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Ohne geht’s nicht: Soft Skills für Juristen

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Die Personalberatung Boyden veröffentlichte im Juli 2013 eine Studie, aus der hervorgeht, wie wichtig Soft Skills für den beruflichen Erfolg sind: Suchen Unternehmen neue gute Leute, rücken klassische Kriterien wie Fachwissen und Ausbildung in den Hintergrund. Immer wichtiger dagegen: Menschenkenntnis, Überzeugungskraft und Kommunikationsfähigkeit. Dies gilt auch und gerade für Juristen. Deshalb bat der karriereführer Coach und Juristin Carmen Schön um einen Gastbeitrag.

Nach jahrelangem Studium und unzähligen Prüfungen starten Juristen in die Praxis und möchten eines: Erfolg haben. Schnell bemerken sie, dass Fachwissen eine solide Grundlage darstellt, jedoch alleine für den beruflichen Erfolg nicht ausreicht. Doch was ist der Schlüssel zum Erfolg? Internationale Studien belegen, dass der berufliche Erfolg nur zu 50 Prozent auf Fachkompetenz beruht – die andere Hälfte hängt von den sogenannten Soft Skills ab. Diese Erkenntnis spiegelt sich seit neuestem auch in der Juristenausbildung wider: Fähigkeiten wie Verhandlungsmanagement, Gesprächsführung, Rhetorik, Streitschlichtung, Mediation, Vernehmungslehre und Kommunikationsfähigkeit sind Bestandteil der ersten Staatsprüfung geworden. Aber was unternehmen Juristen, für die diese Soft Skills in der eigenen Ausbildung bislang ein nur untergeordnetes Thema waren? Und um welche Schlüsselqualifikationen sollten sie sich besonders kümmern?

Buchtipp

Carmen Schön: Traumjob – Rechtsanwalt in einer internationalen Wirtschaftskanzlei.
Stark Verlagsgesellschaft 2012. ISBN 978-3866685864. 19,95 Euro
www.carmenschoen.de

Das hängt davon ab, welche der genannten Schlüsselqualifikationen für jeden Einzelnen besonders wichtig sind, um beruflich die Ziele zu erreichen, die er sich gesetzt hat. Und hieraus ergibt sich die erste Empfehlung: Definieren Sie Ihr persönliches Berufsziel – und legen Sie dann die noch benötigten Schlüsselqualifikationen fest. Denn es versteht sich von selbst, dass ein Richter, Staatsanwalt, Verwaltungsjurist, Unternehmensjurist und Rechtsanwalt kraft ihrer Aufgabe unterschiedliche Fähigkeiten benötigen, um ihr Ziel zu erreichen. Sicher gibt es einige Basisqualifikationen, die bei jedem vorhanden sein sollten – jedoch ist die Ausprägung und Wertigkeit der einzelnen Schlüsselqualifikationen je nach Berufswahl eine andere.

Natürlich sollte jeder Jurist sich selbst managen können, kommunikations- und konfliktfähig sein und eine gewisse Art von Empathie zeigen. Auch Attribute wie Zuverlässigkeit, Engagement und Lernbereitschaft setzt man bei jedem voraus – egal, ob Richter oder Rechtsanwalt. Unterschiede werden aber dann deutlich, wenn man weiß, dass beispielsweise von einem Rechtsanwalt neben vertieften Rechtskenntnissen auch die serviceorientierte Kundenbetreuung und die Neuakquisition von Kunden erwartet werden. Dieses gilt heute umso mehr, da der Markt enger wird und ohne eine gewisse Stärke im Bereich Akquisition und Kundenbindung der Mandant nicht mehr zu finden beziehungsweise zu halten ist. Die hochwertigen Dienstleistungen gerade der Großkanzleien sind qualitativ nahezu austauschbar – die Entscheidung des Kunden, eine bestimmte Kanzlei zu wählen, hängt nicht mehr alleine von der eigentlichen Rechtsberatung ab. Diese würde er im Zweifel auch auf gleichem Niveau bei einer anderen Großkanzlei finden. Gleiches gilt für kleine Kanzleien oder Einzelanwälte. Entscheidender ist hier vielmehr, wie der einzelne Rechtsanwalt in der Lage ist, auf den Kunden einzugehen und ob er diesen überhaupt als Kunden betrachtet, dessen Wünsche zu erfüllen sind. Ebenso wichtig ist die Fähigkeit, Markttrends wahrzunehmen und flexibel und kreativ auf diese zu reagieren. Worte wie Akquisition und Marketing gewinnen zunehmend an Bedeutung und geben den Standard am Markt vor.

Juristen im Staatsdienst werden sich mit diesen Themen aktuell noch nicht beschäftigen müssen. Die „Kunden“ sind vorhanden, jedoch führt vermehrtes Arbeitsaufkommen und Zeitdruck dazu, über effizientere und effektivere Arbeitsprozesse nachzudenken. Hier kann alleine schon die verbesserte Kommunikation und Kooperation mit den Kollegen helfen, oder aber eine gute Anpassungsfähigkeit an neue Strukturen in der Verwaltung oder in der einzelnen Abteilung. Für alle Juristen sind Schlüsselqualifikationen essenziell für den Berufserfolg. Je nach gewähltem Berufszweig sind jedoch unterschiedliche Qualifikationen wichtig, und an diesen sollte man dann gezielt arbeiten.

Der erste Schritt, um Soft Skills zu trainieren, ist die Erkenntnis, dass es neben der reinen Fachkompetenz Schlüsselqualifikationen gibt und diese maßgeblich zum eigenen Erfolg beitragen werden. Im zweiten Schritt ist es wichtig, sein berufliches Ziel zu definieren. Je nach Berufswahl sind dann die erforderlichen Schlüsselqualifikationen festzuhalten.

Grundsätzlich gibt es zwei Schritte, sich anschließend die erforderlichen Schlüsselqualifikationen anzueignen: Der erste ist das Lesen von Büchern oder Artikeln, die einem diese Qualifikationen näherbringen. Dieser wichtige Schritt reicht aber erfahrungsgemäß nicht aus, diese auch in das eigene Handeln zu integrieren. Der zweite Schritt sollte es daher sein, das Erlernte zu trainieren. Hierzu gibt es spezielle Seminare und Trainings, auch Einzelcoachings sind sinnvoll. Das dort Erlernte sollten Juristen dann konsequent bei passender Gelegenheit in ihren Berufsalltag integrieren, um so weitere Erfahrungen zu sammeln und ihre Kompetenz weiter auszubauen.

Redaktionstipps zu Soft Skills

Seminare für Studenten
Die Universität zu Köln bietet Soft-Skills-Seminare speziell für Juristen an. Themen sind beispielsweise Kommunikation, Verhandlungsführung und Zeugenvernehmung.
www.central.uni-koeln.de

Bei www.hempker.de bietet der Volljurist Rainer Hempker Coaching für das Mandantengespräch an.

Aktuelle Studie
Die Personalberatung Boyden hat in Kooperation mit der EBS Business School die Umfrage „Recruiting 2020“ entwickelt. Ergebnis: Top-Managern mit Soft Skills gehört die Zukunft.
www.boyden.de/mediafiles/attachments/7673.pdf

Soft Skills online testen
Die Technische Universität Bergakademie Freiberg stellt ein kostenloses Onlinetool zur Verfügung, mit dem man seine eigenen Soft Skills testen und auswerten lassen kann:
http://tu-freiberg.de/career/individuelle-beratung/soft-skill-analyse

Die Psychologie im Schlussplädoyer

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Als Student vergisst man im Laufe der vielen Klausuren und Hausarbeiten, dass die spätere Arbeit als Rechtsanwalt nicht nur darin besteht, seine Rechtsposition zu Papier zu bringen. Natürlich verbringt ein Anwalt viel Zeit an seinem Schreibtisch, aber oft werden Prozesse auch durch mündliche Verhandlungen geführt und gewonnen. Hier geht es darum, die Position des Mandanten mündlich überzeugend zu transportieren. Von Dr. Lisa B. Reiser, Associate der Dispute Resolution-Gruppe bei Baker & McKenzie in Frankfurt

Das deutsche Prozessrecht kennt das Plädoyer nur im Strafverfahren. Nach dem Schluss der Beweisaufnahme erhält zuerst der Staatsanwalt, dann der Verteidiger und abschließend der Angeklagte das Wort (§ 258 StPO). Im Zivilprozess ist ein Schlussplädoyer unüblich. Anders ist es im Schiedsverfahren: Hier hält der Anwalt zum Schluss der mündlichen Verhandlung oft ein Schlussplädoyer. Ebenso wie im Strafprozess dient das Schlussplädoyer im Schiedsverfahren primär dazu, die Beweise zu würdigen, die während der Beweisaufnahme gesammelt wurden.

