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StartConsultingNew Work, Nachhaltigkeit, Purpose - Consulting in der Post-Corona-Zeit

New Work, Nachhaltigkeit, Purpose – Consulting in der Post-Corona-Zeit

Die Branche steht an der Schwelle zur Post-Corona-Beratung – benötigt werden mehr Flexibilität und Ideenvielfalt: Je nach Branche ergeben sich andere Themenschwerpunkte, für alle Segmente nimmt Nachhaltigkeit an Bedeutung zu. Auch die Arbeit in den Beratungsunternehmen wandelt sich: Gefragt sind Konzepte, um Kundennähe mit New Work und Klimaschutz zu vereinbaren. Dieses Update des People’s Business verlangt nach neuen Ansätzen, für die junge Generation ergeben sich dank ihrer Digital-Expertise beste Chancen. Ein Essay von André Boße

Eine der Kernaufgaben der Consultants ist es, die Geschäfte ihrer Kunden krisensicher zu machen, die Unternehmen bei notwendigen Transformationen an die Hand zu nehmen. Corona hat dafür gesorgt, dass die Unternehmensberatungen nun selbst vor der Herausforderung stehen, sich einem einschneidenden Wandel zu stellen. Die Pandemie prägt nicht nur die Themen, mit denen sich die Consultants bei den Unternehmen beschäftigen. Auch stößt sie notwendige Veränderungen der Art und Weise an, wie die Unternehmensberatungen mit ihren Kunden zusammenarbeiten – und wie sie sich als Folge daraus selbst neu zu organisieren haben. Der Branchenverband BDU stellt mit seiner Studienreihe „Facts & Figures zum Beratermarkt“ einmal im Jahr die wichtigsten Zahlen und Entwicklungen zusammen.

Die aktuelle Ausgabe für das Jahr 2021 hat es in sich – und zwar nicht in erster Linie, weil die Branche 2020 zum ersten Mal seit zehn Jahren einen Umsatzrückgang zu beklagen hatte: In ihr gehen die Experten davon aus, dass schon im laufenden Jahr eine Trendumkehr gelingen wird. Deutlich nachhaltiger und prägender werde nach Aussage der Branchenstudie der Wandel sein, der durch die inhaltlichen Folgen der Pandemie angetrieben wird. Zwei Aspekte ragen dabei laut der Studie heraus: Erstens gehe es darum, Kunden dahingehend zu beraten, die Corona-Auswirkungen abzumildern oder sogar gestärkt aus der Pandemie hervorzugehen. Zweitens stehen die Consultants auch selbst vor der Aufgabe, sich einer neuen Dynamik zu stellen – insbesondere mit Blick auf New Work.

Post-Pandemie-Beratung: Restrukturierung, Human Ressources

Die Branchenexperten vom BDU gehen davon aus, dass das Jahr 2021 ab Sommer von „Unterstützungsbedarf bei Restrukturierung und Reorganisation“ geprägt sein wird, heißt es in der Pressemitteilung des Verbands zur Vorstellung der Studie. Spätestens nach Auslaufen der Hilfsprogramme der Bundesregierung für die Wirtschaft werde bei den Kunden der Beratungsbedarf deutlich steigen. Dass die Zeichen 2021 auf notwendigen Restrukturierungen stehen, davon geht auch die Unternehmensberatung Kearney aus: Für die Analyse haben die Consultants einen „Restructuring Score“ entwickelt, der anzeigt, wie groß der Restrukturierungsdruck für Unternehmen ist. Dieser bleibe für viele Akteure hoch, wird Nils Kuhlwein, Partner und Leiter Restrukturierung bei Kearney, in einer Pressemitteilung bei der Vorstellung des Score-Reports zitiert: „Gerade für jene Unternehmen wird 2021 zum Schicksalsjahr werden, die bereits vor Ausbruch der Pandemie in schwierigem Fahrwasser waren und nun unter dieser doppelten Last leiden.“

Gerade für jene Unternehmen wird 2021 zum Schicksalsjahr werden, die bereits vor Ausbruch der Pandemie in schwierigem Fahrwasser waren und nun unter dieser doppelten Last leiden. (Nils Kuhlwein, Kearney)

