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Megatrend Neo-Ökologie

Die junge „Generation Global“ fordert ein höheres Tempo bei der Gestaltung einer nachhaltigen Welt. Auf diese Weise entsteht der Trend der Neo-Ökologie, die Wirtschaft und technischen Entwicklungen neuen Sinn gibt: Gemeinwohl statt Wachstum. Ingenieur*innen sind gefragt, für die Umsetzung das Mindset optimistischer Gestalter zu entwickeln. Ein Essay von André Boße

Nachhaltig zu leben und zu wirtschaften ist heute für Individuen und Unternehmen zu einer Lebensaufgabe geworden. Oder, überspitzt formuliert: zu einer Überlebensaufgabe. Es ist offensichtlich, dass Klimakrise, bedrohte Artenvielfalt und Umweltverschmutzung zu Problemlagen führen, die mittlerweile direkt vor unserer Haustür erkennbar sind. Ein Blick auf die Themen des Sommers 2022 bestätigt das: Dürre und Hitze in fast ganz Europa, in der Folge Waldbrände, Wassermangel und Flüsse mit rekordverdächtigen Niedrigständen – und das alles ein Jahr nach der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands. Dazu die Umweltkatastrophe in der Oder, wo mutmaßlich eine Kombination aus warmen Außentemperaturen und Wasserverschmutzung zu einem Fischsterben nicht gekannten Ausmaßes führte. Hinzu kommt noch die Energiekrise, die deshalb eine so große Wucht annimmt, weil Deutschland trotz des Beschlusses einer Energiewende vor mehr als zehn Jahren weiter abhängig von der Lieferung fossiler Brennstoffe ist.

Nachhaltigkeit ist zentraler Wirtschaftsfaktor

Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit avancieren zunehmend vom individuellen Lifestyle und Konsumtrend zur gesellschaftlichen Bewegung.

Im Zuge dieser Entwicklungen hat sich die Nachhaltigkeitsdebatte verändert. „Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit avancieren zunehmend vom individuellen Lifestyle und Konsumtrend zur gesellschaftlichen Bewegung – und zu einem zentralen Wirtschaftsfaktor, der alle unternehmerischen Sphären beeinflusst“, formulieren die Trendforscher*innen vom Zukunftsinstitut auf ihrer Homepage in einem Aufsatz, der sich dem Megatrend Neo-Ökologie widmet. Dieser etabliere ein neues Werte-Set, das in jeden Bereich unseres Alltags hineinreiche: „Das Nachhaltigkeitsparadigma reprogrammiert die Codes der globalen Gesellschaft, der Kultur und der Politik – und richtet unternehmerisches Handeln sowie das gesamte Wirtschaftssystem fundamental neu aus.“ Interessant ist hier der Begriff „Werte-Set“: Behalten die Expert*innen vom Zukunftsinstitut Recht, dann ist erstmals in der Geschichte des Kapitalismus nicht mehr permanentes Wachstum der bestimmende Sinn des wirtschaftlichen Handelns: „Statt auf Wachstums- und Profitmaximierung fokussiert die Wirtschaft von morgen auf Nachhaltigkeit, Postwachstum und Gemeinwohl.“

Generation Global für eine bessere Welt

Welche demografische Gruppe die Treiberin dieses Paradigmenwechsels sein wird, macht das Zukunftsinstitut sehr klar: „Die nachwachsende Generation prägt ein neues globales Mindset.“ Für sie stellten Sinn sowie sozialer Mehrwert elementare Kriterien dar, mit dem Ziel, als „Generation Global“ eine nachhaltigere, gerechtere Wirtschaft und Gesellschaft zu gestalten.

Quantentechnologie: kurz erklärt

Die Grundsätze der Quantenphysik entstanden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts. Im Kanon der Theorien ist die Quantenphysik ein alter Hut, ihre Gesetze begegnen uns im technischen Alltag ständig: als GPS-Systeme oder bei modernen Augenoperationen, in Smartphone-Displays oder CD-Spielern. Während normale Computer mit Bits arbeiten, die entweder den Zustand null oder eins annehmen, arbeiten Quantencomputer mit Qubits, die ebenfalls Zustand null oder eins annehmen können, darüber hinaus aber auch alle anderen Zustände dazwischen. Und zwar nicht der Reihe nach, sondern in einem einzigen Moment. Man nennt diese Fähigkeit Superposition. Und noch eine zweite bemerkenswerte Eigenschaft bringen Quanten mit: Selbst wenn Teilchen räumlich getrennt werden, bleiben sie doch miteinander verschränkt. Kombiniert man die beiden Eigenschaften Verschränkung und Superposition, ergibt sich eine Vorstellung davon, wie gigantisch die Rechenleistung eines Quantencomputers ist: Aufgaben, die ein klassischer Computer Schritt für Schritt durchrechnen muss, erledigen Qubits parallel.