Das Schlussplädoyer ist kein Muss. Doch der Anwalt sollte keinesfalls darauf verzichten. Denn es ist der letzte Eindruck, der bei den Schiedsrichtern dauerhaft in Erinnerung bleibt. Den Beweis liefern psychologische Tests: Zeigt man Testpersonen in kurzer Abfolge eine Reihe beliebiger Wörter und bittet sie danach, sämtliche Wörter zu wiederholen, ist das Ergebnis eindeutig: Die Testpersonen erinnern sich an sehr viele Wörter, die zu Beginn der Testreihe genannt wurden (Primary-Effekt). Aber sie erinnern sich an fast genauso viele Wörter, die am Ende der Testreihe genannt wurden (Recency-Effekt). Diesen Recency-Effekt sollte der Anwalt für sich nutzen und durch ein Schlussplädoyer den entscheidenden letzten Eindruck beim Schiedsrichter hinterlassen.

Buchtipps

Aufreißer entscheidet über den Erfolg
Der erste Satz des Schlussplädoyers entscheidet über die Sympathie der Zuhörer. Der Grund liegt in der kognitiven Dissonanz: Menschen sind harmoniebedürftig und empfinden Unstimmigkeiten in der eigenen Wahrnehmung als unangenehm. Sie versuchen daher, eine einmal getroffene Entscheidung möglichst zu rechtfertigen. Neue Informationen werden tendenziell abgewertet, wenn sie im Widerspruch zu der getroffenen Entscheidung stehen. Übereinstimmende Informationen werden hingegen aufgewertet. Hat der Anwalt die Schiedsrichter also am Beginn des Schlussplädoyers von sich überzeugt, ist der Rest ein Kinderspiel. Ein starker „Aufreißer“ könnte beispielsweise lauten: „Im Verlauf dieser mündlichen Verhandlung haben wir viel Gutes und viel Neues gehört. Aber das Neue war nicht gut und das Gute war nicht neu.“ Mit diesem Wortspiel ist das Eis gebrochen und die Schiedsrichter hören dem Rest des Plädoyers gern zu.

Der Anwalt muss ein Schlussplädoyer zudem gut strukturieren. Denn mit einer guten Struktur nimmt er seine Zuhörer an die Hand. Die einfachste Struktur ist eine Aufzählung oder eine Chronologie. Die Zuhörer sollten außerdem wissen, welcher Struktur sie in den kommenden Minuten folgen sollen: Wer weiß, wohin die Reise geht, kann besser zuhören. Nach dem „Aufreißer“ folgt in einem gelungenen Schlussplädoyer also eine kurze Einführung, wie beispielsweise: „Es gibt drei Gründe dafür, warum der Anspruch begründet ist: Erstens …, Zweitens … Drittens …“ oder „Was ist hier passiert: Zunächst … Dann … Zum Schluss…“

KISS – Keep it short and simple
Ein Schlussplädoyer gelingt, wenn der Anwalt nicht den Inhalt sämtlicher Schriftsätze und der mündlichen Verhandlung wiederholt. Stattdessen muss er sich auf die wesentlichen Aspekte konzentrieren und auf den Punkt kommen.

Den Beweis liefert wieder einmal die Psychologie: Psychologen der Columbia Universität/USA testeten Kunden eines Supermarkts auf ihre Entscheidungsfreudigkeit. Sie boten den Kunden zunächst 24 Marmeladensorten zum Kauf an. 60 Prozent der Kunden blieben am Marmeladenstand stehen, aber nur drei Prozent dieser Kunden kauften ein Glas Marmelade. In einer zweiten, vergleichenden Testrunde boten die Psychologen nur sechs Marmeladensorten zum Kauf an. In diesem Fall blieben zwar nur 40 Prozent der Kunden stehen, aber 30 Prozent dieser Kunden kauften anschließend ein Marmeladenglas. Das Phänomen ist bekannt als „Too Many Choices“ (TMC): Wir sind mit zu vielen Auswahlmöglichkeiten schlicht überfordert. Was für Marmelade gilt, gilt auch für ein gelungenes Schlussplädoyer: Lässt man den Schiedsrichtern zu viele Wahlmöglichkeiten, dann wählen sie am Ende gar nicht, und keines der vielen Argumente wirkt tatsächlich überzeugend. Und in einem Schiedsverfahren steht schließlich mehr auf dem Spiel als der Kauf von Marmelade.

Redaktionstipp: Soldan Moot Court 2014

Ausgabe des Soldan Moot Falles:
3. Juli 2014
Ablauf der schriftlichen Anmeldefrist zum 2. Soldan Moot:
24. Juli 2014, 24:00 Uhr
Einreichen der Klageschrift:
7. August 2014, 24:00 Uhr
Einreichen der Beklagtenschrift:
11. September 2014, 24:00 Uhr
Mündliche Verhandlungen in Hannover:
08. – 11.10.2014
Alle Infos unter: www.soldanmoot.de

Karriereleiter: Strafstation

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Auf dem Weg zum Partner einer Kanzlei müssen junge Juristen nach dem ersten Staatsexamen zunächst mehrere Stationen im Referendariat durchlaufen. Zu den Pflichtstationen gehört auch die Strafstation. Dr. Arne Kießling absolvierte diese Station in Nordrhein-Westfalen. Von Dr. Arne Kießling, Rechtsanwalt bei Linklaters in Düsseldorf

Das Strafrecht wird im Referendariat oftmals stiefmütterlich behandelt. Mit Blick auf das zweite Staatsexamen gilt es eher als Pflichtübung; der praktische Teil der Strafstation wird teilweise als stark reglementiert und wenig abwechslungsreich empfunden. Dies indes zu unrecht – wenn man ein gewisses Maß an Eigeninitiative und Spaß an praktischer Arbeit mitbringt.

Mein Referendariat habe ich in Nordrhein- Westfalen abgeleistet. Dort dauert die Strafstation insgesamt drei Monate und bildet den zweiten Ausbildungsabschnitt nach der Zivil(gerichts)station. Üblicherweise werden Referendare einem Staatsanwalt zugewiesen, der den praktischen Teil der Ausbildung übernimmt. Einige wenige Referendare werden allerdings einem Strafrichter zugeteilt, wenn sie – etwa aufgrund ihres späteren Berufswunsches – eine entsprechende Zuteilung beantragen.

Diejenigen, die der Staatsanwaltschaft zugeteilt werden, nehmen als Sitzungsvertreter regelmäßig an Strafverhandlungen beim Amtsgericht teil. Sie übernehmen die Aufgabe eines Staatsanwalts beziehungsweise Amtsanwalts: Die Verlesung der Anklage, das Stellen sachdienlicher Anträge und das abschließende Plädoyer, das der Strafrichter als zusammenfassende Stellungnahme der Anklage in seine richterliche Entscheidung einfließen lässt. Insbesondere das freie Plädieren am Ende der Verhandlung habe ich als schöne Herausforderung empfunden: Trotz anfänglicher Nervosität gewinnt man mit zunehmender Praxis an Selbstsicherheit im Umgang mit dem Gericht, der Verteidigung sowie den anderen Beteiligten des Strafverfahrens, zum Beispiel der Jugendgerichtshilfe oder Sachverständigen. Hier lohnt es sich, so oft wie möglich die Sitzungsvertretung wahrzunehmen. Als Referendar wird einem in der Regel selten die Gelegenheit geboten, so eigenverantwortlich vor Gericht aufzutreten.

