Smart Farming – Landmaschinen der Zukunft

Foto: Claas
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Als Henning Deeken mit seinem Studium Cognitive Science begann, ahnte er noch nicht, dass er einmal mit großen Robotern für die Landwirtschaft arbeiten würde. Er ist nun bei Claas E-Systems in der Abteilung Advanced Engineering in der Vorentwicklungsabteilung für neue Smart-Farming- Lösungen tätig.

Vor meinem Einstieg bei Claas war mir die Landwirtschaft durch Urlaube auf dem Bauernhof zwar nicht fremd, aber inhaltlich lerne ich die Branche jetzt erst so richtig kennen. Ich habe an der Universität Osnabrück Informatik mit Schwerpunkt auf Robotik studiert und meine Abschlüsse in Cognitive Science gemacht. Im Masterstudium habe ich mich mit 3-D-Umgebungswahrnehmungen sowie Systemen zur Handlungsplanung für mobile Roboter beschäftigt.

Heute arbeite ich bei Claas, einem der weltweit führenden Hersteller von Agrartechnik, in der Vorentwicklungsabteilung für neue Smart-Farming- Lösungen – derzeit an einem vom BMBF-geförderten Forschungsprojekt, das sich mit der Planung und Steuerung von Erntekampagnen, insbesondere für die Silomaisernte, auseinandersetzt. Wir digitalisieren und optimieren die Arbeitsabläufe des Ernteprozesses und der Transportlogistik von Feld zu Hof und arbeiten dabei mit Techniken aus der künstlichen Intelligenz, sodass die Maschinen selbst über den Ernteprozess „nachdenken“ können. Ebenso spielen verteilte Netzwerksysteme und direkte Ende-zu- Ende-Kommunikation zwischen den Maschinen eine Rolle, da viele Ernteeinsätze in Regionen durchgeführt werden, in denen ein durchgängiges Mobilfunknetz zur Kommunikation mit der Cloud nicht möglich ist.

Visionen für die Landwirtschaft

Smart Farming ist ein Schlagwort für die zunehmende Digitalisierung der Landwirtschaft und Landtechnik, also der immer stärker werdende Einfluss von Informations- und Kommunikationstechnologie in bereits existierende landwirtschaftliche Verfahren und Landmaschinen als auch in Visionen für die Landwirtschaft der Zukunft. Es geht bei Smart Farming um das Erfassen und Nutzbarmachen von Daten in der Landwirtschaft, zum Beispiel bei der Automatisierung von Arbeitsabläufen, oder um die Erleichterung von betriebswirtschaftlichen Entscheidungen sowie die digitalisierte Dokumentation und Abrechnung landwirtschaftlicher Arbeit durch den Einsatz von technischen Systemen.

Linktipp: Smart Farming

Plattform des Deutschen Landwirtschaftsverlags für Smart-Farming-Anwendungen: www.smart-farming.de

Lesetipp: Studie

Studie von PwC: Quo vadis, agricola? Smart Farming: Nachhaltigkeit und Effizienz duch den Einsatz digitaler Technologien.
www.pwc.de

ie Ausbringung von Düngemitteln mit selbstlenkenden, GPS-gesteuerten Traktoren und Spritzen, die fein gesteuert werden können, so dass man auf den Quadratmeter genau die ausgebrachte Menge nach Bedarf steuern kann, nennt man Precision Farming. In Zukunft wird es vermutlich immer mehr autonom agierende Landmaschinen und Agrarroboter geben, und der Landwirt wird immer mehr vom Computer oder Smartphone aus die verschiedenen Systeme als Koordinator steuern – und genau dabei unterstütze ich.

Derzeit arbeite ich an meiner Dissertation. Sie beschäftigt sich mit der Verknüpfung maschinenlesbarer Wissensrepräsentationen und Geoinformationssystemen zum Aufbau von digitalen Datenmodellen, die konzeptuelle semantische Informationen über die Landmaschine und ihre Umgebung mit räumlichen Informationen über ebendiese vereinen. So entstehen Datenbanksysteme für den Aufbau von Planungs- und Steuerungssystemen zum Beispiel für Ernteprozesse.

Robotik für Landmaschinen

Die fachlichen Abläufe und technischen Details der Landtechnik lerne ich „on the job“. Zudem war ich direkt nach meinem Berufseinstieg auf diversen Fachtagungen und dem Jahrestreffen der Gesellschaft für Informatik in der Landwirtschaft. Dort bekommt man schnell einen Überblick über die Branche und ihre spannenden Themen. Als „Quereinsteiger“ macht man sich von der Größe und Auswahl an Landmaschinen keine wirkliche Vorstellung – das muss man selber sehen.

Zur Anstellung bei der Claas E-Systems bin ich über meinen Professor gekommen. Er wies mich auf eine ausgeschriebene Stelle für Doktoranden hin. Meine erste Reaktion war eher skeptisch, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass ich die Themen, die ich in der Robotik wissenschaftlich interessant finde, auch bei einem Landmaschinenhersteller verfolgen kann. Was den hohen Grad der Technisierung in der Landtechnik angeht, habe ich mich gründlich verschätzt: Die Fragestellungen, die mich und meine Kollegen rund um die Landmaschine der Zukunft beschäftigen, sind genau die, die auch für die Forschung in der Informatik spannend sind.

Die Einsatzbereiche für Ingenieure im Umfeld von Smart Farming sind sehr vielfältig. In unserer Abteilung arbeiten Agrarwissenschaftler, Maschinenbauer, Physiker und Informatiker mit Schwerpunkten in Netzwerktechnik, Big Data und Data Science sowie Robotik. Hinzu kommen Elektrotechniker, Mechatroniker und Wirtschaftsingenieure. Hochgradig interdisziplinäre Teams sind wichtig, um die vielseitigen Themen im Smart Farming zu behandeln.

Was ist Cognitive Science?

Dieser interdisziplinäre Studiengang der Universität Osnabrück verknüpft Disziplinen wie Kognitive Psychologie, Neurobiologie, Neuroinformatik, Künstliche Intelligenz und Philosophie mit Mathematik und Informatik als methodische Grundlagenwissenschaften. Die Kognitionswissenschaft erforscht kognitive Fähigkeiten wie Wahrnehmen, Denken, Planen, Lernen, Sprechen und Handeln und transferiert die gewonnenen Erkenntnisse auf technische Systeme.