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Interview mit Titus Dittmann

Titus Dittmann hat vor 30 Jahren das Skateboard in Deutschland populär gemacht. Heute findet der Geschäftsführer der Titus GmbH mit Sitz in Münster zwar nicht mehr so viel Zeit, selbst zu fahren. Aber beim Sport geht er noch immer an seine Grenzen. Was diese Erfahrungen ihm als Unternehmer bringen, darüber unterhielt er sich mit Bettina Blaß.

Zur Person Titus Dittmann

Titus Dittmann, Geschäftsführer der Titus GmbH mit Sitz in Münster, wurde im Dezember 1948 geboren. Er studierte Geographie und Sport auf Lehramt. Während seines Referendariats gründete er eine Schülersportgemeinschaft Skateboard. Sein zweites Staatsexamen widmete er 1980 dem Thema „Skateboarding im Schulsportunterricht?“. Zeitgleich begann er, Skateboards aus den USA zu importieren, um seine Schüler damit zu versorgen. Daraus entstand im Laufe der Zeit seine GmbH.

1993 gründete Dittmann den Verein zur Förderung der Jugendkultur, der ohne öffentliche Förderung aktive Jugendarbeit leistet. 2001 erhielt er den Wirtschaftspreis der Stadt Münster. Im gleichen Jahr gewann er den Wettbewerb Entrepreneur des Jahres in der Kategorie Handel. 2008 feierte er seinen 60. Geburtstag und sein 30. Unternehmensjubiläum. Dittmann ist verheiratet und hat einen erwachsenen Sohn.

Man nennt Sie „Lord of the Board“. Wie finden Sie das?
Mir gefällt das. Das klingt cool. Und nicht so anmaßend wie Skateboard-Papst.

Aber sie sind doch so etwas ähnliches wie ein Skateboard-Papst, oder?
Naja, ich habe vor 30 Jahren das Skateboardfahren für mich entdeckt. Und seither setze ich einen Großteil meiner Energie in und für diese Szene ein. Ich habe zum Beispiel auch Skateboard- Weltmeisterschaften organisiert.

Woher kommt Ihre Leidenschaft für diesen Sport?
Das war Liebe auf den ersten Blick. Ich hielt zunächst nicht viel vom Skateboardfahren, weil das in den Medien immer als eine Art Kinderspielzeug beschrieben wurde. Ich dachte, das sei so ein vorübergehender Trend wie die Hulahup-Reifen, die man damals ja auch hatte. Dann habe ich 1977 in Münster den ersten Skateboarder live gesehen. Und ich war fasziniert. Ich habe sofort erkannt, welche Power hinter diesem Sportgerät steckt. Ich fragte den Typ, ob ich es mal testen dürfe. Und fiel dann natürlich erst einmal auf die Schnauze.

Aber Sie haben weitergemacht…
Ja, ich habe weitergemacht. Mein nächster Weg hat mich direkt ins Kaufhaus geführt. Dort habe ich so ein buntes Plastikboard gekauft. Und dann habe ich geübt. Wie alle Anfänger bin ich x-mal gestürzt – und jedes Mal wieder aufgestanden. Skateboarder lassen sich nicht unterkriegen. Was ich da gelernt habe, davon habe ich übrigens im Wirtschaftsleben profitiert.

Wann und wo?
Wir wollten an die Börse. Aber das hat nicht geklappt. Anfang 2005 steckten wir in einer sehr harten Krise. Da bin ich halt aufgestanden, habe das Victory- Zeichen gemacht – und habe weitergeackert.

Wie ist Ihre Firma heute aufgestellt?
Nach einem knallharten Sanierungskurs haben wir jetzt noch 85 Mitarbeiter, zwei Premiumflächen, vier Outlets und 28 Franchiseläden sowie den Versandhandel.

Nach welchen Kriterien suchen Sie Ihre Franchisenehmer aus?
Sie müssen glaubwürdig sein. Am Liebsten sind uns aktive Skateboarder mit einem Verständnis für Zahlen.

Warum haben Sie sich für das Franchisesystem entschieden?
Es ist ein sinnvolles Instrument für Unternehmen, die wachsen wollen, aber selbst nicht liquide genug dafür sind. Mit einem richtigen Filialsystem kann man bei 30 Shops schnell den Überblick verlieren. Das Risiko ist größer. Wir kombinieren Franchising mit eigenen Läden, das ist für uns eine super Alternative.

Welche Nachteile hat das System?
Man hat natürlich weniger zu sagen, als wenn es die eigenen Läden wären. Und nicht immer sind die Ideen der Franchisenehmer konform mit meinen Ideen. Aber irgendwie ist das wie in der Schule: Da finden auch nicht alle den gleichen Lehrer toll.