Unabhängig von dieser Komponente kann man sich in der Strafstation um weitere Highlights bemühen: In unserem Oberlandesgerichtsbezirk hatten Referendare die Möglichkeit, sich von Polizisten eine Nacht lang „auf Streife“ mitnehmen zu lassen. Ich konnte die Beamten bei Zeugenbefragungen nach einem Einbruch und einer Schlägerei sowie bei der Beendigung von Ruhestörungen begleiten. Neben dem „Streifendienst“ hatten wir uns darum bemüht, an einer Obduktion bei der Gerichtsmedizin teilnehmen zu können. Auch wenn dies sicherlich nicht jedermanns Sache ist, wird es für die meisten Referendare eine einmalige und äußerst interessante Erfahrung sein. Wann hat man außerhalb des Referendariats mal wieder solche Gelegenheiten? Insgesamt lebt gerade die Strafstation von der eigenen Initiative, weil man hier viele Gelegenheiten bekommt, die sich – sofern man nicht zur Staatsanwaltschaft geht – im Zweifel nicht wiederholen lassen.

Linktipp

Weitere Berichte zu Referendariatsstationen finden sie bei uns unter:
karrieref.walhalla0299.nbsp.de/?s=pflichtstation

Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG (Munich Re)

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Branche
(Rück-) Versicherungen, Finanzdienstleistungen

Produkte/Dienstleistungen
Munich Re ist einer der weltweit führenden Rückversicherer. Wir decken die Risiken unserer Kunden, den Erstversicherern: z. B. Naturkatastrophen, Großbauprojekte, Haftpflichtfälle, Personenschäden – oder die Fußballweltmeisterschaft. Zu unseren Kunden zählen über 5000 Gesellschaften aus 160 Ländern.

Anzahl der Standorte
Hauptstandort in  München, weltweit über 50 Standorte (u. a. London, Johannesburg, Sydney, Peking)

Jahresumsatz
48,8 Mrd. Euro (Konzernumsatz 2014)

Anzahl der MitarbeiterInnen
ca. 43.000 im Konzern,
ca. 11.500 in der Rückversicherung (davon ca. 3700 in Deutschland)

Bedarf an HochschulabsolventInnen
Ca. 40 pro Jahr

Gesuchte Fachrichtungen
(Wirtschafts-)Mathematik, Rechtswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Ingenieurwesen

Einsatzmöglichkeiten
Direkteinstieg in allen Abteilungen möglich,
Traineeprogramm entweder im Underwriting/ Claims Management oder Accounting/ Controlling/ Investments

Einstiegsprogramme
Internationales Traineeprogramm für Hochschulabsolventen

Mögliche Einstiegstermine
Laufend (sowohl Direkteinstieg als auch Internationales Traineeprogramm)

Auswahlverfahren
Vorstellungsgespräche im Fachbereich, Einzelassessmentcenter für das internationale Traineeprogramm

Einstiegsgehalt
48.000 bis 52.000 Euro im Jahr

Auslandstätigkeit
Praktikum im Ausland möglich (Bewerbung direkt über das jeweilige Land),
Auslandseinsatz während des internationalen Traineeprogramms (12 Wochen),  spätere Entsendung (Kurz- oder Langzeit) möglich

Angebote für StudentInnen
Werkstudententätigkeit, Praktika in Voll- und Teilzeit, Studienabschlussarbeiten, Rechtsreferendariat

Logo Munich Re

Anschrift
Königinstraße 107
80802 München

Internet
www.munichre.com/karriere

RWE AG

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Branche
Energiewirtschaft

Produkte/Dienstleistungen
Erzeugung, Handel, Transport und Vertrieb von Strom und Gas; Energiedienstleistungen; Erneuerbare Energien

Anzahl der Standorte
Hauptsitz in Essen, diverse Standorte in Deutschland und im europäischen Ausland, Zentral- und Osteuropa sowie Nordafrika

Jahresumsatz
Ca. 53 Mrd. Euro im Jahr 2012

Anzahl der MitarbeiterInnen
Ca. 67.000 MitarbeiterInnen

Bedarf an HochschulabsolventInnen
Nach Bedarf

Gesuchte Fachrichtungen
(Wirtschafts-) Ingenieurwesen, Elektrotechnik, (Wirtschafts-) Mathematik, Physik, Wirtschaftswissenschaften, (Wirtschafts-) Informatik, Jura und alle Qualifikationen, die mit uns voRWEg gehen möchten.

Einsatzmöglichkeiten
In vielfältigen kaufmännischen und technischen Funktionsbereichen

Einstiegsprogramme
International Graduate Programme sowie Traineeprogramme der verschiedenen RWE-Gesellschaften. Wählen Sie ein für Sie passendes Programm unter www.rwe.com/traineeprogramme, Direkteinstiege in sämtlichen Funktionen möglich.

Mögliche Einstiegstermine
Abhängig von Stelle bzw. Programm

Auswahlverfahren
Abhängig von Stelle bzw. Programm

Einstiegsgehalt
Nach Vereinbarung

Auslandstätigkeit
Internationale Einsätze und Reisetätigkeit sind jobbezogen möglich. Im International Graduate Programme ist Internationalität Programm. Beim Inhouse Consulting ist sie Teil des Geschäftsmodells.

Angebote für StudentInnen
Praktika und Abschlussarbeiten sind möglich. Stipendien, Wettbewerbe und Workshops werden regelmäßig ausgeschrieben: www.rwe.com/studienfoerderung.

Logo RWE AG

Anschrift
Opernplatz 1
45128 Essen

E-Mail
personalmarketing@rwe.com

Internet
www.vorweg-geher-gesucht.de

Wem gehört die Innovation?

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Alle Unternehmen wollen Innovationen – doch auf die Frage, wie auch ideenreiche Mitarbeiter von ihren Innovationen profitieren, gibt es noch wenig klare Antworten. Erst langsam entwickelt sich ein schlagkräftiges Innovationsrecht. Für Einsteiger die Chance, sich auf ein Feld mit Zukunft zu spezialisieren. Von André Boße

Noch gibt es Innovationsrecht nicht als eigenständiges Rechtsgebiet. Die Betonung liegt hier auf „noch“: Der Bereich gewinnt stetig an Bedeutung, weil in immer mehr Branchen Innovationen und ihr Management eine entscheidende Rolle spielen – ob in der Autoindustrie oder der Medizintechnik, im Maschinenbau oder der Chemie.

Die Unternehmen setzen dabei darauf, dass ihre Mitarbeiter „innovativ“ zu Werke gehen – und im besten Fall eben auch Innovationen entwickeln. Doch was passiert, wenn genau das eintrifft? „Hier sind rechtliche Rahmenbedingungen notwendig, die heute vielfach erst noch entstehen müssen“, sagt Stefan Kursawe, Partner der Kanzlei Heisse Kursawe Eversheds und Experte für Arbeitsrecht. Der Umgang mit klassischen Erfindungen ist seit Jahren im Patentrecht geregelt.

Doch das Innovationsrecht geht vielfach weiter: Während das Patentrecht dem Schutz der Erfindung dient und die Rechte des Patentinhabers gegenüber potenziellen Nachahmern regelt, kümmert sich das Innovationsrecht um alle Aspekte rund um neue Produkte. „Also“, so Kursawe, „auch um die Frage, wem eine Innovation denn eigentlich gehört: dem Mitarbeiter, der sie entwickelt hat, dem Unternehmen oder gar den Aktionären?“ So ist das Innovationsrecht ein Querschnitt aus einer Reihe anderer Rechtsgebiete wie dem Patent- und Arbeits-, aber auch dem Markenrecht.

