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Interview mit Heinz Brandt und Uwe Seeler

Zwei Männer. Zwei Hamburger, die was zu sagen haben. Der eine ist Jurist und Manager der Hamburger Hafen und Logistik AG, der andere ist einer der begnadetsten Fußballer, die Deutschland je hervorgebracht hat. Beruflich verbindet sie nur auf den ersten Blick wenig. Denn Heinz Brandt und „uns Uwe“ Seeler haben eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Beide haben mit dem Speditionsgewerbe zu tun. Uwe Seeler hat dort seine Ausbildung absolviert. Beide sind im November in Norddeutschland geboren. Heinz Brandt 1954, Uwe Seeler 1936. Beide haben ausschließlich Töchter als Nachwuchs. Heinz Brandt zwei, Uwe Seeler deren drei. Beide kann man regelmäßig im Stadion antreffen, wenn der HSV dort den Ball laufen lässt. Mit beiden sprach Peter Neumann über Hamburg und die Welt, über die gute alte Zeit des Fußballs, über Karrieren, Brüche und Neuanfänge. Aus karriere.report 2.09

Uwe Seeler, Foto: Seeler

Uwe Seeler gehörte in den 1950er bis 70er Jahren zu den besten Fußballstürmern der Welt. Er nahm an den Weltmeisterschaften 1958, 1962, 1966 und 1970 teil, trug 72 Mal das Trikot des DFB und erzielte als Nationalspieler 43 Tore. Mit dem HSV wurde er 1960 Deutscher Meister; 1963 DFB-Pokalsieger sowie Torschützenkönig der Bundesliga (30 Tore in 30 Spielen). Er ist nicht nur wegen seiner sportlichen Leistungen, sondern auch wegen seines fairen Verhaltens und ehrenamtlichen Engagements sehr beliebt. Beispiele hierfür sind die Uwe Seeler Stiftung www.uwe-seeler-stiftung.de und die Uwe Seeler Traditionself www.uwe-seeler.de.

Wenn Sie Hamburg charakterisieren sollten – welche drei Eigenschaften fallen Ihnen spontan ein?
Brandt: Weltoffen, lebenswert, tolerant.
Seeler: Die wunderschönste Stadt, die es überhaupt gibt. Eine unheimlich grüne Stadt. Eine Stadt mit viel Flair.

Was schätzen Sie an den Menschen in Hamburg besonders?
Brandt: Hanseatische Zurückhaltung und hintergründigen Humor.
Seeler: Sie sind tüchtig und stapeln eher tief. Selbst die großen Geschäftsleute bleiben bodenständig.

Welcher Menschenschlag hat gute Karten, sich hier zurechtzufinden?
Brandt: Für Neues offene Menschen.
Seeler: Menschen, die sich anpassen können und ein bisschen Geduld haben. Denn es dauert ein wenig, bis man das Vertrauen eines Hamburgers gewinnt, aber dann hat man ihn als ehrlichen und guten Freund.

Wo schlägt für Sie das Herz von Hamburg?
Brandt: Im Hafen.
Seeler: Mitten in der Stadt, rund um die Alster und im Hafen. Ich mache jedes Jahr eine Fleetenfahrt und entdecke immer etwas Neues.

Wo kann man das internationale Flair der Stadt am intensivsten spüren?
Brandt: Rund um die Binnenalster.
Seeler: Da, wo auch das Herz schlägt.

Ganz allgemein betrachtet: Was macht Hamburg attraktiv?
Brandt: Das vielfältige kulturelle Angebot und das Zusammenspiel von Dienstleistung und Industrie.
Seeler: Die Schönheit der Stadt und die Vielseitigkeit. Hamburg ist eine Metropole mit entsprechendem Kultur- und Bildungsangebot, aber ohne die Nachteile anderer Metropolen – in Hamburg sind Mieten und Immobilienpreise noch erschwinglich, die Kriminalität ist im Vergleich zu anderen Großstädten gottlob gering. Und für auswärtige Gäste ist natürlich die Reeperbahn eine Attraktion.

Heinz Brandt, Foto: Brandt

Seit 1. Januar 2009 ist Heinz Brandt im Vorstand der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Sein Weg dorthin führt über viele Stationen: Nach der Hauptschule absolvierte er eine Ausbildung zum Koch. Kurze Zeit danach ging er für vier Jahre zur Bundesmarine und qualifizierte sich dort zum Minentaucher. Im Anschluss daran erlangte er das Abitur auf dem 2. Bildungsweg und studierte Jura in Köln, Münster und Hamburg. Heute liegen die Personal- und Sozialpolitik der HHLA sowie die Ressorts Recht/Versicherungen und Einkauf/Materialwirtschaft in seiner Verantwortung. Im April 2009 hat er zudem die Funktion des Arbeitsdirektors übernommen.