Welche Rolle nehmen dabei die Ingenieur*innen der nachwachsenden Generation ein? In der 2022 veröffentlichten „Dokumentation Megatrends“, die sich intensiv den zentralen Entwicklungen widmet, beschreiben die Autor*innen vom Zukunftsinstitut eine Fähigkeit, die die Arbeit der Ingenieur*innen in Zukunft prägen werde: „positiver Pragmatismus“. Es gehe schon heute nicht mehr um Verzicht und schlechtes Gewissen, sondern um „zukunftsfähige und pragmatische Lösungsansätze, die Mensch und Technik nicht als Problem, sondern als Schlüssel für eine neo-ökologische Zukunft sehen“.

Verfolgt man diesen Gedanken weiter, dann steht Green Tech nicht mehr für eine zwar nachhaltige, aber teurere und komplizierte ökologische Alternative zu herkömmlichen Techniken, sondern schlicht und einfach für die bessere Lösung. Konkrete Beispiele aus der Praxis gibt es bereits heute genug. So stehen Ingenieur*innen vor der Herausforderung, die Mobilität sowie die Energieversorgung zu dekarbonisieren, mit Hilfe von Elektrizität, erzeugt von erneuerbaren Energien, sowie von chemischen Prozessen wie der Nutzbarmachung von Wasserstoff in Brennstoffzellen. Eine weitere Schlüsselaufgabe ist es, die Wirtschaft mit technischen Entwicklungen zu einer „Circular Economy“ umzustellen – weg von der Ressourcenausbeutung, hin zur Verwendung in Kreisläufen.

Energiekrise fördert Innovationen

Dass diese nachhaltigen Ziele in der neuen Ära der NeoÖkologie nicht nur einem Zeitgeist entsprechen, sondern zur Notwendigkeit werden, zeigt ein Thema, dass seit Monaten die Nachrichten bestimmt: die Energieversorgung. Heizen mit Gas und Öl war viele Jahrzehnte lang in Deutschland Normalität. Nicht, weil diese Systeme zwangsläufig die besten waren – schon gar nicht mit Blick auf die Öko-Bilanz. Sondern, weil es nun einmal der günstigste Weg war, die Wohnungen zu heizen – wobei diese Sichtweise die Folgeschäden der fossilen Verbrennung komplett ausgeblendet hat. Durch die Energiekrise, ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine, verliert plötzlich das ökonomische Argument jegliche Kraft. In der Folge gibt es einen Innovationsschub: Ingenieur*innen entwickeln unter Hochdruck moderne Heizungsanlagen, die effizienter denn je mit Holzpellets, Solarthermie, Photovoltaik oder grünem Wasserstoff betrieben werden können.

Quantentechnologie – der nächste Schritt

Von der Heizung zur Quantentechnik ist es ein großer Sprung. Was beide Themen jedoch gemeinsam haben, ist die gegenwärtige Innovationsdynamik. Den Entwickler*innen gelingen im Feld der Quanten mittlerweile erstaunliche Fortschritte, was dazu führt, dass diese Zukunftstechnologie für immer mehr Unternehmen zum Thema wird. Die internationale Studie „Quantum technologies: How to prepare your organization for a quantum advantage now“ der Beratungsgesellschaft Capgemini (siehe oben) hat im März 2022 festgestellt, dass aktuell 23 Prozent der befragten Unternehmen an der Nutzung der Quantentechnologie arbeiten oder beabsichtigen, dies zu tun. „Sie rechnen mit mindestens einer größeren kommerziellen Anwendung innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre“, heißt es in der Studienzusammenfassung auf der Capgemini-Homepage.

Darüber hinaus planten 20 Prozent der Unternehmen, ihre Investitionen in diese Technologien im nächsten Jahr zu erhöhen. „Die jüngsten Durchbrüche bei Quantentechnologien werden in den nächsten fünf Jahren eine neue Ära für Computing, Sensoren und Cybersicherheit einläuten“, wird Iftikhar Ahmed, deutscher Ansprechpartner für das auf Quantentechnologie spezialisierte internationale Entwicklungslabor Q-Lab von Capgemini, zitiert. Nachdem die Finanzbranche ein Vorreiter gewesen sei, zeige sich aktuell „in der Automobilindustrie eine große Dynamik“.

Einsatzbereiche Quantentechnologie

Die Capgemini-Studie „Quantum technologies: How to prepare your organization for a quantum advantage now“ definiert drei Felder, in denen die Quantentechnologie Umsetzungen erfährt. In einer Pressemeldung der Beratungsgesellschaft werden sie wie folgt zusammengefasst: * Quantencomputing hat von allen Quantendisziplinen das größte Potenzial, ist aber zugleich die am wenigsten ausgereifte. Das Entwicklungstempo hat aber zugenommen. Im Schnitt glaubt die Mehrheit der Organisationen, die auf diesem Gebiet arbeiten, dass die ersten kommerziellen Anwendungen fünf Jahre entfernt sind. * Quantenkommunikation besitzt das Potenzial, den Informationsaustausch mit externen Organisationen sicherer zu machen, sodass höchste Standards erfüllt werden. Quantenkryptografische Lösungen werden bereits eingeführt, allerdings wartet die Mehrheit auf die Definition von Standards, bevor sie dem Thema Priorität einräumt. * Quantensensorik ist bereits ausgereifter: „Je kleiner, energieeffizienter und preiswerter Sensoren werden, umso mehr könnten sie in allen Branchen eine transformative Rolle spielen.“ So könnten Quantensensoren die Messgenauigkeit erhöhen – insbesondere in der medizinischen Diagnostik und Versorgung, im Verteidigungssektor, in der Automobilindustrie, im Bauwesen, in der Öl- und Gasindustrie, der Raumfahrt sowie der Telekommunikation.

