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StartRechtMobile Arbeit aus dem Ausland – Risiken und Gestaltungsmöglichkeiten

Mobile Arbeit aus dem Ausland – Risiken und Gestaltungsmöglichkeiten

Da arbeiten, wo andere Urlaub machen – ein Traum! Auch für dich? Bevor du die Koffer packst, solltest du ein paar Fakten und die Risiken des mobilen Arbeitens aus dem Ausland kennen. Zusammengefasst hat sie für uns die Arbeitsrechtlerin Dr. Martina Schlamp. Sie hat sich auf „Global Mobility“ und internationales Arbeitsrecht spezialisiert.

Zur Person

Dr. Martina Schlamp ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin bei ADVANT Beiten. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt im Bereich „Global Mobility“ und internationales Arbeitsrecht. Sie berät nationale und internationale Unternehmen zu sämtlichen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Themen mit internationalem Bezug sowie zu neuen Arbeitsformen und Trends bei der Beschäftigung von Arbeitnehmern im In- und Ausland. Zudem ist sie Expertin auf dem Gebiet der Mitarbeitergewinnung im Ausland und Fachkräfteeinwanderung.

Bei jeder Form von Auslandstätigkeiten sind stets zahlreiche Rechtsgebiete berührt und es ist grundsätzlich jeder Einzelfall zu betrachten, da sich unterschiedliche Bewertungen ergeben können. Auch das nationale Recht des jeweiligen Landes kann eine Rolle spielen. Zudem gibt es in manchen Bereichen Unklarheiten, wie mobile Arbeit im Ausland auf Initiative von Mitarbeiter*innen einzuordnen ist. Risiken können aber durch verschiedene Maßnahmen zumindest reduziert werden.

Sozialversicherungsrechtliche Einordnung

Bei jeder Auslandstätigkeit von Mitarbeitern ist stets zu klären, in welchem Land die Sozialversicherungspflicht besteht. Dies beurteilt sich unterschiedlich für Aufenthalte in Ländern innerhalb und außerhalb der EU:

  • Innerhalb der EU bestimmt sich die Sozialversicherungspflicht nach einer europäischen Verordnung (VO(EG) 883/2004), die für alle Staaten der EU, des EWR sowie der Schweiz gilt (entsprechende Regelungen gibt es in Bezug auf Großbritannien). Nach einer Einschätzung des GKV Spitzenverbandes/ DVKA handelt es sich auch bei vorübergehender mobiler Arbeit im Ausland auf Initiative von Mitarbeitern sozialversicherungsrechtlich um eine „Entsendung“ im Sinne dieser Verordnung, sodass während der vorübergehenden Tätigkeit im Ausland die Sozialversicherungspflicht weiterhin in Deutschland verbleibt.
    Die Unfallversicherungsträger haben sich dieser Ansicht angeschlossen, sodass grundsätzlich auch Unfallversicherungsschutz bei mobiler Arbeit im Ausland besteht, wobei vor allem in Fällen von „workation“, also der Verbindung z. B. von privaten Urlaubsreisen mit mobiler Arbeit im Ausland, eine Abgrenzung von Arbeits- zu Privatunfällen sich als schwierig erweisen kann. Arbeitgeber sollten für die Mitarbeiter, die mobil aus dem Ausland arbeiten, eine A1-Bescheinigung beantragen, die diese während des Auslandsaufenthaltes mitführen. Hierfür können zum Beispiel Ankündigungs-/Genehmigungspflichten sinnvoll sein.
  • Bei mobiler Arbeit in Ländern außerhalb der EU ist es in Bezug auf die Sozialversicherungspflicht entscheidend, ob mit dem jeweiligen Land ein Sozialversicherungsabkommen besteht und welche Sozialversicherungszweige darin geregelt sind. Besteht kein Abkommen bzw. für die in dem Abkommen nicht geregelten Zweige gelten die jeweiligen gesetzlichen Vorschriften. In der Regel wird auch bei nur vorübergehenden Tätigkeiten im Ausland sowohl nach Abkommen als auch nach den deutschen gesetzlichen Vorschriften die Sozialversicherungspflicht in Deutschland verbleiben.
    Es besteht allerdings ein Risiko, dass nach dem nationalen Recht des jeweiligen Landes dort zusätzlich eine Sozialversicherungspflicht begründet wird, sodass dann eine doppelte Beitragspflicht bestehen würde. Solche Risiken können vermieden werden, indem die Möglichkeit mobiler Arbeit im Ausland von vornherein auf Länder der EU eingeschränkt wird.
  • Grundsätzlich ist es empfehlenswert, insbesondere auch aus Arbeitgebersicht, dass eine Auslandsreisekrankenversicherung für die Zeit im Ausland abgeschlossen wird. Theoretisch wäre es nämlich denkbar, dass Arbeitgeber auch bei „freiwilliger“ mobiler Arbeit im Ausland für (nicht erstattete) Behandlungskosten haften, jedenfalls wenn sie die Tätigkeit im Ausland erlauben oder dulden. Dieses Risiko kann mit einer zusätzlichen Versicherung von vornherein vermieden werden.

