Future of Banking

Foto: Fotolia/fotogestoeber
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Die Digitalisierung im Finanzsektor wächst stetig, die Kunden besuchen ihre Bankfiliale immer seltener. Nur mit einer Strategie, die die Online- und Offline-Welt nahtlos miteinander verbindet, können Banken den veränderten Kundenanforderungen künftig gerecht werden. Von Matthias Schubert

Es ist noch keine 15 Jahre her, dass Kunden regelmäßig die Filiale besuchten, um dort ihre Bankgeschäfte am Schalter zu erledigen. Heute hingegen können sie das bequem von zu Hause aus tun. Online-Banking ist bereits zur Selbstverständlichkeit geworden, und Mobile Banking via Smartphone oder Tablet wächst stetig. Doch das Internet dient natürlich nicht nur der Abwicklung von Transaktionen, sondern beschleunigt auch den Informations- und Meinungsaustausch und sorgt für eine bislang nie dagewesene Transparenz.

Nur einen Klick entfernt
Nicht nur junge Menschen, sondern auch ältere Kunden klicken sich heutzutage vor dem Kauf eines Finanzproduktes wie selbstverständlich durch Suchmaschinen und Vergleichsportale oder holen sich Rat in sozialen Netzwerken ein. Für den eigentlichen Geschäftsabschluss bevorzugen die meisten Kunden allerdings noch immer die Bankfiliale, ein Umstand, der auch als „ROPO-Effekt“ bezeichnet wird – research online, purchase offline. Bevor es überhaupt zu einem solchen Besuch in der Bank kommt, hatten die Kunden allerdings bereits viele alternative Kontaktpunkte im Netz. Die Gefahr einer Abwanderung ist dabei natürlich groß, schließlich ist die nächste Kontoverbindung gerade mal einen Mausklick entfernt.

Eine wesentliche Herausforderung für Banken und Sparkassen ist daher die erfolgreiche Überleitung der Kunden vom Internet zur Filiale. Wichtig ist dabei, eine positive „Customer Experience“ zu erreichen, den Kunden also zu begeistern. Zufriedene und loyale Kunden kaufen nicht nur mehr Produkte, sondern sind auch bei weitem nicht so anfällig für Alternativangebote. Doch wie kann eine Bank den Kunden im Internet optimal abholen?

Freund oder nicht Freund?
In den letzten Jahren sind viele Banken dazu übergegangen, neben ihrer Webseite auch eine Präsenz bei Facebook aufzubauen. Was die Anzahl der Fans und Interaktionen angeht, jedoch häufig nur mit mittelmäßigem Erfolg. Woran liegt das? Zunächst sollte man das Wort „Fan“ hier nicht allzu wörtlich nehmen. Das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft mit einem Kreditinstitut zu sein, also eine echte Fan-Beziehung mit ihm einzugehen, gehört nämlich laut Forrester Research zu den absolut unbedeutendsten Motiven der User, die „Gefällt mir“-Funktion zu nutzen. Vielmehr sind es entweder handfeste Vorteile, zum Beispiel Sonderangebote und Gewinnspiele, oder Informationen über Finanz- und Wirtschaftsthemen sowie aktuelle Hintergrundberichte, die von den Nutzern als Mehrwert wahrgenommen werden. Nicht die Masse der Beiträge, sondern die Qualität der Inhalte entscheidet.

Virtuelle Bankfilialen
Eine wichtige Chance bieten soziale Netzwerke für Finanzdienstleister im Bereich Kundenservice. Eine schnell und positiv beantwortete Kundenanfrage oder -beschwerde kann auch hier für Zufriedenheit sorgen und die Kundenbindung stärken. Weltweite Beachtung fand in diesem Zusammenhang eine innovative Idee der neuseeländischen ASB Bank. Sie eröffnete im Jahr 2010 die „erste virtuelle Bankfiliale der Welt“ auf Facebook. Über eine gesicherte Verbindung können sich Kunden hier über ein Chatsystem mit einem Mitarbeiter in Echtzeit austauschen. Doch was noch vor kurzem als Innovation gefeiert wurde, wird wohl schon bald nicht mehr state-of-theart sein. Statt dem Betrieb virtueller Chat-Filialen werden Banken und Sparkassen in Zukunft vielmehr dazu übergehen müssen, ihre echten Filialen mit dem Internet zu vernetzen.

Omnikanal-Banking
Für eine Integration der Filialen in die virtuelle Welt werden künftig leicht bedienbare Online-Zugangskanäle zu den Kundenbetreuern aus den Geschäftsstellen angelegt werden. So wird der persönliche Berater künftig also nicht mehr nur in der Filiale, sondern auch online, per Videokonferenz oder eben auch bei Facebook und Co. zum zentralen Ansprechpartner. Der Kunde kann dabei jederzeit seinen bevorzugten Kommunikationskanal selbst wählen. Anders als beim bisherigen Multikanal-Banking, dessen vorrangiges Ziel es war, mit dem Kunden über möglichst kostengünstige Kanäle zu kommunizieren, kann der Kunde beim Omnichannel-Banking den Kanal jederzeit wechseln und dabei trotzdem seinen Bearbeitungsstatus „mitnehmen“. Er kann also beispielsweise eine Interaktion über sein Smartphone beginnen und später über einen anderen Kanal nahtlos fortführen.

Institute, denen es gelingt, eine derartige Verzahnung von Online- und Offline- Welt zu erreichen und ihre Kunden dabei durch ein konsistentes „look and feel“ zu begeistern, dürften sich in den kommenden Jahren einen größeren Marktanteil im Retail Banking sichern.

Literaturempfehlungen

Oliver Everling/Robert Lempka (Hg.):
Finanzdienstleister der nächsten Generation. Die neue digitale Macht der Kunden.
Frankfurt School Verlag 2013. ISBN 978-3940913623. 59,90 Euro

Matthias Schubert
Chancen und Grenzen der Online-Kommunikation im Kundenbindungsmanagement von Genossenschaftsbanken.
Shaker Verlag 2013. ISBN 978-3844015799. 29,80 Euro