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Skywalk Königsstuhl

Rügen ist um eine Sehenswürdigkeit reicher: Auf den berühmten Kreidefelsen wurde eine freischwebende Aussichtsplattform gebaut. Von Franziska Immel-Andrä

Auf der Insel Rügen, nahe der Hafenstadt Sassnitz, befindet sich der Königsstuhl. Das Plateau der Kreidefelsformation liegt auf 118 Metern über Normalhöhennull; die Felsen fallen fast senkrecht zum Strand ab. Ungefähr 300.000 Besucher*innen kommen jährlich, um den einzigartigen Blick auf die weite Ostsee, die Kreideküste und die seltenen Kliffhangwälder zu genießen. Allerdings sind der Aussichtspunkt und die gesamte Steilküste des umliegenden Nationalparks durch ihre geologische Beschaffenheit, das Grund- und Oberflächenwasser sowie den Wellenschlag einer starken Küstendynamik unterworfen. Jährlich schwinden durchschnittlich 30 Zentimeter an Küste, und es kommt immer wieder zu Abbrüchen am gesamten Kliff.

Um die Zugänglichkeit zu dem beliebten Aussichtspunkt auch weiterhin zu erhalten, wurde ein Rundweg geplant, der auf dem standsicheren Hochplateau beginnt und den Königsstuhl mit einer seilverspannten Brückenkonstruktion überspannt. Dabei galt es einiges zu beachten: Das Bauwerk sollte barrierefrei sein, möglichst zurückhaltend in den Landschaftsraum eingreifen, allen Natur- und Artenschutzanforderungen des zum UNESCO-Welterbe zählenden Buchenwaldbestands gerecht werden und natürlich trotz möglicher Steiluferabbrüche und Hangrutschungen geologisch und geotechnisch standsicher sein.

Nach rund zwei Jahren Bauzeit konnte der Skywalk im April 2023 endlich eröffnet werden. Der 185 Meter lange ellipsenförmigen Rundweg ist als einhüftige Hängebrücke konstruiert. Sie wird einseitig zu einem 42 Meter hohen Mast am Widerlager abgespannt. Bis zu 48 Meter tief sind die Fundamente für den Mast und die Abspannseile in der Kreide gegründet worden. Insgesamt leiten sechs Bohrpfähle von jeweils anderthalb Metern Durchmesser die Bauwerkskräfte in den Baugrund. Das Brückendeck besteht aus einem verschweißten Stahlhohlkasten. Es wird über Hängeseile mit den Haupttragseilen verbunden, die die Vertikalkräfte des Überbaus zur Mastspitze hin abtragen. Die 13 stählernen Brückensegmente der Konstruktion wurden vor Ort zusammengefügt und verschweißt. Dafür wurde eigens eine Stahlunterkonstruktion angefertigt.

Anschließend musste die 400 Tonnen schwere Brückenkonstruktion Zentimeter für Zentimeter Richtung Horizont geschoben werden. Verantwortlich für die insgesamt 70 Meter Vorschub war der 24-jährige Schweizer Hydraulikspezialist Sascha Leutwyler. Er arbeitete mit einem System aus Hydraulikpressen und dicken Tauen aus Stahlseil. Mit einem ähnlichen System senkte er das Brückendeck dann noch um 3,50 Meter ab, bevor es an das erste Baumodul, das bereits am Fundament befestigt war, angeschweißt wurde.

Der Bau hat wegen der komplizierten Abläufe deutlich länger gedauert als ursprünglich geplant. Er wurde auch teurer als anfangs veranschlagt. Die Stadt Sassnitz als Bauherrin des Projektes ging von 7,6 Millionen Euro aus. Im Endeffekt beliefen sich die Kosten aber auf insgesamt 11,37 Millionen Euro.

Der Skywalk im Überblick:

Länge der gesamten Konstruktion

90 Meter

Länge des begehbaren Rundwegs

185 Meter

Breite der Ellipse

19 Meter

Breite des Rundweges auf der Konstruktion

2,50 Meter

(3,50 Meter vordere Spitze)

Höhe des Abspannmastes
42 Meter

Gründungstiefe (Bohrpfähle)

48 Meter

Investition des Lands M-V. rund 11,37 Millionen Euro (reine Baukosten 8,8 Mio. Euro)

Quelle: Nationalpark-Zentrum Königsstuhl

 

Vom Königsweg zum Skywalk Königsstuhl:

Das Bau-Logbuch

https://koenigsweg.koenigsstuhl.com/ bau-logbuch

Sonderausstellung „Vom Königsweg zum Skywalk – eine Baugeschichte“

www.koenigsstuhl.com

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