Während die Staatshilfen in einigen Bereichen die Pandemiefolgen abmildern konnten, stehen einige Branchen weiterhin vor großen Unsicherheiten: „Unsere aktuellen Analysen belegen erneut, dass wir im Reise- und Tourismusbereich vor fundamentalen Umwälzungen stehen, die sich 2021 massiv bemerkbar machen werden“, formuliert es Nils Kuhlwein in der Meldung. „Viele Unternehmen kämpfen schlicht damit, dass ihr Geschäftsmodell obsolet ist und auch nicht mehr in alter Form zurückkommen wird, selbst wenn die Pandemie überwunden sein wird.“ Gefragt sein wird vor diesem Hintergrund das Consulting im Bereich Sanierung: Hier erwartet der BDU ein Wachstumspotenzial in Höhe von 15 Prozent. „Auch in den Beratungsfeldern Reorganisation, Prozessoptimierung, IT-Anwendungen und Infrastruktur oder Changemanagement werden jeweils knapp zehnprozentige Umsatzsteigerungen prognostiziert“, stellt der BDU in der Pressemeldung in Aussicht.

Comeback des Wachstums

Nach Einschätzung der Unternehmensberater wird es laut Studie des Branchenverbands BDU nach dem Umsatzrückgang 2020 schnell eine Rückkehr zu hohen Wachstumsraten in der Beratung für wichtige Kundenbranchen geben. Waren die Umsätze 2020 um 3,2 Prozent gesunken, erwarten die für die Studie befragten Consultants für 2021 ein Plus von 9,0 Prozent. Die höchsten Wachstumsraten erwartet die Branche in den Segmenten Healthcare mit einem Plus von 12,5 Prozent, Chemie/Pharma mit einem Plus von 10,5 Prozent sowie dem Handel mit einem Plus von 10,5 Prozent. Auch im Projektgeschäft mit Kunden aus der Konsumgüterindustrie und dem Maschinenbau gehen die Consultants von zweistelligen Wachstumsraten aus.

Nachhaltigkeit wird Strategiethema

Interessant ist, dass selbst in der Pandemie ein Themenbereich zugelegt hat, der noch vor wenigen Jahren ein Nischendasein pflegte: „Weiterhin haben Firmen das Thema „Nachhaltiges Wirtschaften“ mit Unterstützung von Unternehmensberatern vorangetrieben“, formuliert es der BDU in der Mitteilung, der Umsatzgewinn im Sustainable-Segment wird für 2020 auf 9,5 Prozent beziffert. Dieses Plus ist bemerkenswert: Noch vor einigen Jahren hätte man denken können, dass es sich bei der Nachhaltigkeit eher um ein „Kann-Thema“ handelt, dem sich Unternehmen dann widmen, wenn sie es sich leisten können.

Doch diese Zeiten sind vorbei: Durch steigenden gesellschaftlichen Druck, stärkere Regulierungen der Politik, zum Beispiel seitens der EU mit Maßnahmen wie den Green Deal oder der EU-Taxonomie, und nicht zuletzt einer Finanzwirtschaft, die in großen Schritten Nachhaltigkeit zum „Dealmaker“ macht, hat sich Sustainability zu einem Kernthema wirtschaftlichen Erfolgs entwickelt. Immer mehr Unternehmen wird klar: Wer in Zukunft am Markt bestehen will, muss im Bereich der Nachhaltigkeit eine gute Performance zeigen. Consultants erfüllen die Aufgabe, ihre Kunden dabei zu unterstützen, den Status Quo zu analysieren, Maßnahmen zu erarbeiten, Parameter für die Wirksamkeit zu entwickeln – und nicht zuletzt Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie zu verankern. Dieses weite Panorama der Nachhaltigkeitsberatung ist für den Nachwuchs besonders interessant: Es geht hier sowohl um sehr konkrete Umsetzungen als auch um die „Königsdisziplin“ der Strategieberatung.

