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„Mit Blick aufs große Ganze“

Als Astronaut startete Ron Garan zwei Mal zur internationalen Raumstation ISS. Mehr als 27 Stunden verbrachte er dort bei Außenbordeinsätzen im Weltraum. Mit auf die Erde gebracht hat der 53-jährige Managementcoach sein Konzept der Orbit-Perspektive. Sein Gedanke: Wer technische Herausforderungen von oben und langfristig betrachtet, findet die besseren Lösungen. Von André Boße

Zur Person

Ron Garan, geboren am 30. Juni 1961 bei New York, hat einen Bachelorabschluss in Ökonomie und absolvierte seinen Master in Luft- und Raumfahrttechnik. Er ist zudem ausgebildeter Pilot der US-Air-Force und wurde 2000 als Astronaut ausgewählt. Sein erster Raumflug führte ihn 2008 zur internationalen Raumstation ISS. 2011 verbrachte er als Bordingenieur mehr als fünf Monate auf der Station. Nach seiner Rückkehr auf die Erde entwickelte er sein Konzept der Orbit-Perspektive. Er berät auch in Deutschland große Unternehmen und tritt dort als Coach und Dozent auf. Derzeit arbeitet der Vater von drei Kindern an seinem ersten Buch „The Orbital Perspective: Lessons in Seeing the Big Picture from a Journey of 71 Million Miles“, das im Februar 2015 zunächst auf Englisch erscheinen wird. www.rongaran.com

Mr. Garan, was verstehen Sie unter der Orbit-Perspektive?
Wenn Sie im Wörterbuch den Begriff Perspektive nachschlagen, finden Sie zwei Definitionen. Die erste beschreibt die Möglichkeit, ein dreidimensionales Objekt auf einer zweidimensionalen Oberfläche zu zeichnen. Das lernt man im Kunstunterricht. Die zweite Definition beschreibt einen bestimmten Punkt, von dem aus man auf ein Objekt blickt. Die Orbit-Perspektive bringt beide Definitionen zusammen. Bis vor Kurzem spielte sich unser Leben auf einer zweidimensionalen Fläche ab. Natürlich wissen wir, dass die Erde rund ist. Aber wir gehen weiterhin mit der Erde und der Umwelt um, als sei sie flach. Wir kümmern uns zu wenig um nachhaltige Aspekte und versuchen, die komplexen Entwicklungen auf der Erde anhand von Grafiken oder Tabellen zu analysieren. In der Orbit-Perspektive schwenken wir unseren Blick zurück. Nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich. Wir machen uns ein dreidimensionales Bild vom großen Ganzen und blicken dabei auch auf die Langzeiteffekte.

Haben Sie ein konkretes Beispiel für dieses Vorgehen?
Wenn Sie Tageszeitungen studieren, werden Sie beinahe täglich von schweren Autounfällen lesen. Sie erhalten damit ein zweidimensionales Bild vom Risiko des Autofahrens und ziehen den Schluss: Wer in ein Auto steigt, begibt sich in Gefahr – das war immer so und wird auch so bleiben. Die Sache ändert sich jedoch, wenn wir die Orbit-Perspektive einnehmen. Wir entfernen uns dann von diesen lokalen Ereignissen und schauen auf das große Bild. Hier sehen wir, dass es heute aussichtsreiche Versuche gibt, die „Vision “ zu realisieren – also die Vision von null Verkehrstoten. Das ist ein großes Ziel, keine Frage. Wir sehen aber auch die Fortschritte auf dem Weg hin zu dieser Vision. Wir entdecken Fahrerassistenzsysteme, die den Fahrer schützen. Fahrzeuge, die miteinander kommunizieren und sich vor Gefahren warnen. Autos, die autonom fahren und den Risikofaktor Mensch entschärfen. Wenn sie all dies aus der Orbit-Perspektive betrachten, erscheint dann die „Vision “ nicht machbar?

Schon – aber wie kann die Orbit-Perspektive helfen, diese Vision konkret umzusetzen?
Ein zweidimensional denkendes Unternehmen aus der Auto- oder IT-Industrie wird sich sagen: Wir entwickeln unsere eigenen Systeme und hoffen, dass die Kunden unsere neue Technik nachfragen. Unternehmen, die aus der Orbit-Perspektive heraus handeln, tun etwas anderes. Sie schließen Allianzen, weil sie wissen, dass sich technische Entwicklungen viel schneller mit interdisziplinären Kooperationen realisieren lassen.

Warum lohnt es sich für einen jungen Ingenieur, in seinem Unternehmen für diese Allianzen zu werben?
Weil heute folgende Regel gilt: „Wenn ich verliere, heißt das noch lange nicht, dass du gewinnst.“ Wir stehen heute eben nicht mehr auf dem Marktplatz, verkaufen Äpfel und können davon ausgehen, dass ein Kunde, der nicht zum Nachbarstand geht, automatisch zu uns kommen wird. Die Sache ist heute komplizierter. Wesentlich klüger ist es daher für Unternehmen, technische Allianzen zu schmieden, damit neue Märkte entstehen. Die ISS ist ein gutes Beispiel für solche Kooperationen: Sie ist eine Win-win-Situation, nämlich das Resultat der Zusammenarbeit von Ländern, die sich lange als Konkurrenten verstanden. Keine Nation hätte alleine eine solche Station aufbauen können. Die Orbit-Perspektive zeigt: Wer dreidimensional denkt, macht Dinge möglich, von denen man in Zweidimensionalität nur träumen kann.

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