Wie wird man eigentlich Notar, Herr Klingler?

Wie wird man eigentlich Notar? Foto: Fotolia/Gina Sanders
Foto: Fotolia/Gina Sanders

Marius Klingler ist Notarassessor bei der Bundesnotarkammer in Berlin. Der Jurist arbeitete zunächst einige Jahre als Rechtsanwalt in einer Großkanzlei, bevor er sich entschied, Notar zu werden. Als Notariatsverwalter leitete er bereits kommissarisch ein Notariat, dann wurde er an die Bundesnotarkammer abgeordnet. Von Meike Nachtwey

Marius Klingler, Foto: privat
Marius Klingler, Foto: privat

Marius Klingler hat sich bei der Landesjustizverwaltung Nordrhein-Westfalen als Notarassessor beworben. Notarstellen sind begrenzt; deshalb werden nur so viele Notarassessorenstellen ausgeschrieben, wie voraussichtlich ein paar Jahre später Notarstellen frei werden. Daher sind auch die Stellen für Notarassessoren begrenzt.

„Die Hürde ist also, zunächst Notarassessor zu werden“, so Marius Klingler. „Ist man das einmal, kann man sehr sicher sein, dass man irgendwann Notar wird.“ In Deutschland gibt es historisch bedingt zwei unterschiedliche Notariatsformen: das hauptberufliche Notariat, auch „Nur-Notariat“ genannt, und das Anwaltsnotariat.

Bei der ersten Form ist man ausschließlich Notar, bei der zweiten Form ist man Rechtsanwalt und Notar gleichzeitig. Die Form hängt vom Bundesland beziehungsweise der Region ab: Im Rheinland gibt es zum Beispiel das Nur-Notariat, in Berlin ist man Rechtsanwalt und Notar. In Baden-Württemberg gibt es derzeit noch beide Formen und eine dritte Form, das Amtsnotariat.

Fünf Jahre Erfahrung als Anwalt ist Voraussetzung für den Anwaltsnotar

Wer Anwaltsnotar werden will, muss mindestens drei Jahre an dem Ort, an dem er Notar werden will, als Rechtsanwalt tätig gewesen sein, und insgesamt mindestens fünf Jahre. Vor allem aber muss er die notarielle Fachprüfung ablegen, die wie ein kleines 3. Staatsexamen ist. Wenn er diese besteht, kann er sich auf freie Notarstellen bewerben und wird dann zusätzlich zu seinem Anwaltsberuf zum Notar ernannt.

Nur wer für fähig befunden wird, wird zum Notarassessor ernannt

Im Bereich des hauptberuflichen Notariats wird man hingegen – wie Klingler – erst Notarassessor, also Notaranwärter. Darauf kann man sich nach dem bestandenen 2. Staatsexamen bewerben. Vor der Ernennung zum Notarassessor findet ein Auswahlgespräch mit dem OLGPräsidenten und der Notarkammer statt. „Nur wer dabei für fähig befunden wird, wird zum Notarassessor ernannt“, erläutert Klingler. Anschließend muss der Bewerber in der Regel drei Jahre warten, bis er sich auf freie Notarstellen bewerben kann. In dieser Zeit wird er einem Notar zur praktischen Ausbildung zugewiesen.

Zu den Aufgaben der Notarassessoren gehört es auch, Notare bei Krankheit oder Urlaub zu vertreten – und zwar bezirksweit. „So komme ich innerhalb meines Kammerbezirks viel herum und lerne unterschiedliche Notariate kennen“, erzählt Klingler. Außerdem besuchen die Notarassessoren Fortbildungsveranstaltungen, die nicht nur Fachwissen, sondern auch Soft Skills vermitteln, wie Verhandlungs- und Kommunikationstechniken oder Mediation. „Da die Mandanten einem Notar großes Vertrauen entgegenbringen, sollte er dieses auch ausstrahlen“, meint Marius Klingler.

