Das letzte Wort hat: Holger Volland

Foto: Fotolia/fotofabrika
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Holger Volland ist sich sicher: Wir stehen vor einer zweiten kopernikanischen Wende! Wir müssen erkennen, dass wir nicht die einzigen kreativen Denker auf dieser Welt sind. Die Fragen stellte Christoph Berger

Holger Volland, Foto: Bernd Hartung

Holger Volland ist Gründer des digitalen Kulturfestivals THE ARTS+ und Vice President der Frankfurter Buchmesse. Er studierte Informationswissenschaft und arbeitete als Internetpionier bei Pixelpark in Berlin und New York. Später war er Partner und Geschäftsführer einer Unternehmensberatung und führte die New Economy Business School. Parallel lehrte er an der Hochschule Wismar Gestaltung und kuratierte große Ausstellungen der Gegenwartskunst in Argentinien und Deutschland. Holger Volland lebt in Frankfurt und ist ein gefragter Sprecher und Moderator zu Themen rund um den digitalen Wandel und Kultur.

Herr Volland, wie lautet Ihre Definition von Kreativität?
Kreativität ist die Fähigkeit, etwas Originelles zu erschaffen, das gleichzeitig einen Nutzen mit sich bringt.

Ihr Buch heißt „Die kreative Macht der Maschinen“. Schließt sich eine Symbiose der Begriffe „Maschine“ und „Kreativität“ nicht schon von Beginn an grundsätzlich aus, kann eine Maschine an sich überhaupt kreativ sein?
Einer Maschine fehlt vor allem die Persönlichkeit, um wirklich originell sein zu können. Allerdings finde ich wichtiger, dass wir viele kreative „Outputs“ von Maschinen, wie Texte, Bilder, Stories, nicht mehr von menschlichen unterscheiden können. Wir geben Maschinen damit die Macht, uns mit diesen Inhalten auch emotional zu berühren.

Wenn eine Technologie alles von Menschen Erschaffene reproduzieren kann und eventuell auch neu miteinander mischt, ist sie dann vergleichbar mit dem Unbewussten von uns Menschen?
Man kann sicher davon ausgehen, dass wir KI im kreativen Bereich anhand ihres Trainings und Verhaltens bestimmte Prägungen zuschreiben werden.

Liegt die zukünftige Aufgabe des Menschen vor allem darin, Ideen zu entwickeln und tatsächlich kreativ zu sein – und sich dabei eventuell auch von aus KI entstandenen Produkten inspirieren zu lassen?
Wir beginnen gerade das Zeitalter der Zusammenarbeit von KI und Mensch. Noch sehen wir das vor allem in der Wissenschaft oder Medizin, bald schon werden wir aber sicher Co-kreationen von gemischten Teams sehen. Viele Künstler, wie etwa Roman Lipski aus Berlin, lassen sich heute schon von KI inspirieren.

Doch wie kann sich der Mensch diese Kreativität erhalten, wenn künstliche Intelligenz einfach sehr viele Bereiche unseres Lebens beeinflussen wird und sich eventuell sogar selbst dauernd verändert oder weiterentwickelt?
Das ist die Gretchenfrage. Denn wenn der Mensch die besseren Fotos, Kompositionen oder Texte mit Hilfe von KI-unterstützten Apps erhält, wird er diese auch nutzen und so das Training seiner eigenen Kreativität darunter leiden lassen. Zum Problem wird das, da bei kreativen Prozessen oft der Weg das Ziel ist und uns die überraschendsten Entwicklungen oft während dieses Weges gelingen.

In einem Interview zu einem Event sagten Sie einmal, dass viele Menschen hoffen würden, es gäbe im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz Hoffnung für den Menschen. Handelt es sich dabei um eine Illusion?
Unser größter Feind werden noch lange wir selbst sein! Denn Maschinen wollen keine Herrschaft über Menschen. Es sind vielmehr Menschen und Firmen, die dieses Interesse haben und dafür Technologie einsetzen.

Sollte den Menschen die Technik eines Tages über den Kopf wachsen, wird es dann den Power-Knopf geben, der gedrückt werden kann, um KI zu stoppen?
Sollte es wirklich dazu kommen, wird es keinen Aus-Knopf mehr geben. Sie können ja heute schon verteilte Strukturen wie das Internet nicht mehr für alle abschalten.

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