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Plattformregulierung 2.0 – die Reform des NetzDG

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, kurz NetzDG, war und ist Gegenstand heftiger Diskussionen, die vor allem über die Medien geführt werden, die von ihm betroffen sind: soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram oder Twitter. Mit einer Reform des NetzDG hat der Deutsche Bundestag auf einige Kritikpunkte reagiert. Was sind die wesentlichen Neuerungen, welche Kritik bleibt und wie geht es weiter? Von Dr. Tobias Frevert und Andreas Daum, LL.M. (LSE), Rechtsanwälte bei Noerr Partnerschaftsgesellschaft mbB

Seit dem 01.10.2017 sind soziale Netzwerke mit über zwei Millionen Usern verpflichtet, Nutzerinhalte, die von anderen Usern gemeldet worden sind und gegen Strafvorschriften verstoßen, innerhalb kurzer Zeit zu sperren. Sonst drohen Bußgelder bis zu fünf Millionen Euro. Während die einen argumentieren, das Gesetz fördere ein „Overblocking“ und beschneide die Meinungsfreiheit, sehen andere darin die richtige Antwort auf den immer weiter zunehmenden Hass im Netz. Nun hat der Deutsche Bundestag das NetzDG entscheidend reformiert.

Zum einen sollen die Betreiber sozialer Netzwerke nun verstärkt mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten, um den Kampf gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität im Netz zu verbessern. Allerdings gab es Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Änderung, wegen derer der Bundespräsident zunächst seine Unterschrift verweigerte. Nach eiliger „Reparatur“ durch den Gesetzgeber konnte das Gesetz dann doch noch ausgefertigt und verkündet werden. Ab dem 01. Februar 2022 müssen soziale Netzwerke nun dem Bundeskriminalamt melden, wenn sie den konkreten Verdacht haben, User könnten Straftaten wie „Volksverhetzung“ oder „Bedrohung“ verwirklicht haben. Zum anderen setzt die Reform Verbesserungen um, die sich aus den bisherigen Erfahrungen mit dem Gesetz ergeben haben.

Kritiker bemängeln, das NetzDG lege die staatliche Aufgabe, für die Einhaltung der Rechtsordnung zu sorgen, in die Hände der sozialen Netzwerke.

Soziale Netzwerke müssen nun ein transparentes Verfahren vorhalten, in dem ihre User die Entscheidung über die Löschung oder Sperrung nochmals überprüfen lassen können. Außerdem dürfen die sozialen Medien die Beschwerdemöglichkeit nicht auf der Website „verstecken“; die Nutzer müssen sie über wenige Klicks einfach erreichen. Das Parlament reagiert damit auf einige soziale Plattformen, die ihren Usern die Prüfung unnötig erschwert hatten. Das Bundesamt für Justiz hatte deswegen etwa Facebook gerügt, und auch beim Messenger Telegram Verbesserungsbedarf gesehen. Kritiker bemängeln, das NetzDG lege die staatliche Aufgabe, für die Einhaltung der Rechtsordnung zu sorgen, in die Hände der sozialen Netzwerke. Dieselbe Kritik wird auch am Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz geübt, das am 1. August 2021 in Kraft getreten ist und den sozialen Netzwerken ähnliche Aufgaben zuweist, um Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer zu unterbinden.

Auf europäische Ebene wirft der „Digital Services Act“, der über den Inhalt des NetzDG weit hinaus geht und die Regulierung von Plattformen europaweit vereinheitlichen soll, bereits seine Schatten voraus. Die Zukunft des NetzDG ist daher ungewiss. Die Europäische Kommission hat klargestellt, dass die europäische Regelung sämtliche nationalen Vorschriften verdrängen soll. Die vieldiskutierten Änderungen des NetzDG könnten sich daher als kurzlebig erweisen. Doch angesichts der vielen unterschiedlichen nationalen Vorschriften sind einheitliche Regeln für soziale Plattformen, die ihre Dienste in ganz Europa anbieten, nur zu begrüßen.

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