, nicht mehr oder weniger als andere Branchen. Wir haben in diesem Punkt insgesamt in Deutschland noch Nachholbedarf, zum Beispiel weil es – anders als bei unseren europäischen Nachbarn – üblich war, dass Mütter jahrelang aus dem Beruf ausstiegen. Aber auch in einem Bauunternehmen gibt es heute viele Möglichkeiten, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen, etwa durch flexible Arbeitszeitmodelle. Klar ist allerdings auch, dass ein Baustellenbetrieb sich nicht nach Schulzeiten und Kinderkrankheiten richtet. Aber das ist schließlich in anderen Branchen nicht anders. Wie hoch ist der Anteil an Ingenieurinnen bei Hochtief? Haben Sie vor, diese Quote zu erhöhen? Zuerst einmal: Wir haben bei Hochtief keine Frauenquote. Und das soll auch so bleiben, denn wir stellen unsere Mitarbeiter ausschließlich nach ihrer Qualifikation ein und fördern sie entsprechend ihrer Leistung. Toleranz und Chancengleichheit sind klar in den Unternehmensleitlinien verankert und damit verbindlich im gesamten Konzern. Wir unterstützen die Diversity, die Vielfalt der Mitarbeiter, als wesentliches Erfolgselement für unser Unternehmen. Der Anteil der Bauingenieurinnen bei Hochtief in Deutschland beträgt derzeit 8,3 Prozent. Ich bin zuversichtlich, dass diese Zahl in den kommenden Jahren steigen wird. Um diese Entwicklung zu unterstützen, fördern wir das Interesse junger Frauen an technischen Berufen aktiv mit. Hochtief beteiligt sich zum Beispiel an Aktionen wie dem Girls’ Day und der bundesweiten Sommeruniversität. Zum Schluss gefragt: Was wäre Ihr Traum-Bauprojekt innerhalb der nächsten zehn Jahre? Da gibt es wirklich mehr als eins! Ich hoffe vor allem, dass die Baubranche in Deutschland wichtige, entscheidende Impulse erfährt – zum Beispiel durch Public-Private- Partnership-Lösungen, für die wir uns engagiert einsetzen, und durch eine umfassende Qualitäts-Offensive, die dem ruinösen Preiswettbewerb ein Ende setzt. Persönlich könnte ich mir einen Ort zum Atemholen vorstellen – ziemlich weit oben in den Bergen!

Interview mit Hans-Joachim Kamp

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Nach dem BWL-Studium entschied sich Hans-Joachim Kamp gegen eine Promotion, um bei Philips voll einzusteigen. Seit 2005 ist er Chief Executive Officer von Philips Deutschland, Österreich, Schweiz und Sprecher der Geschäftsführung der Philips GmbH. Im karriereführer spricht er über seinen Berufsstart, Einstiegschancen und Erfindungen. Die Fragen stellte Britta Hecker.

Zur Person

Hans-Joachim Kamp, Jahrgang 1948, studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg. 1975 fing er bei Philips in der Marktforschung an und war anschließend in verschiedenen Funktionen in Vertrieb, Marketing und Werbung tätig. Auslandserfahrung erwarb Kamp in den Jahren 1986/87 als Area Manager in der Philips Zentrale in Eindhoven. 1990 wurde er Mitglied der Geschäftsleitung von Philips Consumer Electronics Deutschland und gleichzeitig Leiter des umsatzstärksten Geschäftsfeldes Fernsehen. Zwei Jahre später folgte die Ernennung zum stellvertretenden Leiter des Unternehmensbereichs. 1994 wurde Kamp dann die Verantwortung für den Vertrieb übertragen. Von 1998 bis 2005 war Kamp Leiter des Unternehmensbereichs Consumer Electronics. Im Juni 1999 bestellte der Aufsichtsrat der Philips GmbH ihn zum Geschäftsführer des Unternehmens. Seit 1. Februar 2005 ist der Hamburger Chief Executive Officer (CEO) Philips Deutschland, Österreich, Schweiz und Sprecher der Geschäftsführung der Philips GmbH. Hans-Joachim Kamp ist verheiratet und hat zwei Söhne. Er ist ein begeisterter Hobbykoch.
Erinnern Sie sich noch an Ihre Probezeit? Ja, sehr gut. Ursprünglich wollte ich nach meinem BWL-Studium eine Doktorarbeit schreiben. Doch dann hatte ich die Chance, bei Philips einzusteigen. Die Aufgabe und der Umgang unter den Kollegen dort haben mich so fasziniert, dass ich in der Marktforschung angefangen habe, wo ich zunächst für Konsumgüter verantwortlich war. Nach drei Monaten hatte ich endgültig Blut geleckt und mir war klar, dass ich in diesem Unternehmen meinen Weg gehen werde. Und zwar bis an die Spitze des Unternehmens. Haben Sie daran bei Ihrem Einstieg gedacht? Nein, bestimmt nicht. Aber ich habe sehr wohl eine Vorstellung davon gehabt, welche Chancen mir der Konzern bietet. Und nun gehe ich seit 32 Jahren mit Spaß und Freude zur Arbeit. Welchen Fehler darf man in der Probezeit nicht machen? Einsteiger sollten die Probezeit nutzen, um das Unternehmen, die Kollegen und die internen Prozesse richtig kennen zu lernen. Sie sollten sich erst einmal alles in Ruhe anschauen und sich nach einer gewissen Zeit selbst einbringen. Zu Anfang macht man das am besten, indem man zuhört und gezielt Fragen stellt. Welche Einstiegschancen bietet Philips Hochschulabsolventen? Das kommt ganz darauf an, ob sich Kandidaten für die Forschung & Entwicklung, eine Tätigkeit in der Produktion oder im kommerziellen Bereich interessieren. Wir bilden unsere Mitarbeiter in verschiedenen Programmen gezielt für die unterschiedlichen Sparten aus. Da gibt es etwa das Talent Development Programme, das zwei Jahre dauert und die Absolventen von Anfang an mit festen Aufgaben betraut. Ziel ist, den Kandidaten schon früh Verantwortung zu übertragen. Dabei erhält der Mitarbeiter ein regelmäßiges Leistungsfeedback von seinem Coach, von dem er erfährt, wie er sich entwickelt und wo es im Unternehmen Möglichkeiten zur weiteren Förderung gibt. Coaching ist also Bestandteil der Einstiegsprogramme? Viele Mitglieder der Geschäftsführung aus den einzelnen Bereichen übernehmen ein Coaching- oder Mentoringprogramm. Ich selbst begleite nicht nur junge Trainees, sondern auch Mitarbeiter, die ich vor fünf oder sechs Jahren in einem Assessment Center ausgesucht habe. Einige Kollegen auf Geschäftsführungsebene engagieren sich als Mentor weit über die übliche Traineezeit hinaus. Inzwischen ist das eine Kultur, die in unserem Unternehmen gelebt wird. In welchen Bereichen werden junge Mitarbeiter gesucht? Bei Philips Deutschland liegt ein Schwerpunkt auf der Forschung & Entwicklung. Wir haben die zwei größten Forschungszentren im Konzern. Natürlich sind wir interessiert, hierfür die besten Entwicklungsingenieure zu bekommen. Das Gleiche gilt aber auch für unsere kommerzielle Aktivität. Welche Qualifikationen sind besonders gefragt? Als erstes setzen wir die notwendige Fachkompetenz voraus. Für uns ist sehr wichtig, dass jemand parallel zum Studium mehrere Praktika absolviert hat. Neben dem Fachwissen und der praktischen Erfahrung wünschen wir uns Mitarbeiter, die international orientiert und offen sind, immer das Neue suchen und sich nicht mit einem Status Quo zufrieden geben wollen. Weitere Grundvoraussetzungen sind Teamfähigkeit, Kommunikationsstärke und natürlich Englischkenntnisse. Im Rahmen des Wettbewerbs „Great Place to work“ wurde Philips Deutschland zu einem von Deutschlands besten Arbeitgebern 2007 gekürt. Warum sollten sich Hochschulabsolventen bei Ihrem Unternehmen bewerben? Egal in welchem Bereich Absolventen einsteigen – sie finden bei uns überall ein absolut kreatives Umfeld. Und dazu den Freiraum, sich selbst einzubringen und sich weiterzuentwickeln. Außerdem ist Philips ein führender internationaler Konzern, der in den Bereichen tätig ist, die auch in Zukunft wirtschaftlich von Interesse sein werden: Health Care, Technology und Lifestyle. Wer nicht nur einen Job haben will, sondern eine Herausforderung sucht, sollte sich bei uns bewerben. Viele Jahre waren Sie bei Philips für den Vertrieb verantwortlich. Was hat Sie an dieser Aufgabe gereizt? Der direkte Kontakt mit den Kunden. Vom Handel erhalten Sie ein klares Feedback über die Reaktion der Endkonsumenten. Da können Sie sich sofort einbringen: Was können wir in Richtung Produktentwicklung tun? Wie können wir unsere Prozesse besser steuern? Das hat mir unheimlich viel Spaß gemacht, ebenso wie der Umgang mit den unterschiedlichen Kunden. Denn kleine Kunden haben eine andere Vorgehensweise als Großkunden. Im Rahmen des Key Account Management müssen Sie sich auf die verschiedenen Bedürfnisse der einzelnen Kundengruppen einstellen. Das hat mir in meiner weiteren Entwicklung sicher gut getan. Ich vertrete heute die Auffassung: Wer im Unternehmen weiterkommen will, muss den Vertrieb kennen. Macht es sich bemerkbar, dass Philips in Deutschland die Tochter eines niederländischen Konzerns ist? Das macht sich positiv bemerkbar. Wir sind ein großes, internationales Unternehmen, das von unterschiedlichen Kulturen geprägt ist. Unter den internationalen Kollegen herrscht eine offene Kommunikation. Das ist die Basis dafür, dass neue Ideen in den bestehenden Märkten umgesetzt werden. Ich habe selbst in Holland gelebt und die Niederländer als sehr offene Menschen kennen gelernt. Sie sind gerade und direkt und dabei harte und gute Verhandlungspartner. Philips ist sehr erfolgreich im Bereich Forschung und Entwicklung. Was halten Sie für die wichtigste Erfindung? Im Bereich Consumer Electronics denke ich zu allererst an die CD. Damit hat Philips das digitale Zeitalter deutlich vorangetrieben. Bei der Weiterentwicklung in Richtung DVD und Digitales Fernsehen hat Philips ebenfalls eine entscheidende Rolle gespielt. Im Bereich Lighting fällt mir das Xenonlicht ein. Auch in der Medizintechnik gibt es viele Patente von Philips für Anwendungen in der Vorsorge oder der Akutversorgung von Patienten. Was müssten Philips-Mitarbeiter unbedingt noch erfinden? Hier spreche ich nicht nur für mich, sondern sicher für viele Konsumenten: Produkte ohne Bedienungsanleitung. Das ist etwas, was den Konsumenten begeistert. Es ist unser Anspruch, Produkte herzustellen, die selbsterklärend sind. In der Medizintechnik wird es in Zukunft noch viele sinnvolle Erfindungen geben, die dem Menschen helfen, gesund zu bleiben oder wieder gesund zu werden. Welches ist Ihr persönliches Lieblingsgerät im Haushalt? Jeden Morgen benutze ich die Sonicare Zahnbürste. Das ist mein Favorit bei den Philips Hausgeräten.