Während das Patentrecht klare Vorgaben kennt, ist das Innovationsrecht ein Gebiet, in dem es auf den Dialog zwischen Arbeitgebern und Mitarbeitern ankommt. „Unternehmen möchten, dass ihre Leute innovativ arbeiten. Daher müssen sie auch etwas dafür tun, dass geregelt wird, wie die Mitarbeiter letztlich von ihren Innovationen, aber auch von ihren Ideen profitieren“, so Kursawe. Generell ist ein gutes Innovations- und Ideenmanagement auch ein Thema für Unternehmensberatungen, doch Juristen haben in diesem Feld einen großen Vorteil: Sie bringen das rechtliche Know-how mit, das benötigt wird, wenn zum Beispiel der Betriebsrat sein gesetzliches Mitspracherecht ins Spiel bringt. In diesem Fall kommt es in der Beratung auf Wissen aus dem Arbeitsrecht an – und dann sind Anwälte gefragt.

Eine wichtige Fähigkeit für Anwälte mit einer Expertise für Innovationsrecht ist die Neugierde auf das Geschäft der Mandanten. „Ich muss wissen, wie in einem Unternehmen Ideen zustandekommen und wie ein innovativer Mitarbeiter tickt“, beschreibt Kursawe. Daher rät er jungen Juristen, die sich für eine Spezialisierung in diesem Bereich interessieren, dazu, zunächst in ein Unternehmen zu gehen – und zwar vorzugsweise in eine klassische Innovationsbranche wie den Maschinenbau oder die Elektrotechnik. „Hier lernen Einsteiger sehr viel über die Struktur solcher Unternehmen und die Macht der Entwicklungsabteilungen.“ Erst nach ein bis zwei Jahren empfiehlt der Experte dann den Wechsel in eine Kanzlei.

Mit der Fähre ins Büro

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…heißt es für Hendrik Hilgenfeld seit einiger Zeit. Denn seit Anfang 2011 ist er dem Frankfurter Büroalltag entflohen und für ein Secondment vier Jahre nach Sydney gezogen. Hier berichtet er von seinen Erfahrungen.

Ein Secondment ist eine unternehmensinterne Mitarbeiterentsendung. Arbeitgeber unterstützen Secondments vor allem, um Mitarbeiter gezielt zu fördern. Natürlich profitiert aber am Ende nicht nur der Secondee von den Erfahrungen in einem fremden Kultur- und Rechtskreis, sondern auch seine Kollegen im Heimatland und damit auch der Arbeitgeber. Entsprechend übersteigt die Zahl der Interessenten regelmäßig die der verfügbaren Stellen, und der interne Auswahlprozess braucht viel Zeit. Mit seinem Mitarbeiterverantwortlichen möglichst früh darüber zu sprechen, ermöglicht die optimale Einbettung des Auslandsaufenthalts in die eigene Karriereplanung. Überdurchschnittlich gute Beurteilungen, interkulturelle Kompetenzen und Sprachkenntnisse erhöhen die eigenen Chancen auf eine Entsendung.

Bei PwC Frankfurt war ich einige Jahre im Bereich International Tax tätig und hatte bereits viel mit internationalen Fragestellungen und Kollegen zu tun. Um einige von ihnen auch einmal persönlich kennenzulernen und meine Kenntnisse in internationalem Recht zu vertiefen, hatte ich mich schon seit längerem für ein Secondment im englischsprachigen Ausland interessiert. Nachdem der Starttermin für meine Entsendung feststand, ergab sich alles Weitere von selbst. PwC Australien und PwC Deutschland haben mich bei der logistischen Umsetzung meiner Entsendung von Beginn an unterstützt. So erhielt ich Hilfe bei der Beantragung des Arbeitsvisums für mich und meine Partnerin. Auch beim Umzug und der Wohnungssuche half mir mein Arbeitgeber. Zwischen dem Ausräumen meines Büros in Frankfurt und dem Einräumen meines Schreibtisches in Sydney lagen nur wenige Tage.

Foto: Fotolia/entelechie

Hier in Sydney bin ich im Bereich Corporate Tax tätig. Ich bin also zum Beispiel für die Beratung australischer Unternehmen mit deutschen Tochtergesellschaften zuständig. Hierbei kann ich auf meine Kenntnis des deutschen Steuerrechtes bauen. Deutsche Unternehmen berate ich unter anderem beim Eintritt in den australischen Markt – von der Unternehmensgründung bis hin zur steuerlichen Strukturierung. Daneben unterstütze ich den Bereich Financial Services, etwa in der Beratung börsengelisteter Unternehmen bei der Ausgabe von Finanzinstrumenten. Ganz überwiegend bin ich aber bei der steuerlichen Beratung zu Investitionen in Grundvermögen beteiligt. Dabei kann es sich um die Investition eines australischen Pensionsfonds in europäisches Grundvermögen handeln, um die Strukturierung eines Investments in einen australischen Solarpark oder um die steuerliche Beratung ausländischer Investoren beim Erwerb australischen Grundvermögens. Meine Mandanten sind international, kommen etwa aus dem Nahen Osten, dem Reich der Mitte oder aus meiner deutschen Heimat. Auf die Sachverhaltsanalyse folgt meist die Identifizierung einer geeigneten Investmentstruktur. Ein Investment in Bürogebäude oder in Shoppingcenter erfolgt üblicherweise über australische Trusts. Mit dem Konzept des Trusts musste ich mich also intensiv auseinandersetzen. Doch gerade, dass ich Neues lerne, macht ein Secondment für mich so wertvoll. Das Verständnis eines anderen Rechtssystems ermöglicht es mir nicht nur, mein Gegenüber zu verstehen, sondern auch, mich selbst für andere verständlich zu machen.

Mein Bewusstsein für die Unterschiede fremder Rechtssysteme im Vergleich zum deutschen wurde geschärft. Zunächst bereitete mir das angelsächsisch geprägte Rechtssystem Australiens mit seinen endlosen, mit Beispielfällen gespickten Paragraphen und das „case law“ einige Kopfschmerzen. Doch nun verstehe ich es besser und kann leichter damit umgehen. Aus beruflicher Sicht kann ich ein Secondment daher uneingeschränkt empfehlen.

Auch das Privatleben kommt hier nicht zu kurz. Nach Feierabend, am Wochenende und im Urlaub haben Australien und Sydney im Besonderen einiges zu bieten. Traumhafte Strände, bezaubernde Natur und natürlich viel Sonnenschein. Die Menschen sind entspannter als in Deutschland, und ein „no worries, mate“ gehört zum Alltagssprachgebrauch. Da es eine gewisse Zeit braucht, im Entsendungsland „anzukommen“, sollte das Secondment nicht kürzer als zwei Jahre sein. Mein Arbeitsvertrag mit PwC Australien ist zeitlich befristet, und der Vertrag mit PwC Deutschland ruht für die Dauer meines Secondments. Nach Auslaufen meines australischen Arbeitsvertrages kehre ich nach Deutschland zurück. Aber bis dahin heißt es noch, die warme Jahreszeit hier vor Ort zu genießen.