Arbeitsrechtliche Themen

Anwendbares Arbeitsrecht

In der Regel findet bei kurzzeitigen Auslandstätigkeiten weiterhin das für das Arbeitsverhältnis (vertraglich vereinbarte bzw. konkludent gewählte) deutsche Arbeitsrecht Anwendung. Anders könnte dies zu beurteilen sein, wenn sich ein Mitarbeiter längere Zeit in einem anderen Land aufhalten und dort nicht mehr nur vorübergehend tätig werden würde oder wenn engere Verbindungen zu dem jeweiligen Land bestehen würden, was bei kurzzeitiger mobiler Arbeit im Ausland in der Regel nicht der Fall sein wird.

Innerhalb der EU können diesbezüglich noch Besonderheiten aufgrund der Europäischen Entsenderichtlinie bestehen, wonach bei Entsendungen von Mitarbeitern ausländische (Mindest-)Arbeitsbedingungen des jeweiligen Landes einzuhalten sind („Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“). Die Richtlinie musste von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die entsprechenden Regelungen auch auf vorübergehende mobile Arbeit im Ausland Anwendung finden – jedenfalls wenn der Arbeitgeber davon Kenntnis hat bzw. dies duldet. Dies hängt jedoch maßgeblich von der Bewertung in dem jeweiligen Land ab.

Da der deutsche Standard in Bezug auf Arbeitsbedingungen ohnehin relativ hoch ist, werden die diesbezüglichen Risiken aber nicht allzu hoch sein, zumal auch die „Entdeckungsrisiken“ bei nur kurzzeitigen Auslandstätigkeiten in privaten Apartments, Hotels o. Ä. eher gering sein werden. Diesbezügliche Risiken können entweder in Kauf genommen werden oder die Möglichkeit von mobiler Arbeit kann auf bestimmte Länder begrenzt werden, für die dann beispielsweise rechtssicher geprüft wird, welche Anforderungen nach nationalem Recht einzuhalten sind. Jedenfalls kann es sinnvoll sein, entsprechende Arbeitszeitregelungen (Höchstarbeitszeiten, Mindestruhezeiten etc.) zu recherchieren und vorsorglich für den Fall einer behördlichen Kontrolle, auch während der Tätigkeit im Ausland Arbeitszeitnachweise zu führen.

Vertragliche Regelungen

Für vorübergehende mobile Arbeit im Ausland ist der Abschluss einer zusätzlichen Vereinbarung nicht zwingend erforderlich. Dies kann aber sinnvoll sein, beispielsweise, damit der vorübergehende Charakter der Auslandstätigkeit dokumentiert wird (entscheidend für die Annahme einer Entsendung und damit den Verbleib im deutschen Sozialversicherungssystem) oder um Bedingungen und Modalitäten der Tätigkeit im Ausland vertraglich zu regeln. Aus Arbeitgebersicht kann in einer vertraglichen Vereinbarung die Möglichkeit der Tätigkeit im Ausland beispielsweise befristet, räumlich beschränkt sowie die erlaubte Aufenthaltsdauer zeitlich begrenzt werden. Auch können Widerrufs- und Rückrufm.glichkeiten vorgesehen werden. Alternativ zu einzelvertraglichen Regelungen könnten hierzu auch entsprechende betriebliche Regelungen getroffen werden.

Steuerrechtliche Themen

Bei vorübergehender Tätigkeit im Ausland können sich auch steuerrechtliche Themen ergeben. In der Regel wird bei nur kurzzeitigen Aufenthalten keine Steuerpflicht in dem Land begründet werden. Auch vor diesem Hintergrund ist es aber bereits sinnvoll, die Möglichkeit mobiler Arbeit im Ausland auf nur kurze Zeiträume zu beschränken. Grundsätzlich kann auch ein Risiko bestehen, dass durch die Tätigkeit des Mitarbeiters im Ausland eine Betriebsstätte der deutschen Gesellschaft in dem Land begründet wird. Wie hoch ein solches Risiko tatsächlich ist, richtet sich insbesondere danach, ob dem Mitarbeiter im Ausland ein Büro, Shared Office o. Ä. zur Verfügung gestellt wird oder ob der Mitarbeiter z. B. Vertretungsvollmachten hat.

Arbeitgeber sollten jedenfalls darauf achten, dass diese Kriterien nicht gegeben sind. Für ein rechtssicheres Vorgehen könnten diese Risiken beispielsweise für einzelne Länder geprüft werden.

Sonstige Aspekte

Zu beachten ist beispielsweise aus aufenthaltsrechtlicher Sicht, wenn der Mitarbeiter die Nationalität eines Drittstaates hat und somit nicht ohne Weiteres in anderen Ländern der EU arbeiten darf oder z. B. bei Tätigkeiten von deutschen Mitarbeitern in Drittstaaten, in denen die Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht gilt. Auch könnten sich datenschutzrelevante Themen oder lizenzrechtliche Probleme ergeben, z. B. wenn Mitarbeiter mit bestimmten Programmen oder Software arbeiten, für die der Arbeitgeber nur bestimmte räumlich begrenzte Lizenzen erworben hat.

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