Zum Unternehmen

Royal Philips Electronics mit Hauptsitz in den Niederlanden ist ein weltweit führendes Unternehmen in den Bereichen Gesundheit, Lifestyle und Technologie. Philips beschäftigt mehr als 125.000 Mitarbeiter in über 60 Ländern und erzielte 2006 einen Umsatz von 27 Milliarden Euro. Das Unternehmen ist weltweit führend bei medizinischer Bildgebung, Patientenüberwachungssystemen, energiesparenden Beleuchtungslösungen, Elektro-Hausgeräten sowie Unterhaltungselektronik. Die deutsche Philips GmbH ist eine der größten und umsatzstärksten Tochtergesellschaften von Philips weltweit. Das Unternehmen mit Sitz in Hamburg beschäftigt 7200 Mitarbeiter. Im Jahr 2006 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 3,63 Milliarden Euro. In Hamburg befinden sich die Vertriebszentralen für alle Unternehmensbereiche. Weitere große Standorte sind Böblingen und Aachen. Mit Forschungslabors in Aachen und Hamburg ist Deutschland zudem der zweitgrößte Forschungsstandort des Konzerns. Allein hierzulande investierte Philips im vergangenen Jahr 181 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung. Die 360 Mitarbeiter in der Forschung machten im Jahr 2006 rund 580 Erfindungen. Mehr als die Hälfte wurde zum Patent angemeldet.

Interview mit Matthias Jobmann

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Tognum in Friedrichshafen schafft den Spagat. Das Unternehmen steht für Ingenieurskunst aus Deutschland und setzt zudem auf Internationalität. Matthias Jobmann ist als Leiter Human Resources, Organisation und Interne Dienste für das Zusammenspiel der Mitarbeiter verantwortlich. Wie wichtig Veränderungen sind und was für Eigenarten ein Arbeitsleben am Bodensee hat, erzählte er im Interview. Das Gespräch führte André Boße.