Viel mehr als Mietverträge und schmutzige Stiefel

Immobilien sind so vielfältig wie die Menschen, die darin leben und arbeiten. Entsprechend breit gefächert ist das Berufsbild des Immobilienrechtlers. Diejenigen, die meinen, dabei ginge es nur um Mietverträge und schmutzige Stiefel auf Baustellen, täuschen sich gründlich. Von Dr. Michael Alberts, Rechtsanwalt und Partner bei Heuking Kühn Lüer Wojtek, Düsseldorf

Es ist keinesfalls übertrieben zu sagen, dass Immobilien für das Leben insgesamt von grundlegender Bedeutung sind: Sie werden zum Wohnen oder zum Arbeiten gebraucht, als Logistikzentren oder als Kraftwerke und für viele andere Zwecke. Weil Immobilien derart wichtig sind, sind sie auch wertvoll. Das gilt nicht nur für Großimmobilien wie Einkaufszentren oder Bürohochhäuser, sondern letztlich für jede Immobilie. Wenn man persönlich eine Eigentumswohnung oder ein Haus kauft, ist das in aller Regel die mit Abstand größte Investition, die man als Privatperson im Leben tätigt. Daher ist auch diese Transaktion zumindest subjektiv von größter Relevanz. Die Konsequenz ist, dass sämtliche Rechtsfragen im Zusammenhang mit Immobilien ebenfalls sehr wichtig sind. Es ist daher durchaus angemessen, dass inzwischen einige Universitäten Post-Graduate-Studiengänge für Immobilienrecht (Real Estate) anbieten.

Ein Blick in die Lehrpläne solcher Studiengänge zeigt, wie vielfältig das Immobilienrecht ist. Dabei ist es durchaus passend, hier an erster Stelle das Mietrecht zu nennen. Es gibt viele Laien und sogar auch Juristen, die dem Mietrecht eine allenfalls zweitklassige Bedeutung beimessen. Diejenigen, die so denken, sind keine Immobilien-Fachleute. Mietverträge sind die wirtschaftliche Essenz und damit das Rückgrat jeder Immobilie. Sie sind die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg des Eigentümers ebenso wie die Grundlage jeder Immobilienfinanzierung. Deshalb ist auch die Prüfung der maßgeblichen Mietverträge ein Kernthema jeder Immobilien-Due-Diligence. Wer einmal gelernt hat, welch hochkomplexe Fragestellungen sich beispielsweise aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Schriftform von Mietverträgen ergeben, wird mietrechtliche Fragen und die damit verbundenen Konsequenzen nicht mehr als unwichtig abtun. An juristisch schlecht behandelten mietrechtlichen Problemen sind durchaus schon Großtransaktionen gescheitert.

Immobilienrecht ist aber noch viel mehr als nur Mietrecht. Immobilienrecht ist beispielsweise auch Gesellschaftsrecht. Dieses kann einem begegnen bei der Strukturierung von Gesellschaften, die Immobilien halten oder transferieren sollen, oder bei Gesellschaften, die sich mit Immobilienmanagement beschäftigen. Immobilienrecht besteht auch aus besonderen Bereichen wie dem Planungsrecht oder dem Vergaberecht. Hierzulande darf richtigerweise keine Immobilie ohne Baugenehmigung errichtet werden. Das kann im Detail sehr schwierig sein. Versuchen Sie beispielsweise einmal, eine Baugenehmigung für Spezialimmobilien wie ein Factory Outlet „auf der grünen Wiese“ zu bekommen. Und dass große Immobilienprojekte mitunter massive vergaberechtliche Implikationen haben, kann man unschwer aus den Berichterstattungen beispielsweise über den neuen Berliner Flughafen ablesen. Auch die Bautätigkeit selbst ist durch rechtlichen Beratungsbedarf gekennzeichnet. Beim Besuch einer Baustelle können dem Juristen dann tatsächlich manchmal ein paar gute Stiefel nützlich sein.

Eine weitere wichtige Facette von Immobilienprojekten sind deren Finanzierungen. Bei großen Projekten sind in der Regel schon die „normalen“ Darlehensverträge ein anspruchsvolles Regelwerk. Sie folgen heutzutage häufig Strukturen, wie sie von der Londoner Loan Market Association (LMA) entwickelt worden sind, oder inzwischen hierzulande zunehmend Maßstäben, die der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) entwickelt hat. Darüber hinaus werden Immobilien häufig in Fond-Strukturen eingebracht, die ihrerseits ein nennenswertes juristisches Beratungsfeld darstellen. Schließlich kommt der Immobilienrechtler auch noch mit ganz anderen Bereichen des Wirtschaftsrechts in Berührung, die man auf Anhieb überhaupt nicht mit dem Immobilienrecht in Verbindung bringen würde: Beim Betrieb insbesondere von gewerblichen Immobilien gibt es regelmäßig Berührungspunkte mit dem Wettbewerbsrecht, mitunter sogar auch mit dem Kartellrecht. Und natürlich ist es auch denkbar, dass der Eigentümer oder der Manager von Immobilien Beratungsbedarf im Arbeitsrecht hat. Im Grunde kann man sagen, dass das Immobilienrecht je nach Konstellation die gesamte Bandbreite des Wirtschaftsrechts abdeckt.

Natürlich gibt es auch M&A-Transaktionen mit Immobilienbezug, nämlich dann, wenn Immobilienprojekte durch Übertragung von Gesellschaftsrechtsanteilen veräußert werden. Und selbstverständlich hat das Immobilienrecht auch starke internationale Bezüge. Große Immobilien-Player, wie internationale Investoren, Entwickler oder die diese finanzierenden Banken, agieren weltweit. Es ist durchaus keine Seltenheit, dass beispielsweise amerikanische Pensionskassen in europäische Immobilien investieren. Dass gerade bei grenzüberschreitenden Strukturen auch das internationale Steuerrecht eine nennenswerte Rolle spielt, bedarf kaum der Erwähnung.

Kurz zusammengefasst kann man sagen: Immobilienrecht kann überaus spannend sein, und es ist viel, viel mehr als Mietverträge und schmutzige Stiefel. Trotzdem, und das ist auch schön, bleibt das Immobilienrecht immer auch etwas Konkretes und Bodenständiges. Der Immobilienrechtler kann jede Immobilie, die er juristisch begleitet, besichtigen, betreten und anfassen. Diejenigen, die sich als Juristen mit dem Thema Immobilien beschäftigen, haben in aller Regel auch Spaß daran zu sehen, wie sich die Objekte, um die sie sich kümmern, in der Praxis entwickeln und bewähren.

Masterstudiengänge Immobilien/Real Estate

  • Betriebswirtschaft (Bau und Immobilien), Hochschule Biberach
  • Real Estate (MSc), EBS Business School, Oestrich-Winkel
  • Immobilienmanagement (MSc), EIPOS GmbH, Dresden/Shanghai
  • Facility Management (MSc), Fernstudium
  • Real Estate Management (MBA), HTW Berlin
  • Real Estate Management + Construction Project Management (MSc), Bergische Universität Wuppertal/University of Aberdeen, Wuppertal
  • Real Estate Law (LL.M), Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Quelle: www.postgraduate.de

Operation gelungen, Patient tot

„Wenn ein Arzt hinter dem Sarg eines Patienten geht, folgt manchmal die Ursache der Wirkung.“ Dieses Zitat des berühmten Mediziners Robert Koch enthält neben einer ordentlichen Portion bösen schwarzen Humors auch ein Körnchen Wahrheit. Für den Anwalt mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Arzt- und Medizinstrafrecht ergeben sich im medizinischen Alltag eine Vielzahl von spannenden Fällen. Von Dr. Sascha Böttner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

Den Obergriff bildet das Medizinstrafrecht. Es bezeichnet die Spezialmaterie, in der es um den Querschnitt zwischen Recht und Medizin geht. Im Arztstrafrecht als einem ganz wesentlichen Teilgebiet befasst man sich vor allem mit den Tatbeständen des Strafgesetzbuches (StGB), und zwar ganz klassisch mit Körperverletzung, fahrlässiger Tötung, Tötung auf Verlangen, Totschlag, Vorteilsnahme/Bestechlichkeit, Betrug. Die Gruppe der Mandanten bilden vor allem Ärzte, die in Krankenhäusern oder Praxen tätig sind, aber es können auch angehende Ärzte im praktischen Jahr sein.

