Ohne geht’s nicht: Soft Skills für Juristen

Foto: Fotolia/FotolEdhar
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Die Personalberatung Boyden veröffentlichte im Juli 2013 eine Studie, aus der hervorgeht, wie wichtig Soft Skills für den beruflichen Erfolg sind: Suchen Unternehmen neue gute Leute, rücken klassische Kriterien wie Fachwissen und Ausbildung in den Hintergrund. Immer wichtiger dagegen: Menschenkenntnis, Überzeugungskraft und Kommunikationsfähigkeit. Dies gilt auch und gerade für Juristen. Deshalb bat der karriereführer Coach und Juristin Carmen Schön um einen Gastbeitrag.

Nach jahrelangem Studium und unzähligen Prüfungen starten Juristen in die Praxis und möchten eines: Erfolg haben. Schnell bemerken sie, dass Fachwissen eine solide Grundlage darstellt, jedoch alleine für den beruflichen Erfolg nicht ausreicht. Doch was ist der Schlüssel zum Erfolg? Internationale Studien belegen, dass der berufliche Erfolg nur zu 50 Prozent auf Fachkompetenz beruht – die andere Hälfte hängt von den sogenannten Soft Skills ab. Diese Erkenntnis spiegelt sich seit neuestem auch in der Juristenausbildung wider: Fähigkeiten wie Verhandlungsmanagement, Gesprächsführung, Rhetorik, Streitschlichtung, Mediation, Vernehmungslehre und Kommunikationsfähigkeit sind Bestandteil der ersten Staatsprüfung geworden. Aber was unternehmen Juristen, für die diese Soft Skills in der eigenen Ausbildung bislang ein nur untergeordnetes Thema waren? Und um welche Schlüsselqualifikationen sollten sie sich besonders kümmern?

Buchtipp

Carmen Schön: Traumjob – Rechtsanwalt in einer internationalen Wirtschaftskanzlei.
Stark Verlagsgesellschaft 2012. ISBN 978-3866685864. 19,95 Euro
www.carmenschoen.de

Das hängt davon ab, welche der genannten Schlüsselqualifikationen für jeden Einzelnen besonders wichtig sind, um beruflich die Ziele zu erreichen, die er sich gesetzt hat. Und hieraus ergibt sich die erste Empfehlung: Definieren Sie Ihr persönliches Berufsziel – und legen Sie dann die noch benötigten Schlüsselqualifikationen fest. Denn es versteht sich von selbst, dass ein Richter, Staatsanwalt, Verwaltungsjurist, Unternehmensjurist und Rechtsanwalt kraft ihrer Aufgabe unterschiedliche Fähigkeiten benötigen, um ihr Ziel zu erreichen. Sicher gibt es einige Basisqualifikationen, die bei jedem vorhanden sein sollten – jedoch ist die Ausprägung und Wertigkeit der einzelnen Schlüsselqualifikationen je nach Berufswahl eine andere.

Natürlich sollte jeder Jurist sich selbst managen können, kommunikations- und konfliktfähig sein und eine gewisse Art von Empathie zeigen. Auch Attribute wie Zuverlässigkeit, Engagement und Lernbereitschaft setzt man bei jedem voraus – egal, ob Richter oder Rechtsanwalt. Unterschiede werden aber dann deutlich, wenn man weiß, dass beispielsweise von einem Rechtsanwalt neben vertieften Rechtskenntnissen auch die serviceorientierte Kundenbetreuung und die Neuakquisition von Kunden erwartet werden. Dieses gilt heute umso mehr, da der Markt enger wird und ohne eine gewisse Stärke im Bereich Akquisition und Kundenbindung der Mandant nicht mehr zu finden beziehungsweise zu halten ist. Die hochwertigen Dienstleistungen gerade der Großkanzleien sind qualitativ nahezu austauschbar – die Entscheidung des Kunden, eine bestimmte Kanzlei zu wählen, hängt nicht mehr alleine von der eigentlichen Rechtsberatung ab. Diese würde er im Zweifel auch auf gleichem Niveau bei einer anderen Großkanzlei finden. Gleiches gilt für kleine Kanzleien oder Einzelanwälte. Entscheidender ist hier vielmehr, wie der einzelne Rechtsanwalt in der Lage ist, auf den Kunden einzugehen und ob er diesen überhaupt als Kunden betrachtet, dessen Wünsche zu erfüllen sind. Ebenso wichtig ist die Fähigkeit, Markttrends wahrzunehmen und flexibel und kreativ auf diese zu reagieren. Worte wie Akquisition und Marketing gewinnen zunehmend an Bedeutung und geben den Standard am Markt vor.

Juristen im Staatsdienst werden sich mit diesen Themen aktuell noch nicht beschäftigen müssen. Die „Kunden“ sind vorhanden, jedoch führt vermehrtes Arbeitsaufkommen und Zeitdruck dazu, über effizientere und effektivere Arbeitsprozesse nachzudenken. Hier kann alleine schon die verbesserte Kommunikation und Kooperation mit den Kollegen helfen, oder aber eine gute Anpassungsfähigkeit an neue Strukturen in der Verwaltung oder in der einzelnen Abteilung. Für alle Juristen sind Schlüsselqualifikationen essenziell für den Berufserfolg. Je nach gewähltem Berufszweig sind jedoch unterschiedliche Qualifikationen wichtig, und an diesen sollte man dann gezielt arbeiten.

Der erste Schritt, um Soft Skills zu trainieren, ist die Erkenntnis, dass es neben der reinen Fachkompetenz Schlüsselqualifikationen gibt und diese maßgeblich zum eigenen Erfolg beitragen werden. Im zweiten Schritt ist es wichtig, sein berufliches Ziel zu definieren. Je nach Berufswahl sind dann die erforderlichen Schlüsselqualifikationen festzuhalten.

Grundsätzlich gibt es zwei Schritte, sich anschließend die erforderlichen Schlüsselqualifikationen anzueignen: Der erste ist das Lesen von Büchern oder Artikeln, die einem diese Qualifikationen näherbringen. Dieser wichtige Schritt reicht aber erfahrungsgemäß nicht aus, diese auch in das eigene Handeln zu integrieren. Der zweite Schritt sollte es daher sein, das Erlernte zu trainieren. Hierzu gibt es spezielle Seminare und Trainings, auch Einzelcoachings sind sinnvoll. Das dort Erlernte sollten Juristen dann konsequent bei passender Gelegenheit in ihren Berufsalltag integrieren, um so weitere Erfahrungen zu sammeln und ihre Kompetenz weiter auszubauen.

Redaktionstipps zu Soft Skills

Seminare für Studenten
Die Universität zu Köln bietet Soft-Skills-Seminare speziell für Juristen an. Themen sind beispielsweise Kommunikation, Verhandlungsführung und Zeugenvernehmung.
www.central.uni-koeln.de

Bei www.hempker.de bietet der Volljurist Rainer Hempker Coaching für das Mandantengespräch an.

Aktuelle Studie
Die Personalberatung Boyden hat in Kooperation mit der EBS Business School die Umfrage „Recruiting 2020“ entwickelt. Ergebnis: Top-Managern mit Soft Skills gehört die Zukunft.
www.boyden.de/mediafiles/attachments/7673.pdf

Soft Skills online testen
Die Technische Universität Bergakademie Freiberg stellt ein kostenloses Onlinetool zur Verfügung, mit dem man seine eigenen Soft Skills testen und auswerten lassen kann:
http://tu-freiberg.de/career/individuelle-beratung/soft-skill-analyse