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Interview mit Katrin Bauerfeind

Im Ländle geboren, in die Welt hinausgezogen – S-taff stellt in der SCHWÄBISCH HALL OF FAME Menschen aus Schwaben vor, die weit über die schwäbischen Grenzen hinaus erfolgreich sind. Interview: Franziska Immel-Andrä

Zur Person

Schwäbische Wurzeln: Katrin Bauerfeind wurde am 21. Juli 1982 in Aalen geboren, wo sie aufwuchs (auf 1,76 m) und ihr Abitur machte.
Auszug in die Welt: Von 2003 bis 2007 studierte Bauerfeind Technikjournalismus an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, lernte Hochdeutsch und avancierte zur Moderatorin der Web-TV-Sendung Ehrensenf; ausgezeichnet mit Grimme Online Award und Lead Award. Seitdem ist sie vielfältig tätig, moderierte vertretungsweise das Trendmagazin Polylux in der ARD, gab die Sidekickerin für Harald Schmidt und schauspielert in TV- und Kinofilmen. Derzeit dreht sie die zweite Staffel ihrer 3sat-Sendung „Bauerfeind assistiert“ und ist auf Lesetour mit ihrem ersten Buch.

Frau Bauerfeind, Sie sind in Aalen geboren und leben jetzt in Köln. Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Sie in Ihre schwäbische Heimat zurückkommen?
Auf die noch warmen Brezeln vom Bäcker „Eymann“, die besten Brezeln der Welt, und auf Linsen und Spätzle von Oma.

Am 6. März ist Ihr Buch „Mir fehlt ein Tag zwischen Sonntag und Montag: Geschichten vom schönen Scheitern“ erschienen. Scheitern die Schwaben eigentlich anders als die Rheinländer?
Wahrscheinlich betrifft es eher die Deutschen im Allgemeinen. Laut einer Umfrage liegen wir auf dem vorletzten Platz, was die Toleranz von Fehlern angeht, im Vergleich mit 61 anderen Ländern. Der Optimierungswahn hat ja ordentlich zugeschlagen, ich schreibe an gegen das „immer dünner, besser, smarter“. Wie beim iPhone erwartet offenbar jeder, dass jetzt auch bei den Menschen die nächste Generation in allen Bereichen besser ist als die davor. Aber selbst Thomas Alva Edison musste 9000 Glühdrähte ausprobieren, bis es Licht wurde. Scheitern gehört dazu und deshalb ist mein Motto: Heiter weiter oder wie der Rheinländer sagt: Et kütt wie et kütt ond et hätt noch emmer jot jejange.

Und wodurch zeichnet sich Ihre Art zu scheitern aus? Hat sie etwas Schwäbisches?
Ich scheitere ja vorwiegend auf niedrigem Niveau. Am Pünktlich sein, Nichtrauchen, Sport machen. Mein Sport ist eher das Scheitern an sich. Gäbe es das als olympische Disziplin, eine Art moderner Scheiter-Zehn-Kampf, dann wäre ich darin mindestens so gut wie Usain Bolt im Sprinten. Ich würde ständig Gold holen. Und das nicht nur, weil ich Schwäbin bin. Ich denke, ich würde mich, unabhängig von meiner Herkunft, im internationalen Vergleich ganz gut schlagen.

Das fünfte Kapitel Ihres Buches heißt: Dialekt der Aufklärung oder Ich in New York (zwischen Stuttgart und Ulm). Was geben Sie den Schwaben in diesem Kapitel mit?
Das ist eine Liebeserklärung an meine Heimat, zumindest wenn man zwischen den Zeilen liest. Heimat ist ja das wohlig Vertraute, weil sich dort bestenfalls nie etwas ändert und gleichzeitig macht einen genau das wahnsinnig. Jeder kennt wahrscheinlich die Phase im Leben, in der man nicht so werden will wie die Eltern, nur um dann früher oder später festzustellen, dass man in einer fremden Stadt genauso aufgeregt Auto fährt wie Mutti. Ich wollte früher auch immer die Kehrwoche, den superschick angelegten Vorgarten und den Hochdruckreiniger, der in keinem guten Haushalt fehlen darf, hinter mir lassen und stehe jetzt natürlich total auf diese Ordnung, Struktur und Sauberkeit. Im Herzen bin ich Aalen, deswegen ist das Kapitel auch eine versteckte Liebeserklärung. Man guckt eben immer aus seinem Kinderzimmer in die Welt.