Neben Ärzten nehmen auch zahlreiche nicht-ärztliche Fachkräfte, beispielsweise Pflegekräfte, Rettungshelfer, Psychologen sowie Therapeuten aller Art, in ihrem Arbeitsalltag medizinische Eingriffe an Patienten vor, die ein strafrechtliches Nachspiel haben können. Der dank des Studiums bekannte Klassiker kann zum Beispiel die Blutabnahme durch einen Arzthelfer sein. Es stellt sich dann nämlich die strafrechtlich brisante Frage, ob der Arzt einen solch invasiven Eingriff (Körperöffnung!) konkret delegieren durfte, und diese Frage kann im Einzelfall ausgesprochen knifflig werden.

Neben den Straftatbeständen des StGB muss der Rechtsanwalt für Medizinstrafrecht außerdem nicht selten Abstecher in die Nebengesetze unternehmen, etwa in das Arznei- und Betäubungsmittelgesetz (AMG, BtmG), das Apothekengesetz (ApoG) oder das ganz entlegene Embryonenschutzgesetz (ESchG). Auch Apotheker und deren Mitarbeiter können nämlich zum Mandantenkreis gehören, wenn etwa falsche Medikamente ausgehändigt wurden oder gegenüber der Krankenkasse falsch abgerechnet wurde. Nicht zu vergessen sind auch die Mandanten, die beruflich überhaupt nichts mit dem Medizinstrafrecht zu tun haben. Gemeint sind die Fälle des Substanzmissbrauchs zugunsten der körperlichen Leistungssteigerung. Auch mit dem Doping unter Berufssportlern haben wir zu tun.

Es gibt zahlreiche Fälle, die diese faszinierende Schnittstelle zwischen Recht und Medizin betreffen und für entsprechendes Aufsehen gesorgt haben. Im sogenannten Organspende-Skandal geht es beispielsweise um die Frage, ob es zum Tatzeitpunkt überhaupt eine hinreichend bestimmte Strafvorschrift gab, die das Verhalten des Angeklagten sanktionierte. Oftmals sieht sich der Gesetzgeber in solchen Zweifelsfällen gezwungen, Gesetzeslücken zu schließen. Ähnliches geschah auch durch den neuen § 1631d im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nach dem sehr umstrittenen Beschneidungs- Urteil.

Aber es gibt auch immer wieder Hochstapler, die mit gefälschten Ausbildungsnachweisen Patienten behandeln wollen und denen nach ihrer Entdeckung erhebliche Strafen wegen Körperverletzung oder auch Missbrauch von Titel und Betrug drohen. Die Rechtsprechung muss sich auch immer wieder damit auseinandersetzen, wie mit niedergelassenen Vertragsärzten oder auch Apothekern umzugehen ist, die bestimmte Geräte oder Medikamente einsetzen, um umsatzabhängige Prämien der Pharmaindustrie zu erlangen – das sogenannte Pharma-Marketing.

Es liegt also auf der Hand, dass ein Anwalt im Bereich des Medizinstrafrechts fachspezifisches Wissen benötigt, um das Bestmögliche für seinen Mandanten herauszuholen. Beispielsweise sollte man sich neben berufsund disziplinarrechtlichen Kenntnissen auch ein Basiswissen zum Gesundheitssystem, unter anderem zum Abrechnungswesen, aneignen, denn es kommt nicht selten darauf an, auf die spezifischen Details zu achten. Von großer Bedeutung ist außerdem, sich mit Sorgfaltspflichten und den Regeln ärztlicher Kunst auseinanderzusetzen, denn nur so lässt sich getreu dem Chirurgenmotto „Operation gelungen, Patient tot“ das Vorgehen des Arztes nachvollziehen sowie Fehler be- oder widerlegen und den Ermittlungsbehörden den Wind aus den Segeln nehmen.

Insgesamt sollte derjenige, der später in diesem Bereich tätig sein möchte, frühzeitig dafür sorgen, immer wieder über den juristischen Tellerrand zu blicken und zum Beispiel durch Praktika bei Anwälten mit entsprechenden Tätigkeitsschwerpunkten oder auch in der Rechtsabteilung von Krankenhäusern erste Einblicke sammeln. Wer dazu bereit ist, den erwartet eine außerordentlich spannende Spezialmaterie, in der man sich mit den juristischen Tugenden der Logik, der schnellen Auffassung komplexer Sachverhalte und natürlich der Argumentation so richtig austoben kann.

All you can eat

Für junge Juristen, die eine Affinität zur Lebensmittelbranche spüren, ist eine Spezialisierung im Lebensmittelrecht eine wunderbare Gelegenheit, Theorie und Praxis miteinander zu verbinden. Zugleich bietet sich die Chance, auf einem sehr hohen juristischen Niveau aktiv an der nationalen und europäischen Rechtsentwicklung mitzuwirken. Von Prof. Dr. Hans-Jürgen Rabe, Rechtsanwalt und Of-Counsel bei Noerr, und Evelyn Schulz, Rechtsanwältin und Partnerin bei Noerr

Spricht man mit Nichtjuristen über das Thema Lebensmittelrecht, fällt diesen manchmal die berühmte „EU-Gurkenkrümmungsverordnung“ ein. Das ist eine Verordnung von 1988, die eine maximale Krümmung von zehn Millimetern auf zehn Zentimeter Länge der Gurke vorschrieb. Genau genommen handelte es sich dabei aber gar nicht um Lebensmittelrecht, sondern um eine allgemeine Marktordnungsvorschrift. Trotzdem galt die Verordnung als Synonym für den Regelungswahn des EU-Gesetzgebers im Lebensmittelrecht. Richtig daran ist, dass es eine Menge lebensmittelrechtlicher Regelungen gibt. Und die meisten sind so kompliziert, dass Wirtschaftsunternehmen nicht ohne Unterstützung spezialisierter Anwälte auskommen.

Mandanten des Lebensmittelrechtlers sind neben Lebensmittelherstellern und -importeuren sowie Groß- und Einzelhändlern zum Beispiel auch die Systemgastronomie, Betreiber von Online-Verkaufsplattformen oder Hersteller von Maschinen für die Lebensmittelproduktion. Typische Fragestellungen beziehen sich auf die Produktabgrenzung (Handelt es sich bei Zimtkapseln um ein Lebensmittel oder doch eher um ein Arzneimittel?), die Zusammensetzung (Welche Zusatzstoffe dürfen für die Herstellung von Bubble Tea verwendet werden?) und die Kennzeichnung von Lebensmitteln (Was muss in welcher Sprache auf der Fertigpizza stehen, damit sie europaweit verkauft werden darf?), aber auch auf die Zulässigkeit von Werbeaussagen. Lebensmittelrechtliche Fragen sind sehr sensibel, denn sie betreffen den Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsrisiken und Täuschung. Nicht ohne Grund finden Themen wie Pferdefleischlasagne und falsche Bio-Eier ein breites Medienecho. Oft steht der Anwalt dabei im Spannungsfeld zwischen seinem Mandanten und den Lebensmittelüberwachungsbehörden oder Verbraucherschutzverbänden. Sind zum Beispiel bei importierten Pfifferlingen Rückstandshöchstgehalte von Pflanzenschutzmitteln überschritten, wird die Behörde geneigt sein, die Lebensmittel möglichst schnell und vollständig aus dem Verkehr zu ziehen und auch von den Endverbrauchern zurückzurufen, und zwar auch dann, wenn keine Gesundheitsgefahr besteht. Der Anwalt wird in diesem Fall auf eine vernünftige Ermessensausübung der Behörde hinwirken. Erlässt die Behörde unzulässige belastende Maßnahmen, wird der Anwalt den Schaden, der dem Mandanten entstanden ist, einklagen.