Und das sprichwörtliche Hamburger Wetter kann die Attraktivität nicht beeinträchtigen?
Brandt: In keinster Weise.
Seeler: Ich glaube nicht. Wir hatten in den letzten zwei Jahren weniger Regen als der Süden Deutschlands. Und schauen Sie jetzt mal zum Fenster raus – die Sonne scheint.

Sie bekommen Besuch von jemandem, der Hamburg noch gar nicht kennt. Was zeigen Sie?
Brandt: Die Landungsbrücken, das Rathaus und die Außenalster.
Seeler: Die Innenstadt, die Alster, den Hafen und die Speicherstadt.

Wie lange hat Ihre längste Abwesenheit von Hamburg gedauert, und was haben Sie besonders vermisst?
Brandt: Seitdem ich hier arbeite, war ich nie länger als drei Wochen weg und ausschließlich aus privaten Gründen. Was ich vermisst habe? (antwortet ohne Zögern) Das Hafenflair.
Seeler: Sechs Wochen während der Fußballweltmeisterschaft in Mexiko. Vermisst habe ich dort die kühle frische Luft meiner Heimatstadt.

Welche Hamburger Persönlichkeit außerhalb der Wirtschaft macht auf Sie am meisten Eindruck?
Brandt: Bei diesem Thema kommt man an Helmut Schmidt nicht vorbei.
Seeler: Ja klar, Helmut Schmidt.

Ist Hamburg ein guter Ort, um eine erfolgreiche berufliche Karriere zu beginnen?
Brandt: Absolut. Aufgrund der großen Vielfalt an Branchen und damit der Vielfalt an unterschiedlichen Typen, die hier Arbeit finden können.
Seeler: Ja. Wer intelligent und ideenreich ist, kann hier gut eine Existenz aufbauen.

Womit würden Sie einen jungen Menschen, der ins Berufsleben startet, überzeugen, dass er nach Hamburg ziehen soll?
Brandt: Mit der hohen Lebensqualität und der ganzen Dynamik und Quirligkeit dieser Stadt.
Seeler: Ich fahre mit ihm einmal durch die Innenstadt und an der Alster entlang, dann ist er schon überzeugt.

Herr Seeler, Herr Brandt, Sie haben ja beide einen Bezug zur Logistik. Herr Seeler hat eine Ausbildung in diesem Beruf absolviert, Herr Brandt ist seit vielen Jahren als Manager in dem Bereich tätig. Welche Bedeutung hat diese Branche für die Hansestadt Hamburg?
Brandt: Logistik hat eine ganz wesentliche Bedeutung. Das ergibt sich schon aus diesem Slogan ‚Tor zur Welt’. Etwa 160.000 Menschen finden hier in der Logistik ihre Arbeit. Und diese Branche wird auch in Zukunft eine große Rolle spielen. Sicher ist, dass sie nicht an Bedeutung verlieren wird. Also weiterhin eine gute Einstiegsmöglichkeit für karrierebewusste Menschen.
Seeler: Logistik ist unerlässlich für erfolgreiches Wirtschaften.

Herr Seeler, Sie gelten ja als bodenständiger Familienmensch. Wie wichtig war und ist für Ihren beruflichen Erfolg ein harmonisches Zusammenleben mit Ihrer Familie?
Seeler: Für mich war das immer lebensnotwendig, weil ich Beruf und Leistungssport lange parallel betrieben habe.

Herr Seeler: Sie waren oft unterwegs und haben auf dem Spielfeld gestanden. Was hat Ihre Frau in der Zeit gemacht? Hat sie Sie von der Tribüne aus angefeuert?
Seeler: Meine Frau war selbst sportbegeistert und immer dabei.

Wie ist das eigentlich, wenn Sie die Gepflogenheiten im Fußball zu Ihrer Zeit mit heute vergleichen?
Seeler: Die sind nicht zu vergleichen. Meine Zeit war wunderschön. Im Zeichen der Globalisierung ist Fußball heute ein Geschäft geworden.