Zur Person

Matthias Jobmann, geboren 1955 in Hamburg, schloss Mitte der Achtzigerjahre das Jurastudium ab und arbeitete zunächst zwei Jahre lang in einer Anwaltskanzlei in Bad Homburg. 1987 wechselte er in die Industrie und wurde Leiter der Personalabteilung des Pharmazieunternehmens Boehringer Ingelheim. Weitere Stationen seiner Karriere als Personalmanager waren die Eurocard-Zentrale Deutschland, PricewaterhouseCoopers, die Eon-Tochter Viterra und Siemens. Nach vielen Jahren im Rhein-Main-Gebiet wechselte Matthias Jobmann im Mai 2008 an den Bodensee. Dort ist er Leiter Human Resources, Organisation und Interne Dienste der Tognum-Gruppe in Friedrichshafen – und geht in seiner Freizeit seinen sportlichen Hobbys Tennis und Golf nach.
Herr Jobmann, auf was muss sich ein junger Ingenieur einstellen, der in einer großen Stadt studiert hat und sich nun bei Ihnen am Bodensee bewirbt? Der Bodensee ist ein riesiges Urlaubsgebiet. Hier ist zwar keine Großstadt in der Nähe, dafür lassen sich hier die Vorteile des Dreiländerecks genießen: Shoppen in der Schweiz, Skifahren in Österreich, Segeln vor Lindau. Zudem ist das Angebot an Freizeit- und Sportmöglichkeiten enorm, was diese Region für aktive Menschen und junge Familien besonders attraktiv macht. Und eines fällt uns immer wieder auf: Wenn die Leute erst einmal hier sind, dann wollen sie gar nicht mehr weg. Man verliebt sich sehr schnell in diese Gegend, und ganz genauso erging es mir übrigens auch. Trotz dieser Vorteile: Ist es für Sie schwierig, junge und hochqualifizierte Ingenieure nach Friedrichshafen zu locken? Nein. Vor allem nicht, wenn man unsere Vorzüge als Arbeitgeber und die Vorteile dieser Region kommuniziert. Das tun wir, zum Beispiel über Imagefilme auf unserer Homepage. Auch sollten bei beruflichen Entscheidungen andere Kriterien als der Unternehmenssitz eine Rolle spielen. Zum Beispiel herausfordernde Aufgaben oder die Entwicklungsmöglichkeiten, die ein Unternehmen bietet. Und da punkten wir sicher. Gibt es Vorteile dieser Region, die auch das Arbeitsleben positiv beeinflussen? Was hier fehlt, ist die Hektik der großen Städte und Ballungsräume. Stattdessen sind Sie nach Feierabend direkt in der Natur, wo Sie Kraft tanken und sich erholen können. Und wer sich in der Mittagspause einmal für zehn Minuten an den Bodensee gesetzt hat, spürt sofort, wie förderlich eine solche Auszeit für die Work-Life-Balance ist. Wenn Sie auf Ihre bisherige Karriere als Personaler zurückdenken, wie hat sich Ihr Jobprofil in den Jahren verändert? Von Haus aus bin ich Jurist. Wie sicher viele junge Menschen bin ich mit der Wahl des Studienfachs zunächst dem Wunsch meines Vaters gefolgt. Ich hatte damals die Vorstellung, den Menschen zu ihrem Recht zu verhelfen, habe aber schnell festgestellt, dass das so einfach nicht funktioniert. Mehr oder weniger durch Zufall bin ich dann Personaler geworden. Das bin ich auf dem Papier bis heute, aber der Job hat sich gewandelt. Ich sehe mich heute als Allrounder. Ich bin neben der klassischen Personalarbeit international für alle Themen der Tognum-Gruppe im Hinblick auf Organisationsentwicklung, Facility- und Infrastrukturmanagement wie Fuhrpark, Gastronomie und Umweltschutz bis zum Gesundheitsmanagement verantwortlich. Dabei sehe ich mich als Manager, der die Türen öffnet und der organisiert – und das hat nicht mehr viel zu tun mit dem üblichen Bild eines reinen Personalers. Sprich: Sie sind immer dann gefragt, wenn es um die Menschen im Unternehmen geht. Um Menschen und um Veränderungen. Dieses Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren sehr gewandelt. Es war für viele Jahre ein mittelständisches Unternehmen, dann eine Tochtergesellschaft von Daimler und jetzt eine Aktiengesellschaft, die sich seit einiger Zeit rasch weiterentwickelt – und zwar auch international. Meine Aufgabe ist es, in einer übergreifenden Funktion dieses notwendige Change Management vorausschauend mitzusteuern. Wie schwer ist es, in einem Unternehmen mit langer Tradition Veränderungen voranzutreiben? Eines ist klar: Veränderungen setzt man nicht mal so eben um. Manche Menschen haben Einstellungen, die dem Wandel eher hinderlich sind. Und die Historie eines Unternehmens fördert einige dieser Einstellungen. Unsere größte Tochtergesellschaft, die MTU Friedrichshafen, wurde im vergangenen Jahr 100. Doch seit knapp drei Jahren sind wir an der Börse und entwickeln uns international immer weiter. Und um das erfolgreich hinzubekommen, müssen sich Menschen, Strukturen und Prozesse ändern. Man kann diesen Wandel aber nicht anordnen, er muss sich entwickeln, und dafür benötigt man viel Geduld und eine Menge überzeugender Argumente. Das ist eine echte Herausforderung. Aber vor allem eine sehr spannende Aufgabe, für die man Zeit braucht. Welche Vorteile genießt ein junger Ingenieur, der bei Ihnen seine Karriere startet? Erstens haben wir hier in Friedrichshafen das wichtigste Entwicklungszentrum für Motoren und Antriebssysteme. Wobei es niemanden gibt, mit dem wir uns absprechen müssen: Was entwickelt wird, was umsetzungsfähig ist und was letztlich produziert wird, entscheiden wir selbst. Zweitens sind die Führungsstrukturen dieses Hauses extrem flach. Der Vorstand ist sehr nah dran am Geschäft, sodass man nicht das Gefühl hat, die Spitze sei so weit oben, dass man fünf Jahre braucht, um eine Idee an den Mann zu bringen. Entscheidungen werden bei uns schnell getroffen – und dann wird auch sofort Gas gegeben. Es gibt hier eine Open-Door-Policy, die wirklich gelebt wird. Sie haben die Internationalität des Unternehmens bereits erwähnt. Profitieren die Ingenieure davon? Ja, denn bei uns zeigt sich: Man muss nicht zwingend im Ausland leben, um international zu arbeiten. Das funktioniert auch in international besetzten Teams, wie sie bei uns alltäglich sind. Wir haben zudem seit zwei Jahren ein internationales Traineeprogramm. Die Trainees erhalten eine Festanstellung und verbringen im Lauf des Programms garantiert sechs Monate im Ausland. Und wir versuchen auch, berufserfahrene Ingenieure aus unseren ausländischen Tochtergesellschaften für eine Zeit nach Friedrichshafen zu bekommen. Was können denn junge deutsche Ingenieure von ihren Kollegen in anderen Ländern lernen? Den Umgang mit anderen Kulturen. Ein junger deutscher Ingenieur muss wissen, dass die Qualitätsmarke „Made in Germany“ noch immer besteht, aber nicht alles Gute ausschließlich aus Deutschland kommt. So eine Form von Arroganz bringt ihn nicht weiter, denn internationale Kollegen sind genauso clever und kreativ, gerade was die Methodik betrifft. Besonders die Asiaten haben Methoden zur Lösung von Problemen entwickelt, die in meinen Augen der traditionellen Herangehensweise voraus sind. Das Geheimnis ist, die Pluspunkte aus den verschiedenen Ansätzen zusammenzuzählen und daraus einen eigenen Weg zu entwickeln. Und das kann nur gelingen, wenn man Projekte länderübergreifend angeht und Teams bildet, die international besetzt sind und in denen man sich auf gleicher Ebene intensiv und auch interdisziplinär austauscht. Ein Ingenieur ist heute also zwingend ein Teamplayer. Gemeinsam mit anderen arbeiten zu können, ist eine entscheidende Voraussetzung für eine gute Karriere, ja. Dafür muss er neben der fachlichen Qualifikation über seine Bereiche hinaus kommunizieren können. Er muss Verständnis aufbringen und Dinge vermitteln können. Und er muss kreativ sein. Solche Menschen suchen wir, und wir freuen uns, wenn sie uns finden. Womit darf ein junger Ingenieur rechnen, der bei Tognum Karriere machen möchte? Er hat von Anfang an einen großen Gestaltungsspielraum. Mit allen Chancen und Risiken. Hinzu kommt, dass man als Ingenieur in diesem Unternehmen Teil des Ganzen ist. Die Verzahnung und Vernetzung der Ingenieure – wie aller Mitarbeiter – untereinander ist sehr intensiv. Das Netzwerk ist so dicht, dass an jedem Arbeitstag deutlich wird, dass man tatsächlich am Erfolg des Unternehmens mitwirkt und letztlich auch beteiligt ist. Zum Abschluss, wie beurteilen Sie den Arbeitsmarkt für Ingenieure in der näheren Zukunft? Weiterhin sehr gut. Ich glaube nicht, dass der Bedarf an qualifizierten Ingenieuren nachlassen wird. Unabhängig von der Krise sind die großen Unternehmen weiterhin sehr daran interessiert, guten Nachwuchs an Bord zu holen. In den nächsten drei, vier Jahren wird diese Nachfrage nicht sinken. Im Gegenteil, ich gehe davon aus, dass der Bedarf steigen wird, weil es ausgezeichnete Wachstumschancen zum Beispiel im Bereich der Erneuerbaren Energien im weiteren Sinne gibt. Im weiteren Sinne, weil sich aus diesem Thema heraus neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln werden, die noch lange nicht erschlossen sind.

Zum Unternehmen

Der Name Tognum ist vielen noch nicht geläufig, die Abkürzung MTU jedoch schon. Die Motor- und Turbinen-Union Friedrichshafen am Bodensee ist ein Inbegriff für das deutsche Ingenieurwesen. Das Unternehmen entstand aus einem Zusammenschluss der Motorenbaufirmen von Mercedes Benz und Maybach, deren Geschichte bis ins Jahr 1909 zurückreicht. 1995 wurde die GmbH zu einer direkten Tochter von Daimler-Benz. 2006 verkaufte Daimler die MTU Friedrichshafen an einen schwedischen Investor. Das Geschäft ging über in die Tognum GmbH, deren Kernunternehmen nunmehr die MTU Friedrichshafen war. Der Name Tognum leitet sich aus dem Germanischen „tog“ für „kraftvoll ziehen“ ab. 2007 folgte die Umwandlung der GmbH in die Tognum AG, die nun unabhängig agiert. Interview mit Matthias Jobmann als PDF ansehen

Interview mit Dr. Matthias Jaletzke

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Der Partner der Kanzlei Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom LLP im Interview. Sich als Vorbild zu bezeichnen, hält er für vermessen. Dennoch gibt er dafür sein Bestes, eines zu sein. Seine Karriere jedenfalls ist vorbildlich. Eines seiner persönlichen Ziele für 2009 ist, mit Tiefschnee besser zurechtzukommen, verrät er dem karriereführer. Auch dabei wird er wohl Nachkommenden den Weg bereiten. Das Interview führte Meike Nachtwey.

