Das letzte Wort hat: Dr. Frank Nobis, Strafverteidiger, Dozent, Buchautor und Freizeitgitarrist

Foto: Fotolia/fotofabrika
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„Ich wasche mir die Hände, bin allein zuhause, starre an die Wände …“ – sang der Iserlohner Anwalt Dr. Frank Nobis zu Beginn der Corona-Pandemie. Ihm gelang mit seinem Text zur Melodie von „We didn’t start the fire“, einem Billy-Joel-Klassiker, ein Netzhit – über Nacht ging sein Video viral. Wenn es um den Umgang mit der Krankheit geht, hat der Strafverteidiger eine klare Haltung. Die Fragen stellte Christoph Berger

Zur Person

Dr. Frank Nobis, Foto: privat
Dr. Frank Nobis, Foto: privat

Dr. Frank Nobis, Jahrgang 1965, ist Inhaber der Kanzlei Dr. Nobis & Coll. in Iserlohn. Seit 1995 ist er Rechtsanwalt, seit 1998 Fachanwalt für Strafrecht. Nobis ist Autor zahlreicher Fachaufsätze und Fachbücher, u.a. Münchener Kommentar StGB, Strafverteidigung vor dem Amtsgericht, Untersuchungshaft (gemeinsam mit Schlothauer und Weider). Zudem ist er 2. Vorsitzender der Strafverteidigervereinigung NRW e.V. und Träger des Ehrenpreises „pro reo“ der AG Strafrecht des DAV.
www.drnobis.de
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Herr Dr. Nobis, bereits zu Beginn der Corona-Pandemie, im März 2020, haben Sie einen Song zum Verhalten während der Krise in sozialen Medien veröffentlicht. Hatten Sie schon damals den Eindruck, dass nicht alle bei den Maßnahmen mitziehen?
Ja, auch damals gab es schon Corona-Partys, Hamsterkäufe von Klopapier und die ersten Verschwörungstheorien. Damals, als ich den Songtext geschrieben habe, schien aber das Ausmaß der Pandemie angesichts der im Vergleich zu anderen Ländern bei uns relativ geringen Fallzahlen trotz des Lockdowns noch irgendwie weit weg und surreal. Damals hatte ich noch Verständnis dafür, dass der Ernst der Lage vielleicht nicht jedem sofort bewusst war und habe den Text deshalb noch relativ lustig-augenzwinkernd geschrieben. Bei unserem heutigen Wissensstand habe ich aber kein Verständnis mehr für die Missachtung der notwendigen Maßnahmen oder gar die Leugnung der Pandemie. Würde ich den Song heute erneut schreiben, würde ich wohl deutlichere Worte wählen.

Hat Sie die überwältigende Resonanz überrascht, zahlreiche Medien haben den Song aufgegriffen und geteilt?
Natürlich. Ich spiele ja nur in meiner Freizeit Gitarre und wollte eigentlich – wie häufig, wenn ich Musik mache – nur meiner eigenen damaligen Gefühlslage ein wenig Luft machen und den zunächst ja auch nur laienhaft mit meinem Handy aufgenommenen Song dann im Netz ein paar Freunden zeigen. Als ich am nächsten Tag feststellte, dass der Song mit über 60.000 Klicks viral gegangen war und sich mehrere Radiosender bei mir meldeten und nach einer radiotauglichen, professionell aufgenommenen Version fragten, war ich natürlich überrascht. Offensichtlich hatte der Text die Gefühlslage vieler Menschen getroffen. Mit Freunden habe ich deshalb das Lied ja dann auch professionell aufgenommen und veröffentlicht. Sämtliche daraus resultierenden Einnahmen haben wir unserer örtlichen Corona-Hilfe gespendet.

Wie beurteilen Sie als Anwalt die derzeitigen Missachtungen der Regeln?
Als Strafverteidiger und freiheitsliebender Mensch stehe ich übermäßigen Reglementierungen und vor allem Sanktionierungen oft skeptisch gegenüber. Angesichts der erheblichen Gefahr, die uns allen durch diese Pandemie droht, halte ich es aber für mehr als sinnvoll, dass wir alle uns an die derzeitigen Einschränkungen halten und habe keinerlei Verständnis für die Missachtung der Regeln, insbesondere der Maskenpflicht und der Abstandsregeln. Das Jammern unserer Gesellschaft, vor allem meiner und der jüngeren Generation, die bis jetzt nie Krieg, Hunger oder wirkliche Armut erleben mussten, über solche im Vergleich nur sehr geringfügigen Einschränkungen unseres bisherigen Wohlstandslebens kann ich nicht mehr hören und absolut nicht nachvollziehen. Der Vergleich des deutschen Weges mit denen anderer Länder zeigt doch, dass offensichtlich nur so Leben und Gesundheit vieler Menschen geschützt werden können. Wer das nicht einsieht und durch die Missachtung dieser geringfügigen eigenen Einschränkungen Leib und Leben anderer gefährdet, ist egoistisch und stellt sich selbst ein Armutszeugnis aus.

Sie singen u.a. auch, dass Sie in der Zeit die Wände angestarrt haben: Wie hat sich Corona auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
Als Strafverteidiger stehe ich täglich vor Gericht und verdiene im Wesentlichen dort mein Geld. Als die Gerichte dann ab Ende März nur noch einen Notbetrieb aufrechthielten und fast sämtliche Hauptverhandlungen abgesagt wurden, habe ich mir anfangs tatsächlich Sorgen gemacht, wie lange ich das durchhalten und die Gehälter meiner Mitarbeiter zahlen kann. Zum Glück war der Spuk ja nach sechs Wochen wieder vorbei. Inzwischen läuft der Gerichtsbetrieb wieder weitgehend normal. Ich persönlich habe zurzeit sogar mehr zu tun, weil nun zusätzlich die ausgefallenen Hauptverhandlungstermine nachgeholt werden müssen. So erlebe ich es derzeit nach 25 Jahren Anwaltstätigkeit sogar erstmals, dass wegen der engen Terminlage auch samstags terminiert wird.

Und hat die Zeit des Shut-Downs bei Ihnen zu einer veränderten Arbeitsweise geführt?
Wir haben nicht nur unser Büro zur Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln teilweise umgebaut, sondern versuchen – aufgrund unserer durchaus positiven Erfahrungen während des Shut-Downs – auch jetzt noch den Publikumsverkehr im Büro so gering wie möglich zu halten und Besprechungen viel häufiger mittels Telefon- und Videokonferenzen abzuhalten. Es lässt sich natürlich nicht alles, aber doch vieles auf diesem Weg regeln.