Logistik? Logisch!

Foto: Fotolia/Rico K.
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Für ihr duales Studium wählte Yvonne-Vanessa Schmidt einen spannenden Logistik-Standort: den Hamburger Hafen. Sie berichtet von ihren Aufgaben als Wirtschaftsingenieurin inmitten der weltweiten Containerverschiffung.

Zur Person

Yvonne-Vanessa Schmidt, Foto: HHLA
Yvonne-Vanessa Schmidt, Foto: HHLA

Yvonne-Vanessa Schmidt, Duales Studium Wirtschaftsingenieurwesen an der Nordakademie Elmshorn, Projektkoordinatorin in einem Technikbereich der Hamburger Hafen und Logistik AG

Wen packt bei den Gedanken an Schiffen aus fernen Ländern nicht die Abenteuerlust? Große Containerbrücken be- und entladen Schiffe, Flurförderzeuge transportieren Container weiter zu den Lagerflächen, und gleich nebenan schlägt ein Schiffkran Schwergut um. Fasziniert durch dieses Zusammenspiel von Technik und Logistik entstand zum Ende meiner Schulzeit die Idee, einen beruflichen Werdegang im Hafen anzustreben. Die Hamburger Hafen und Logistik AG (kurz HHLA) bot dazu passenderweise ein duales Studium zum Wirtschaftsingenieur in Kooperation mit der Nordakademie, einer Fachhochschule in Elmshorn, an. Und so begann mein Abenteuer im Hamburger Hafen.

Das duale Studium war unterteilt in betriebliche Praktika und Präsenzphasen an der Fachhochschule von einer Dauer von jeweils etwa drei Monaten. So konnte ich in den vier Jahren des Studiums die unterschiedlichsten Geschäftsbereiche und Aufgabenfelder der HHLA kennenlernen und gleichzeitig das an der Fachhochschule erworbene Wissen anwenden. Zu den Highlights zählte das Praktikum in einem Bereich, der sich mit der Zeichnungsprüfung und Bauüberwachung von Containerbrücken beschäftigt. Diese Phase beinhaltete auch einen zweimonatigen Aufenthalt bei einem Containerbrückenhersteller in China. Ich fand es faszinierend, den Baufortschritt täglich live mitzuerleben und zu sehen, wie eine Containerbrücke langsam entsteht.

Aber auch in die logistischen Abläufe auf einem Containerterminal habe ich einen Einblick gewonnen. Ein Beispiel war die Ausarbeitung eines Modells, das den Zulauf von Containern auf ein Terminal im Hinblick auf ein spezielles Containerschiff zeitlich simulieren soll. Dies hat mir die Komplexität der logistischen Transportkette nochmals verdeutlicht. Die Container müssen rechtzeitig auf dem Terminal angeliefert und gelagert werden, damit sie Just-in-Time mit den Flurförderzeugen zu den Containerbrücken für die Verladung auf das Schiff transportiert werden können. Das erfordert eine hohe organisatorische Präzision, gut durchdachte und effiziente IT-Prozesse sowie Transportmittel mit einer hohen Verfügbarkeit. Diese Eindrücke helfen mir auch heute noch, die Schnittstellen zwischen Logistik und Technik besser zu verstehen und auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Bereiche eingehen zu können.

„Ich blicke immer noch jedem Schiff, das den Hamburger Hafen verlässt, fasziniert hinterher.“

Nach dem Studium habe ich als Projektkoordinatorin in einem Technikbereich der HHLA, der sich um die Neubeschaffung von Hebezeugen und deren Zubehör kümmert, angefangen. Das Aufgabengebiet ist dabei sehr vielfältig und vereint unterschiedlichste Fachdisziplinen. Es reicht von der Spezifizierung der Hebezeuge über die technische Angebotsauswertung und die Realisierungsphase, die von Abstimmungen mit den Herstellern und der Termin- und Qualitätsverfolgung geprägt ist, bis zu den Abnahmeprüfungen und zuletzt der eigentlichen Abnahme des Gerätes. Besonders reizvoll für mich ist dabei die Möglichkeit, die Projekte über die komplette Entstehungsphase bis hin zur Übernahme des Gerätes in den operativen Betrieb zu begleiten.

Ich kann mich noch sehr gut an eines meiner ersten Projekte erinnern, das ich von der Aufnahme der betrieblichen Anforderungen bis zur Abnahme auf Auftraggeberseite koordinieren durfte. Es handelte sich dabei um die Neubeschaffung von drei Containerbrücken. Mit einem gewissen Stolz blicke ich noch auf den Tag zurück, als nach vielen Diskussionen mit dem Hersteller, innerbetrieblichen Abstimmungen und einer unendlich erscheinenden Phase, in der diverse mechanische und elektrische Tests stattfanden, die ersten Container mit ihr umgeschlagen worden sind. Wow, das haben wir tatsächlich als Team gemeinsam mit dem Hersteller geschafft!

Neben den ganzen projektbezogenen Aufgaben ist der Projektkoordinator auch die Schnittstelle zwischen den Herstellern und dem Betrieb. Bei Problemen ist man der Ansprechpartner für beide Seiten. Änderungswünsche, die häufig noch während der Realisierungsphase vom Betrieb geäußert werden, müssen dem Hersteller verständlich erklärt werden, so dass er sie realisieren kann. Und will der Hersteller von der Spezifikation abweichen, muss dies ebenso mit dem Betrieb geklärt werden. Hier ist die Fähigkeit gefragt, Probleme auf unterschiedliche Weise beschreiben zu können, aber auch das Vermitteln zwischen unterschiedlichen Ansichten und nicht zuletzt der Faktor Mensch. Für mich war daher die interdisziplinäre Bandbreite des Wirtschaftsingenieurstudiums gepaart mit den vielen Praxiseinsätzen eine gute Vorbereitung für diese Tätigkeit.

Langweilig wurde es mir in meinen mittlerweile mehr als zehn Berufsjahren in der Position als Projektkoordinatorin nie. Jeden Tag warten neue, spannende und abwechslungsreiche Herausforderungen. Und so blicke ich immer noch jedem Schiff, das den Hamburger Hafen verlässt, fasziniert hinterher. Vielleicht transportiert es ja einen Container nach Fernost, welcher von einer der drei Containerbrücken verladen wurde?