Der Lebensmittelrechtler muss offen und flexibel sein. In Kategorien wie „Ich mache nur öffentliches Recht“ darf er nicht denken. Denn öffentlich-rechtliche Fragen sind häufig mit zivilrechtlichen Haftungsfragen und Verantwortlichkeiten innerhalb der Lieferkette verknüpft. In behördlichen Widerspruchs- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren sind prozessuales Geschick und eine gute Kommunikations- und Verhandlungsfähigkeit gefragt. Außerdem entwickelt sich das Lebensmittelrecht ständig fort.

Linktipp

Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde
www.bll.de

Jung und erfolgreich bei: Hengeler Mueller

Nach dem Grundstudium in Passau stellte sich für mich früh die Frage nach einer Spezialisierung. Als die Wahl des Schwerpunktbereichs an der Uni Münster anstand, entschied ich mich wegen dessen breiter wirtschaftsrechtlicher Auslegung für den Bereich Gesellschaftsrecht. Mein Interesse galt aber auch anderen Rechtsgebieten, sodass ich meine Dissertation einem öffentlich-rechtlichen Thema widmete. Es war mir wichtig, breit aufgestellt zu sein. Von Thomas Himmelmann

Name: Thomas Himmelmann
Position: Associate
Stadt: Düsseldorf
Alter: 27 Jahre
Studium: Rechtswissenschaften in Passau und Münster zwischen 2005 und 2010 mit Schwerpunkt im deutschen und europäischen Gesellschaftsrecht
Staatsexamen: 2010 und 2013
Promotion: Eingereicht
Engagements: Mitglied der Deutsch-Israelischen sowie der Deutsch-Amerikanischen
Juristenvereinigung

Nach dem ersten Staatsexamen entschied ich mich für eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Gesellschaftsrecht/M&A in zwei großen, wirtschaftsrechtlich ausgerichteten Sozietäten, unter anderem bei Hengeler Mueller in Düsseldorf. Dies stellte sich schnell für mich als die richtige Wahl heraus. Ich wurde früh in die Arbeit an spannenden, internationalen Mandaten eingebunden. Nach dem Referendariat wollte ich direkt meine Tätigkeit als Anwalt aufnehmen, auch wenn ich nach wie vor einen Auslandsaufenthalt plane. Die Kanzlei eröffnet ihren Senior Associates die Möglichkeit, einen längeren Zeitraum bei einer befreundeten Kanzlei im Ausland zu verbringen, ist aber auch offen für eine Freistellung zugunsten eines LL.M. Zwei interessante Alternativen, zwischen denen ich mich noch zu entscheiden habe.

Zu Beginn der beruflichen Tätigkeit zeigten sich Herausforderungen, die bald klarmachten, dass das Studium lediglich den Grundstein für ein erfolgreiches Berufsleben gelegt hat. Man verfügt über das Handwerkszeug, die Gebiete zu durchdringen, auf denen man tätig sein möchte. Entscheidend zur Bewältigung dieser Herausforderungen war gerade in den ersten Monaten die Unterstützung erfahrener Kollegen. Darüber hinaus ist der Stellenwert kanzleiinterner Fortbildungen hervorzuheben. Hier bietet die Kanzlei mit dem St. Gallen-Programm sicher ein Highlight.

Mein Einsatzgebiet ist vielfältig und reicht von der Aufbereitung komplexer rechtlicher Fragestellungen über organisatorische Tätigkeiten im M&A-Prozess bis zur Teilnahme an Vertragsverhandlungen. Das eher wissenschaftlich geprägte Ausarbeiten von Gutachten und die Mitarbeit an M&A-Transaktionen im Team ergeben einen interessanten Arbeitsalltag. Diese Mischung aus allgemeiner gesellschaftsrechtlicher Beratung und Transaktionsgeschäft gefällt mir an meiner Tätigkeit besonders. Man hat die Gelegenheit, hautnah an interessanten Mandaten mitzuarbeiten, und lernt verschiedene Seiten des Anwaltslebens kennen.

Alles in allem kann ich für mich nach dem ersten Jahr als Anwalt bei Hengeler Mueller feststellen, dass der Start ins Berufsleben geglückt ist. Ich habe früh einen tiefen Einblick in die Anwaltstätigkeit gewonnen und schaue auf ein lehrreiches Jahr zurück.

Interview mit Dr. Christine Hohmann-Dennhardt

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Dr. Christine Hohmann-Dennhardt hat es als erste Frau in den Vorstand des Automobilkonzerns Daimler geschafft. Eine der Kernaufgaben der 63 Jahre alten ehemaligen Bundesverfassungsrichterin: die nachhaltige Verankerung einer integren Unternehmenskultur. Im Interview erklärt sie, worauf es dabei ankommt und wie es ihr gelang, als Juristin in den Vorstand eines internationalen Konzerns zu rücken. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Dr. Christine Hohmann-Dennhardt, geboren am 30. April 1950 in Leipzig, studierte in Tübingen Rechtswissenschaft und schloss ihr Studium 1975 mit dem zweiten Staatsexamen ab. Im selben Jahr wurde sie Lehrbeauftragte für Sozialrecht an der Universität Hamburg. Ihre juristische Promotion legte sie 1979 an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main ab und war ab 1981 als Richterin an hessischen Sozial- und Landessozialgerichten tätig, 1984 wurde sie Direktorin des Sozialgerichts Wiesbaden. 1989 wechselte sie als Dezernentin für Soziales, Jugend und Wohnungswesen in die Verwaltung der Stadt Frankfurt. 1991 wurde sie für die SPD zur Justizministerin des Landes Hessen berufen, ab 1995 war sie hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst. 1999 wechselte Christine Hohmann-Dennhardt zum Bundesverfassungsgericht, wo sie dem Ersten Senat angehörte und vor allem für Familienrecht zuständig war. Seit dem 16. Februar 2011 ist sie Vorstandsmitglied der Daimler AG und in dieser Funktion verantwortlich für das Ressort „Integrität und Recht“.

Sie waren Politikerin, Verfassungsrichterin – jetzt sitzen Sie im Daimler Vorstand. Welches Ihrer Talente war und ist in allen drei Bereichen besonders wichtig?
Keine Scheu vor neuen Herausforderungen zu haben, Freude am Lösen von Problemen zu finden und gern Verantwortung zu übernehmen.

Sie füllen ein neu geschaffenes Vorstandsressort mit Leben. Was ist der besondere Reiz dieser Aufgabe?
Nachdem ich mich während meines davor liegenden Berufslebens dem Recht, seiner Steuerungsfähigkeit und seiner Durchsetzung im öffentlichen Bereich gewidmet habe, ist es für mich mit einem solchen Erfahrungshintergrund sehr reizvoll, der gleichen Aufgabe nun in einem privaten, prestigereichen und weltweit agierenden Unternehmen nachzugehen, noch dazu mit dem Einfluss und der Verantwortlichkeit, die eine Vorstandsposition mit sich bringt. Außerdem hat mir zugesagt, dass das mir übertragene Ressort die Bezeichnung „Integrität und Recht“ trägt. Denn dies bringt zum Ausdruck, dass es dem Unternehmen nicht allein darum geht, für die Wahrung staatlich vorgegebener Gesetze durch seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Sorge zu tragen. Vielmehr will man neben allem verständlichen Gewinnund Erfolgsstreben, dass Werthaltungen das Handeln wie Entscheiden bei Daimler bestimmen, die der gesellschaftlichen Verantwortung des Unternehmens Rechnung tragen. Dies zu erreichen, ist eine spannende und lohnenswerte Aufgabe. Und natürlich hat mich darüber hinaus gereizt, nicht immer nur davon zu reden, dass mehr Frauen auch in der Wirtschaft Spitzenpositionen erlangen sollten, sondern dann auch das Angebot anzunehmen, als erste Frau in den Vorstand bei Daimler einziehen zu können.

