Das letzte Wort hat: Lasse Rheingans, Geschäftsführer Rheingans Digital Enabler

Lasse Rheingans, Foto: Nils-Hendrik Müller
Lasse Rheingans, Foto: Nils-Hendrik Müller

Lasse Rheingans übernahm im Oktober 2017 eine Digitalagentur in Bielefeld mit rund zehn Mitarbeitern. Einen Monat später führte er den Fünf-Stunden-Tag ein: Arbeiten nur von 8 bis 13 Uhr, bei gleichbleibendem Gehalts- und Urlaubsanspruch. Schon in seiner vorherigen Position hatte Rheingans sich zwei Nachmittage freigenommen, um Hobbys, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Er hat dabei gemerkt: Wenn man konzentriert arbeitet, kann man seine Tagesziele auch bis mittags schaffen. Also wagte er das Experiment mit allen mittlerweile 16 Mitarbeitern seiner Agentur. Die Fragen stellte Sabine Olschner

Wie verlief der Einstieg in den Fünf-Stunden-Tag in Ihrer Agentur?
Ich habe das Team gefragt, was es von der Idee hält. Einige waren überrascht, aber keiner hat Nein gesagt. Also sind wir gemeinsam ins kalte Wasser gesprungen. Wir haben schnell gemerkt, was wir an unseren Prozessen und Arbeitsabläufen ändern müssen, damit es funktioniert. Die Qualität der Ergebnisse für den Kunden durfte natürlich nicht leiden, ebenso wenig die zugesagten Deadlines. Wir erklären unseren Kunden schon beim ersten Kontakt offen, wie wir arbeiten, das ist wichtig für die weitere Zusammenarbeit.

Gab es keinerlei Vorbehalte seitens der Mitarbeiter?
Nach anfänglicher Skepsis hat die Begeisterung schnell überwogen. Die Umstellung war harte Arbeit, wir waren plötzlich einem ganz anderen Druck ausgesetzt als früher. Aber alle haben gemeinsam nach Lösungen gesucht, weil jeder wollte, dass es funktioniert. Wäre das nicht so gewesen, hätten wir den Fünf-Stunden-Tag wieder abgeschafft. Wir sind stolz darauf, dass es bis heute gut klappt.

Was hat sich konkret in Ihrer Agentur verändert?
Jeden Freitag definieren wir gemeinsam mit dem Projektmanagement Wochenziele für die folgende Woche, daraus leiten sich die Tagesziele für jeden Einzelnen ab. Alle arbeiten sehr fokussiert und hoch konzentriert, um diese zu erreichen. Dazu haben wir Räume und Ecken geschaffen, in die sich die Mitarbeiter zurückziehen können, um in Ruhe zu arbeiten oder sich für kurze Absprachen zu treffen. Die Lautstärke im Büro wurde reduziert, manche tragen Kopfhörer für die bessere Konzentration. Handynutzung und Smalltalk wurden weitgehend abgeschafft, Meetings finden immer mit Agenda und Moderator statt, der für Effizienz sorgt. Ein Support-Team nimmt alle Kundenanrufe entgegen und bearbeitet sie weitgehend, sodass die Mitarbeiter nicht aus ihrer Arbeit herausgerissen werden. Einmal am Tag stehen sie dem Support-Team für offene Fragen zur Verfügung. Alles in allem haben wir gemerkt, dass es das Miteinander enorm fördert, wenn alle das gleiche Ziel haben: den Feierabend um 13 Uhr.

Buchtipp

Cover Die 5 Stunden RevolutionLasse Rheingans: Die 5-Stunden-Revolution. Wer Erfolg will, muss Arbeit neu denken. Campus 2019. 24,95 Euro (Werbelink)

Wie wirkt es sich auf das soziale Leben in der Agentur aus, wenn Sie kaum noch Zeit haben, miteinander zu reden?
Das ist in der Tat ein Thema, welches offen in einem unserer Team-Workshops zum Fünf-Stunden Tag angesprochen wurde: Wir brauchen mehr Team-Events, um einen Fünf-Stunden-Tag schaffbar zu machen. Warum? Weil jeder den anderen gut kennen muss, um optimal effizient zusammen arbeiten zu können.

Wie vermeiden Sie, dass es nicht doch zu längeren Arbeitszeiten kommt?
Wenn ein Kollege krank oder im Urlaub ist oder ein Projekt dringend abgeschlossen werden muss, kommt es natürlich auch mal zu Überstunden. Auch wenn jemand sein Wochenziel nicht erreicht, muss er in der nächsten Woche mehr arbeiten. Es kommt aber nie vor, dass jemand länger als acht Stunden am Tag im Büro ist. Und das ist dann ja immer noch kürzer als früher ein herkömmlicher Arbeitstag. Am Ende geht es tatsächlich nicht unbedingt um „harte fünf Stunden“. Sondern um ein Arbeitsumfeld und eine Arbeitskultur, in der optimale Ergebnisse möglich sind. Viele Studien zeigen, dass ein Acht-Stunden Tag nicht unbedingt sinnvoll ist.