„Das Dritte Geschlecht“: Auswirkungen auf die Arbeitswelt

Foto: Fotolia/yanlev/kras99
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Kaum eine andere richterliche Entscheidung hat in der jüngsten Vergangenheit so viel Aufsehen erregt wie die des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 (AZ 1 BvR 2019/16) zum Eintrag des sogenannten „Dritten Geschlechts“ im Personenstandsregister. Von Dr. Janis Block (Rechtsanwalt) und Franziska Grethe (Wissenschaftliche Mitarbeiterin), CMS Hasche Sigle, Köln

In dem Beschluss stellten die Karlsruher Richter*innen fest: Die Geschlechtsidentität ist Kern des Selbstverständnisses und der gesellschaftlichen Wahrnehmung der Person und damit Teil des Persönlichkeitsrechts. Auch Menschen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, fallen unter den verfassungsrechtlich garantierten Schutz der geschlechtlichen Identität. Daher verstoße die bis dahin fehlende Möglichkeit, sich im Personenstandsregister positiv als „inter/divers“ zu bezeichnen, gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und den Schutz vor Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, so die Karlsruher Richter*innen. Betroffene Personen auf die Option „ohne Angabe“ zu verweisen, reiche dafür nicht. Es war dem Gesetzgeber nun bis Ende Dezember 2018 aufgetragen, den verfassungswidrigen Normen Abhilfe zu verschaffen. Seit dem 1. Januar 2019 sieht das Personenstandsgesetz daher unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit vor, sich bei der Geschlechtszugehörigkeit als männlich, weiblich oder divers zu bezeichnen sowie die Angabe freizulassen.

Neben diesen praktischen Auswirkungen auf das Personenstandsrecht hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch Konsequenzen für die Arbeitswelt: Um potenzielle Entschädigungsansprüche aus dem AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) zu vermeiden, haben Arbeitgeber*innen spätestens seit Inkrafttreten des AGG auf diskriminierungsfreie Stellenausschreibungen zu achten. Da die schlichte Verwendung des generischen Maskulinums dort regelmäßig ein Indiz für eine Diskriminierung nicht männlicher Personen darstellt, sollten Jobbeschreibungen, die sich bisher des Zusatzes (m/w) bedienten, Zusätze wie (m/w/d) – „d“ für divers – oder geschlechtsinklusive Schreibweisen, wie „Ingenieur*in“ beziehungsweise „Ingenieur_in“ verwenden. Hierdurch können Arbeitgeber*innen ausdrücklich Personen jeder Geschlechtsidentität ansprechen.

Auch bei Durchführung der Beschäftigungsverhältnisse ist für ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld zu sorgen. Dabei stellt sich die Frage nach der adäquaten Anrede der Belegschaft im persönlichen Kontakt und im Kollektiv: Arbeitgeber* innen sollten im Einzelkontakt mündlich wie schriftlich stets auf diejenige Anredeform zurückgreifen, die von der*dem Arbeitnehmer*in gewünscht ist und auch dafür Sorge tragen, dass hierauf innerbetrieblich Rücksicht genommen wird. Auch in der kollektiven schriftlichen Ansprache kann eine geschlechtergerechte Sprache dabei durch Gendersternchen („Arbeitnehmer*in“) oder Gendergaps („Arbeitnehmer_in“) gewahrt werden. Bei der mündlichen Anrede einer Gruppe bietet sich für ganz Fortschrittliche „Arbeitnehmer-Pause-Innen“, alternativ die Verwendung der Partizipialform „Arbeitende“ oder zumindest „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ an.

Daneben sollte in Betrieben mindestens eine Sanitäreinrichtung (Toilette/Waschraum) existieren, die nicht nur für „Herren“ oder „Damen“ gekennzeichnet und zugänglich ist.