Zur Person

Matthias Jaletzke wurde 1960 in Ludwigshafen am Rhein geboren. Er studierte an der Universität Mannheim Rechtswissenschaften. 1983 machte er sein erstes Staatsexamen. Seine Wahlstation während des Referendariats absolvierte er bei Baker & McKenzie in Frankfurt und Washington, wo er nach dem zweiten Staatsexamen 1987 als Associate einstieg und innerhalb von nur sechs Jahren zum Partner aufstieg. 1990/91 verbrachte er ein Jahr im Chicagoer Büro von Baker & MacKenzie. Zurück in Deutschland und als Partner war er Mitglied des Management- Komitees, des internationalen Finanzkomitee und des europäischen M&A Leitungsgremiums. Da er und drei seiner Kollegen aber in den 2000er-Jahren eine stärkere Orientierung zum Gesellschaftsrecht und Transaktionsgeschäft suchten, wechselten sie 2005 gemeinsam zu Skadden, wo Jaletzke seitdem Partner ist.
Herr Jaletzke, wenn es in der Wirtschaft heiß hergeht, etwa bei Übernahmen, spielen Top-Juristen wie Sie eine entscheidende Rolle. Dennoch bleiben sie meist im Hintergrund. Dürfen Anwälte nicht eitel sein? Anwälte sollten nicht eitel sein. Unsere Mandanten sehen uns als Helfer, bestimmte Situationen zu bewältigen, damit sie ein definiertes Ziel erreichen. Und da geht es um die Sache. Leute, die sich aufspielen, aufplustern, kommen nicht gut an. Mandanten wollen nicht zum Schauspiel gehen, dann könnten sie auch gleich ins Theater gehen. Sie wollen, dass wir ein Ergebnis erzielen. Sie wurden als „leading individual“ ausgezeichnet und vom JUVE Handbuch nominiert als „leading lawyer“ – sehen Sie sich als Vorbild für junge Juristen und Hochschulabsolventen? Sich selbst als Vorbild zu sehen, finde ich fast ein wenig anmaßend. Gleichwohl habe ich natürlich viel mit jungen Kollegen zu tun, denen man zeigen möchte, wie der Weg weitergehen kann. Ich versuche, meinen Beruf so auszuüben, dass sich die Jüngeren daran orientieren können; im Hinblick auf Seriosität, Ausdauer, Umgang mit den Mandanten, juristische Tiefe, auch auf den Umgang intern mit Kollegen und Mitarbeitern. Da will man dann doch wieder ein Vorbild sein. Aber am Ende muss jeder seinen eigenen Stil entwickeln. Was muss ein Hochschulabsolvent tun, um als Jurist Karriere zu machen? Ich glaube, man muss nicht als erstes Spezialkenntnisse erwerben, sondern sollte vor allen Dingen Offenheit besitzen, Neugier, Interesse an neuen Entwicklungen. Man sollte Spaß haben, an dem, was man tut und man muss einige klassische „Sekundärtugenden“ besitzen: Fleiß, Ausdauer, Zähigkeit. Die Liebe zum Detail spielt auch eine große Rolle. Wir haben sehr komplexe Vertragswerke zu bewältigen, und da muss man auch auf Seite 163 noch bei der Sache sein. Das muss man mögen. Und man muss mit einer Vielzahl von Menschen zurechtkommen. Man ist schließlich nicht alleine auf der Welt. Man muss auch lernen, mit Rückschlägen umzugehen. Manchmal denkt man vielleicht: Oh Gott, das schaffe ich nicht. Und dann muss man trotzdem dranbleiben. Das ist viel wichtiger, als frühzeitig profunde Börsenkenntnisse zu haben. Warum sind denn gute Noten in den Examina nach wie vor so wichtig beim Einstieg? Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass Noten eine Aussagekraft haben im Hinblick auf die Frage: Hat jemand die Zähigkeit, die Ausdauer, die Nachhaltigkeit, die Detailliebe, und schafft er es, Komplexitäten zu bewältigen? Wir haben bei unseren Mandaten sehr komplexe Situationen zu bewältigen, die einen intellektuell oft bis an den Rand fordern. Die Noten haben in dieser Hinsicht eine gewisse Signifikanz. Natürlich gibt es Ausnahmen. Deswegen schauen wir uns auch immer wieder Kandidaten mit etwas schwächeren Noten an. Wie wichtig sollte die Karriere überhaupt im Leben sein? Das ist eine Frage, die jeder für sich beantworten muss. Karriere kann ja nur ein persönliches Ziel sein, und dieses Ziel muss doch sein, mit seinem Leben zufrieden zu sein. Das kann sein, High Powered Executive zu sein, das kann aber auch sein, in einer sozialen Organisation zu arbeiten. Karriereerfolg ist für mich, wenn jemand jeden Tag zufrieden zur Arbeit geht und sich sagen kann: So gefällt mir der Weg. Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Bewerbungsgespräch? Ja, sehr gut. Mein erstes richtiges Bewerbungsgespräch fand 1984 bei Baker & McKenzie statt. Ich war sehr beeindruckt, von der Internationalität, aber vor allem von den Persönlichkeiten, die ich getroffen habe. Das waren Menschen, die einen gewissen Stil, eine Freundlichkeit, eine Gelassenheit besaßen vor dem Hintergrund ihres persönlichen Erfolgs. Ich erinnere mich deswegen sehr genau daran, weil ich mit dem Kollegen, der mich damals interviewt hat und der bei Baker lange Jahre mein Partner war, heute noch freundschaftlich verbunden bin. Skadden wurde 1948 in New York gegründet. Wie macht sich die Herkunft der Kanzlei im Arbeitsalltag bemerkbar? Eine Kanzlei hat tatsächlich ihren eigenen Stil. Und der wird meist über die Generationen hinweg weitergegeben. Dafür müssen wir ins Jahr 1948 zurückgehen. Unser erster Associate, Joe Flom [Joseph H. Flom, einziger noch lebender namengebender Partner, Anm. d. Red.], der noch heute unser Partner ist, erzählt ab und zu von dieser Zeit. Die Kanzlei war damals sehr klein. Es gab in New York schon etablierte, vornehme Großkanzleien, die zum Teil heute noch existieren. Unsere Gründer waren Newcomer, die nicht in etablierte, große Organisationen wollten. Sie wollten auch nicht unbedingt vornehm sein – sie wollten vor allem interessante Rechtsfälle bearbeiten. Und das ist sich erlich etwas, was uns heute noch prägt, eine gewisse informelle Kollegialität. Seit zehn Jahren ist Skadden bereits die umsatzstärkste Kanzlei der USA und drittstärkste Kanzlei der Welt und alles aus eigener Kraft und ohne Übernahmen. Setzt einen das unter Druck? Das ist toll, oder? Ja. Aber es könnte auch Druck ausüben. Wir sehen unsere Position sicherlich als eine Herausforderung, an führender Stelle zu bleiben. Wir haben eine Verantwortung für die Organisation, auch für die nachfolgende Generation. Wir haben hier Menschen, die Arbeitsplätze haben; diese wollen wir erhalten und ausbauen. Sehen wir das als Druck? Na ja, erst einmal sehen wir das als Spaß, denn wir üben den Beruf gerne aus. „Positive Herausforderung“ trifft es besser. Objektiv betrachtet, ist auch ein gewisser Druck vorhanden. Wir sind schließlich Geschäftsleute. Haben Sie noch einen Karriere-Tipp für unsere Leserinnen und Leser? Versuchen Sie, Ihre individuellen Möglichkeiten auszuschöpfen und dahin zu kommen, dass Sie nicht später denken: Ich hätte etwas anderes machen sollen, ich hätte mehr erreichen sollen. Das heißt, man muss sich fragen: An welchem Platz möchte man denn sein? Und das sollte das persönliche Karriereziel sein. Also: Finden Sie Ihren eigenen Weg und gehen Sie den mit Selbstbewusstsein, dann wird er auch erfolgreich sein.

Zum Unternehmen

Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom LLP wurde 1948 in New York als kleine Wirtschaftskanzlei von Marshall Skadden, John Slate and Les Arps gegründet. Ihr erster angestellter Anwalt, Joseph H. Flom, und der 1959 hinzugekommene Bill Meagher wurden 1961 ebenfalls in den Firmennamen aufgenommen. Seitdem ist der Name der Lawfirm, die an 24 Orten weltweit vertreten ist, unverändert. Mittlerweile gehört die Sozietät zu den größten der Welt. Sie ist die umsatzstärkste Kanzlei der USA und die drittstärkste weltweit. Diese Größe erreichte sie komplett aus eigener Kraft – ohne Übernahmen bereits bestehender, renommierter Kanzleien. Dabei ist gerade Mergers & Acquisitions eines der Haupttätigkeitsgebiete von Skadden – und das Rechtsgebiet, in dem die Kanzlei Pionierarbeit in den USA geleistet hat.

Die ersten 100 Tage

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Bereits in der Probezeit kündigt rund ein Drittel der beruflichen Neueinsteiger. In vielen Fällen ist solch eine frühe Kündigung auf die fehlende „Chemie“, auf ein schlechtes Betriebsklima oder auf Integrationsprobleme zurückzuführen. Als Einsteiger sollte man daher einige Grundregeln beherzigen:

Augen und Ohren auf

Stellen Sie fest, wer die offiziellen und wer die inoffiziellen Ansprechpartner sind. Seien Sie sensibel für informelle Strukturen, für unausgesprochene Verhaltens- und Kommunikationsregeln. Welcher Umgangston herrscht unter den Kollegen und gegenüber Vorgesetzten? Wie ist die Kleiderordnung? Wie grüßt man sich? Vorsicht bei der Frage „Du oder Sie“. Preschen Sie hier nicht vor, sondern warten Sie, bis jemand auf Sie zukommt.

