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Interview mit Claus und Gunnar Heinemann

Schon seit über 25 Jahren leiten Claus und Gunnar Heinemann das Hamburger Handelshaus Gebr. Heinemann mit Leidenschaft und Freude an direktem Kontakt zu Mitarbeitern und Kunden auf der ganzen Welt. Ihr wichtigstes Erfolgsrezept: bescheiden agieren und Persönlichkeit zeigen. Mit Katharina Kramer sprechen die Cousins über die Besonderheiten eines Familienunternehmens und den Reiz des internationalen Handels.

Zu den Personen

Gunnar Heinemann wurde 1951 in Hamburg geboren. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er Betriebswirtschaft an Universität Zürich. Es folgten Praktika in Paris und London. 1978 trat er in die Familienfirma Gebr. Heinemann ein und wurde Gesellschafter sowie Mitglied der Geschäftsführung. Er ist Präsident des Deutschen Travel Retail Verbandes. Als Vater zweier Söhne wohnt er mit seiner im Bereich Public Relations tätigen Frau in Blankenese.

Claus Heinemann, 1950 in Hamburg geboren, absolvierte nach dem Abitur eine Banklehre und studierte Wirtschaftswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Anderthalb Jahre sammelte er Erfahrungen bei Tabak- und Spirituosenfirmen in Neuchâtel, London und New York. In das Familienunternehmen trat er 1979 ein und wurde Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsleitung. Er lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in der Hamburger Innenstadt.

Was hat Sie in Ihrem Leben besonders geprägt?
Claus Heinemann: Die Familie und die Erziehung. Für uns als Familienunternehmer in der vierten Generation ist natürlich das Geschäftliche auch am Wochenende ab und zu mal ein Thema …
Gunnar Heinemann: … und am Frühstückstisch.
Claus Heinemann: Da wächst man so rein, und dann haben wir die Firma übernommen.
Gunnar Heinemann: (lacht)… und mit Segeln unter einen Hut gebracht. Claus segelt leidenschaftlich gern.

Haben Sie vor der Übernahme der Firma nicht manchmal gedacht: „Ich würde lieber etwas ganz anderes machen“?
Claus Heinemann: (wieder ernst).Wir haben gerne die Verantwortung übernommen und haben auch Spaß dran, weil unsere Aufgabe hochinteressant ist. Vor allem das internationale Umfeld.
Gunnar Heinemann: Ich bin nicht ganz sicher, ob wir mit solcher Begeisterung in die Firma eingestiegen wären, wenn diese Firma sich mit Schraubenhandel beschäftigt hätte. Nichts gegen Schraubenhandel. Aber es ist natürlich so, dass wir ein tolles Markenumfeld haben. Wer reist nicht gerne? Wer interessiert sich nicht für exklusive Marken? Es gibt viele gute Gründe, sich in so ein Berufsfeld zu wagen.

Bestimmt sind Sie viel in der Welt unterwegs, oder?
Claus Heinemann: Oh ja, ich freue mich, wenn ich mal zu Hause bin.
Gunnar Heinemann: Wir bewegen uns im Reisemarkt. Wenn wir irgendwo an einem Flughafen ankommen, dann sind wir meist da, wo wir hinwollen. Das ist natürlich das Ärgerliche. Es gibt wirklich Städte, in denen wir schon lange am Flughafen arbeiten, und ich kann nicht sagen, dass ich diese Orte besonders gut kenne.
Claus Heinemann: Aber spannend ist: Wir haben sehr viele internationale Partnerschaften in Ländern, die natürlich völlig unterschiedliche Mentalitäten und Kulturen haben. Und sich auf einen türkischen Partner einzustellen – wir sind sehr erfolgreich in der Türkei – ist völlig anders, als mit einem südafrikanischen oder norwegischen Partner umzugehen. Es ist sehr viel Psychologie in dem, was wir so machen, und viel kulturelles Verständnis.

Wie gelingt kulturelles Verständnis?
Gunnar Heinemann: Indem wir bescheiden agieren und nicht laut auftreten. Unsere Mitarbeiter in der Distribution, die insgesamt 1000 Shops in aller Welt mit Sortimenten und Services versorgen, sind nicht nur einfach Verkäufer, die den Preis und die Lieferbedingungen bestimmen. Sie sollen auch unseren Kunden helfen, ihr Geschäft erfolgreich zu betreiben.

Auf wie viele Reisen sollte sich denn ein neuer Mitarbeiter einstellen?
Gunnar Heinemann: Bis zu 50 Prozent eines Jahres sind viele Führungskräfte unterwegs. Es können auch schon mal lange Reisen sein, etwa nach Wladiwostok oder Nowosibirsk. Ziemlich beschwerlich, besonders im Winter – aber eben auch unglaublich spannend.