Was empfinden Sie, wenn Sie zum Beispiel von Ablösesummen und Gehältern im dreistelligen Millionenbereich hören?
Seeler: Da sind die Relationen verloren gegangen. Wenn man gierig wird, läuft man gegen die Wand. Das haben wir gerade beim Finanzcrash gesehen.

Und was sagen Sie zum Thema Nachwuchs? Sind schon die Nachwuchskicker nur auf Geld aus oder haben die noch echten Sportsgeist?
Seeler: Die haben schon noch echten Sportsgeist. Ich sage den jungen Leuten immer, dass sie erst eine gute Schulbildung und Ausbildung anstreben sollen.

Mit welchem Gehalt haben Sie damals beim HSV angefangen?
Seeler: Erst bekam ich 320 DM Aufwandsentschädigung und dann mit Beginn der Bundesliga – und mit Genehmigung des DFB – 1250 DM brutto.

Herr Brandt: Findet man Sie auch ab und zu im Stadion des HSV?
Brandt: Ja, ab und zu.

Und wo? Stehplatz oder VIP-Lounge?
Brandt: Weder noch, ich nehme ein ganz normales Sitzplatzticket. Und ich bevorzuge auch die Bratwurst und nicht das Büffet.

Herr Brandt, wie sieht das bei Ihnen aus? Sie haben einen recht stressigen Job – können Sie sich Ihrer Familie ausreichend widmen? Gelingt Ihnen überhaupt der Trennungsstrich zwischen Beruf und Privatem?
Brandt: Ja, das gelingt mir gut und ich achte auch sehr darauf, um wirklich abschalten zu können. Damit ich nicht Dinge, die mich im Beruf beschäftigen, mit ins Privatleben schleppe und eventuell sogar an der Familie abarbeite. Also, wenn ich mein Haus betrete, bleibt der Beruf meistens draußen. Andernfalls hätte ich nicht die Chance aufzutanken. Diese Fähigkeit muss man natürlich trainieren. Umgekehrt habe ich auch am Arbeitsplatz meinen Privatbereich weggeschaltet.

Herr Brandt, Sie haben viele Berufe ausgeübt, bevor Sie zur Logistik kamen. Als Koch und Minentaucher haben Sie Ihr erstes Geld verdient. Wie bewerten Sie heute Lebensläufe mit Brüchen von jungen Absolventen, die sich bei Ihnen bewerben?
Brandt: Die finde ich nicht nur wegen meiner eigenen Vergangenheit positiv. Ich glaube, dass unterschiedliche Lebenserfahrungen aus unterschiedlichen Zusammenhängen nutzen, um sich auch in Führungspositionen auf verschiedene Menschen einstellen und deren Sichtweisen besser verstehen zu können.

Treiben Sie auch Sport?
Brandt: Ich gehe ins Fitness-Studio, ich jogge und ich spiele Tennis.

Was würden Sie sportpolitisch in Hamburg durchsetzen, wenn Sie könnten?
Brandt: Dafür sorgen, dass Hamburg wieder in die Erste Liga des Tennis aufsteigt, also die Top Ten der ATP-Turniere. Der Rothenbaum muss wieder aufgewertet werden.

Welchen Hamburger Sportler bewundern Sie und warum?
Brandt: Es ist mir fast peinlich, aber ein anderer als Uwe Seeler fällt mir dazu nicht ein. Weil er immer geradlinig für den Fußball und seinen Verein unterwegs war.

Herr Brandt, Herr Seeler, die neue Hafencity ist ja sicher ein Gewinn für die Stadt. Nur stehen zahlreiche Büros leer. Das Bezirksamt Mitte will jetzt die Lücken füllen – und hohe Mieten zahlen. Was halten Sie von der Idee?
Brandt: Ein weiteres Beispiel: Staat ersetzt Markt. Ich halte die Idee nicht für gut.
Seeler: Die Hafencity finde ich toll. Aber die Idee der Verwaltung nicht. Da sollte man besser planen.

Wenn Sie beruflich in Hamburg noch mal ganz von vorn anfangen müssten – was würden Sie machen?
Brandt: Ich würde in die Meeresforschung gehen, das ist ein Jugendtraum.
Seeler: Als ich jung war, wollte ich Schiffsmakler werden. Leider habe ich keine Lehrstelle gefunden. Das würde ich dann noch einmal versuchen.

Vervollständigen Sie zum Abschluss bitte diesen Satz für uns: Hamburg ohne Hafen und Elbe ist …
Brandt: … wie Fisch ohne Wasser.
Seeler: … nur die Hälfte wert.

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