Erst schauen, dann fragen

Bevor Sie Ihren Kollegen auf die Nerven gehen: Erst schauen, dann fragen. Vielleicht ergibt sich eine Antwort ja bereits durch genaues Beobachten. Zeigen Sie sich aufgeschlossen und interessiert. Üben Sie konstruktive Kritik, wo sie angebracht ist. Stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel. Allerdings ohne als Besserwisser oder Angeber zu erscheinen.

Der erste Tag

Sinnvoll ist das in vielen unternehmen inzwischen praktizierte „Mentoring“. Dabei wird dem oder der „Neuen“ bei Jobantritt ein Mentor zugewiesen, der in die Arbeitsstrukturen und den Kollegenkreis einführt. Wenn nicht: Sitzen Sie am ersten Tag nicht untätig herum, falls keiner Zeit für Sie hat. Fragen Sie, wo Sie helfen können oder studieren Sie schon einmal die Mitarbeiterliste. Sie bleiben sicherlich nicht lange ohne Beschäftigung.

Das A und O: Integration

Ein gemeinsamer Kantinenbesuch oder der Kollegen-Kaffeeplausch fördert die soziale Integration. Außerdem haben Sie hier die Möglichkeit, Neues zu erfahren und Fragen zu stellen. Allerdings: Alles in Maßen. Beteiligen Sie sich nicht an jedem Kaffeeklatsch und üben Sie Zurückhaltung beim „Getratsche“ über Chef oder Kollegen.

Vermeidung von Problemen vermeiden

Sprechen Sie Probleme an – auch, wenn Sie sich benachteiligt oder in Ihrer Arbeit nicht anerkannt fühlen. Üben Sie jedoch immer nur konstruktive Kritik. Sinnvoll ist auch ein zum Einstieg vereinbartes Mitarbeitergespräch. So ist eine stetige Verbesserung möglich.

Interview mit Hans-Werner Honert

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Von Wirtschaftswissenschaftlern wird in den Unternehmen verlangt, dass sie kreative Lösungen finden, die sich rechnen müssen. Wie das geht, weiß Hans-Werner Honert, der als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent erfolgreich ist. Der Geschäftsführer von Saxonia Media berichtet über den Spagat zwischen Kreativität und Controlling und gibt Einsteigern Tipps, wie man für Projekte Teams optimal zusammensetzt. Das Gespräch führte André Boße.

Zur Person

Hans-Werner Honert, 60, wuchs in Großdalzig bei Leipzig auf und machte 1969 sein Abitur in Leipzig. Er volontierte danach beim Deutschen Fernsehfunk (DFF) und veröffentlichte erste Gedichte. 1971 ging er für fünf Jahre nach Moskau, wo er am Institut für Kinematografie Regie studierte. Nach dem Studium arbeitete er als Regisseur und Autor beim Fernsehen der DDR und der Defa. Als Drehbuchautor war er für diverse Folgen der Krimiserie „Polizeiruf 110“ verantwortlich. Nach der Wende erfand er die „Tatort“-Ermittler des MDR, inszenierte und schrieb Filme der „Tatort“-Reihe und anderer Formate. In erfolgreichen Spiel- und Fernsehfilmen setzte er sich mit der DDR-Geschichte auseinander. Zudem schrieb er Hörspiele für Kinder und Erwachsene. 1995 wurde er Geschäftsführer der Saxonia Media Filmproduktion.
Herr Honert, trennen Sie persönlich zwischen kreativer und streng ökonomischer Arbeit? Ich habe Anfang der 70er-Jahre in Moskau Regie studiert, und unser Professor gab uns den Rat: „Wenn Ihr Euren persönlichen Film machen wollt, kauft Euch ein Stück Leinwand und malt ein Bild. Das ist billiger.“ Was er damit sagen wollte: Einen Film zu drehen, kostet Geld. Man darf nicht nur an sich, sondern muss immer auch an das Publikum denken – sonst geht man finanziell baden. Daher ist für mich jedes Reden über Kreativität mit Wirtschaftlichkeit verbunden. Stehen sich da bildlich zwei Lager gegenüber: die Controller, die die Kosten im Blick haben, und die Kreativen, die an ihre Geschichte denken? Zunächst einmal: Ich würde keinem raten, eine Karriere in der Filmindustrie anzustreben, wenn man den Film nicht liebt und nicht versteht, was einen ausgezeichneten Film ausmacht. Grundsätzlich kann ein gemeinsames Projekt nur funktionieren, wenn alle mit Leidenschaft bei der Sache sind, die Controller genauso wie die Kreativen. Nur, wenn sich beide Seiten für eine Idee begeistern, ist der Anfang gemacht, um das Projekt zu realisieren. Können Sie anhand eines Beispiels erklären, wie im Idealfall ein Miteinander aus Controllern und Kreativen aussieht? Am Anfang eines Projekts steht ein Exposé. Nehmen wir an, es handelt sich um einen historischen Film, der um das Jahr 1920, an Schauplätzen in China, Deutschland sowie den USA spielt und am Ende eine Szene mit großem Aufwand hat, nämlich ein Autorennen. Man weiß dann auf den ersten Blick, dass dieser Film richtig teuer wird. Die entscheidende Frage ist: Glaube ich, dass ich mit diesem Film genügend Menschen, die später im Kino eine Karte kaufen sollen, eine Freude mache? Ein bisschen wirtschaftliches Risiko ist also immer dabei. Es kann immer sein, dass man einen Film in den Sand setzt. Wichtig ist nur: Es sollten nicht zwei in Folge sein. Denn dann haben Sie Schwierigkeiten, auf dem freien Markt Geld für ein neues Projekt zu bekommen oder einen Auftraggeber in einem Fernsehsender zu finden, weil die Banken oder Sender zu Recht sagen: Wir vertrauen Ihnen nicht mehr. Viele Einsteiger werden im Laufe ihrer Karriere vor genau dieser Frage stehen: Wird sich das Projekt rechnen oder nicht? Haben Sie einen Tipp, wie diese Entscheidungsfindung gelingen kann? Wichtig ist erstens, die Komplexität des Prozesses im Auge zu behalten, denn in schwierigen wirtschaftlichen Gemengelagen gibt es keine schnellen Antworten. Zweitens muss ich für das Projekt brennen. Wenn ich es nur pflichtbewusst angenommen habe, wird es am Ende nicht bestehen. Es gab einen Film, bei dem ich fünf Jahre in die Vorbereitung investiert habe. Ich habe immer wieder neue Gelder gesucht, das Drehbuch verändert und überlegt, wo sich Kosten sparen lassen. Wir saßen oft in großen Runden zusammen, und die Ausgangslage war immer: Wir lieben diesen Film, wir wollen ihn. Sprich: Es empfiehlt sich, bei solchen Projekten andere Leute mit in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Das ist ganz entscheidend. Um Kosten zu senken, haben wir den Film schließlich an diversen Orten in Tschechien, Berlin und Leipzig gedreht. Das Resultat war eine komplizierte Logistik. Wäre der Controller oder der Produzent alleine dafür verantwortlich gewesen, hätte es Gemurre gegeben. So hat das Team aber gemeinsam gedacht und gehandelt – und stand geschlossen hinter der Sache. Als Filmproduzent sind Sie in gewisser Weise ein Projektmanager, wie man ihn immer häufiger in modernen Unternehmensstrukturen findet. Einsteiger werden heute schon früh vor die Aufgabe gestellt, Teams zu leiten. Wie gelingt es Ihnen, andere erfolgreich in ein Projekt einzubeziehen? Indem ich für mich zunächst einmal feststelle: Ich bin zwar am Ende derjenige, der die Verantwortung für die Entscheidung trägt, aber dennoch bin ich ein Teamarbeiter. Also gehe ich zu Leuten aus dem Team, denen ich vertraue und denen ich etwas zutraue, und tausche mich aus, lasse mich beraten. Was mache ich mit einem Teammitglied, bei dem ich merke: Da ist kein Feuer? Wer sich nicht für ein Projekt interessiert, dem fällt dazu auch nichts ein. Gedanken und Ideen entstehen nur, wenn eine innere Überzeugung da ist. Wer keine Lust auf das Projekt verspürt, hat in einem Team, das ein Projekt voranbringen soll, keinen Platz. Da muss man rigoros sein, zumal, wenn sich die Teams nur für eine bestimmte Dauer zusammenfinden. Gab es in Ihrer Karriere einen Umweg, den Sie gegangen sind und der sich rückblickend als sehr gewinnbringend erwies? Ich war immer neugierig auf das Leben da draußen. Ich mache Filme über und für die Menschen und habe immer versucht, mittendrin unter den Menschen zu sein. Da schaut man mal mehr nach links, mal mehr nach rechts. Andere würden das Umwege nennen. Für mich sind das alles notwendige Wege, um sich mit den Menschen auseinandersetzen zu können. Sie kennen also Ihre Kunden, weil Sie mitten unter ihnen leben. Wissen Sie dadurch noch genauer, was die Kunden wollen? Was ihre Bedürfnisse sind? Es gibt dafür einen alten Begriff, den Gotthold Ephraim Lessing geprägt hat: die Wahrscheinlichkeit. Jede Geschichte, die im Kino oder im Fernsehen erzählt wird, muss für den Zuschauer wahrscheinlich sein – denn nur so kann er einen Bezug zu seiner Lebenswelt herstellen und emotional eintauchen.