Können Sie ein Erlebnis schildern, das zeigt, wie man in Ihrer Branche gestrickt sein sollte?
Gunnar Heinemann: Ein Erfolgserlebnis ist, wenn ein Verkaufsleiter zu mir sagt: „Herr Heinemann, ich komm da mit einem Kunden nicht recht voran. Ich wär Ihnen dankbar, wenn Sie mal mit auf die Reise kommen.“ Dann haben wir dieses Gespräch, und das beginnt schwierig, und am Ende dieses Gesprächs haben wir noch nichts verkauft, aber man merkt, dass sich Türen geöffnet haben. Das macht mir ganz persönlich unglaublich viel Freude, weil ich dem Mitarbeiter einen Hinweis geben konnte, wie man bei solchen Kunden das Vertrauen gewinnen kann.

Sie kennen also viele Kniffe, wie man einen Kunden für sich gewinnt.
Gunnar Heinemann: Zu unseren Verkäufern sage ich immer: Wenn du das erste Mal bei einem Kunden bist, dann nimm den Order-Block gar nicht mit, sondern versuche, eine gute Atmosphäre zu schaffen und ins Erzählen zu kommen. Damit der Kunde sagt: Da sitzt mir eine Persönlichkeit gegenüber. Deswegen ist die moderne Kommunikationstechnologie nur zu einem gewissen Teil einsetzbar. Nichts kann das persönliche Gespräch ersetzen.

Und wenn Hochschulabsolventen als Trainees bei Ihnen anfangen, wird ihnen so etwas vermittelt?
Gunnar Heinemann: Sicher, das kann man alles lernen. Handel ist keine Atomphysik, der Erfolg hängt eben auch sehr stark von der Persönlichkeit ab, die man entwickeln kann. Und diese Entwicklung können wir mit Lob oder konstruktiver Kritik fördern.

Was macht Persönlichkeit aus?
Gunnar Heinemann: Initiative, Kreativität, Durchhaltevermögen, aber auch Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft.

Worin unterscheiden Sie sich als Familienunternehmen von großen Konzernen?
Claus Heinemann: Wir sind ein nicht börsennotiertes Unternehmen. Wir haben langfristige Ziele. Wenn jemand bei uns neu anfängt, bekommt er sofort einen Paten, der sich um den neuen Mitarbeiter kümmert. Dazu gibt es in den ersten hundert Tagen nach der Einstellung die Gespräche mit mir und meinem Cousin. Darin stelle ich nicht nur Fragen zur Arbeit. Ich frage die neuen Mitarbeiter, ob sie in Hamburg schon Fuß gefasst haben, was sie in ihrer Freizeit machen. Es geht um das Persönliche.

Man sagt ja, dass dieser Arbeitgebertypus, der etwas Väterliches ausstrahlt, allmählich verschwindet. Haben Sie das Gefühl, alte Werte zu verkörpern?
Gunnar Heinemann: Wenn Sie darunter verstehen, fürsorglich zu sein, sich kümmern, Vertrauen ausstrahlen, da sein – das finde ich unheimlich wichtig. Es gibt Firmen, in denen es eine Kantine für das Volk, und ein Kasino für die Oberen gibt.
Claus Heinemann: Das gibt’s bei uns nicht.
Gunnar Heinemann: Es gibt auch keinen abgeschlossenen Raum, in dem der Chef sich hinter Zahlen versteckt. Wir laufen mehrfach am Tag durch die Zentrale. Wir sind präsent und suchen das Gespräch. Und das schätzen unsere Mitarbeiter genauso wie unsere Kunden.

Zum Unternehmen

Gebr. Heinemann ist ein nicht börsennotiertes Familienunternehmen mit Hauptsitz in Hamburg. Es betreibt 230 Travel Value und Duty Free Shops, Concept Shops und Boutiquen an 49 internationalen Flughäfen in 19 Ländern. Außerdem beliefert das Unternehmen rund 1000 Duty Free und Travel Value Shops in aller Welt mit Sortimenten und Services: an Flughäfen, auf Fähr- und Kreuzfahrtschiffen oder an Grenzübergängen. Die Palette der Waren reicht von Parfum und Kosmetik über Tabak, Weine und Spirituosen bis zu Accessoires und Mode sowie Süß- und Spielwaren.

Von den 5000 Mitarbeitern sind 450 in der Hamburger Zentrale tätig. 350 weitere, darunter auch Logistik-Experten, liefern vom zentralen Hamburger Warenlager täglich 65.000 Kartons aus. Im Jahr 1879 begann Heinrich Heinemann, der gemeinsame Urgroßvater von Claus und Gunnar Heinemann, mit der Versorgung von Schiffsausrüstern im Freihafen. Heute zählt das Unternehmen zu den drei weltweit größten Akteuren des Reise-Einzelhandels. Im Jahr 2008 erwirtschaftete Gebr. Heinemann einen Umsatz von 1,9 Milliarden Euro.

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