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Interview mit Prof. Dr. Stefan Sporn

Eigentlich wollte Prof. Dr. Stefan Sporn Journalist werden. In die Medien zog es ihn nach seinem Jura-Studium tatsächlich, doch nicht – wie zuvor als freier Mitarbeiter – in die Redaktion, sondern in andere Abteilungen der Mediengruppe RTL, in der Juristen spannende Aufgaben finden. Was genau Juristen in einem Medienkonzern tun und welche Fähigkeiten dabei verlangt werden, verrät der 42- Jährige, der heute den Geschäftsbereich Internationaler Vertrieb leitet, im Interview. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Stefan Sporn, 1970 in Hannover geboren, studierte Jura in Hannover und Köln und legte 2000 seine Promotion an der Uni Mainz ab. Von 1990 bis 2000 arbeitete er zudem als freier Journalist für Medien wie die Nachrichtenagentur dpa (u. a. aus Südafrika), private Radiosender und öffentlich-rechtliche Fernsehsender. 2000 kam er zur Mediengruppe RTL nach Köln, wo er zunächst als Projektmanager in der strategischen Unternehmensentwicklung tätig war. Über eine leitende Position im Lizenzhandel kam er auf seine heutige Position als Leiter des Geschäftsbereichs Internationaler Vertrieb. Der 42-Jährige berät nebenberuflich als „Of Counsel“-Partner die Kölner Kanzlei AHS Rechtsanwälte und lehrt Medien- und Urheberrecht an der Uni Mainz sowie an der FH Köln, wo er seit März 2013 Honorarprofessor ist.

Herr Prof. Dr. Sporn, Sie arbeiten bei der Mediengruppe RTL. Sind Sie hier einer der wenigen juristisch Denkenden unter vielen Kreativen?
Zunächst einmal: In dieser Mediengruppe finden Sie die gesamte Bandbreite von Menschen. Das Unternehmen ist sehr bunt aufgestellt. Und Sie finden hier auch überall Juristen. Nicht nur in der Rechtsabteilung, wo man sie vermutet.

Die Medien bieten also für Juristen vielfältige Einstiegsmöglichkeiten.
Genau. Wer das traditionell juristische Feld mag, ist in der Rechtsabteilung sicherlich gut aufgehoben. Wobei es auch dort darauf ankommt, das juristische Wissen um medienspezifisches Know-how zu erweitern. Wer zum Beispiel als Presserechtler einsteigt, muss erkennen, ob und wann ein Film oder eine Aussage in den Medien Persönlichkeitsrechte verletzt. Medienarbeitsrechtler hingegen müssen wissen, wie sich die Arbeitsverträge von freien und festen Journalisten unterscheiden. Der Einstieg in ein Medienunternehmen wie RTL ist aber auch auf der kreativen Seite möglich. Als juristischer Redakteur oder Reporter aus Gerichtssälen. Oder auch als ganz normaler Journalist. Wichtig zu wissen ist, dass ein solcher Quereinstieg nur sehr selten ohne praktische Erfahrungen in den Medien funktioniert.

Sie haben vor Ihren Examen beides gemacht: Jura studiert und journalistisch gearbeitet. Wann fiel die Entscheidung für den Juristen und gegen den Journalisten?
Zufall. Wie so oft im Leben. Ich habe mich zehn Jahre lang als Journalist verstanden, der nebenbei Jura studierte, sein Referendariat absolvierte und promovierte. Der Journalismus hat mich während dieser Jahre ernährt. Er war mein Berufsziel. Dann erhielt ich ein Job-Angebot von RTL, das weder journalistisch noch juristisch war. Es handelte sich um eine Stelle in der strategischen Unternehmensentwicklung. Ich fand das spannend – und habe zugesagt.

Was macht ein strategischer Unternehmensentwickler in einem Medienunternehmen?
Alles besser wissen – und zwar ohne dass eine besondere Qualifikation dieses Besserwissen rechtfertigen würde. (lacht)

Dem Journalismus nicht unähnlich.
Der Juristerei aber auch nicht. Aber im Ernst, das passte schon. Ich war in dieser Position ein interner Unternehmensberater. Die Themen waren vielfältig, von der Verschlankung der Organisation bis hin zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Es kam darauf an, sich schnell in Themen einzuarbeiten und zielgerichtet Probleme zu lösen.

