Blickpunkt: Pionierinnen im Porträt

Foto: Fotolia/Okea
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In Zeiten ohne Frauenquote brachen sie in Männerdomänen ein, zeigten Innovationskraft und Mut und ebneten so den Weg zur Gleichberechtigung. Wir stellen im dritten Teil unserer Pionierinnen-Reihe vier Frauen vor, die ungeachtet aller Widerstände ihren Weg gegangen sind und die Gesellschaft mitgestaltet haben. Von Leonie Pohlmann

Ada Lovelace – die erste Programmiererin (*1815, †1852)
In Zeiten des Web 2.0 spricht alle Welt von Unternehmern wie Mark Zuckerberg oder Bill Gates, die mit Computerund Internetfirmen Milliarden erwirtschaften. Der Name Ada Lovelace ist heute nur noch wenigen ein Begriff – und das, obwohl ihre Arbeit die Grundlagen für unsere digitalisierte Informationsgesellschaft geschaffen hat: Sie entwickelte die erste standardisierte Computersprache und gilt als erste Programmiererin der Geschichte. Sie wurde am 10. Dezember 1815 geboren, ihr Vater war der britische Schriftsteller Lord Byron. Adas mathematisch interessierte Mutter ermöglichte ihr entgegen der gesellschaftlichen Konventionen eine naturwissenschaftliche Ausbildung. Als Frau, die in die Männerdomäne Technik einbrach, musste sie ihr Leben lang mit Anfeindungen kämpfen, und auch die Vereinbarung ihrer wissenschaftlichen Arbeit mit Familienleben und ihrer anderen Leidenschaft – der Musik – machten ihr zu schaffen. Aber sie ließ sich nie unterkriegen: Als junge Frau wurde sie auf die Arbeiten von Charles Babbage aufmerksam, der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Rechenmaschine entwickelte, die heute als Vorläufer des Computers gilt. Sie wurde seine Mitarbeiterin und entwickelte einen Algorithmus, der als erstes Computerprogramm in die Geschichte eingegangen ist. Bereits im Alter von 36 Jahren verstarb Ada Lovelace an einem Krebsleiden.

Lotte Reiniger – die erste Trickfilmproduzentin (*1899, †1981)
Trick- und Animationsfilme sind nicht nur bei Kindern sehr beliebt – Blockbuster wie „Findet Nemo“ locken Millionen von Zuschauern in die Kinos. Dabei werden die Anfänge des Genres oft vergessen, der erste abendfüllende Animationsfilm stammt nämlich keinesfalls von Walt Disney, sondern von einer Frau: Lotte Reiniger. Geboren 1899 in Berlin, begann sie in den 20er Jahren, Animationsfilme auf der Basis einer Scherenschnitt-Technik zu produzieren. Sie schnitt aus Pappe bewegliche Figuren aus, legte diese auf eine von unten beleuchtete Glasplatte und fotografierte die Szenen ab. 1923 begann sie mit ihrem Team an der Arbeit für eine längere Produktion: „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“. Eine Sekunde Film erforderte 24 Einzelbilder, bei einer Gesamtlänge von 66 Minuten eine mühselige Arbeit. Ganze drei Jahre brauchte sie deshalb zur Fertigstellung des Films, der als erster abendfüllender Trickfilm in die Geschichte einging. 1926 wurde er einem ausgewählten Publikum vorgeführt und von der Presse begeistert aufgenommen. Auch später war Lotte Reiniger international erfolgreich und produzierte unter anderem die Kurzfilmreihe „Dr. Doolittle und seine Tiere“. Noch heute ist ihre Arbeit in der Filmindustrie unvergessen, und das Tübinger Stadtmuseum hat ihr eine Dauerausstellung gewidmet.

Maria Teresa de Filippis – die erste Frau in der Formel1 (*1926)
Die Formel1 in den 50er-Jahren war vor allem eins – gefährlich. Die Technik war noch nicht so ausgefeilt wie heute, und häufig endeten Unfälle auf der Rennstrecke tödlich. Von den Fahrern war deshalb Risikobereitschaft und Mut gefragt. 1958 wurde diese Männerdomäne von einer Frau erobert – die Italienerin Maria Teresa de Filippis nahm als erste Frau an einer Formel1- Weltmeisterschaft teil: Beim großen Preis von Belgien belegte sie den 10. Platz. Begonnen hatte alles mit einer Wette zwischen ihren Brüdern, die sie 1938 zu einem Bergrennen in der Nähe von Neapel anmeldeten. Dort bewies sie nicht nur ihren Geschwistern, dass sie Auto fahren konnte, sondern belegte gleich den ersten Platz. Damit war ihre Leidenschaft für den Motorsport geweckt. Sie legte sich einen Rennwagen zu und nahm an verschiedenen Rennen teil, bis sie schließlich 1955 von Maserati als Werkspilotin engagiert wurde. 1958 ging sie dann als erste Frau in die Formel1-Geschichte ein. Als 1959 ihr Teamkollege Jean Behra tödlich verunglückte, trat sie aus dem aktiven Motorsport zurück, ohne jedoch jemals die Liebe dafür zu verlieren.

Erna Scheffler – erste Richterin am Bundesverfassungsgericht (*1893, †1983)
Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes lautet: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Dass diese gesetzliche Gleichstellung durchgesetzt wurde, ist nicht zuletzt auch Erna Scheffler zu verdanken, die als erste Richterin am Bundesverfassungsgericht maßgeblich an der rechtlichen Umsetzung des Artikels beteiligt war. Geboren 1893, studierte sie Jura in München, Berlin und Breslau und schloss das Studium im Dezember 1914 mit einer Promotion ab. Zu diesem Zeitpunkt waren Frauen noch nicht zum juristischen Staatsexamen zugelassen, so dass sie dieses erst 1922 nachholen konnte. Nachdem sie 1925 auch ihr zweites Examen abgelegt hatte, war sie zunächst als Rechtsanwältin und ab 1932 als Amtsgerichtsrätin tätig. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde sie aufgrund jüdischer Vorfahren mit Berufsverbot belegt, so dass sie erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges wieder in den Justizdienst zurückkehren konnte. Nachdem sie 1950 auf dem Deutschen Juristentag ein Referat zum Thema Gleichstellung gehalten hatte, wurde sie 1951 als erste Frau als Richterin an das neu gegründete Bundesverfassungsgericht berufen. Während dieser Zeit setzte sie sich fortwährend für die Gleichstellung von Männern und Frauen ein und prägte wichtige Urteile im Familienrecht.

Weitere Pionierinnen haben wir in Teil eins und zwei dieser Serie vorgestellt:

Zu Teil 1
Zu Teil 2