Wo liegen die besonderen Herausforderungen Ihres Jobs?
Zum einen darin, unternehmensinterne Regeln vorzuhalten, die unter Beachtung geltenden Rechts so abgefasst sind, dass sie nicht als Belastung, sondern als Hilfestellung empfunden werden, also überschaubar, verständlich, verhältnismäßig und einleuchtend sind. Zum anderen zu überzeugen, dass integres Handeln den Unternehmenserfolg nicht hemmt, vielmehr ihn nachhaltig befördert und auf Dauer sichert. Des Weiteren klarzumachen, dass Führung sich nicht darin erschöpft, hehre Ziele vorzugeben, sondern Vorbild zu sein und selbst konsequent danach zu handeln. Und schließlich glaubhaft zu vermitteln, dass auf Kontrollen nicht verzichtet werden kann, dass Daimler aber vor allem auf seine Mitarbeiter setzt, ja ihnen den Rücken dabei stärkt, aus eigenem Ansporn und mit eigenem Wertekompass verantwortlich und integer zu handeln und damit Erfolg wie Ansehen des Unternehmens zu befördern. Bei alledem sind wir schon sehr gut vorangekommen, wie uns dies unser von den US-Behörden eingesetzte Monitor am Ende seiner Tätigkeit mit seinem Zeugnis, wir hätten „Goldstandard“ erreicht, bestätigt hat.

Wie gelingt es Ihnen, Ihre Auffassung von Recht in einem Konzern wie Daimler zu integrieren? Sind dafür neue Regeln, neue Werte und eine neue Art von Führung nötig?
Von allem ein maßvolles Quantum. Wir haben zum Beispiel im Dialog mit den Beschäftigten eine neue, konzernweit geltende Verhaltensrichtlinie geschaffen, dafür etliche andere Richtlinien zum Wegfall gebracht, weil sie überflüssig waren und nur zur Verwirrung beigetragen haben, und darüber hinaus andere Regeln zusammengefasst und unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten überarbeitet. So konnten wir das interne Regelwerk von vorher rund 1800 auf mittlerweile rund 700 Regeln herunterfahren, was die Akzeptanz dieser Vorgaben sichtlich erhöht hat. Bei den Werten als Leitmotive des Handelns im Unternehmen wiederum musste nichts neu aufgestellt werden, hier galt und gilt es, sie wieder mehr ins Bewusstsein zu rufen und zu reaktivieren. Das kostet Überzeugungskraft, doch ich habe dabei die nötige Ausdauer sowie gute Argumente und eine ausreichende Zahl von Unterstützern zur Seite. Zuhören, argumentieren, überzeugen, entscheiden und dann eigenes stringentes Voranschreiten wie Handeln – das ist meine Art zu führen, mit der ich bisher Erfolg hatte.

Wie gerecht kann es in einem Unternehmen dieser Größe überhaupt zugehen?
Gerechtigkeit ist bei aller Ungerechtigkeit, die es gibt, ein nur schwer erreichbares Ziel, auf das jedoch hingearbeitet werden muss: in der Gesellschaft wie in Unternehmen und in der Wirtschaft. Das fängt bei der Wertschätzung des Einzelnen an, betrifft den Schutz vor Diskriminierung, die Akzeptanz von Unterschiedlichkeiten, die Förderung der Entfaltung individueller Fähigkeiten und reicht bis zur leistungsgerechten und auskömmlichen Entlohnung oder zur Unterstützung, wenn Hilfe angesagt ist. Das Streben nach Erfolgen und Gewinnen ist ein guter, treibender Motor für Unternehmen, es darf aber nicht um jeden Preis erfolgen: Gesetzestreue, Verantwortungsbewusstsein, Fairness wie Anstand gegenüber Mitarbeitern, Geschäftspartnern und dem gesellschaftlichen Umfeld dürfen nicht unter die Räder kommen, sondern müssen hochgehalten und praktiziert werden. Im Daimler-Konzern ist man sich dessen bewusst. Man ist deshalb schon vor Jahren als Gründungsmitglied dem von Kofi Annan initiierten „Global Compact“ beigetreten, mit dem sich Unternehmen freiwillig verpflichten, ihr Handeln an bestimmten, universell geltenden ethischen Maßstäben wie zum Beispiel den Menschenrechten auszurichten. Wesentliche Aufgabe ist dabei, dafür zu sorgen, dass dies auch immer wieder und überall in die Tat umgesetzt wird.

Was muss man als Juristin mitbringen, um sich im Vorstand eines Automobilkonzerns – noch dazu unter Männern – zu bewähren?
Wie überall: eine gute Menschenkenntnis, ein taktisches Händchen, ein offenes Visier, eine hinreichende Portion Selbstbewusstsein, eine gewisse Beharrlichkeit, geschicktes Durchsetzungsvermögen und einen langen Atem.

Sie haben als Juristin häufig die Seiten gewechselt, waren Teil der Judikative und der Legislative und sind nun Managerin in der freien Wirtschaft. Wie gelingen diese Wechsel, ohne dass ein Makel der Beliebigkeit entsteht?
Ja, es ist richtig, ich habe mehrfach Seitenwechsel vorgenommen, aber immer erst, wenn ich einer Aufgabe längere Zeit erfolgreich nachgegangen war oder sie zum Abschluss gebracht hatte, und nur, was die jeweilige Funktion und Rolle betroffen hat. Meinen Grundeinstellungen bin ich dabei stets treu geblieben. Es ist eine große Bereicherung, Erfahrungen aus verschiedenen Perspektiven sammeln zu können, damit Zusammenhänge und Verhaltensweisen besser zu verstehen und diese Erkenntnisse im Interesse der Anliegen, die man verfolgt, zur Anwendung bringen zu können.

Ob als junge berufstätige Mutter, Ministerin oder jetzt Mitglied des Daimler Vorstands: Sie kennen sich mit Druck von außen aus. Was sind ihre wertvollsten Bewältigungsstrategien, um abends gut einschlafen und morgens gut gelaunt aufzuwachen?
Ein gutes Gewissen ist nach wie vor das beste Ruhekissen, wie es schon ein altes Sprichwort empfahl. Man bewältigt Druck von außen leichter, wenn man überzeugt ist, richtig zu handeln, oder bereit ist, Fehler, die man gemacht hat, offen zuzugeben.

Was raten Sie abschließend einer jungen Juristin, die noch keinen blassen Schimmer hat, wie sie später Familie, Karriere, persönliche Weiterentwicklung und ein gesundes Leben vereinbaren soll?
Sich nicht einschüchtern zu lassen und vorschnell vor Alternativen zu stellen, sondern das anzustreben, was sie sich erhofft vom Leben. Mit Selbstvertrauen, Willen und Elan gelingt mehr, als man denkt – auch Beruf und Familie zufriedenstellend unter einen Hut zu bekommen.

Zum Unternehmen

Mit den Geschäftsfeldern Mercedes-Benz Cars, Daimler Trucks, Mercedes-Benz Vans, Daimler Buses sowie Daimler Financial Services gehört die Daimler AG weltweit zu den größten Anbietern von Premium-Pkw und ist der größte weltweit aufgestellte Nutzfahrzeug-Hersteller. Das Unternehmen vertreibt seine Fahrzeuge und Dienstleistungen in nahezu allen Ländern der Welt und hat Produktionsstätten auf fünf Kontinenten. Im Jahr 2012 setzte der Konzern mit 275.000 Mitarbeitern rund 2,2 Millionen Fahrzeuge ab.

Die Unternehmensleitung besteht aus acht Vorständen, inklusive dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Dieter Zetsche. Christine Hohmann-Dennhardt ist die erste Frau im Vorstand des Automobilkonzerns. Ihr 2011 neu geschaffener Vorstandsbereich umfasst konzernweit den Rechtsbereich und die Compliance-Organisation sowie die Bereiche Corporate Data Protection und Corporate Responsibility Management. Auch die Verantwortlichkeit für die Achtung und Wahrung von Menschenrechten sowie für die nachhaltige Verankerung einer integren Unternehmenskultur (Integrity Management) liegt in diesem Ressort.