Zum Unternehmen

Das Kerngeschäft der Filmproduktionsgesellschaft mit Sitz in Leipzig sind TV-Formate wie Folgen des „Tatort“, „Polizeiruf 110“ sowie die erfolgreiche wöchentlich laufende Krankenhausserie „In aller Freundschaft“. Darüber hinaus produziert das Unternehmen Kinderformate wie „Schloss Einstein“ sowie Fernseh- und Kinofilme. Neben kreativen Produzenten und Autoren arbeiten bei Saxonia Media auch zwei festangestellte Controller. Das Unternehmen beschäftigt insgesamt 16 feste und 600 freie Mitarbeiter. Interview mit Hans-Werner Honert als PDF ansehen

Interview mit Petra Hesser

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Seit Anfang letzten Jahres steht eine Frau an der Spitze des berühmtesten Imports aus Schweden: Petra Hesser, 48, ist die Deutschland-Chefin von IKEA.

Zur Person

Petra Hesser, geboren am 5.11.1958 im baden-württembergischen Neckarsulm, ließ sich zunächst zwei Jahre lang bei Hertie in Nürnberg zur Handelsassistentin ausbilden. Anschließend studierte sie Betriebswirtschaft an der Fachhochschule in Mainz. Mit 24 Jahren begann sie als Abteilungsleiterin im Verkaufsservice von IKEA in Wallau und arbeitete unter anderem als Geschäftsführerin einer Niederlassung sowie als Personalleiterin von IKEA Deutschland. 2002 ging sie als Geschäftsführerin in die Niederlande, bevor sie vier Jahre später als Geschäftsführerin von IKEA Deutschland nach Wallau zurückkehrte. Petra Hesser lebt in einer festen Partnerschaft und hat keine Kinder.
Was war Ihr erstes IKEA-Möbelstück, und wann haben Sie es gekauft? Als ich 1981 angefangen habe zu studieren, habe ich mir bei IKEA ein Ivar-Regal gekauft. Später habe ich es an meinen Bruder verschenkt. Mein Ivar-Regal gibt es mittlerweile nicht mehr, aber die Serie hat IKEA noch immer im Angebot. Das Ivar-Regal ist einer unserer Klassiker. Sie sind nach Ihrem Studium 1984 bei IKEA eingestiegen und haben sich hochgearbeitet bis zur Deutschland-Chefin. Ist solch eine Karriere heutzutage überhaupt noch möglich? Um so lange in einem Unternehmen zu bleiben, müssen natürlich verschiedene Faktoren zusammenkommen. Wichtig ist, dass der Mitarbeiter immer neue, herausfordernde Aufgaben erhält und sich dadurch beruflich und persönlich weiterentwickeln kann. Das Unternehmen muss eine entsprechende Weiterbildungs- und Entwicklungsstruktur bieten, die solche Wechsel ermöglicht. Wenn sich Interessensgebiete verlagern, sollten die Mitarbeiter nicht gezwungen sein, für den Rest ihres Lebens auf der Spur zu bleiben, die sie einmal gewählt haben. Wer diese Offenheit für Neues mitbringt, sollte sich auch ein Unternehmen suchen, das diese Offenheit widerspiegelt. Und IKEA ist solch ein Unternehmen? Ich denke schon, dass wir unseren Mitarbeitern außergewöhnliche Karrierewege bieten können. Auch ich bin deshalb so lange geblieben, weil ich immer wieder vor neue Aufgaben und Herausforderungen, neue Standorte oder sogar ein neues Land gestellt worden bin. Etwa alle drei bis fünf Jahre habe ich immer wieder etwas Neues begonnen. Ein anderes Beispiel: Einer unserer Mitarbeiter war lange Jahre im Logistikbereich tätig. Später hat er als Chef eines Einrichtungshauses gearbeitet, danach hat er Projektaufgaben übernommen. Jetzt ist er verantwortlich für alle IKEA-Restaurants in Deutschland. Er hat bewiesen, dass er das Interesse, die notwendigen Managementfähigkeiten und den Willen mitbringt zu lernen. Daran glauben wir, und daher setzen wir mehr auf die Motivation unserer Mitarbeiter als auf geradlinige Lebensläufe. Haben Sie es jemals bereut, außer bei Ihrer Ausbildung niemals woanders als bei IKEA gearbeitet zu haben? Bereut habe ich es nicht. Aber manchmal denke ich, ich müsste eigentlich mal gesehen haben, wie es in anderen Unternehmen zugeht, welche Schwierigkeiten sie haben und wie ich sie meistern würde. Aber ich finde es nicht grundsätzlich gut oder schlecht, viele Jahre in einem Unternehmen zu bleiben. Das hängt von den Aufgaben und dem Unternehmen ab sowie vom Anspruch, den der Mitarbeiter an sich und seine Arbeit stellt. Will er möglichst viele Unternehmen kennen lernen und sich immer wieder in neue Aufgaben einarbeiten, ist ein Wechsel sicherlich nicht schlecht. Auch wir haben Mitarbeiter in Top-Positionen, die wir von extern rekrutiert haben und die ebenso erfolgreich sind wie Menschen, die sich im Unternehmen hochgearbeitet haben. Bei uns gibt es beide Wege. Wann haben Sie die Entscheidung getroffen, in den Handel zu gehen? Schon recht früh. Ich bin auf dem Land groß geworden, und als ich das erste Mal bewusst in der Großstadt einkaufen war, bin ich in einem Kaufhaus die Rolltreppe hochgefahren und fand den Ort faszinierend. Ich dachte nur: Hier muss ich arbeiten! Gleichzeitig wuchs der Wunsch, dass ich eines Tages Chef eines Kaufhauses sein wollte. Nach dem Studium hätte ich auch die Möglichkeit gehabt, in einer Bank volkswirtschaftliche Analysen zu erstellen. Ich sah mich schon hinter den Ordnern sitzen, ohne Kontakt zu Menschen – das wäre für mich undenkbar gewesen. Was fasziniert Sie denn so sehr an der Handelsbranche? Das Gleiche wie am ersten Tag: die Dynamik im Einzelhandel, die Begegnungen mit Menschen, Kunden wie Mitarbeitern. Im Handel kann man sofort den Erfolg seines Handelns erkennen: Hat man den Kunden gut beraten, kauft er etwas. Es bewegt sich einfach so viel. Sie waren über drei Jahre lang Geschäftsführerin in Holland und haben sogar Niederländisch gelernt. Wie haben Sie davon profitiert? Dass ich mich mit den Mitarbeitern in ihrer Sprache unterhalten konnte, hat mir sehr viele Türen geöffnet. Daher kann ich jedem raten, bevor er für längere Zeit in ein fremdes Land geht, die Sprache zu lernen, und seien es nur die Grundzüge. Ich habe während meines Auslandsaufenthalts in den Niederlanden viele Expatriates erlebt, die mit ihren Kollegen auf Englisch kommuniziert haben, was ja in Holland kein Problem ist. Aber man bleibt immer ein wenig der Außenseiter. Selbst wenn man die Sprache kennt, ist es schon schwer genug, Teil der Gesellschaft zu werden – ohne gemeinsame Sprache ist es noch schwieriger. Welche weiteren Tipps können Sie für einen Auslandsaufenthalt geben? Zeigen Sie Respekt vor der neuen Kultur! Man darf nicht sein eigenes Kulturverständnis ins Land mitbringen und versuchen, dieses dort zu implementieren. Stattdessen sollte man sich die Menschen und ihre Kultur anschauen und erfahren, wie sie miteinander und mit Fragestellungen umgehen. Indem man Dinge ausprobiert, zeigt man Offenheit und nimmt am Leben im Land teil. Davon profitiert nicht nur die persönliche Entwicklung, sondern auch das Verhältnis zu den Kollegen und Mitarbeitern. Man wird schnell als einer von ihnen anerkannt, was vieles erleichtert. Darüber hinaus sollte man sich fragen, welche Werte die Menschen in dem fremden Land haben. Um diese zu erkennen, muss man Empathie mitbringen und auf die Werte eingehen. Das heißt nicht, dass man seine eigenen Werte vernachlässigen und für unwichtig halten sollte. Man muss einfach eine gemeinschaftliche