War es denn immer Ihr Ziel, Unternehmer zu werden?
Überhaupt nicht. Ich habe 1968 Abitur gemacht. Und mich hat diese Zeit stark geprägt. Unternehmer waren für mich damals der Abschaum der Gesellschaft. Aber dann kreuzte besagtes Skateboard meinen Weg. 1978, als ich schon als Referendar arbeitete, fragten meine Schüler, ob ich nicht eine Schülersportgemeinschaft für Skateboarder initiieren könnte. Da besorgte ich ihnen eben Skateboards aus den USA. Das sprach sich herum. Und plötzlich war das eine Flut und ich brauchte einen Gewerbeschein. Den besorgte sich dann zunächst meine Frau, weil ich als Lehrer das ja nicht durfte. Naja, und plötzlich war ich mitten drin im Unternehmertum.

Was ist Ihr Tipp für Jung-Unternehmer?
Man muss schon eine gewisse Leidenschaft mitbringen. Vor allem, wenn man ein Unternehmen von null aufbaut. Gründer müssen sich dessen bewusst sein, dass man dabei Kompromisse eingehen muss. Ein Unternehmer hat nicht nur Erfolge, und sein Leben ist nicht immer angenehm. In ganz schlimmen Zeiten kann die Lebensqualität auch auf unterstes Niveau fallen. Dann bleibt einem nicht viel mehr Geld, als vom Staat zur Sicherung des Lebens vorgesehen ist. Aber wer Unternehmer wird, der sollte auch nicht nur an die Kohle denken.

Wie hat sich Ihre Branche in den letzten 30 Jahren gewandelt?
Damals bekamen die großen Unternehmen keinen Fuß in die Tür. Heute ist das anders: Denn nicht jeder, der mit Skateboardern sympathisiert, fährt auch selbst. Und wer nicht selbst fährt, sich aber für die Mode der Skateboarder begeistert, der legt nicht so viel Wert auf Authentizität wie die Hardcorescene. Hinzu kommt: Viele kleine Marken werden von den großen aufgekauft. Der Markt ist also härter geworden. Aber darin liegt auch eine Chance für Unternehmen wie uns: Denn wir haben uns einen Namen erarbeitet, und unsere Produkte sind gut. Das wissen die Käufer zu schätzen.

Wie oft fahren Sie Skateboard?
Nicht mehr so oft wie ich möchte. Ich stehe oft drauf, beispielsweise, wenn ich nachdenke. Aber fahren – höchstens noch einmal die Woche, um beim Bäcker Brötchen zu holen.

Gibt es noch andere Sportarten in Ihrem Leben?
Klar, ich habe viel ausprobiert. Drachenfliegen, Snowboarden, Skyskateboarden – dabei springt man mit dem Fallschirm aus einem Flugzeug und hat ein Skateboard unter den Füßen. Heute fahre ich gerne Autorennen – mit meinem Sohn übrigens. Ich brauche das Adrenalin, muss meine Grenzen austesten.

Ist das nicht gefährlich?
Der Volksmund sagt: Wer mit dem Feuer spielt, kommt darin um. Ich sage: Wer seine Grenzbereiche nicht bewusst erfährt, kommt in Lebensgefahr, wenn er zufällig in eine solche Grenzsituation gerät. Ich finde, es ist gesund, seine Grenzen auszutesten – und das in allen Lebensbereichen. In diesem Sinne habe ich übrigens auch meinen Sohn erzogen. Und ich finde, er ist ein ganz wohlgeratenes Bürschchen geworden.

Zum Unternehmen

Die Titus GmbH Münster ist das weltweit größte Einzelhandelssystem im Bereich Skateboard, Zubehör und Streetwear. Die Vertriebskanäle agieren stark vernetzt: 28 Franchisepartner, vier Factory Outlets, Katalog und Online-Shop bedienen die jugendlichen Kunden in Deutschland und dem deutschsprachigen Ausland. Das Portal www.titus.de wurde 1997 eröffnet und verzeichnet monatlich rund 18 Millionen Pageimpressions. Thematische Medien und Events runden das Portfolio ab.
Nach Turbulenzen in den Jahren 2004 bis 2006, einem geplatzten Börsengang und intensiven Umstrukturierungen, entwickelt sich das Unternehmen jetzt wieder positiv. Im Jahr 2007 lag der Gruppenumsatz der Titus-Aktivitäten mit rund 85 Mitarbeitern bei 40 Millionen Euro.

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