Der Weg zum Facharzttitel

Foto: Fotolia/Guido Vrola
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Die Weiterbildung zum Facharzt ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die berufliche Karriere in der Medizin. Sie ist zwar keine Pflicht – aber eine abgeschlossene Weiterbildung nach den Regeln der ärztlichen Weiterbildungsordnung ist Voraussetzung für viele Positionen in der medizinischen Versorgung. Von Dr. Magdalena Benemann

Ohne Facharztbezeichnung gibt es keine Oberarzt- oder Chefarztstelle, und auch eine Niederlassung in eigener Praxis setzt eine abgeschlossene Weiterbildung, also den Facharzttitel, voraus. Die Wahl des geeigneten Fachgebietes und die Frage danach, wie und wo sich die Weiterbildung im gewünschten Fach auch tatsächlich absolvieren lässt, stehen also zu Recht im Mittelpunkt der Überlegungen vieler Medizinstudenten. Dabei sind die Kriterien für die Wahl eines Fachgebietes sicher vielfältig. Während manche angehenden Ärzte schon beim Beginn des Studiums oder während des Praktischen Jahres ihr Wunschfach kennen beziehungsweise entdecken, zögern andere, sich frühzeitig festzulegen. Wichtigstes Kriterium für die Auswahl eines Fachgebietes sollte vor allem die persönliche Neigung und Empathie sein. Niemand wird als Chirurg später glücklich und erfolgreich, weil er sich am hohen Prestige oder Einkommen orientiert hat. Hier gilt es, in sich hineinzuhorchen und ehrlich mit sich, seinen Fähigkeiten und Neigungen zu sein.

Genausowenig sollte man sich daran orientieren, mit welchen Fachrichtungen man später einmal besonders gut eine eigene Praxis eröffnen kann. Denn bis Ärzte komplett ausgebildet sind, vergehen in der Regel sieben bis acht Jahre, in denen sich vieles im Gesundheitssystem ändern kann. Dennoch spielen bei der Entscheidung für ein geeignetes Fachgebiet auch berufliche Perspektiven oder die Rahmenbedingungen ärztlicher Tätigkeit eine Rolle. So ist es für die wachsende Zahl von Frauen im Medizinberuf wichtig zu wissen, ob sie später Beruf und Familie vereinbaren können. In Fachgebieten mit hohem zeitlichen Verfügbarkeitsanspruch – dazu gehören alle chirurgischen Gebiete – ist dies nicht prinzipiell unmöglich, aber schwerer zu erreichen als etwa in der Allgemein- oder Inneren Medizin. Entsprechend findet man rund 48 Prozent aller Ärztinnen mit einer Facharztbezeichnung in den drei Gebieten Allgemeinmedizin, Innere Medizin und Frauenheilkunde.

Das Gute an der Weiterbildung in Deutschland ist, dass es sich dabei nicht um eine Einbahnstraße handelt, sondern dass Leistungen in einem Fach auch in einem anderen anrechenbar sind. Wer zum Beispiel seine erste Stelle in der Inneren beginnt, muss dort nicht zwangsläufig bis zum Facharzt bleiben. Denn Zeiten in der Inneren sind auch in anderen Facharztweiterbildungen anrechenbar, so etwa in der Chirurgie, der Gynäkologie oder in der Kinderheilkunde.

Insgesamt kann man derzeit zwischen 33 verschiedenen Fachgebieten von „A“ wie Allgemeinmedizin bis „U“ wie Urologie wählen. Hinzu kommen Schwerpunktbezeichnungen innerhalb der Fachgebiete, zum Beispiel in der Chirurgie, in denen der Arzt nach einer zweijährigen Basisweiterbildung acht verschiedene Schwerpunkte wählen kann: Neben der Allgemeinchirurgie etwa Herz-/Hand-/Gefäßchirurgie oder Orthopädie/Unfallchirurgie. Wer sich für ein Fachgebiet entscheiden will, dem ist im Vorfeld zu raten, die jeweilige Weiterbildungsordnung, die von den Landesärztekammern erlassen wird, gründlich zu studieren, um einen Überblick über die zeitlichen, strukturellen und inhaltlichen Anforderungen und Voraussetzungen zu gewinnen.

In der Regel dauert eine Weiterbildung je nach Fachgebiet, persönlichen Umständen und Arbeitsbedingungen in der jeweiligen Klinik zwischen fünf und acht Jahren. Sie findet vorwiegend in Krankenhäusern, zum Teil auch in ambulanten Praxen statt, unter der Aufsicht und Anleitung eines sogenannten Weiterbildungsbefugten, das heißt in der Regel des Chef- oder Oberarztes einer Abteilung. Wer eine Weiterbildung beginnen möchte, sucht also zunächst eine Assistenzarztstelle in einem Krankenhaus oder bei einem niedergelassenen Arzt, der für die Weiterbildung befugt ist. Informationen über diese Befugnis halten die jeweiligen Krankenhäuser oder die zuständigen Landesärztekammer vor. Dabei ist es wichtig zu erfragen, für welchen Zeitraum der betreffende Arzt die Erlaubnis hat. Ist zum Beispiel für eine Weiterbildung ein Zeitraum von mindestens fünf Jahren vorgeschrieben, der Arzt, bei dem man arbeitet, aber nur für einen Zeitraum von zwei oder drei Jahren befugt, werden auch nur diese Zeiten für die Weiterbildung angerechnet. So kann es dann notwendig sein, die Klinik oder die Abteilung zu wechseln.

Was ein Arzt verdient, hängt zunächst nicht vom gewählten Fachgebiet ab. In nahezu allen Krankenhäusern gibt es vom Marburger Bund vereinbarte spezifische Tarifverträge. Das Grundgehalt für einen Arzt im ersten Jahr beträgt unabhängig vom gewählten Fachgebiet derzeit rund 3800 Euro. Hinzu kommen Entgelte für Bereitschaftsdienste und gegebenenfalls Überstunden. Steigt man in der beruflichen Hierarchie weiter auf, spielt das Fachgebiet beim Einkommen allerdings durchaus eine wichtige Rolle. So verdienen Chefärzte in der Chirurgie deutlich mehr als etwa in der Kinderheilkunde, Ähnliches gilt für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte.

Die medizinischen Fachbereiche

1. Allgemeinmedizin
2. Anästhesiologie
3. Anatomie
4. Arbeitsmedizin
5. Augenheilkunde
6. Biochemie
7. Chirurgie
8. Frauenheilkunde und Geburtshilfe
9. Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
10. Haut- und Geschlechtskrankheiten
11. Humangenetik
12. Hygiene und Umweltmedizin
13. Innere und Allgemeinmedizin (Hausarzt)
14. Kinder- und Jugendmedizin
15. Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
16. Laboratoriumsmedizin
17. Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie
18. Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie
19. Neurochirurgie
20. Neurologie
21. Nuklearmedizin
22. Öffentliches Gesundheitswesen
23. Pathologie
24. Pharmakologie
25. Physikalische und Rehabilitative Medizin
26. Physiologie
27. Psychiatrie und Psychotherapie
28. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
29. Radiologie
30. Rechtsmedizin
31. Strahlentherapie
32. Transfusionsmedizin
33. Urologie

Quelle: (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer