Interview mit Heinz Strunk

„Erfolg kann passieren“

Heinz Strunk, Foto: Fabian Hammerl
Heinz Strunk, Foto: Fabian Hammerl

Wer sein neues Buch „Das Strunk-Prinzip“ liest und den goldenen Regeln der „Steps of Success“ folgt, kann danach alles. Wirklich: alles. Strunks Satire auf das Gerede von Motivationstrainern entlarvt die Widersprüche und Banalitäten der Branche. Doch man kann mit Heinz Strunk auch ernsthaft über Berufliches reden. Erfolgreich zu sein, ist für ihn kein Lebensziel. Aber wenn der Erfolg mal zufällig eintritt, dann ist das schon eine tolle Sache. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Heinz Strunk, geboren am 17.05.1962 im Hamburger Stadtteil Harburg, spielte nach dem Abitur in Tanz- und Popbands. Mitte der 1990er-Jahre gründete er zusammen mit Rocko Schamoni und Jacques Palminger die Telefonstreichtruppe Studio Braun; das Trio erfand später auch die Gruppe Fraktus, deren Story über ein fiktives Comeback 2012 in die Kinos kam. Sein erster Roman „Fleisch ist mein Gemüse“ wurde 2004 zum Beststeller. Aktuell erschienen ist die Ratgeber-Satire „Das Strunk-Prinzip“:

Herr Strunk, Ihr satirisches Beratungskonzept „Das Strunk-Prinzip“ hat Vorbilder in der realen Welt, da reicht ein Blick auf die Bestsellerlisten. Warum kaufen so viele Menschen diese Bücher?
Es scheint viele Leute zu geben, die vom Prinzip der Selbstermächtigung überzeugt sind und die denken, sie könnten alles schaffen, wenn sie nur an sich glauben. Ganz unabhängig davon, welche Talente oder Wesenszüge sie mitbringen. Das halte ich schon für gefährlich, denn natürlich kann nicht jeder alles leisten. Da ist das Auf-die-Fresse-fallen programmiert.

In Ihrem Buch folgt Ratschlag auf Ratschlag, Widersprüche inklusive. Zwei Beispiele: „Aus einem Nachteil einen Vorteil machen, das ist die lebenslange Aufgabe.“ Oder, eine weitere Aufgabe: „Das Pferd des Angreifers für den eigenen Ritt benutzen.“
Motivationstrainer reden wirklich so. Sie formulieren ein paar Sätze, die vermeintlich klug sind, doch am Ende bleibt als Essenz nur eine Banalität wie „Ohne Fleiß kein Preis“. Dafür muss ich nicht ein paar hundert Euro ausgeben, um einen dieser Typen live zu erleben. Einiges, was dort erzählt wird, ist ja wirklich Schwachsinn. Da lüftet einer das vermeintliche „Geheimnis der großen Zahl“, indem er darlegt, dass von zehn Entscheidungen, die man treffe, sechs richtig und vier falsch seien – wobei es wiederum das Falscheste sei, gar keine Entscheidungen zu treffen. Richtig, aber das kann jedem jungen Menschen auch die Oma sagen.

Zu Ihrer Karriere …
… den Begriff mag ich ja nicht. Ich spreche lieber von meiner Laufbahn, das entspricht eher meinem Empfinden. Ich kenne in meinem Umfeld auch keine Karrieristen. Wenn die Leute, mit denen ich gerne zu tun habe, erfolgreich sind, dann eher aus Zufall. Erfolg ist wahnsinnig toll. Er kann passieren, darf aber nicht das Ziel sein.

Das Buch

Cover Das Strunk-Prinzip, rororoHeinz Strunk: Das Strunk-Prinzip. Rororo 2014. ISBN 978-3499269431. 12,- Euro

Das Hörbuch

Cover Das Strunk-Prinzip Hörbuch, Roof Music
Cover Das Strunk-Prinzip Hörbuch, Roof Music

Heinz Strunk: Das Strunk-Prinzip. Roof Music 2015. ISBN 978-3864842818. 11,99 Euro

Wie war das bei Ihrem Bestseller „Fleisch ist mein Gemüse“, den mehr als 400.000 Menschen gekauft haben?
Ein magischer Zufall. Dass ein Buch über die norddeutsche Musikerszene so viele Menschen interessiert, wer konnte damit rechnen? Der Verlag nicht, die wären schon mit 5000 Käufern zufrieden gewesen.

Sie sind bekannt, aber kein echter Star. Treten vor Hunderten auf, aber nicht vor Tausenden. Denken Sie manchmal, Sie müssten sich als Autor und Humorist weiter selbst optimieren, um den nächsten Schritt zu machen?
Ne, lieber nicht. Klar, ich weiß, dass es Kollegen gibt, die Arenen füllen. Aber es ist gut, wenn man seine Grenzen kennt. Es würde meiner ethischen Programmierung widersprechen, Witze zu reißen, die unter Garantie bei Zehntausenden ankommen. Ich gucke mir diese erfolgreichen Kollegen manchmal im Fernsehen an und sitze dabei mit Betongesicht vor der Glotze. Diese Sachen entsprechen nicht meinem Geschmack und nicht meinem Sprachempfinden. Deshalb kann ich das nicht machen, Erfolg hin oder her.

Was denken Sie, wenn Sie erfolgreiche Business-Menschen in Anzug oder Kostüm mit Rollkoffer auf dem Weg in die Airport Lounge beobachten?
Ich kann nicht begreifen, wie man auf die Idee kommen kann, idealerweise Chef eines Top-Unternehmens werden zu wollen. Auch die Idee des Anhäufens von Reichtum ist mir komplett fremd. Ich kann sagen, dass ich derzeit keinen einzigen materiellen Wunsch habe. Es gibt schlichtweg nichts, was ich aktuell unbedingt haben muss. Ich wollte mal einen schönen alten Sportwagen. Den habe ich nun. Und die Wohnung ist auch schön genug. Das sollte nicht mehr schlechter werden. Aber mehr muss auch nicht sein.

Zu Ihrem Publikum zählen viele junge Menschen. Wie schätzen Sie die heutige Generation der Mittzwanziger ein?
Als meine Generation so jung war, hatten wir ein größeres Interesse an Politik und gesellschaftlichen Zusammenhängen. Außerdem waren wir schlunziger. Natürlich gab es auch Streber, aber es war nicht so, dass harte Karriereplanungen in einer globalisierten Welt damals ein so großes Thema waren. Traurig wird es, wenn junge Menschen sich dadurch ihre Jugend kaputtmachen.