Außerdem sagen Sie in Ihrem Buch: „Der Ehrgeiz hat in Aalen noch keine Filialen eröffnet.“ Ist es demnach für Menschen, die Karriere machen wollen, hinderlich oder wünschenswert, in Aalen zu leben?
Man kann dort ein sehr unbeschwertes Leben führen, was sensationell ist. Ich hatte immer das Gefühl, dass das Leben hier noch in Ordnung ist, was man schon daran merkt, dass ich fast 13 war, bis ich festgestellt habe, dass um unser Land, Baden-Württemberg, noch ein anderes Land ist, nämlich Deutschland. Auf der anderen Seite gibt es, wie in jeder anderen Kleinstadt, bestimmte Dinge einfach nicht. Man kann in Aalen keine Fernsehmoderatorin werden.

Am Erscheinungstag haben Sie bei Facebook gepostet: „Der ultimative Karrieretipp: Hochscheitern!“ Jetzt mal ganz ehrlich, was raten Sie jungen Berufseinsteigern, wenn es mal nicht gut läuft im Job?
Ganz ehrlich, genau das: Hochscheitern! Scheitern ist im ersten Moment immer schmerzhaft und fühlt sich an wie das Gegenteil von Erfolg. Ich glaube, es ist der Weg zum Erfolg, wenn man wirklich etwas will und daran glaubt es erreichen zu können. Aus Fehlern lernt man, man entwickelt sich weiter und oft genug sind sie im Nachhinein wichtig und richtig gewesen. Ich rate allen jungen Menschen keine Angst vor dem Scheitern zu haben. Mutig rein und wenn´s schief geht, dann eben heiter weiter!

In verschiedensten TV-Sendungen und auf Veranstaltungen wie den Berliner Filmfestspielen moderieren Sie live, Sie sind regelmäßig zu Gast in Talk-Shows – haben Sie Lampenfieber? Wie gehen Sie damit um?
Nein, Lampenfieber habe ich nicht mehr wirklich. Früher, als Fernsehen und Bühne neu für mich waren, hatte ich Lampenfieber. Vor meinem ersten Fernsehauftritt, bei „tv total“ war ich sehr aufgeregt. Ständig stand jemand von der Show neben mir und sagte: „Noch drei Minuten…noch zwei Minuten…noch 15 Sekunden“, sehr zackig und leicht panisch. Es klang so, als wäre es der Countdown für den Weltuntergang, mein persönlicher Weltuntergang. Aber man lernt damit umzugehen und heute ist es kein Lampenfieber mehr, sondern einfach eine positive Spannung, die es braucht, um konzentriert und auf den Punkt da zu sein.

In Ihren Sendungen „Bauerfeind“ und „Bauerfeind assistiert…“ haben Sie viele interessante Persönlichkeiten interviewt. Wer hat Sie am meisten beeindruckt? Warum?
Michael Gorbatschow war toll. Ich hab ihm zum Einstieg unseres Gesprächs gestanden, dass ich Geschichte-Leistungskurs hatte und das Abitur quasi nur aus Fragen zu ihm bestand, ich aber nur neun Punkte hatte, was mir zum ersten Mal echt unangenehm war, als ich so vor ihm stand. Und er: Sehen Sie, Mädchen, da sag noch mal einer, dass man das was man in der Schule lernt später nicht braucht. Ziemlich spannend war auch das Interview mit Noel Gallagher in der Garderobe von Liam Gallagher von Oasis. Die beiden haben ja ein eher schwieriges Verhältnis. Auf die Frage, ob es denn gar nichts gebe, was er an seinem Bruder mag, antwortete Noel: „Doch, seine Haare sind manchmal ganz gut.“ Und alle zwei Minuten klopfte ein anderer Manager und sagte: Wenn der Liam euch hier sieht, gibt´s auf die Fresse. Herrlich!

Auf der Verlagswebsite steht über Sie als Autorin: „Katrin Bauerfeind, geboren in Aalen, Sternzeichen Schwäbin…“ Für welche Eigenschaften steht dieses Sternzeichen denn?
Für eine gewisse Ordnung. Ich bin dagegen, dass man die Hauswände anderer Leute anmalt oder deren Fahrräder klaut, was in Köln in etwa so selbstverständlich ist wie Einkaufen zu gehen.

In Aalen hatten die Römer ihr größtes Reiterkastell nördlich der Alpen und auch die Ursprünge Ihres jetzigen Wohnortes Köln gehen auf die Römer zurück. Angenommen Sie wären eine wohlhabende Römerin – welches Motiv wäre auf dem Fußbodenmosaik in der Eingangshalle Ihrer Villa dargestellt?
Ich denke ein Hochdruckreiniger, der mich daran erinnert, dass ich dringend mal wieder sauber machen sollte.

Aus S-taff 2.2014 – www.s-taff.com

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