Basis für die Zusammenarbeit finden. Ich empfehle jedem, der ins Ausland gehen will, sich in Seminaren über die kulturellen Unterschiede in den Ländern zu informieren. Ist denn der Unterschied zwischen Deutschland und den Niederlanden wirklich so groß? Jedes Land ist unterschiedlich, selbst wenn es nur das Nachbarland ist. Ein Beispiel: Weihnachten spielt in den Niederlanden keine so große Rolle wie in Deutschland. Viel wichtiger ist für die Niederländer der 5. Dezember – von dem ich vorher noch nie etwas gehört hatte. Am 5. Dezember kommt Sinterklaas und bringt die Geschenke. Alle Geschäfte schließen schon um 17 Uhr. Das war für mich ganz neu, und ich musste mich bei meiner Arbeit darauf einstellen. Der IKEA-Europachef Nord, Werner Weber, hat Sie auf Ihrem beruflichen Weg unterstützt. Wie wichtig ist ein Mentor für die Karriere? Enorm wichtig. Ich kann von Glück sagen, dass ich immer Menschen um mich herum hatte, die an mich geglaubt haben. Sie haben mit mir zusammen Schritte gemacht und sind dabei hin und wieder vielleicht auch ein Risiko eingegangen – aber es hat mir geholfen zu lernen. Ich erinnere mich an eine Episode während meiner Ausbildung bei Hertie. Ich durfte eigenständig eine 100 Quadratmeter große Fläche als Bildergalerie ausstatten. In meiner Euphorie habe ich nur Bilder gekauft, die mir selbst gefallen haben. Und jetzt raten Sie mal, wie viel ich verkauft habe? Sehr wenig! Mein Abteilungsleiter hat zwar gesehen, was in der Galerie passierte, aber er hat mich meine Erfahrung machen lassen. Nachher haben wir die Sache besprochen – und seitdem habe ich nie wieder Produkte eingekauft, die nur ich gut finde. Fazit: Sie brauchen Menschen, die bereit sind, für Sie einzustehen, die Fehler mittragen und die sich die Zeit nehmen, an Sie zu glauben. Solche Menschen hatte ich zum Glück immer an meiner Seite. Wie findet man einen guten Mentor? Das Persönliche spielt eine große Rolle, man muss eine Beziehung zu ihm aufbauen können. Zu dem Verhältnis zwischen Mentor und Mentee gehört viel Vertrauen. Der Mentor muss Sie auf einen Weg schicken können und dabei hinter Ihnen stehen. Wenn es schiefgeht, muss er bereit und in der Lage sein, für den Fehler einzustehen. Er sollte die Abläufe und Strukturen in einem Unternehmen kennen und Ihnen Türen öffnen. Als Alternative für die persönliche Entwicklung kann sich auch ein Coach anbieten. Wir bei IKEA geben unseren Mitarbeitern die Möglichkeit, zum Beispiel bei Veränderungsprozessen oder bei der Übernahme einer neuen Abteilung Coaches in Anspruch zu nehmen. Wer erkennt, dass er Bedarf hat, sollte einfach die Initiative ergreifen. Ist es richtig, dass Sie täglich zwölf Stunden und mehr arbeiten? Wie hält man solch eine Arbeitsbelastung auf Dauer aus? Die Arbeit ist mein Leben, und sie macht mir Spaß. Ich schaue daher nicht immer auf die Uhr. Manchmal sind die Tage lang, manchmal mache ich auch früher Feierabend. Sicher, ich komme bestimmt auf 50 bis 60 Stunden in der Woche, aber ich gebe ja nicht zwölf Stunden am Tag permanent Output. Das kann aus meiner Sicht niemand leisten. Auch ich brauche Phasen, in denen ich nachdenken und neue Kraft sammeln kann. Denn Führungskräfte, die viel mit Menschen arbeiten, geben viel von ihrer eigenen Kraft und Energie weiter. Sich mit vielen unterschiedlichen Menschen und Themenstellungen auseinanderzusetzen, ist eine große Herausforderung. Als Ausgleich muss ich hin und wieder auch mal mit mir allein sein, spazieren gehen, lesen, zu Hause sein, mit Freunden, mit meiner Familie – einfach auftanken. Haben Sie schon einmal Mitarbeiter entlassen müssen? Ja, sich von Mitarbeitern zu trennen – ob aus Betriebs- oder aus persönlichen Gründen – gehört zu den Aufgaben einer Führungskraft dazu. Und wie gehen Sie persönlich damit um? Mir ist es immer wichtig, dass ich die Chance habe, dem Mitarbeiter meine Entscheidung verständlich darzulegen. Ich nehme mir die Zeit, meine Gründe deutlich zu machen. Viele empfinden die Entscheidung sicherlich zunächst als hart und ungerecht, aber ich will, dass derjenige sie versteht, sie nachvollziehen kann. Er soll daraus lernen und die Veränderung positiv sehen. Ich stehe heute noch mit vielen der Mitarbeiter, die ich irgendwann einmal entlassen musste, in Kontakt. Sie melden sich regelmäßig bei mir, um mir über ihre Entwicklungsschritte zu berichten. Sehen Sie sich als Vorbild für Frauen in Führungspositionen? Der Unterschied zu vielen anderen weiblichen Führungskräften: Ich habe keine Kinder. Diesen Teil musste ich in meinem Leben niemals managen. Ich habe daher sehr großen Respekt vor Frauen, die in der Lage sind, Familie, Kinder und Beruf in Einklang zu bringen. Für diese Frauen kann ich also kein Vorbild sein. Aber vielleicht kann ich auf einem anderen Gebiet als gutes Beispiel vorangehen: Ich habe mich nie verstellt, nur weil ich eine Frau bin. Ich habe mich niemals als Frau verbiegen wollen und müssen. Dieses Authentischsein ist für mich enorm wichtig. Welche Voraussetzungen müssen Frauen erfüllen, die wie Sie Karriere machen wollen? Meiner Meinung nach keine anderen als Männer. Sie müssen eine gute fachliche Grundlage haben, Managementwissen mitbringen und das Thema Führung und Menschen lieben. Das „Du“ gehört zur Unternehmenskultur bei IKEA. Duzen Sie auch Ihre Mitarbeiter? Selbstverständlich. Welchen Einfluss hat diese Anrede auf die Unternehmenskultur? Das „Du“ hat keinen Einfluss auf unser Miteinander, wir nehmen das gar nicht mehr bewusst wahr. Viel wichtiger ist uns das Führungsverständnis. Ich setze mich immer mit meinen Mitarbeitern auseinander. Wir bestimmen gemeinsam unsere Ziele, entwickeln die Maßnahmen, tauschen uns ständig aus. Ich lasse meine Mitarbeiter an allen Prozessen teilhaben. Aber nachdem man alles durchgesprochen hat, muss einfach einer die Entscheidung treffen, und das ist in der Regel die Führungskraft. Das geschieht jedoch im Einvernehmen mit den Mitarbeitern. Und danach gehen wir zusammen unseren Weg weiter.

Zum Unternehmen

IKEA wurde 1943 vom damals erst 17-jährigen Ingvar Kamprad gegründet. Der Unternehmensname setzt sich zusammen aus den Initialen des Namens des Unternehmensgründers sowie des elterlichen Bauernhofs Elmtaryd und des dem Hof nächstgelegenen Ortes Agunnaryd. Heute beschäftigt IKEA weltweit 104.000 Mitarbeiter, davon rund 13.000 an 40 Standorten in Deutschland. Der weltweite Umsatz stieg im Geschäftsjahr 2006 um 17 Prozent auf 17,3 Milliarden Euro, wobei Deutschland mit 2,95 Milliarden Euro das umsatzstärkste Land ist.

Interview mit Claus und Gunnar Heinemann

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Schon seit über 25 Jahren leiten Claus und Gunnar Heinemann das Hamburger Handelshaus Gebr. Heinemann mit Leidenschaft und Freude an direktem Kontakt zu Mitarbeitern und Kunden auf der ganzen Welt. Ihr wichtigstes Erfolgsrezept: bescheiden agieren und Persönlichkeit zeigen. Mit Katharina Kramer sprechen die Cousins über die Besonderheiten eines Familienunternehmens und den Reiz des internationalen Handels.