Man trifft Juristen generell in sehr vielen Branchen und an sehr vielen Positionen. Sind Juristen für Quereinstiege besonders gut geeignet?
Ich denke schon. Die juristische Ausbildung ist so gestaltet, dass man sich schon während des Studiums auf eine große Bandbreite einstellen muss. Es gibt während des Studiums kaum Möglichkeiten, sich in eine bestimmte Richtung zu spezialisieren. Man kann also nicht von vornherein sagen: Ich werde Strafrechtler – und fokussiere mich nur auf Themen, die in dieser Hinsicht für mich relevant sind. So funktioniert das Jura-Studium nicht. Juristen an der Uni müssen mehr oder weniger alles können. Daraus ergibt sich eine geistige Flexibilität. Eine Prägung, die man sich als Jurist immer bewahren sollte, weil sie hilft, sich immer wieder auf neue Situationen einzustellen.

Wie ging es für Sie bei RTL weiter?
Ich wechselte von der strategischen Unternehmensentwicklung in den Lizenzhandel. Damit kam ich der klassischen Juristerei wieder näher, weil es verstärkt um Urheberrecht geht. Im Fokus standen aber ökonomische Fragen. Zum Beispiel: Kann ich mir eine Serie, die ich unbedingt will, finanziell leisten?

Heute sind Sie verantwortlich für den Geschäftsbereich Internationaler Vertrieb. Was ist hier Ihre Aufgabe?
Ich kümmere mich zusammen mit meinem Team um die internationale Verbreitung der deutschen Sender der Mediengruppe RTL. Dazu verhandeln wir überwiegend mit Kabelnetzbetreibern und Telekommunikationsunternehmen Verträge zur Einspeisung in die ausländischen Netze. Es kann sich aber auch um den Empfang auf Kreuzfahrtschiffen oder in Hotels handeln. Nun sind wir ein Free-to-air-Sender, das heißt, jeder, der will und die technischen Voraussetzungen dafür hat, kann uns grundsätzlich unverschlüsselt empfangen. Das ist im Grunde eine gute Sache, wird aber zum Problem, wenn nicht eine Privatperson, sondern ein Unternehmen uns ungefragt in sein Netz einspeist, um ein eigenes Geschäft mit unseren Sendern zu machen. Häufig handelt es sich dabei um ausländische Hotels, die ihre Zimmerpreise durch ein internationales TV-Programm rechtfertigen, unsere Sender einspeisen – uns aber nicht um Erlaubnis fragen. Das ist Piraterie – und die bekämpfen wir, weil sie das Urheberrecht verletzt. Meine Aufgabe ist es, unser geistiges Eigentum zu schützen. Wir erhalten unsere Programminhalte ja auch nicht umsonst, sondern als Teil einer Kreativkette.

Das Urheberrecht steht seit längerem im Fokus. Wie beurteilen Sie die Diskussion?
Aus meiner Sicht haben sich die Regeln des Urheberrechts bewährt. Verändert haben sich die Nutzungsarten und -gewohnheiten sowie die Übertragungswege. Beispiel Internet: Das Internet ist schwer zu regulieren. Das darf aber nicht dazu führen, dass man sagt: „Hier ist alles erlaubt, und auch das Urheberrecht ist freizugeben.“ Das Urheberrecht muss – wie jedes andere Rechtsgebiet auch – behutsam weiterentwickelt und gegebenenfalls modernisiert werden. Eine Aufgabe, der sich Juristen, die sich für die Medien interessieren, mit Leidenschaft widmen sollten.

Welchen generellen Rat mit Blick auf erfolgreiche und spannende Karrieren können Sie Juristen kurz vor dem Einstieg ins Berufsleben geben?
Für Juristen gilt, was hier für alle gilt: Bloß keine falschen Kompromisse eingehen. Man sollte nur das tun, wofür man wirklich brennt. Dann klappt es auch mit der weiteren Karriere. Eine möglichst klare Vorstellung davon, wie ein zukünftiger Traumjob aussieht, ist dabei eine entscheidende Orientierung. Wer auch nach dem zweiten Examen immer noch nicht weiß, mit welchem Ziel er Jura studiert hat, sollte sich sehr schnell darüber klar werden oder lieber umgehend umsatteln.

Zum Unternehmen

Die Mediengruppe RTL Deutschland mit Sitz in Köln erreicht mit ihren Programmen täglich mehr als 30 Millionen Menschen. Neben den Free-TV-Sendern RTL, VOX, n-tv und RTL Nitro sowie Beteiligungen an RTL II und Super RTL gehören die drei digitalen Spartenkanäle RTL Crime, Passion und RTL Living zum Portfolio des Unternehmens. Das Tochterunternehmen RTL interactive bündelt interaktive und transaktionsbasierte Geschäftsfelder jenseits des klassischen Fernsehens. Dazu zählen zum Beispiel die Bereiche Online und Mobile, Telefonund SMS-Mehrwertdienste, Licensing sowie Games Publishing. Die Mediengruppe RTL Deutschland gehört zur RTL Group mit Sitz in Luxemburg, einer Tochter des Bertelsmann-Konzerns.

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