Ein Beitrag zum Klimaschutz und zur Energiewende

Oliver Keitsch, Foto: Audi AG
Oliver Keitsch, Foto: Audi AG

Nachhaltigkeit ist ihm ein großes Anliegen. Maschinenbauingenieur Oliver Keitsch berichtet über seine Arbeit in der Brennstoffzellenentwicklung bei der Audi AG.

Schon als Kind habe ich stundenlang mit meinem Vater Fahrwerkteile montiert und fieberhaft Formel-1-Rennen verfolgt – beides hat mich geprägt. Denn mit einem Ingenieur als Vater und meiner großen Begeisterung für Technik fiel die Wahl nach dem Abitur relativ schnell auf den Studiengang Maschinenbau an der Universität Stuttgart. Während meines Studiums bekam ich im Praktikum bei Porsche und als Werkstudent bei Bosch erste Einblicke in die Welt der Automobilindustrie. Gleichzeitig wuchs mein Interesse durch eine Vorlesung an der Uni zum Thema Rennmotoren. So habe ich mich dann auch in meiner Abschlussarbeit bei Porsche mit Sportmotoren beschäftigt, explizit mit der sogenannten Trockensumpfschmierung für Höchstleistungsmotoren, die dafür sorgt, dass bei hohen Beschleunigungskräften keine Luftblasen ins Motoröl gelangen.

Nach meinem Abschluss als Diplom-Ingenieur 2015 war für mich klar, dass ich gerne im Motorsport arbeiten möchte – aber wenn, dann Königsklasse. Ich wollte die Möglichkeit haben, viel Neues und Innovatives auszuprobieren. Als ich dann eine Stellenausschreibung von Audi in der Motorenentwicklung für Rennfahrzeuge sah, war das für mich der perfekte Berufseinstieg. Somit durfte ich mich in meinem ersten richtigen Job gleich mit der Entwicklung von Motorkonzepten für das berühmte 24-Stunden-Rennen in Le Mans beschäftigen: ein Traum für jeden Rennsportfan. Das war für mich nicht nur eine sehr lehrreiche Phase, sondern hat mir auch eine Menge Spaß gemacht.

Faszination Brennstoffzelle

Mit der Zeit wollte ich mich dann mehr in der Serienentwicklung engagieren. Also habe ich mich auf dem internen Stellenmarkt auf die Suche nach spannenden Jobs gemacht. In Gesprächen mit Kollegen wurde mir schnell klar: Alles rund um die Brennstoffzelle fasziniert mich. Vereinfacht gesagt wird Wasserstoff in der Brennstoffzelle des Fahrzeugs in Strom umgewandelt, der einen Elektromotor antreibt. Aus dem Auspuff kommt am Ende dann nur Wasserdampf. In diesem Antrieb sehe ich eine Menge Potenzial, der besondere Reiz liegt neben dem Aspekt der Nachhaltigkeit für mich auch in der Komplexität des Themas.

Audi treibt das Thema am Standort Neckarsulm innerhalb des Kompetenzzentrums Brennstoffzelle federführend im Volkswagen-Konzern voran. Denn auch wenn das Prinzip der Brennstoffzelle nicht neu ist, so gibt es noch viel Entwicklungspotenzial. Neben der Elektromobilität ist die Wasserstofftechnologie somit langfristig eine weitere Säule der zukünftigen Antriebstechnologie. Gerade auf der Langstrecke und bei größeren Fahrzeugen wie Last- und Lieferwagen oder Wohnmobilen punktet die Brennstoffzelle mit Emissionsfreiheit, einer großen Reichweite und einer Tankzeit von nur wenigen Minuten.

Die Möglichkeit, an einer solch zukunftsweisenden Antriebstechnologie zu arbeiten und damit einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Energiewende zu leisten, reizt mich enorm.

Ein wichtiger Aspekt war für mich auch die Nachhaltigkeit: Wasserstoff lässt sich aus Überschussstrom aus Wind- und Solarkraftwerken, also aus regenerativen Energiequellen gewinnen und auch langfristig speichern. Damit bietet Wasserstoff nicht nur eine weitere alternative Antriebsform, sondern auch eine mögliche Gesamtlösung als Energieträger. Die Möglichkeit, an einer solch zukunftsweisenden Antriebstechnologie zu arbeiten und damit einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Energiewende zu leisten, reizt mich enorm.

In meinem neuen Job war ich zunächst für die Konstruktion der Tragstruktur zuständig; sie bildet das mechanische Bindeglied zwischen den Teilen der Brennstoffzelle. Die Anforderungen an diese Tätigkeit waren denen aus meiner Zeit im Motorsport sehr ähnlich, was mir den Einstieg in das neue Thema definitiv erleichtert hat. Zudem durfte ich an einer dreimonatigen berufsbegleitenden Weiterbildung in Kooperation mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg teilnehmen. Dort werden Mitarbeiter der Antriebsentwicklung für Brennstoffzellen und deren Systeme qualifiziert. Diese Möglichkeit, sich weiterzubilden, haben viele meiner Kollegen genutzt.

Blaupausen für ganz neue Lösungen

Momentan beschäftige ich mich mit der Konstruktion von Einzelzellen der Brennstoffzelle, speziell mit deren zwei Komponenten Bipolarplatte und Membraneinheit. Mein Ziel ist es, diese möglichst klein, leicht, kostengünstig und leistungsstark zu machen. In meinem Job gibt es viele Schnittstellen zu anderen Geschäftsbereichen im Haus, zum Beispiel zur Produktion, zur Elektrochemie, zur Hochvolt-Elektrik und zur Mechanik. Auch dieser Austausch macht mir extrem viel Spaß.

Das Spannende an der Brennstoffzellentwicklung ist meiner Ansicht nach gleichzeitig die größte Herausforderung: Meine Arbeit ist unglaublich vielseitig. Wir entwickeln auf der einen Seite unsere Bauteile, dürfen aber auch das „Gesamtpaket“ nicht aus dem Auge verlieren. Immer ist eine gute Absprache aller Beteiligten sowie eine genaue Kenntnis des gesamten Fahrzeugs erforderlich. Generell reizt mich an meinem Job, dass es bei der Brennstoffzelle noch viele Möglichkeiten für Neuentwicklungen gibt und ich gemeinsam mit meinen Kollegen ein Stück Zukunft und nachhaltige Mobilität gestalten kann.

Im Gegensatz zur Motorenentwicklung geht es hier nicht darum, etwas lang Bewährtes immer besser zu machen, sondern man hat die Chance, Blaupausen für ganz neue Lösungen zu schaffen. Das ist zwar hin und wieder herausfordernd, macht mir aber wahnsinnig Spaß und treibt mich an. Dies ist einer der Gründe, wieso ich mich schon morgens auf die Arbeit freue. Zwar bastle ich zu Hause mittlerweile eher am Kinderbett als an alten Autos – dafür darf ich beruflich an der Brennstoffzelle und damit an den Autos der Zukunft „schrauben“. Definitiv ein guter Ausgleich.