Ein Notar muss nicht wie ein Anwalt kämpfen

Notar ist kein kämpferischer Beruf wie Anwalt, da er zur Unparteilichkeit verpflichtet ist, deshalb hält Klingler ein ausgleichendes Wesen für vorteilhaft. Darüber hinaus sollte ein Notar geduldig sein und gut erklären können, da er komplexe juristische Sachverhalte ganz unterschiedlichen Menschen darlegen muss. Nicht zuletzt deshalb muss er Menschen und ihre Interessenlagen sehr schnell einschätzen können.

Ich bin nicht wie ein Rechtsanwalt gezwungen, eine Sache gegen meine Überzeugung durchzudrücken.

Die Tätigkeitsgebiete eines Notars sind begrenzt: Zu den Hauptaufgaben gehört die Beurkundung von Rechtsgeschäften im Immobilienrecht, im Familien- und Erbrecht und im Gesellschaftsrecht. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Beratung der Beteiligten und auf der Gestaltung der Urkunde sowie der anschließenden Abwicklung des Geschäfts. Er berät die Beteiligten rechtlich sowie unparteiisch und zeigt verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten auf. Dabei wird er in der Regel mit einem Urkundsentwurf beauftragt und nimmt schließlich die Beurkundung vor.

Marius Klingler reizt besonders die große Freiheit und Selbstbestimmtheit, die er durch die Zwitterstellung zwischen öffentlichem Amt und Freiberuflerdasein genießt. „Auch die Unparteilichkeit ist für mich attraktiv, da ich nicht wie ein Rechtsanwalt gezwungen bin, eine Sache gegen meine Überzeugung durchzudrücken.“ Persönlich ist für ihn befriedigend, „dass ich mit vielen ganz unterschiedlichen Menschen zu tun habe, die mir in Angelegenheiten, die für sie in der Regel sehr wichtig sind, großes Vertrauen schenken“.

Notar in Ausbildung: Die „Sonderverwendung“

Seit zwei Jahren ist Marius Klingler nun in einer sogenannten „Sonderverwendung“: Er ist ausnahmsweise keinem Notar zur Ausbildung zugewiesen, sondern in die Geschäftsführung der Bundesnotarkammer in Berlin abgeordnet. Sie vertritt die deutschen Notare im nationalen und internationalen Bereich, wirkt in Gesetzgebungsverfahren mit und sorgt für die Fortbildung der Notare. Bei der Bundesnotarkammer ist Klingler vor allem für den elektronischen Rechtsverkehr zuständig.

„Es ist sehr spannend, an der Zukunft des eigenen Berufsstandes und an Gesetzgebungsverfahren mitzuarbeiten. Die Arbeit eröffnet neue Perspektiven auf den eigenen Beruf. Gerade im elektronischen Rechtsverkehr ist bei der Bundesnotarkammer unheimlich viel in Bewegung; die Notare gelten auf dem Gebiet als Vorreiter. Die Zusammenhänge zwischen technischen, rechtlichen und berufspolitischen Fragen hat man als Jurist normalerweise nicht so auf dem Schirm. Für mich ist das eine Bereicherung. Dennoch oder gerade deshalb freue ich mich noch immer darauf, Notar in meiner rheinischen Heimat zu werden.“

Job-Steckbrief Notar

Ausbildung
Jurastudium, drei Jahre praktische Tätigkeit als Notarassessor

Voraussetzungen
Hervorragende Staatsexamina (mindestens „vollbefriedigend“), Ernennung durch das zuständige OLG, Unparteilichkeit, Menschenkenntnis, Einfühlungsvermögen, Geduld, Kommunikationsfähigkeit, Vertrauen erweckend.

Gehalt
Es gibt eine Gebührenordnung, die nicht verhandelbar ist. Als Notarassessor bekommt man das Äquivalent zur Einstiegsbesoldung eines Richters (R1).

Literatur
Kersten/Bühling: Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Heymanns Verlag Köln; 26. Aufl. 2018. ISBN 978-3452290083. 319 Euro (Amazon-Werbelink)

Dr. Peter Limmer, Christian Hertel, Dr. Norbert Frenz (Hrsg.): Würzburger Notarhandbuch. Heymanns Verlag Köln, 5. Auflage 2017. ISBN 978-3452288356. 249 Euro (Amazon-Werbelink)

Informationen unter www.bnotk.de
Fachliteratur unter www.notarverlag.de