KI im Ingenieur-Alltag?

Aber aufpassen vor zu viel Optimismus bei Zukunftstechnologien: Das Beispiel Künstliche Intelligenz (KI) zeigt, dass das erhoffte nicht zwingend dem realen Tempo entspricht. Ein Statusreport des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) über „Künstliche Intelligenz im Ingenieuralltag“ belegt die schleppende Geschwindigkeit der Umsetzung in der unternehmerischen Praxis. Der überwiegende Teil der befragten Ingenieur*innen gab an, „dass das eigene Unternehmen noch keine KI-basierten Produkte oder Dienstleistungen anbietet“, heißt es in der Zusammenfassung der Studie. Unternehmen, die bei einer Umfrage im Jahr 2018 noch große Erwartungen und Pläne an die KI formuliert hatten, ruderten bei der neuen Umfrage vier Jahre später zurück. „Die Prognosen aus der letzten Umfrage im Jahr 2018 erfüllen sich nicht“, heißt es in der Studie. „Die seinerzeit geäußerten Erwartungen im Hinblick auf die Nutzung von KI-Methoden sind signifikant nicht erreicht worden.

Unter dem Strich ergibt sich ein ernüchterndes Bild darüber, welchen aktuellen Stellenwert KI-Methoden im Alltag von Ingenieurinnen und Ingenieure tatsächlich haben.“ Woran liegt’s? Zum einen, schreiben die Autor*innen in der Studie, werde der Einsatz von KI in den Unternehmen noch zu selten als „durchgängiges Ziel“ kommuniziert. Es fehlten „Leitplanken“ bei der Umsetzung. Dadurch besteht die Gefahr, dass die KI bis auf Weiteres Zukunftstechnologien bleiben, um die man sich morgen kümmert – aber eben noch nicht heute. Zudem fehle in vielen Fällen die Datenmenge, um KI-Modelle erstellen zu können. Aber auch die Ingenieur*innen selbst hätten häufig noch kein passendes Denkmuster entwickelt. „KI-Methoden erfordern eine Ergänzung der üblichen Denkweise von Ingenieurinnen und Ingenieuren, um die Wirkzusammenhänge in Prozessen vollständig zu durchdringen“, schreiben die Autor*innen der VDI-Studie. „Es muss ein ‚Vertrauen‘ in KI-Methoden entwickelt werden, ohne die Zusammenhänge zunächst physikalisch vollständig durchdrungen zu haben. Dies bedeutet einen Verlust an Tiefe mit dem Gewinn an Umsetzungsgeschwindigkeit.“

Wandel ist möglich

Sprich: Tempo ist gefragt. Und die junge Generation hat genau das zu bieten: „Die Antriebskraft der Generation Global speist sich nicht zuletzt aus der Erfahrung, dass Veränderung möglich ist“, heißt es im Aufsatz des Zukunftsinstituts zum Megatrend Neo-Ökologie. „Diese Generation hat erlebt, wie ihr Anliegen, den Klimawandel zu stoppen, innerhalb von Wochen zur globalen Bewegung wurde – Millionen Jugendliche demonstrierten rund um den Globus für die Rettung der Erde vor einem brutalen Klimawandel.“ Übertragen auf die Zukunftstechnologien: Fehlt der jungen Generation die Umsetzungsgeschwindigkeit, kann sie diese einfordern. Geht nicht gibt’s nicht: Ein Klassiker unter den geflügelten Ingenieursworten erhält damit eine neue Dringlichkeit. Schließlich geht es heute nicht mehr nur um gute Jobs und erfolgreiche Karrieren – sondern um die Zukunft der jungen Generation.

VDI-Studie: KI-Kenntnisse sind gefragt

Für den VDI-Statusreport „Künstliche Intelligenz im Ingenieuralltag“ haben die Studienleiter Ingenieur*innen gefragt, wie sie ihre Rolle bei der Umsetzung von KI-Systemen in Unternehmen betrachten. Hohe Zustimmungswerte gab es bei den Aussagen, dass das Ingenieurwesen nur zusammen mit der Informatik die anstehenden Herausforderungen lösen kann, wobei die Ingenieur*innen hier die Aufgabe übernehmen, die Anbindung der technischen Systeme an den realen Prozess zu verantworten.

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