Zu den Personen

Gunnar Heinemann wurde 1951 in Hamburg geboren. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er Betriebswirtschaft an Universität Zürich. Es folgten Praktika in Paris und London. 1978 trat er in die Familienfirma Gebr. Heinemann ein und wurde Gesellschafter sowie Mitglied der Geschäftsführung. Er ist Präsident des Deutschen Travel Retail Verbandes. Als Vater zweier Söhne wohnt er mit seiner im Bereich Public Relations tätigen Frau in Blankenese. Claus Heinemann, 1950 in Hamburg geboren, absolvierte nach dem Abitur eine Banklehre und studierte Wirtschaftswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Anderthalb Jahre sammelte er Erfahrungen bei Tabak- und Spirituosenfirmen in Neuchâtel, London und New York. In das Familienunternehmen trat er 1979 ein und wurde Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsleitung. Er lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in der Hamburger Innenstadt.
Was hat Sie in Ihrem Leben besonders geprägt? Claus Heinemann: Die Familie und die Erziehung. Für uns als Familienunternehmer in der vierten Generation ist natürlich das Geschäftliche auch am Wochenende ab und zu mal ein Thema … Gunnar Heinemann: … und am Frühstückstisch. Claus Heinemann: Da wächst man so rein, und dann haben wir die Firma übernommen. Gunnar Heinemann: (lacht)… und mit Segeln unter einen Hut gebracht. Claus segelt leidenschaftlich gern. Haben Sie vor der Übernahme der Firma nicht manchmal gedacht: „Ich würde lieber etwas ganz anderes machen“? Claus Heinemann: (wieder ernst).Wir haben gerne die Verantwortung übernommen und haben auch Spaß dran, weil unsere Aufgabe hochinteressant ist. Vor allem das internationale Umfeld. Gunnar Heinemann: Ich bin nicht ganz sicher, ob wir mit solcher Begeisterung in die Firma eingestiegen wären, wenn diese Firma sich mit Schraubenhandel beschäftigt hätte. Nichts gegen Schraubenhandel. Aber es ist natürlich so, dass wir ein tolles Markenumfeld haben. Wer reist nicht gerne? Wer interessiert sich nicht für exklusive Marken? Es gibt viele gute Gründe, sich in so ein Berufsfeld zu wagen. Bestimmt sind Sie viel in der Welt unterwegs, oder? Claus Heinemann: Oh ja, ich freue mich, wenn ich mal zu Hause bin. Gunnar Heinemann: Wir bewegen uns im Reisemarkt. Wenn wir irgendwo an einem Flughafen ankommen, dann sind wir meist da, wo wir hinwollen. Das ist natürlich das Ärgerliche. Es gibt wirklich Städte, in denen wir schon lange am Flughafen arbeiten, und ich kann nicht sagen, dass ich diese Orte besonders gut kenne. Claus Heinemann: Aber spannend ist: Wir haben sehr viele internationale Partnerschaften in Ländern, die natürlich völlig unterschiedliche Mentalitäten und Kulturen haben. Und sich auf einen türkischen Partner einzustellen – wir sind sehr erfolgreich in der Türkei – ist völlig anders, als mit einem südafrikanischen oder norwegischen Partner umzugehen. Es ist sehr viel Psychologie in dem, was wir so machen, und viel kulturelles Verständnis. Wie gelingt kulturelles Verständnis? Gunnar Heinemann: Indem wir bescheiden agieren und nicht laut auftreten. Unsere Mitarbeiter in der Distribution, die insgesamt 1000 Shops in aller Welt mit Sortimenten und Services versorgen, sind nicht nur einfach Verkäufer, die den Preis und die Lieferbedingungen bestimmen. Sie sollen auch unseren Kunden helfen, ihr Geschäft erfolgreich zu betreiben. Auf wie viele Reisen sollte sich denn ein neuer Mitarbeiter einstellen? Gunnar Heinemann: Bis zu 50 Prozent eines Jahres sind viele Führungskräfte unterwegs. Es können auch schon mal lange Reisen sein, etwa nach Wladiwostok oder Nowosibirsk. Ziemlich beschwerlich, besonders im Winter – aber eben auch unglaublich spannend. Können Sie ein Erlebnis schildern, das zeigt, wie man in Ihrer Branche gestrickt sein sollte? Gunnar Heinemann: Ein Erfolgserlebnis ist, wenn ein Verkaufsleiter zu mir sagt: „Herr Heinemann, ich komm da mit einem Kunden nicht recht voran. Ich wär Ihnen dankbar, wenn Sie mal mit auf die Reise kommen.“ Dann haben wir dieses Gespräch, und das beginnt schwierig, und am Ende dieses Gesprächs haben wir noch nichts verkauft, aber man merkt, dass sich Türen geöffnet haben. Das macht mir ganz persönlich unglaublich viel Freude, weil ich dem Mitarbeiter einen Hinweis geben konnte, wie man bei solchen Kunden das Vertrauen gewinnen kann. Sie kennen also viele Kniffe, wie man einen Kunden für sich gewinnt. Gunnar Heinemann: Zu unseren Verkäufern sage ich immer: Wenn du das erste Mal bei einem Kunden bist, dann nimm den Order-Block gar nicht mit, sondern versuche, eine gute Atmosphäre zu schaffen und ins Erzählen zu kommen. Damit der Kunde sagt: Da sitzt mir eine Persönlichkeit gegenüber. Deswegen ist die moderne Kommunikationstechnologie nur zu einem gewissen Teil einsetzbar. Nichts kann das persönliche Gespräch ersetzen. Und wenn Hochschulabsolventen als Trainees bei Ihnen anfangen, wird ihnen so etwas vermittelt? Gunnar Heinemann: Sicher, das kann man alles lernen. Handel ist keine Atomphysik, der Erfolg hängt eben auch sehr stark von der Persönlichkeit ab, die man entwickeln kann. Und diese Entwicklung können wir mit Lob oder konstruktiver Kritik fördern. Was macht Persönlichkeit aus? Gunnar Heinemann: Initiative, Kreativität, Durchhaltevermögen, aber auch Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Worin unterscheiden Sie sich als Familienunternehmen von großen Konzernen? Claus Heinemann: Wir sind ein nicht börsennotiertes Unternehmen. Wir haben langfristige Ziele. Wenn jemand bei uns neu anfängt, bekommt er sofort einen Paten, der sich um den neuen Mitarbeiter kümmert. Dazu gibt es in den ersten hundert Tagen nach der Einstellung die Gespräche mit mir und meinem Cousin. Darin stelle ich nicht nur Fragen zur Arbeit. Ich frage die neuen Mitarbeiter, ob sie in Hamburg schon Fuß gefasst haben, was sie in ihrer Freizeit machen. Es geht um das Persönliche. Man sagt ja, dass dieser Arbeitgebertypus, der etwas Väterliches ausstrahlt, allmählich verschwindet. Haben Sie das Gefühl, alte Werte zu verkörpern? Gunnar Heinemann: Wenn Sie darunter verstehen, fürsorglich zu sein, sich kümmern, Vertrauen ausstrahlen, da sein – das finde ich unheimlich wichtig. Es gibt Firmen, in denen es eine Kantine für das Volk, und ein Kasino für die Oberen gibt. Claus Heinemann: Das gibt’s bei uns nicht. Gunnar Heinemann: Es gibt auch keinen abgeschlossenen Raum, in dem der Chef sich hinter Zahlen versteckt. Wir laufen mehrfach am Tag durch die Zentrale. Wir sind präsent und suchen das Gespräch. Und das schätzen unsere Mitarbeiter genauso wie unsere Kunden.

Zum Unternehmen

Gebr. Heinemann ist ein nicht börsennotiertes Familienunternehmen mit Hauptsitz in Hamburg. Es betreibt 230 Travel Value und Duty Free Shops, Concept Shops und Boutiquen an 49 internationalen Flughäfen in 19 Ländern. Außerdem beliefert das Unternehmen rund 1000 Duty Free und Travel Value Shops in aller Welt mit Sortimenten und Services: an Flughäfen, auf Fähr- und Kreuzfahrtschiffen oder an Grenzübergängen. Die Palette der Waren reicht von Parfum und Kosmetik über Tabak, Weine und Spirituosen bis zu Accessoires und Mode sowie Süß- und Spielwaren. Von den 5000 Mitarbeitern sind 450 in der Hamburger Zentrale tätig. 350 weitere, darunter auch Logistik-Experten, liefern vom zentralen Hamburger Warenlager täglich 65.000 Kartons aus. Im Jahr 1879 begann Heinrich Heinemann, der gemeinsame Urgroßvater von Claus und Gunnar Heinemann, mit der Versorgung von Schiffsausrüstern im Freihafen. Heute zählt das Unternehmen zu den drei weltweit größten Akteuren des Reise-Einzelhandels. Im Jahr 2008 erwirtschaftete Gebr. Heinemann einen Umsatz von 1,9 Milliarden Euro.