New Work: Remote-Arbeit ist das neue Normal

Consulting ist das People’s Business schlechthin: Die Unternehmensberatungen überzeugen durch die Assets ihrer Mitarbeiter*innen. Neben dem Branchen-Know-how sind daher Skills wie Kommunikationsfähigkeit und Empathie zentral. Sie bilden die Basis für das Vertrauen, das die Consultants für die Beratung bei ihren Kunden entwickeln müssen. Wie jedoch ließ sich dieses aufbauen, als persönliche Begegnungen als Folge der Lockdowns nicht oder nur unter Beachtung strenger Hygienekonzepte möglich waren? „Corona hat die Art und Weise der Consultingarbeit im Blitztempo verändert“, stellt der Branchenverband BDU in der Pressemitteilung zur Branchenstudie fest. „Die Ergebnisse zeigen, dass Remote Arbeit bei den Consultants durchschnittlich um 62 Prozent zugenommen hat. Gleichzeitig wurden 64 Prozent weniger interne Präsenzmeetings durchgeführt. Der Anteil von Dienstreisen nahm um 66 Prozent ab.“

Flexibel beim Arbeitsort

90 Prozent der Büroangestellten in Deutschland wollen auch künftig mindestens einen Tag pro Woche remote – etwa von zuhause aus – arbeiten. Das ist ein Kernergebnis einer repräsentative Umfrage, für die Civey im Auftrag von EY Real Estate rund 1.000 Arbeitnehmer befragt hat. Rund die Hälfte der Büroarbeiterinnen und -arbeiter möchte demnach auch mehrmals wöchentlich von zuhause aus tätig werden und 14 Prozent sogar ständig. Dabei unterscheiden sich die Ergebnisse weder beim Geschlecht der Umfrageteilnehmer noch bei der Anzahl der im Haushalt lebenden Kinder. Auch das Alter der Befragten hatte lediglich marginalen Einfluss auf die Zustimmungsraten zur Remote-Tätigkeit. Allerdings nahm die Flexibilität mit zunehmendem Alter ab: Je älter die Studienteilnehmer, desto stärker fiel ihre Tendenz aus, entweder nur im Büro oder aber nur von zuhause ausarbeiten zu wollen. „Die örtliche Flexibilisierung des Arbeitens wird quer durch die Gesellschaft befürwortet. Weder handelt es sich, wie oft angenommen, um eine Modeerscheinung in jüngeren Bevölkerungsgruppen, noch um teils unterstellten Opportunismus“, sagt Anna Schümann, Partner bei EY Real Estate und Autorin der Studie. „Wir erleben gerade einen tiefgreifenden Wandel der Arbeitswelt, der nicht zuletzt dadurch begünstigt wird, dass die Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gleichgerichtet sind.“

Auffällig sei, dass es die großen Unternehmensberatungen sind, die hier besonders große Prozentwerte aufzeigen: Gerade bei den großen Akteuren hat sich die Arbeitsweise also in den vergangenen Monaten verändert. Aber ist dieser Wandel in Richtung New Work stabil – oder beginnt in der Post-Corona-Zeit wieder „business as usual“? Die Studie zeigt, dass wohl ersteres der Fall sein wird: „92 Prozent der Unternehmensberater gehen davon aus, dass die Remote Arbeit auch nach der Pandemie auf hohem Niveau bleiben wird.“ Diese Einschätzung steht im engen Zusammenhang mit dem Thema der Nachhaltigkeit: Eine Unternehmensberatung kann nicht auf der einen Seite beim Kunden für klimaschützende Maßnahmen werben und auf der anderen Seite den Eindruck erwecken, bei einem Thema wie Inlandsflügen keine Sensibilität zu besitzen.

Balance aus persönlichen und virtuellen Kontakten

Auch deshalb hat der Branchenverband BDU bei seinen Grundsätzen zum Thema „Green & CSR“ auf seiner Homepage folgenden Satz formuliert: „Die Mitgliedsunternehmen des BDU sind sich nicht nur ihrer unternehmerischen, sondern auch ihrer ökologischen und sozialen Verantwortung bewusst und stellen sich dieser.“ Im Fokus stehen dabei die CO2-Emissionen: „Denn Mobilität ist dem Projektgeschäft im Consulting inhärent, und Reisen zu Kunden und Projektpartnern werden auch perspektivisch nicht vermeidbar sein.“ Um bei diesem Thema konkreter zu werden, hat der BDU für 2021 eine „Benchmark-Erstellung hinsichtlich des CO2-Footprints im Consulting“ angekündigt. „Dazu sollen mobilitätsbezogene Werte für 2019 und 2020 herangezogen werden. Dadurch können auch die Effekte der Corona Pandemie herausgestellt werden“, heißt es in den Verbands-Grundsätzen zum Thema Nachhaltigkeit.

Gesucht wird also eine Balance aus direkten Kundenkontakten vor Ort und digitalen Formen der Kommunikation – wobei der Nachwuchs hier seine Stärken ausspielen kann: Digital Natives denken beide Interaktionsformen ganz natürlich zusammen, die Brüche zwischen echten und virtuellen Begegnungen werden weniger stark wahrgenommen. Die jüngere Consulting-Generation steht damit vor der Chance, in den Beratungsunternehmen eine neue Form der Kunden-Kontakt-Kultur mitzuprägen, wobei es sich dabei nicht um ein kleines Nebenprojekt handelt: Je stärker die Nachhaltigkeit im Zentrum der Beratung steht desto mehr kommt es darauf an, mit gutem Beispiel voranzugehen. Eine Beratung, der es gelingt, Kundenähe und Empathie auch über virtuelle Kanäle aufzubauen, wird für die Unternehmen automatisch zum Best Practice-Beispiel für das Finden neuer Wege, nahe am Kunden zu sein, ohne dabei einen zu großen CO2-Fußabdruck zu hinterlassen.

Jetzt am Zug: die Generation Z

Auf diese Weise kann die technikaffine Generation Z in den Beratungsunternehmen von den Entwicklungen in der Arbeitswelt infolge der Corona-Krise profitieren. Dies untermauert eine Studie der Wissenschaftler von Oxford Economics in Zusammenarbeit mit dem Technologie- und Social- Media-Unternehmen Snap: Die Untersuchung analysiert, wie sich die Zunahme von digitaler Kommunikation, Remote- Arbeit, E-Commerce und anderen Online-Diensten auf den Arbeitsmarkt auswirkt. Die Prognose der Studie: Bis 2030 werden „drei Viertel der Arbeitsplätze fortgeschrittene digitale Fähigkeiten erfordern“. Als erste Generation, die wirklich mit Technologie aufgewachsen ist, werde die Generation Z „mehr als jede andere Generation in der Lage sein, von diesem wachsenden Bedarf an digitalen Fähigkeiten zu profitieren“, heißt es in der Zusammenfassung der Studie im Rahmen einer Pressemeldung. Drei Eigenschaften der Generation Z seien dabei für den zukünftigen Arbeitsplatz besonders von Vorteil: „Agilität, Kreativität und Neugierde.“ Für das People’s Business der Consultingbranche sind diese drei Skills erst recht von zentraler Bedeutung: Beratungsnachwuchs, der diese Eigenschaften verinnerlicht, steht vor einer guten Zukunft. Trotz – oder gerade wegen der unsicheren Zeiten.

Digitale Mobilität

Die geografischen Grenzen der Arbeitsmärkte waren zuletzt immer durchlässiger geworden, vor allem für Fachkräfte. Die Corona-Krise hat diese Entwicklung laut der von der Managementberatung Boston Consulting Group (BCG), der Online-Jobplattform StepStone und The Networkstark erstellten Studie „Decoding Global“ Talent gebremst. 57 Prozent der Befragten zeigten sich jedoch offen dafür, aus der Ferne für einen Arbeitgeber aus dem Ausland zu arbeiten – das sind sieben Prozentpunkte mehr als bereit sind, umzuziehen. Diese Bereitwilligkeit liegt unter den Befragten aus Deutschland deutlich niedriger – bei 47 Prozent. „Der demografische Wandel steht gerade erst vor der Tür. Während Corona den weltweiten War for Talents massiv verschärft, ist die Pandemie gleichzeitig auch ein Beschleuniger für digitale Mobilität“, sagt StepStone-CEO Dettmers. „Unternehmen bietet sich heute mehr denn je der Zugriff auf die weltweite Workforce.“.

Personalberatung mit Problemen in der Krise

Gab es in den vergangenen Monaten einen Problemfall im Consulting, dann war das die Personalberatung. In Zeiten von Lockdowns und Kontaktbeschränkungen fehlte der Human Ressources-Beratung das wohl wichtigste Tool: Die persönliche Begegnung im Vier-Augen-Gespräch. Entsprechend stellt der BDU-Report „Facts & Figures zum Beratermarkt“ fest, dass dieses Segment für das Jahr 2020 einen Umsatzrückgang von 12,5 Prozent zu beklagen hatte. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Bereich schon bald wieder aufholen wird: Viele Unternehmen haben Personalfragen vertagt, zudem kommen auf die Kunden neue Herausforderungen zu – wobei neue Themen auch nach neuem Personal verlangen.

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